IDS 2021 - Rückblick


IDS 2021 – Dentalschau außer Konkurrenz

14.10.2021

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Die Internationale Dental-Schau (IDS) 2021 fand vom 22. bis zum 25. September in den Kölner Messehallen statt; pandemiebedingt ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant – und ganz anders als sonst.

Es war die IDS – und es war sie doch nicht. Jedenfalls nicht wie gewohnt: Keine drangvolle Enge in den Gängen. Die hatten dieses Mal aufgrund der Corona-Vorschriften die Breite amerikanischer Highways. Kein Geschiebe an den Ständen, viel weniger Produktvorführungen und Standpartys nach Messeschluss.

Dabei hatten die Messeverantwortlichen und die Aussteller bei alledem Glück: 2 Tage vor IDS-Beginn wurde eine Lockerung der Coronaverordnung in NRW bekanntgegeben: Die pauschale Personenbegrenzung entfiel, Kontaktverfolgung auf den Messeständen, in der Gastronomie und der Einsatz einer eigens entwickelten Tracking-App für die Besucherkonzentrationen wurden überflüssig, Spuckschutz und Abstände bei der Bestuhlung wurden hinfällig. Wäre all dies notwendig gewesen, hätte die Messe sicherlich noch einen ganz anderen Charakter gehabt. So wirkte sie nur leerer und nüchterner als sonst.

Den großen Überblick über das Marktgeschehen in der internationalen Dentalindustrie konnte die 39. IDS nicht bieten. Wenn sonst die Pipelines der großen Dentalunternehmen zuverlässig ganze Serien von Neuprodukten ausspuckten, die in aufwendigen IDS-Pressekonferenzen vorgestellt wurden, waren die Präsentationen und Innovationen 2021 überschaubar. Unternehmen, die sonst halbe Messehallen eingenommen hatten, blieben fern.

Oliver Frese, Geschäftsführer der Koelnmesse, kommentierte bereits im Juli 2020 die Absage von Dentsply Sirona. Andere Großunternehmen folgten; zuletzt erklärte auch der Verband Deutscher Dental-Software Unternehmen (VDDS) aufgrund der gesundheitlichen Gefährdung durch eine mögliche 4. Coronawelle nicht teilnehmen zu wollen.

Während zur Vorgängermesse 2019 2.327 Unternehmen aus 64 Ländern und mehr als 160.000 Fachbesucher aus 166 Ländern sich auf einer Fläche von 170.000 m2 begegnet waren, erreichte die IDS 2021 diese Zahlen bei Weitem nicht. Nur etwa ein Drittel konnte bei den ausstellenden Unternehmen (830) erreicht werden und nur rund 23.000 Fachbesucher kamen (Zahlen: KölnMesse). International ausgerichtet blieb die IDS: 72% der Aussteller reisten aus dem Ausland an, ebenso 57% der Fachbesucher.

Eine IDS wie gewohnt konnte man aber auch nicht erwarten. Die 39. IDS fand aufgrund der besonderen Situation außer Konkurrenz statt. Dass nicht zu viele nach Köln kamen, mag auch sein Gutes haben – niemand wünscht sich eine Messe als Pandemietreiber.

So zeigten sich die Verantwortlichen in ihren Presse-Statements zur IDS auch sehr zufrieden. Für Messechef Oliver Frese, spiegelte sich in der IDS 2021 eine Aufbruchstimmung der Branche wider. Er betonte die Freude der Aussteller und Besucher über die Möglichkeit zur persönlichen Begegnung und zur direkten Erfahrung neuer Produkte. Die IDS 2021 spiele eine ganz herausragende Rolle für den Re-Start der Branche sowie für den Re-Start der Messeindustrie, die unter der Pandemiesituation komplett danieder lag. Mark Stephen Pace, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Deutschen Dental-Industrie e.V. (VDDI), stellte fest, dass der Optimismus in die internationalen Dental-Familie zurückgekehrt sei.

Prototyp einer hybriden Messe?

Mit der Pandemie ist unsere Welt aus der Not heraus digitaler geworden. Auch die Reichweite der IDS sollte über eine zusätzliche digitale Plattform als hybride Messe erweitert werden. So bot die digitale Plattform IDSconnect während der Messetage Möglichkeiten für Produkt-Präsentationen und Networking; 77 Aussteller waren mit 88 Beiträgen vertreten. Auch ein kleines Eventprogramm, wie beispielsweise die Verleihung des „Abdruck-Preises“ der Initiative ProDente, die Gysi-Preis-Verleihung des Verbandes der Deutschen Zahntechniker-Innung und das Programm der Bundeszahnärztekammer, wurde über die Plattform live gestreamt. Allerdings fehlte die Vernetzung zum Vor-Ort-Angebot. Das Messestudio in der Offenbachhalle wurde vor dem Publikum geradezu versteckt. Die meisten Messestände zeigten sich konventionell, selten waren hybride Elemente wie Streaming-Angebote oder Live-Video-Chat-Funktionen vorhanden. Hier fehlte offensichtlich der Bedarf. Möglicherweise, weil das Virtuelle dem konkreten Wesen einer Messe eher entgegengesetzt ist.

Dagegen fielen KI-inside-Hinweise dem Besucher oft ins Auge. Künstliche Intelligenz spielt offenbar in der Produktentwicklung verstärkt eine Rolle. Ein Beispiel stellt ein innovativer Zwei-Slot-Scanner mit verschiedenen KI-Zusatzfunktionen dar: Ein KI-Feature überprüft die Orientierung intraoraler Röntgenbilder anhand der dargestellten Anatomie und korrigiert diese im Bedarfsfall. Ein anderes Beispiel ist die Erkennung von Gesichtsmerkmalen in einer CAM-Software.

Trends und Neuheiten für Praxis und Labor

Auch wenn die IDS keinen Marktüberblick geben konnte, so zeigten sich doch in Spezialdisziplinen der Zahnheilkunde Trends und attraktive Produktneuheiten fielen ins Auge.

Die Füllungstherapie wird komfortabler

Bei einem klassischen Bereich, der restaurativen Zahnheilkunde, zeichnet sich eine ausgesprochen dynamische Entwicklung ab. In der Füllungstherapie ermöglichen thermoviskose Komposite komfortables Arbeiten. Diese sind nach Erwärmung erst fließfähig und lassen sich anschließend sofort modellieren. Nachdem sie zunächst in der Bulkfill-Technik im Seitenzahnbereich zum Einsatz kamen, gibt es neuerdings auch Varianten für ästhetische Frontzahnrestaurationen. Generell lassen sich immer häufiger direkte Füllungen vornehmen; die Grenze zur Indikation für eine indirekte Restauration wird immer fließender. Wenn eine prothetische Arbeit erstellt werden muss, helfen der Praxis und ebenso dem Labor Frässysteme mit sehr geringem Platzbedarf. Diese können aufgrund neuer technischer Entwicklungen dennoch eine hohe Funktionalität aufweisen.

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    © IDS/Koelnmesse

Durch neue, automatisierte Bearbeitungsstrategien steigert die Praxis ganz allgemein ihre Fertigungseffizienz. Die Voraussetzung dafür schaffen auf der IDS vorgestellte Software-Releases, teilweise in Kombination mit neuen Vernetzungen zwischen unterschiedlichen Teil-Workflows. In der Praxis wirkt sich dies auf alle Indikationen und Materialien aus, besonders in den Bereichen „Glaskeramik“ und „Preforms“.

Digitale Volumentomographie: höchste Auflösung für die Endo

In der Endodontie gewinnt die Digitalisierung der Behandlungsplanung, in Analogie zum bekannten Backward Planning in der Implantologie, an Dynamik. Das beginnt bereits bei der 3D-Diagnostik. Digitale Volumentomographen mit einem speziellen Endo-Modus ermöglichen jetzt eine besonders detailscharfe Darstellung der Kanalmorphologie.

In der Implantologie wird Backward Planning unter breiter Nutzung digitaler Verfahren immer mehr zur Routine (z.B. Intraoralscanner, Röntgen, CT und weitere bildgebende Verfahren, CAD). Bei der Knochenaugmentation vereinfacht sich das Vorgehen, indem jetzt statt zweier Instrumente (Retraktor und Pinzette) zum Festhalten des Lappens ein einziges ausreicht. Und in der Implantatprothetik sorgt neuartiges Multilayer-Zirkonoxid mit einer besonders hohen Lichtreflexion im Halsbereich für ein natürliches Aussehen.

In der Kieferorthopädie ergänzen Kaukraftmessungen die klassische Okklusionsprüfung (mit Shimstockfolie oder digitalgestützt). Ein unmittelbares Biofeedback von Bruxerschienen hilft Patienten bei der Vermeidung von Schäden. Positionierungsschienen („Indirect Bonding Trays“) für kieferorthopädische Brackets, deren Positionen digitalgestützt geplant wurden, lassen sich inzwischen aus verschiedenen Kunststoffen herstellen. Differenziertere Workflows unter Beteiligung von Labor und Praxis auf der Basis von Digitaltechnik fördern ein noch arbeitsteiligeres Vorgehen.

Aligner: optimierte Kraftverteilung, automatisierte Fertigung

Im Bereich der Aligner-Therapie, die auf der Messe breit vertreten war, bekamen die IDS-Besucher für ein weites Spektrum an Zahnfehlstellungen ein neuartiges Zwei-Schienen-Konzept mit transparenten Alignern zu sehen: Pro Behandlungsschritt werden zwei Folienstärken verwendet, um die Kräfte optimal auf die Zähne zu übertragen. Weiche und harte Aligner werden wöchentlich gewechselt und tragen so zu einer schonenden Zahnumstellung bei.

Für die Aligner-Fertigung im zahntechnischen Labor gibt es jetzt stärker automatisierte CAD/CAM-basierte Herstellungsverfahren (Größenordnung: bis zu 1.000 Stück pro Tag). Insbesondere hat man die Aufgabe einer zuverlässigen Nachverfolgung jeder Arbeit im Produktionsprozess gelöst: Während dies üblicherweise über die Zuordnung eines Modells (z.B. aufgedruckter Code) erfolgt, läuft es nun über eine permanente Lasermarkierung des Aligners selbst, die direkt im Maschinensystem erfolgt. So bleibt er auch nach der Trennung vom Modell eindeutig zuordnungsfähig.

Für hohe Produktionsstückzahlen kann optional sogar ein Robot-System das Zuführen und Entnehmen der vorbereiteten Aligner-Folien selbstständig übernehmen. Die 40. IDS ist bereits terminiert – und sicherlich sind wir alle gespannt, in welchem Modus diese zur Austragung kommen wird.

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