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Praxisführung

Der Preis des Risikos ist das Renditeversprechen

Viele Anleger glauben immer noch, dass hohe Renditen bei gleichzeitig geringen Risiken zu realisieren sind. Ein Trugschluss, den ihnen auch die Finanzindustrie immer wieder vorgaukelt. Erfolg hat nur, wer das Gleichgewicht von Chancen und Risiken akzeptiert – und das ist bei jedem Anleger ein anderes. Davor Horvat, unabhängiger und staatlich zugelassener Honorar-Anlageberater, klärt in diesem 3. Teil seiner Artikelserie auf.

©Michael Grabscheit/pixelio.de Quelle: Michael Grabscheit/pixelio.de
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Irgendwann steht jeder Zahnmediziner vor der Entscheidung, ob er das Risiko der Selbstständigkeit eingeht oder eine „sichere“ Anstellung bevorzugt. Langfristig betrachtet wird er aber mit der eigenen Praxis in der Regel, trotz aller Höhen und Tiefen, immer eine höhere Rendite erzielen als im Angestelltenverhältnis. Genauso funktioniert das Risiko-/Renditeverhältnis bei Kapitalanlagen. Hier steht der Anleger oder die Anlegerin exakt vor der gleichen Aufgabe. Höhere Renditechancen muss sich der Anleger mit höheren Risiken erkaufen.

Die „sicherste“ Geldanlage

Eine der wohl sichersten Geldanlagen sind derzeit deutsche Staatsanleihen. Sie gelten per Definition als „risikofreie“ Anlage, denn der deutsche Staat ist mit der höchsten Bonität AAA ausgestattet. Aktuell bekommen Anleger für das verliehene Geld einen Zins von ca. 0,20 % pro Jahr, bei einer Laufzeit von zehn Jahren. Jedes Angebot, das eine höhere Verzinsung verspricht, birgt auch ein höheres Risiko. Sehr vereinfacht ausgedrückt: Der Zins ist der Preis für das Risiko. Verleiht ein Investor sein Geld beispielsweise der Deutschen Bank aktuell für zehn Jahre, so bekommt er einen Zins von derzeit 5,2 % pro Jahr. Bedenkt man, dass die Bankenbranche insgesamt nicht besonders gesund ist, dann birgt diese Anlage sicher gewisse Risiken, die sich in diesem Renditeaufschlag bemerkbar machen. Um noch ein besseres Gefühl für den Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko zu bekommen, lohnt ein Blick auf das Angebot des griechischen Staates. Aktuell liegt der Zins einer griechischen Staatsanleihe bei einer Laufzeit von zehn Jahren bei 7,13 % im Jahr. Der Risikozuschlag auf die deutsche Staatsanleihe beträgt also mit rund 7 % mehr als das 35-Fache. Das Risiko dabei ist, dass Griechenland innerhalb dieser zehn Jahre in so große finanzielle Probleme gerät, dass es seine Schulden und/oder die Zinsen nicht zurückzahlen kann (Ausfallrisiko).

Aktien sind „riskant“

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Unter deutschen Anlegern gelten Aktien als riskant, bei manchen sind sie gar der Inbegriff für „Risiko“. Und von „Risiko“ ist es für sie nicht mehr weit bis zum Verlust. Ganz anders übrigens als in den meisten anderen westlichen Ländern. Richtig ist aber auch: In den letzten zehn Jahren sind die Aktienmärkte unter großen Schwankungen gelaufen. Letztlich liegt das Risiko bei Aktien grundsätzlich bei 100 %. Diesem Risiko des Totalverlustes steht die Chance auf sehr hohe Gewinne gegenüber; Renditechance und Verlustrisiko stehen im Gleichgewicht. Wären Aktien nicht risikoreich, würden sie langfristig nicht eine rund 5-mal so hohe Rendite erzielen wie Staatsanleihen hoher Bonität.

Die Beurteilung einer Geldanlage bemisst sich also nicht an der Frage, wie hoch ihr Risiko ist, sondern ist weit differenzierter zu fassen: Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird das mit der Geldanlage verbundene Sparziel innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums erreicht? Risiko ist immer an ein Sparziel und an einen Anlagezeitraum geknüpft. Risiko ist also die Wahrscheinlichkeit, zum vorgesehenen Zeitpunkt über weniger liquide Mittel zu verfügen als geplant. Was auf dem Weg zum Ziel passiert, ob zum Beispiel durch einen Aktiencrash zwischenzeitlich auch einmal größere Buchverluste entstehen können, hat nichts mit Risiko zu tun. Geld verloren hat man durch den reinen Kursrückgang nämlich nicht, nur dann, wenn man zu solch einem ungünstigen Zeitpunkt verkaufen würde und aus Buchverlusten reale Verluste würden.

Eine Geldanlage, die eine hohe Renditechance aufweist und kein Risiko birgt, gibt es nicht!

Doch immerhin gibt es in der Investmentwelt zu dieser Grundregel zwei erfreuliche Einschränkungen: Zum einen nimmt das Risiko in der Regel ab, je länger der Anlagehorizont ist. Zum anderen kann eine sinnvolle Diversifikation der Anlagen das Risiko deutlich reduzieren, ohne dass sich die Rendite verringert. Für das Einzelinvestment bleibt aber eine hohe Renditeerwartung immer mit hohem Risiko verbunden.

Risiken entstehen vor allem durch Fehlverhalten

Laut der Global Investor Study von Schroders erwarten deutsche Anleger für ihre Kapitalanlage eine Rendite von 7 % pro Jahr, bei geringen Risiken. Ein frommer Wunsch, der leider eine Traumvorstellung bleibt. Dass die Höhe von Risiko und Rendite miteinander ganz eng verknüpft ist, ist in der Finanzökonomie Gesetz; kein Finanzwissenschaftler zweifelt diese Grundregel „hohe Rendite gleich hohes Risiko“ an. Anders dagegen sehen es oft die Teilnehmer der Finanzindustrie, die gegenüber ihren Kunden gerne so tun, als könnten sie dieses Gesetz mit speziellen Lösungen außer Kraft setzen. Willig glauben unerfahrene Anleger den Renditeversprechen der Finanzprofis, an den Kapitalmärkten die volle Rendite erzielen zu können und dabei kaum Risiken eingehen zu müssen. Die Zeche dafür zahlt am Ende nur der Anleger, nicht der vermeintliche Finanzprofi. Erfahrungsgemäß gibt es aber viele Anleger mit guter Finanzbildung, die ihr Geld vor allem durch ihr eigenes Fehlverhalten verlieren, weil sie konträr zu den Gesetzen handeln. Vor allem neigen gerade gut ausgebildete und professionelle Anleger dazu, ihre eigenen Kenntnisse relativ zu den übrigen Investoren massiv zu überschätzen. Sie haben deshalb die unangenehme Angewohnheit, in Produkte mit komplexen Risiken zu investieren, die sie selbst gar nicht verstehen. Diese „Überkonfidenz“ hat die Verhaltensökonomie schon lange als eine der Hauptursachen von Anlegerfehlern identifiziert.

Gerade in Zeiten niedriger Zinsen für sichere Geldanlagen stürzen sich Anleger in Finanzprodukte, die hohe Erträge versprechen, ohne dass sie die Gründe für die angeblichen Renditen verstehen oder hinterfragen. Es wäre aber auch zu viel vom Privatanleger verlangt, die ökonomischen Marktmechanismen dieser Welt zu erkennen und zu beurteilen. Jedoch kann er diesen Mechanismen, die sich in den verschiedenen Aktienindizes widerspiegeln, folgen. Die Produkte dafür gibt es mit den sogenannten Indexfonds, die breit gestreut in aller Regel bessere Ergebnisse erzielen als die der sogenannten und gleichzeitig teuren Finanzprofis der Hochfinanz.

Fazit

Eine Anlageform ist nicht per se „riskant“ oder „sicher“ Der Begriff Risiko macht immer nur Sinn, wenn er einem Sparziel mit zugehörigem zeitlichem Anlagehorizont zugeordnet ist und der Anleger im Vorfeld seine eigene Risikoneigung definiert. So wie die Risiken in der Zahnarztpraxis einschätzbar sind, sind sie es auch an den Kapitalmärkten, abzulesen an den Renditeversprechen. Fatal ist nur, wenn der Anleger glaubt, klüger als die Märkte zu sein.

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