Die patientenorientierte Praxis-Website: eine Übersicht – Teil 1

Zahnarzt Dr. Naumann erläutert in seinem Artikel, welche Überlegungen angestellt werden müssen, wenn eine Praxis-Website patientengerecht erstellt werden soll. Er gibt Ihnen Ratschläge, auf welche Dinge hierbei zu achten sind.
Das Internet ist ein riesiges Computernetzwerk, in welchem anfänglich elektronische Nachrichten (E-Mails) versandt und Daten von einem zum anderen Computer kopiert wurden. 1989 erfand der Physiker Tim Berners-Lee das World Wide Web als Möglichkeit, Dateien mit Hypertext miteinander zu verknüpfen. Über 20 Jahre später stellt sich nach einer Online-Studie von ARD und ZDF [1] dieses Jahres die Situation in Deutschland wie folgt dar:
- 75,9 % der Bevölkerung ab 14 Jahren haben in Deutschland Zugang zum Internet. Das entspricht 53,4 Millionen Menschen.
- 15 % besitzen einen Fernseher mit Internetzugang.
- 33 % der Online-Haushalte verfügen über ein Smartphone, davon 12 % über ein iPhone und 21 % über ein anderes Smartphone.
- 42 % der unter 30-jährigen Onliner nutzen im Jahr 2012 ein Smartphone, um ins Internet zu gehen.
- 8 % der Online-Haushalte benutzen ein Tablet , 7 % sind mit E-Books ausgestattet.
- 70 % der Onliner haben die Verbindungsvariante DSL gewählt. Das entspricht 23,7 Millionen Haushalten in Deutschland.
Für eine gute Website spielen nicht nur die Ergebnisse dieser Studie eine wichtige Rolle, sondern Gestaltungsgesetze der Psychologie ebenso wie Besonderheiten des Lesens an Bildschirmen, Nutzungsmöglichkeiten für blinde Website-Nutzer oder die Zielgruppenfindung.
Was ist mit „patientenorientierte Praxis-Website“ gemeint?
Ich bin Zahnarzt. Vor kurzem habe ich ein Orthopantomogramm angefertigt. Auf meine Bitte, die Zunge während der Aufnahme an den Gaumen zu legen, schaute mich der Patient fragend an. Das vermittelte mir das Gefühl, dass er nicht wusste, was ich mit „Gaumen“ meine, sodass ich ein für uns Zahnärzte gebräuchliches und sicher für viele Menschen verständliches Wort noch einfacher beschrieben habe. Erst dann hatte mich der Patient verstanden.
Dieses kleine Alltagserlebnis weist uns auf eine sehr wichtige Prämisse hin, die wir bei der Erstellung einer Website beachten müssen: Wir erstellen eine Website nicht für uns, sondern (fast) immer für den Patienten. Diesen wollen wir erreichen, dieser muss uns verstehen. Diese Auffassung ist kein Dogma und immer auch von den eigenen und den Benutzerzielen abhängig. Wenn der Nutzer in den Mittelpunkt der Web-Entwicklung rückt, dann spricht man auch von „benutzerorientiertem Design“. Ich möchte mich vorrangig auf die Wünsche des Patienten fokussieren und bezeichne die Website deshalb als „patientenorientiert“.
Haben Sie schon einmal ein Haus gebaut?
Ein Hausbau will gründlich geplant sein. Sie fahren nicht in den Baumarkt und kaufen sich 40.000 Ziegelsteine, sondern wälzen Kataloge und schauen sich Häuser in Zeitschriften und Ihrer Umgebung an. Sie planen mit einem Architekten und beauftragen vielleicht auch eine Baufirma. Immer wenn ich daran denke, sehe ich Parallelen und Gemeinsamkeiten zur Website. Die Erstellung einer Website läuft in mehreren Phasen ab, die grob mit Planung, Gestaltung, Umsetzung und Veröffentlichung zu umschreiben sind. Den Anfangspunkt bildet eine durchdachte Planung.
Den Anfang finden
Nehmen Sie sich Zeit für einige wichtige und richtungsweisende Entscheidungen, denken Sie über folgende Punkte nach und notieren Sie Ihre Antworten:
- Wie heißen Ihr Unternehmen und die geplante Website?
- Beschreiben Sie Ihr Unternehmen!
- Beschreiben Sie das Konzept, das Produkt oder den Service, den Ihre Website anbieten möchte!
- Besitzen Sie eine Domain und Speicherplatz für die geplante Website?
- Wann möchten Sie anfangen? Wann wollen Sie fertig sein?
- Wie viel gedenken Sie auszugeben, um Ihre Vision umzusetzen?
- Was sind die Geschäftsziele für Ihre Website?
- Wer soll Ihre Website besuchen? Wer ist Ihre Zielgruppe?
- Wofür verwenden Leute Ihre Website? Was wollen sie dort tun?
- Welche Gefühle wollen Sie (in Bezug auf Ihr Unternehmen) in Kunden wecken, die zum ersten Mal Ihre Website besuchen?
- Besitzen Sie ein eigenes Corporate Design?
- Welches Ausgangsmaterial ist vorhanden (Texte, Bilder, Videos, Audio)?
- Gibt es Websites, deren visuelles Design Ihnen gut gefällt? Was mögen Sie daran?
- Womit wollen Sie Ihren Website- Nutzer (angenehm) überraschen und sich so von anderen abheben?
- Wollen Sie die Website mit einem Content Management System selbst aktualisieren?
Manche dieser Fragen scheinen banal und doch sind alle Antworten wichtige Pfeiler Ihrer Planung. Lassen Sie mich auf einige Punkte etwas näher eingehen.
Domain
Eine Domain ist ein weltweit nur einmal existierender Name und Ihre Adresse im Internet. Suchen Sie einen aussagekräftigen Namen, der sich gut merken lässt. Er darf keine fremden Urheberrechte verletzen, könnte aber einen für Ihr Fachgebiet relevanten Suchbegriff, wie www.zahnarzt-name.de, www.zahnarztpraxis-name.de, www.dr-name.de, enthalten. Prüfen Sie, ob der Name noch frei ist. Dazu kann man in eine Suchmaschine das Wort „Domaincheck“ eintragen – kurze Zeit später können Sie sich von den Auflistungen einen Anbieter heraussuchen und testen, ob der von Ihnen gewählte Name noch frei ist. Ich habe das für meinen eigenen Domainnamen getan (der natürlich belegt ist) und alternativ einen anderen Namen für die Suche nach einer freien Domain eingegeben (Abb. 1–5).
Einen Internetdienstleister finden
Bevor Sie eine Website veröffentlichen können, benötigen Sie einen Speicherplatz auf einem Webserver, den sogenannten Webspace. Diesen finden Sie bei einem Internetdienstleister, oft auch Provider genannt. Zu Beginn kann man klein anfangen; sollte Ihre Webpräsenz zu umfangreich werden oder zusätzliche Funktionen benötigen, lässt sich der Webspace im Allgemeinen erweitern. Es gibt große und bekannte Provider wie T-Online, Strato oder 1&1. Bei der Suche können Sie sich jedoch auch regional umsehen: Kleinere Anbieter sind vielleicht ein paar Cent teurer, haben aber oft einen besseren Service und sind besser erreichbar.
Was ist Ihr Ziel?
Websites sind im Allgemeinen an 7 Tagen 24 Stunden lang sichtbar. Ihr Ziel kann somit sein, die Praxis im Internet zu präsentieren, eine Botschaft zu übermitteln, Vertrauen zu schaffen, einen positiven Eindruck zu vermitteln, emotional anzusprechen, neue Leistungen vorzustellen, neue Patienten oder auch einen Kollegen als Überweiser für Ihre Spezialleistungen zu gewinnen. Ihre Zielstellung können Sie durchaus auch konkretisieren: Ich möchte jeden Monat 5 neue Patienten über die Website begrüßen oder im nächsten Quartal bei 5 Patienten Interesse für Implantate wecken.
Website-Nutzer haben meist auch ein Ziel!
Nutzer erkennen schnell, ob eine Website ihren Bedürfnissen entspricht, optisch ansprechend, schnell zu laden und für sie verständlich ist. Oft entscheidet der erste Eindruck, ob Sie den virtuellen Gast Ihrer Website auch als tatsächlichen Patienten in Ihrer Praxis begrüßen dürfen. Stellen Sie sich die Frage, warum Ihre Website besucht werden soll. Jemand sucht zum Beispiel:
- Informationen oder Hilfe im Allgemeinen,
- einen neuen Arzt wegen Zuzug oder Schließung einer anderen Praxis,
- eine Praxis in Wohnort- oder Arbeitsplatznähe,
- einen Spezialisten.
Wenn Sie wissen wollen, wie die Nutzer Ihrer Website „ticken“, müssen Sie sich mit ihnen auseinandersetzen. Sie allein entscheiden, für wen Sie Ihre Website herstellen. Vielleicht möchten Sie einen positiven Eindruck von Ihrer Praxis vermitteln. Das Erwecken positiver Eindrücke ist jedoch nicht zufällig, sondern wird durch die Gestaltung Ihres Webauftritts wesentlich beeinflusst.
Den Nutzer verstehen
Ihre Nutzer sind unterschiedlich. Man kann sie zum Beispiel differenzieren nach:
- Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand
- kulturellen Faktoren wie Nationalität oder Sprache
- sozialen Faktoren, wie sozialem Status, ökonomischem Status, Bildungsniveau, Beruf, Arbeitsstelle
- Computer- und Interneterfahrung, Surfgewohnheiten
- technischen Parametern, wie Computerausrüstung, Browser, Bildschirmgröße, Bildschirmauflösung, Ausgabegeräte, Verbindungsgeschwindigkeiten
- Stellung im Verhältnis zum Patienten, potenzieller Patient, Kollege
- spezielle Gruppe von Menschen, die man aufgrund eines besonderen Leistungsangebotes oder Alleinstellungsmerkmals erreichen will
Eine gute Hilfe stellt für Sie die eigene Patientenkartei dar. Aus dieser können Sie Erkenntnisse gewinnen, wie:
- Basisdaten zum Alter, Beruf, Geschlecht, Wohnort
- GKV- oder Privatpatient
- Inanspruchnahme von Zusatzleistungen
- sind Familienangehörige ebenfalls Patienten der Praxis
Sie haben auch die Möglichkeit, Ihre Patienten unmittelbar zu befragen. Nachfolgend einige Anregungen zur Auseinandersetzung mit bestimmten Zielgruppen.
Älterer Patient
Auch viele ältere Menschen nutzen das Internet. Sie haben einen Großteil ihres Arbeitslebens hinter sich und eine finanzielle Basis geschaffen, die sie für die Versorgung mit hochwertigem Zahnersatz und/ oder für eine implantologische Versorgung interessant machen könnten. Man darf aber nicht außer Acht lassen, dass körperliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind und in erster Linie feinmotorische Fähigkeiten nachgelassen haben und/oder die Sehkraft beeinträchtigt ist. Mit einer kleinen Schriftgröße und wenig Farbkontrast schaffen Sie älteren Menschen unter Umständen eine Barriere, womit Ihre Website für diese gebrauchsuntauglich ist. Aus diesem Wissen lassen sich von vornherein Erkenntnisse für eine Website ableiten. Zum Beispiel sollten Schriftart und Schriftkontrast so gewählt werden, dass diese für alle gut lesbar ist.
Überweiserpraxis
Sie wollen als Spezialist Patienten mit endodontischen oder parodontologischen Problemen gewinnen, aber vielleicht auch den Kollegen als Überweiser. Für Patienten müssen Sie eine einfache und verständliche Sprache wählen, für Kollegen werden dagegen Fachbegriffe verständlich sein.
Kinderzahnmedizinische Praxis
Sie sind auf die Behandlung von Kindern spezialisiert. Sie werden jedoch auch die Eltern als Zielgruppe ansprechen müssen.
Mitarbeiter einer Behörde
In Behörden sind hohe Sicherheitsstandards beim Anzeigen von Websites gegeben. Websites, die Zusatzprogramme für das Anzeigen und die Funktion benötigen, sind an solchen Arbeitsplätzen nicht nutzbar.
Mobile Nutzer
Denken Sie an den jungen Menschen außer Haus, den Geschäftsreisenden oder diejenigen, die abends – einen Laptop oder das iPad nebenbei in Benutzung – fernsehen. Wie die beeindruckenden Verkaufsstatistiken von Smartphones und Tablets beweisen, wird denjenigen Websites, die man von unterwegs oder neben dem Fernsehen benutzen kann, die nahe Zukunft gehören.
Schauen Sie sich die Websites der Konkurrenz an!
Es ist kein Fehler, wenn man sich Webauftritte anderer Praxen anschaut. Sie können dafür Praxen nah Ihrem Standort mit ähnlichem Angebot oder auch global auswählen und herausfinden:
- Welche Kolleginnen und Kollegen sind bereits im Internet?
- Auf welchem Standard sind diese Seiten?
- Welcher Inhalt ist vorhanden?
- Was gefällt mir, was gefällt mir nicht? Betrachten Sie solche Websites aus der Perspektive eines Patienten!
Welchen Anforderungen soll meine Website genügen?
Überlegen Sie, welchen Anforderungen Ihre Website gerecht werden soll. Dafür drei Beispiele:
- Sie wissen, dass Ihre Patienten viel unterwegs sind und häufig ein Smartphone oder Tablet zum Aufsuchen von Websites benutzen. Die Anforderung muss deshalb sein, dass die Website auch auf mobilen Geräten gut sichtbar ist.
- Ihr Wunsch ist, dass Sie die Website selbst pflegen wollen. In vielen Fällen kommt damit ein Content Management System ins Spiel, mit welchem Sie Änderungen selbst durchführen können. Dafür wird meist auch eine Datenbank benötigt, die von einem Provider zur Verfügung gestellt werden muss.
- Das Aussehen der Website soll dem Corporate Design der Praxis entsprechen.
In dieser Phase können Sie auch darüber nachdenken, welchen Inhalt Sie zur Verfügung haben. Es geht um Texte, Bilder und in einigen Fällen auch um Videos oder Audiodateien.
Welche Inhalte soll ich in die Website aufnehmen?
2009 haben Sander und Müller in einer Studie 1.357 Patienten in 52 teilnehmenden Praxen befragt [3]. Sie sollten Auskunft darüber geben, welche Sub-Seiten sie nach der Startseite beim Besuchen des Webauftritts für besonders wichtig hielten bzw. wonach sie im Einzelnen gesucht haben (Abb. 6). Bei 13 der 52 teilnehmenden Praxen haben die Studienautoren außerdem das tatsächliche Nutzerverhalten analysiert. Die Suche nach allgemeinen technischen Informationen, wie Kontaktdaten, Anfahrtsskizze und Sprechzeiten, stellte mit 27 % den häufigsten Grund des Aufsuchens der Website dar (Abb. 7).
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Abb. 7: Tatsächliches Verhalten von Usern, wonach sie auf der Website gesucht haben [3].
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Abb. 8: Leistungen aus Patientensicht.
Die Wünsche und das Nutzerverhalten der Studienteilnehmer kann man als solide Basis für den Inhalt einer einfachen Website nehmen. Sie können die Inhaltsfindung erweitern, indem Sie über folgende Fragen nachdenken und überlegen, ob Informationen dazu für die Nutzer Ihrer Website von Interesse sind:
- Wie ist die Praxis zu erreichen (Auto, Bus, Bahn)?
- Befinden sich Parkplätze in der Nähe der Praxis?
- Welche Möglichkeiten der Kontaktaufnahme sollen angeboten werden (E-Mail, Kontaktformular, elektronische Terminreservierungen)?
- Hat die Praxis einen behindertengerechten Zugang, Aufzug?
- Tätigkeitsschwerpunkte?
- Sollen einzelne Behandlungs- oder Tätigkeitsschwerpunkte ausführlicher beschrieben werden?
- Notfalldienste?
- Sind aktuelle Informationen von Interesse (Abwesenheit, Urlaub, Neuigkeiten aus Praxis und Zahnmedizin)?
- Besitzt die Praxis Alleinstellungsmerkmale?
- Spezialsprechstunden, Abenddienste, Wochenenddienste?
Den gesamten Inhalt können Sie sich auf einzelnen Seiten notieren und später miteinander in Beziehung setzen und somit auch eine Struktur Ihrer Website schaffen (Abb. 10). Strukturieren Sie Seiten nicht nur miteinander, sondern versuchen Sie auch, den Inhalt auf den jeweiligen Seiten zu strukturieren und aufzuarbeiten. Einzelne Kategorien, die sehr umfangreich sind, lassen sich in Unterabschnitte gliedern.
Beispiel Unterteilung der Kategorie Team
Sie haben eine Praxis mit 3 Mitarbeitern. Ein einfacher Fall, denn die 4 Personen lassen sich der Reihe nach aufführen. Sie haben eine Praxis mit 3 angestellten Zahnärzten und weiteren 18 Mitarbeiterinnen. Teilen Sie die Personen auf in Praxisinhaber, angestellte Zahnärzte, Behandlungsassistenz, Rezeption, Prophylaxehelferin, Labor usw.
Beispiel Unterteilung Behandlungsspektrum
Für dieses Beispiel gibt es zwei Ansatzpunkte (Abb. 8 u. 9): Was biete ich für ein Behandlungsspektrum? Wonach könnte der Patient suchen, wenn er beispielsweise ein Loch im Zahn hat?
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Abb. 9: Beispiel zur Anordnung der Praxisleistungen [4].
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Abb. 10: Skizze zur Struktur einer Website.
Bilder
Bildmaterial sollte so ausgewählt werden, dass es zur Aussage und dem Erscheinungsbild der Praxis passt. Man sollte sich fragen:
- Ist das Bild relevant und unterstützt es meine Website, macht es sie interessant?
- Ist es ästhetisch und emotional ansprechend?
Investieren Sie in gute Bilder und beachten Sie dabei Urheberrechte. Mit der Aufnahme Ihrer Sprechzimmer 1, 2 und 3 mit einer kleinen Digitalkamera werden Sie wahrscheinlich keinen Nutzer mehr begeistern können.
Bildquellen
Hier ist die Entscheidung zu treffen: Bilder kaufen, selbst aufnehmen oder aufnehmen lassen?
- Professionelle und lizenzpflichtige Bilder finden Sie in Fotoarchiven oder Bilddatenbanken.
Im Teil 2 zeigt der Autor Strategien zur Umsetzung einer Website und einige Überlegungen für die Anordnung von Logo, Navigation, Texten, Bildern und Suchmaschinenoptimierung auf.