Steuern und Betriebswirtschaft: was Praxisgründer wissen sollten

Neben der Wahl des geeigneten Standortes und der Entscheidung hinsichtlich der angestrebten Praxisform ist bei der Gründung einer Zahnarztpraxis eine Vielzahl an steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Aspekten zu berücksichtigen, die nachfolgend vorgestellt werden.
Im Rahmen der Überlegungen zur Praxisgründung gewinnt der Standort stets eine wesentliche Bedeutung, denn von Bevölkerungsstruktur, Kaufkraft, Verkehrsanbindung und Konkurrenzsituation hängt entscheidend ab, ob und mit welchem Behandlungsspektrum sowie Behandlungskonzept die Praxis erfolgreich geführt werden kann.
Des Weiteren ist zu entscheiden, ob die Praxis allein oder mit einem Kollegen zusammen betrieben werden soll. Die gemeinsame Tätigkeit kann Kostenersparnisse bringen und außerdem ergeben sich Vorteile, indem leichter längere Öffnungszeiten (etwa am Abend) realisiert werden können sowie Abwesenheitstage besser aufgefangen werden. Außerdem vermittelt die Gemeinsamkeit vielen Startern in die Selbstständigkeit ein größeres Sicherheitsgefühl.
Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft
Für die gemeinsame Tätigkeit stehen traditionellerweise Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft zur Verfügung. Die Praxisgemeinschaft ist dabei eine reine Kostengemeinschaft, d.h., die beteiligten Zahnärzte bleiben nach außen hin selbstständig und rechnen separat ab, Ressourcen werden allerdings gemeinsam genutzt.
Bei der Gemeinschaftspraxis oder synonym Berufsausübungsgemeinschaft ist Leistungserbringer dagegen die Gesellschaft. Diese erhält entsprechend auch nur einen Abrechnungsstempel. Die Gemeinschaftspraxis kann in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder der Partnerschaftsgesellschaft umgesetzt werden. Die Partnerschaftsgesellschaft wird im Partnerschaftsregister eingetragen und bewirkt eine Haftungsbeschränkung für Berufsversehen bei demjenigen Partner, der an der Behandlung nicht mitgewirkt hat. Im Übrigen gibt es zwischen den beiden Gesellschaftsformen keine nennenswerten Unterschiede, insbesondere werden beide Gesellschaftsformen gleich besteuert.
Als weitere Möglichkeit besteht die Nutzung einer MVZ-GmbH. Die Vor- und Nachteile dieses neueren Konstrukts lassen sich in der Kürze kaum zusammenfassen, als Faustregel mag aber gelten, dass die MVZ-GmbH nur in Sonderfällen nutzbringend ist.
Praxismietvertrag sorgfältig prüfen
Unterschätzt wird vielfach das Fehlerrisiko beim Abschluss des Praxismietvertrages. Anders als beim Wohnraummietvertrag sieht das Gesetz kaum Schutzvorschriften vor. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass sich beim Abschluss des Geschäftsraummietvertrages zwei gleichgewichtige Verhandlungspartner auf Augenhöhe gegenübertreten. Wichtig ist deshalb, dass der angehende Praxisinhaber aktiv seine wirtschaftlichen Interessen in den Praxismietvertrag einbringt.
So sollte der Praxismietvertrag etwa vorsehen, dass im Zuge einer Praxisausweitung die neuen Partner in den Vertrag mit aufgenommen werden können. Auch die Untervermietung sollte geregelt werden. Sollte der Praxisinhaber an der Fortführung der Praxistätigkeit gehindert sein, muss er die Möglichkeit erhalten, einen Ersatzmieter zu stellen. Für den Fall der Berufsunfähigkeit sollte ein Sonderkündigungsrecht vorgesehen werden.
Außerdem gilt es einen Konkurrenzschutz zu vereinbaren und zu klären, wie und in welchem Umfang Werbung und Beschriftungen zulässig sind. Die größte Katastrophe ergibt sich mit Blick auf den Standort, wenn die Räumlichkeiten wegen mangelnder Deckentragkraft für den Praxisbetrieb nicht geeignet sind oder die Nutzung zu Praxiszwecken baurechtlich nicht zulässig ist. Im Zweifel sollte im Vorfeld ein Statiker dazu Stellung nehmen, ob die baulichen Gegebenheiten in Ordnung sind.
Steuerliche Anmeldung und Gewinnermittlung
Die steuerliche Geburt erfolgt mit der Einreichung des sogenannten steuerlichen Erfassungsbogens. In diesem Formular wird insbesondere angegeben, wie hoch künftige Umsätze und Gewinne geschätzt werden. Auf der Basis dieser Angaben werden dann auch die Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt. Bei der Art und Weise, wie der steuerliche Gewinn zu bestimmen ist, stehen dem Zahnarzt grundsätzlich zwei Methoden zur Wahl: die Einnahmen-Überschuss-Rechnung sowie die Bilanzierung.
Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung werden Zahlungsströme erfasst. Wie beim Girokonto sind Ausgaben relevant, wenn sie abgebucht wurden, und Einnahmen werden steuerlich berücksichtigt, wenn sie gutgeschrieben wurden. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist damit relativ einfach und intuitiv, weshalb sie üblicherweise verwendet wird. Entstandene Kosten zählen aber nicht erst mit der Praxisgründung, sondern auch Ausgaben im Vorfeld können als sogenannte vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt werden, zum Beispiel Beratungshonorare, Seminarkosten, Fachbücher, Fahrtkosten zu Objekten etc.
Werden Gegenstände aus dem Privatvermögen in die Praxis eingebracht, zum Beispiel Fachbücher, Laptop oder Einrichtungsgegenstände, dann können auch diese Aufwendungen steuerlich in Ansatz gebracht werden.
Erworbene Vermögensgegenstände werden grundsätzlich über die sogenannte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Das heißt, dass der Wert zum Beispiel des Behandlungsstuhls nicht als Ganzes sofort steuerlich abgezogen werden kann, sondern die Anschaffungskosten auf 10 Jahre verteilt werden, sodass jedes Jahr nur ein Zehntel der Kosten steuerlich wirksam wird. Der vollständige Sofortabzug ist nur bei Dienstleistungen und bei selbstständig nutzbaren Vermögensgegenständen möglich, deren Anschaffungskosten netto nicht mehr als 800 Euro (geringwertige Wirtschaftsgüter) oder 250 bis 1.000 Euro (Sammelabschreibung) betragen haben.
Aus steuerlicher Sicht ergeben sich deshalb wesentliche Unterschiede, abhängig davon, ob eine Praxisneugründung erfolgt ist oder eine Praxis im Kaufwege übernommen wurde. Bei der Variante des Praxiskaufs werden typischerweise auch die Patientenbeziehungen (immaterieller Praxiswert) im Kaufpreis vergütet. Daher muss auch der Kaufpreisanteil für die Patientenkartei abgeschrieben werden. Die Rechtsprechung gibt dem Praxiserwerber ein Wahlrecht; beim Erwerb einer Einzelpraxis kann der immaterielle Praxiswert auf 3 bis 5 Jahre abgeschrieben werden, beim Erwerb einer Gemeinschaftspraxis auf 6 bis 10 Jahre.
Hinweis: Wichtig ist, dass der Praxiskaufvertrag eine Regelung enthält, wie im Rahmen der Praxisübergabe die Geheimhaltung der Patientenakten sichergestellt werden kann. Üblicherweise wird hier auf das sogenannte Zwei-Schrank-Modell verwiesen. Fehlt eine solche Regelung, ist der Praxiskaufvertrag unwirksam.
Gutes Controlling ist alles
Ist die Praxis angelaufen, ergibt sich die Herausforderung, die Zahlen im Griff zu behalten. Man spricht hier auch betriebswirtschaftlich von Controlling = steuerungsrelevante Informationen sammeln und bewerten. Steuerungsrelevant sind Informationen, die man selbst beeinflussen kann. Die wichtigste Kennzahl ist dabei die Liquidität, also eine Aussage, ob ich meine finanziellen Verpflichtungen erfüllen kann. Die entscheidenden Instrumente der Liquiditätsplanung sind: Steuerprognose, Darlehensübersicht (Tilgung), Vorsorgeaufwendungen und private Ausgaben für Lebensführung (Miete etc.).
Außerdem liefern folgende Tools entscheidende Informationen für die wirtschaftliche Ausrichtung:
- Planzahlen
- Soll-Ist-Vergleich
- Mindestgesamtleistung (erforderlicher Umsatz, um alle – auch privaten – Ausgaben zu decken)
- Stundensatzkalkulation
Steuerprognose schützt vor bösen Überraschungen
Die Steuerprognose ist eine Schätzung der für das laufende Jahr anfallenden Einkommensteuer auf der Basis des bisherigen hochgerechneten Gewinns. Die Steuerprognose ist immer dann besonders wichtig, wenn sich Verbesserungen in der Gewinnsituation ergeben, denn in diesem Fall wird sich auch die Steuerlast erhöhen. Der Zahnarzt muss sich rechtzeitig darauf einstellen können und für ausreichende Rücklagen sorgen.
Eine entsprechende Gewinnerhöhung kann sich zum Beispiel ergeben, wenn im steuerlichen Erfassungsbogen vergleichsweise niedrige Gewinnerwartungen angegeben wurden, sich die wirtschaftliche Situation unerwartet deutlich verbessert hat oder der Zeitraum abgelaufen ist, über welchen der immaterielle Praxiswert abzuschreiben ist. In all diesen Fällen ergibt sich eine steuerliche Gewinnerhöhung, die sich 3-fach auswirkt.
Beispiel:
Bei Praxisgründung im Jahre 2018 wird im steuerlichen Erfassungsbogen ein Gewinn von 100.000 Euro angegeben, aber der Gewinn betrug tatsächlich 150.000 Euro. Die Finanzverwaltung setzt Einkommensteuervorauszahlungen mangels besserer Kenntnisse grundsätzlich auf der Basis des Vorjahres fest. Die Einkommensteuervorauszahlungen für 2019 werden also auch auf einer Gewinnerwartung von 100.000 Euro festgesetzt.
Nach Abgabe der Steuererklärung für 2018 (spätestens Ende Februar 2020) wird Folgendes passieren:
- Nachzahlung für 2018 auf Grundlage der eingereichten Steuererklärung
- Nachträgliche Vorauszahlungen für 2019: Da die Steuererklärung für 2019 noch nicht abgegeben ist, sind wir noch auf der Ebene von Vorauszahlungen. Da sich aber 2018 erhöht hat, wird mangels besserer Kenntnisse auch 2019 entsprechend (wie das Vorjahr) erhöht.
- Erhöhung der Vorauszahlungen für 2020 auf Basis der jetzt erhöhten Zahlen für 2019.
Wer auf diesen 3-fachen Steuereffekt nicht eingestellt ist, hat eine schwerwiegende Liquiditätsbelastung zu schultern; und für eine Bank ist nichts unangenehmer, als statt einer Investition in Sachmittel eine Steuernachforderung zu finanzieren. Die Steuerprognose (Steuerhochrechnung) ist neben der Übersicht über die Steuerzahlungen auf der Zeitschiene (Steuertimeline) das professionelle Instrument des Steuerberaters, um hier eine entsprechende Planungssicherheit zu schaffen.
Wichtige Kennzahlen – Rentabilität und Kostenkontrolle
Weitere wichtige Bereiche des Controllings sind Rentabilität und Kostenkontrolle. Bei der Rentabilität (Wirtschaftlichkeit) geht es um die Frage, ob die Praxis einen ausreichenden Gewinn abwirft. Um Praxen unterschiedlicher Größe besser vergleichbar zu machen, arbeitet man mit einer Verhältniszahl, nämlich der sogenannten Umsatzrentabilität:
Gewinn/Umsatz*100
Im Rahmen einer effizienten Kostenkontrolle geht es insbesondere um die Personalkosten. Die Personalkostenquote gibt an, wie hoch die Personalkosten im Verhältnis zum Umsatz sind:
Personalkosten/Umsatz*100
Bei einer Einzelpraxis liegt die Umsatzrendite durchschnittlich bei 34,5% und die Personalkostenquote bei 22,7%. Eine betriebswirtschaftlich wichtige Thematik ist ferner, ob sich einzelne Leistungsbereiche lohnen, wie z.B. angestellte Zahnärzte (Verhältnis Honorarumsatz/Gehalt + Sozialversicherung), die PZR/ Prophylaxe, ein CEREC/Eigenlabor oder ein Prophylaxe-Shop. Kommt man nämlich zu dem Ergebnis, dass dem nicht so ist, wäre es betriebswirtschaftlich vorteilhafter, den Leistungsbereich entweder einzustellen oder gegebenenfalls durch ein günstigeres Fremdangebot zu ersetzen.
All diese wichtigen Informationen lassen sich (wenn professionell verbucht wurde) aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) des Steuerberaters entnehmen. Besonders aussagekräftig ist dabei eine speziell auf Zahnärzte angepasste BWA. Es wäre deshalb ein Missverständnis zu meinen, die Buchführung sei nur die Ableistung einer Verpflichtung für das Finanzamt. Auch wenn das natürlich ein wichtiger Zweck ist, so ist die Buchführung auch ein entscheidendes Mittel der betriebswirtschaftlichen Eigeninformation für die Zahnarztpraxis.
Voraussetzung, um den Zweck der eigenen Information sinnvoll bedienen zu können, ist die zeitnahe Einreichung der Belege beim Steuerberater. Entsprechend verwertbare Aussagen enthält die Buchführung nur, wenn sie auf Monatsbasis erstellt wird. Werden von der Zahnarztpraxis Belege aber zum Beispiel nur vierteljährlich oder gar einmal im Jahr eingereicht, dann ist dies für die steuerliche Gewinnermittlung zwar ausreichend, die Buchführung kann allerdings keinerlei betriebswirtschaftlichen Nutzen mehr entfalten.

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