Mikrobiologisch fundiertes Biofilmmanagement: Grundlage der modernen Parodontitistherapie

Parodontitis ist eine multifaktorielle, Biofilm-assoziierte Erkrankung. Neben einer sorgfältigen Erhebung der individuellen Risikofaktoren eines Patienten, sollte eine zeitgemäße PA-Therapie daher verstärkt auf die nachhaltige Kontrolle der subgingivalen Plaque fokussieren. Der Beitrag stellt sowohl die besonderen „Lebensbedingungen“ von parodontopathogenen Keimen im Biofilm als auch seine Bekämpfung dar.
Parodontitis ist eine der am weitesten verbreiteten Infektionskrankheiten. Allein in Deutschland sind etwa 42 Millionen Erwachsene davon betroffen. Wie die Vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS IV) aus dem Jahr 2006 eindrucksvoll und detailliert aufgezeigt hat, waren etwa 73 % der Erwachsenen zwischen 33 und 45 Jahren und sogar 88 % der Senioren von einer therapiebedürftigen Erkrankung des Zahnhalteapparates betroffen. Es ist zu befürchten, dass der Anteil an behandlungsbedürftigen Parodontalerkrankungen auch aktuell unverändert hoch ist und so stellt sich einmal mehr die Frage, wie diese Herausforderung therapeutisch gemeistert werden kann.
Für die Ätiopathogenese der Parodontitis gilt als gesichert, dass es sich um eine multifaktorielle, Biofilm-assoziierte und v. a. durch Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit handelt [9,10,21,29,34,35]. Für eine erfolgreiche und v. a. nachhaltige Therapie dieser Erkrankung müssen diese durch zahlreiche Studien belegten und von der Fachwelt akzeptierten Dogmen auch in der Praxis berücksichtigt werden. So sollte eine sorgfältige Parodontaltherapie nicht nur eine gezielte Reduktion der pathogenen Bakterien umfassen, sondern auch den besonderen Schwierigkeiten Rechnung tragen, die die Behandlung einer Biofilm-assoziierten Infektion mit sich bringt. Aufgrund des multifaktoriellen Charakters der Parodontitis stellt außerdem die Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren des Patienten eine der tragenden Säulen eines erfolgreichen Behandlungskonzepts dar.
Stellenwert einer sorgfältigen Anamnese
Eine multifaktorielle Erkrankung, und somit auch die Parodontitis, wird durch eine Reihe verschiedener Risikofaktoren (Tab. 1) ausgelöst und beeinflusst. Solange die immunologische Kompetenz des Patienten ausreicht, die Summe der krankheitsfördernden Einflüsse zu kompensieren, bleibt das System stabil. Erst wenn die Risiken überwiegen oder das Immunsystem geschwächt wird, kippt das Gleichgewicht und die Krankheit etabliert sich. Insbesondere aus therapeutischer Sicht hat dieses Pathogenesemodell tiefgreifende Konsequenzen: um ein durch multiple Faktoren bedingtes Krankheitsgeschehen langfristig erfolgreich behandeln zu können, ist ein rein symptomatisch ausgerichtetes Therapiekonzept wenig zielführend. Nur wenn die individuellen Risiken des Patienten erkannt und zielgerichtet beseitigt werden, kann dem Fortschreiten der Erkrankung auf Dauer Einhalt geboten werden [8,21,28].
In einem dieser Tatsache Rechnung tragenden, kausal-orientierten Behandlungskonzept kommt der sorgfältigen Anamnese zu Behandlungsbeginn ein hoher Stellenwert zu. Wichtige Informationen über die individuellen Parodontitis-Risikofaktoren des Patienten können auf diesem Wege bereits im Vorfeld erhoben werden. So kann das Vorliegen von prädisponierenden Allgemeinerkrankungen wie Diabetes oder Erkrankungen des rheumatoiden Formenkreises im anamnestischen Gespräch ebenso erfragt werden, wie Angaben zu Nikotinkonsum, zur Einnahme von Medikamenten mit Auswirkungen auf das Parodont (z. B. Nifedipin, Cyclosporin A oder Bisphosphonate) oder zur Stressbelastung des Patienten [4,8].
Während die Qualität der häuslichen Mundhygiene mittels geeigneter Indices (API, QHI) relativ leicht erfasst werden kann, ist die Beurteilung des individuellen genetischen Entzündungsrisikos sowie die Belastung des Patienten mit parodontopathogenen Markerkeimen nur durch den Einsatz diagnostischer Testsysteme möglich (z. B. micro-IDent®plus oder GenoType® IL-1, Hain Lifescience, Nehren). Insbesondere der mikrobiologischen Analyse der subgingivalen Keimflora kommt hierbei eine zentrale Bedeutung zu, da die pathologische Verschiebung des mikrobiellen Gleichgewichts im Parodont einerseits als Hauptrisikofaktor für Parodontalerkrankungen gilt, die Wiederherstellung einer gesunden Standortflora andererseits den Schlüssel zum therapeutischen Erfolg darstellt [1,2,9,10,19,22,26,27,37].
„Spezifische Bakterien verursachen Parodontitis“
Nachdem Antoni van Leeuwenhoeck bereits 1683 Bakterien in seinem Zahnbelag entdeckte und damit die Grundlagen für die Orale Mikrobiologie legte, konnten Louis Pasteur und Robert Koch erst ca. 200 Jahre später aufzeigen, dass Infektionskrankheiten an das Auftreten von Mikroorganismen gebunden sind. Die Rolle von Bakterien in der Entstehung von Parodontalerkrankungen rückte schließlich mit den Untersuchungen von Harald Löe und dessen Entwicklung der „unspezifischen Plaquehypothese“ in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses [33].
Nach diesem Gedankenmodell sollte die Menge der Plaque als Ganzes für die Entstehung von Parodontalerkrankungen verantwortlich sein, wobei das Krankheitsausmaß mit der Menge an Plaque korreliert und eine Parodontitis demzufolge durch effiziente Mundhygienemaßnahmen vermeidbar wäre. Erst die Arbeiten von Sigmund Socransky und Kollegen [29] konnten zeigen, dass nicht die reine Plaquemenge, sondern eine bestimmte Gruppe von Bakterien als Auslöser von Parodontalerkrankungen gelten muss. Die aus diesen Untersuchungen abgeleitete „Komplextheorie“ besagt, dass v. a. das gemeinsame Vorkommen und die Interaktion bestimmter parodontopathogener Keime maßgeblich für die Etablierung und den Verlauf von Parodontalerkrankungen verantwortlich sind (Abb. 1). Die Zahnfleischtasche stellt dabei gewissermaßen ein eigenes Ökosystem dar, dessen Besiedlung mit Parodontalpathogenen sukzessive erfolgt. Während das gesunde Parodont vornehmlich von fakultativ aeroben, Gram-positiven Bakterien dominiert wird, die zur Aufrechterhaltung des oralen Milieus beitragen und demnach als „benefizielle Flora“ gelten, finden sich im parodontal erkrankten Sulkus überwiegend Gram-negative Anaerobier [9,10,16,19,29,30,32,35]. Wie Philip D. Marsh in seiner „ökologischen Plaquehypothese“ erklärt (Abb. 2), finden sich auch im gesunden Parodont opportunistische parodontopathogene Keime – jedoch in geringer Anzahl und somit ohne klinische Relevanz. Etabliert sich hingegen, z. B. aufgrund zu hoher Plaqueansammlungen, eine Entzündung, so steigt die Sulkusflussrate an, was mit einer erhöhten Nährstoffzufuhr einhergeht. Parallel nimmt die Temperatur im entzündeten Gewebe zu, während der pH-Wert durch die Desaminierung von Aminosäuren und die Bildung von Ammoniak erhöht wird. Diese Änderung der Umweltfaktoren, unterstützt von einer Abnahme des Redoxpotenzials im Verlauf der Plaquereifung, favorisiert das Wachstum der parodontopathogenen Anaerobier bei gleichzeitiger Unterdrückung der benefiziellen Flora (Abb. 2). Der parodontal erkrankte Sulkus wird nun von Gram-negativen Anaerobiern dominiert [10,16,19]. Die Zusammensetzung und der Aufbau des subgingivalen Biofims sind dabei individuell verschieden und variieren gemäß der Komplextheorie in den verschiedenen Phasen der Entwicklung von Parodontalerkrankungen. Im Zuge ihres Stoffwechsels scheiden die PA-Bakterien eine Reihe proteolytischer Enzyme und zytotoxischer Substanzen aus, welche das parodontale Weich- und Knochengewebe irreversibel und fortschreitend zerstören [1,29,32,35].
Wichtigstes Ziel einer erfolgreichen Parodontalbehandlung muss daher die Reduktion der parodontopathogenen Keime einerseits und die Herstellung des physiologischen mikrobiellen Gleichgewichtes andererseits sein. Um die akute Entzündung zu beseitigen, stehen mechanische und ggf. antibiotische Therapiemaßnahmen zur Verfügung. Für eine langfristige Etablierung gesunder mikro-ökologischer Verhältnisse sollte aber auch einer Reinfektion des sanierten Parodonts durch effiziente häusliche Mundhygienemaßnahmen und eine regelmäßige professionelle Zahnreinigung entgegengewirkt werden. Da die Parodontitis als bakteriell-induzierte Infektionskrankheit ansteckend ist, besteht eine wichtige Maßnahme der Reinfektionsprophylaxe außerdem in der Identifizierung und simultanen Therapie eines u. U. ebenfalls mit PA-Keimen belasteten Partners [11,19,24,36].
Bakterielle Lebensgemeinschaft Biofilm
Biofilme können prinzipiell überall dort entstehen, wo Bakterien in wässrigem Milieu auf eine Oberfläche treffen, an welche sie sich anlagern können. Dabei wird ein Biofilm als eine hochorganisierte Gemeinschaft von Mikroorganismen definiert, welche miteinander in Wechselwirkung und gegenseitiger Abhängigkeit stehen [6,7]. Auch im menschlichen Körper, der tatsächlich aus mehr Bakterien als humanen Zellen besteht, finden sich Biofilme: im Gastrointestinaltrakt, auf der Haut oder auf der Zahnoberfläche. Der dentale Biofilm zeichnet sich dabei allerdings durch eine Besonderheit aus: da er sich auf einer inerten, sich nicht erneuernden Oberfläche bildet, unterliegt er keiner natürlichen, sequenziellen Abschilferung und kann somit ungehindert wachsen und reifen. Die Bildung der dentalen Plaque erfolgt dabei über eine geordnete Abfolge von Kolonisierungsschritten (microbial sucession) [15,25,26,34]. Mithilfe eines speziellen Kommunikationssystems („Quorum sensing“) sind die Bakterien in der Lage, die vorhandene Populationsdichte zu messen. Ist ein bestimmter Schwellenwert überschritten, geben die Keime ihre planktonische, also frei-schwimmende Lebensweise auf, stellen ihren Stoffwechsel um und beginnen mit der Ausbildung eines Biofilms (Abb. 3), der in seiner Gesamtheit und Funktionalität fast einem mehrzelligen Organismus gleicht [23]. Initial erfolgt die Biofilmbildung durch Adhäsion sogenannter Frühkolonisierer, welche sich mittels Fimbrien an die Pellikel anheften können und daher der Ausspülung durch die Sulkusflüssigkeit entgehen.
Diese Pionierkeime (z. B. C. rectus, E. nodatum) weisen in der Regel ein nur moderat pathogenes Potenzial auf und werden nach der Komplextheorie von Socransky [29] dem Orange-assoziierten Komplex zugeordnet. Einem primär durch Teilungsvorgänge geprägten initialen Lateralwachstum, folgt ein Vertikalwachstum durch Anlagerung weiterer Frühkolonisierer. Während der sich anschließenden Reifungsphase binden Brückenkeime des Orangen Komplexes (P. intermedia, F. nucleatum, P. micra), welche bereits eine deutlich höhere parodontale Pathogenität aufweisen, an die nun entstandenen Mikrokolonien. Sie schaffen die physikalische, nicht zuletzt durch ihren Stoffwechsel aber auch die notwendige physiologische Voraussetzung für eine Etablierung der Rot-Komplex-Bakterien, wie P. gingivalis, T. forsythia oder T. denticola. Mit diesen stark pathogenen Markerkeimen, welche ursächlich für die Destruktion der parodontalen Gewebe verantwortlich sind, bildet sich die „Climax community“ aus, die den Abschluss der Biofilmreifung darstellt. Wie auch Aggregatibacter actinomycetemcomitans, der aufgrund seiner Virulenzfaktoren als der Markerkeim mit dem höchsten pathogenen Potenzial gilt, produzieren diese strikten Anaerobier im Rahmen ihres Stoffwechsels nun Enzyme und zytotoxische Substanzen, welche die Zerstörung des Weich- und Knochengewebes weiter vorantreiben [6,10,15,29,30,34].
Bakterien im Biofilm „ticken“ anders
In erster Instanz stellt der Biofilm eine Überlebensstrategie für Bakterien dar. So ist es nicht verwunderlich, dass die ersten Biofilme bereits vor 2,5 Milliarden Jahren von Cyanobakterien gebildet wurden, die als erste Sauerstoffproduzenten die Grundlage für die Entwicklung höherer Lebewesen auf der Erde darstellen. Ähnlich einem mehrzelligen Organismus, ist der Biofilm ein komplexes Gebilde, mit einer gelartigen Matrix als äußerer Hülle und einem eigenen Primitivkreislauf aus wassergefüllten Kanälen zum Transport von Nährstoffen und zur Entsorgung von Abfällen [17,25]. Als Teil einer Lebensgemeinschaft haben die involvierten Bakterien deutliche Vorteile gegenüber der planktonischen Lebensweise (Tab. 2).
So bilden sie z. B. metabolische Symbiosen mit anderen Bakterienspezies und erhöhen dadurch sowohl Effizienz als auch Effektivität ihres Stoffwechsels. Die Einbettung in den Biofilm vermittelt dabei gleichzeitig einen besseren Schutz gegenüber den Immunzellen der Wirtsabwehr, äußeren Einflüssen (pH, UV-Licht, Austrocknung) sowie antimikrobiellen Substanzen [5,31]. Durch Kommunikation von Zelle zu Zelle oder auch zwischen Mikrokolonien können Informationen bezüglich Nährstoffangebot oder Umweltfaktoren ebenso übermittelt werden wie der „Befehl“ zur Expression bestimmter Gene, z.B. zur Produktion von Matrix- Polysacchariden [20]. Durch den Austausch von mobilen genetischen Elementen wie Plasmiden oder Transposons können auch Informationen zur Ausbildung von Resistenzen weitergegeben werden [18]. V. a. die erhöhte antibiotische Resistenz sowie die Widerstandsfähigkeit des Biofilms gegenüber der körpereigenen Immunabwehr machen die Therapie von Parodontalerkrankungen entsprechend schwierig [5,14,25, 31,34,36].
Gemäß Untersuchungen von Stewart & Costerton [31] kann die Antibiotika-Resistenz von Biofilm-assoziierten Bakterien im Vergleich zu planktonischen Spezies auf das bis zu 1000-fache ansteigen. Diese stark erniedrigte Sensitivität gegenüber antimikrobiellen Substanzen beruht auf verschiedenen Ursachen (Abb. 4). So stellt die äußere Hülle des Biofilms eine physikalische Diffusionsbarriere dar, welche ein Eindringen von Nährstoffen, Immunabwehrzellen und Antibiotika in die Tiefe des Biofilms verhindert. Auch können Ladung-tragende Antibiotika-Moleküle durch negativ-geladene Exopolysaccharide der Matrix neutralisiert und somit unwirksam gemacht werden, sodass zentral lokalisierte Bakterien nicht erreicht werden. Neben echten Antibiotika- Resistenzen, die auf Mutationsereignissen, Gen-Transfer oder der Bildung von Efflux-Pumpen zum Export der antimikrobiellen Wirkstoffe beruhen, können Bakterien auch von den Fähigkeiten ihrer Nachbarn profitieren. Scheidet ein im Biofilm eingebundenes Bakterium spezielle Enzyme, wie z. B. ?-Laktamasen, welche ?-Laktamantibiotika spalten und diese somit unwirksam machen, in seine Umgebung aus, so beschränkt sich die Resistenz nicht nur auf den Produzenten selbst, sondern lässt auch benachbarte Bakterien unempfindlich gegen den Wirkstoff werden. Darüber hinaus wirken nahezu alle Antibiotika nur auf wachsende Zellen optimal; Penicillin und seine Derivate haben praktisch keine Wirkung auf inaktive Zellen. Da das reduzierte Nährstoffangebot in den tieferen Schichten des Biofilms die Bakterien nur langsam wachsen oder sie gar in einen Ruhemodus fallen lässt (Persister-Zellen), ist die Effektivität von antibiotischen Wirkstoffen im Biofilm auch aus diesem Grund stark herabgesetzt [5,7,15,17,23].
Biofilmmanagement – Schlüssel zur erfolgreichen PA-Therapie
Biofilmbildung kann nicht verhindert, sondern bestenfalls kontrolliert werden. Eine nachhaltig erfolgreiche Parodontalbehandlung ist demnach nur möglich, wenn die bakterielle Genese der Erkrankung und die besonderen Verhältnisse im Biofilm konsequent berücksichtigt werden [2,13,14]. Die wichtigste Grundlage eines nachhaltigen Biofilmmanagements besteht deshalb immer in einer effizienten Plaquereduktion durch häusliche Hygienemaßnahmen wie Zähneputzen, Interdentalraumpflege und Mundspüllösungen. Da eine vollständige Plaqueentfernung allein hierdurch jedoch nicht erreicht werden kann, ist eine regelmäßige professionelle Reinigung schwer zugänglicher parodontaler Regionen (PZR) unerlässlich, um eine Ausbreitung und weitere Reifung des Biofilms zu verhindern [2,4,13,14].
Hat sich bereits eine Parodontalerkrankung etabliert, muss der Fokus primär auf der Beseitigung ihrer Ursache und somit auf einer Reduktion der supra- und subgingivalen Keimlast liegen. Der Patient wird daher zunächst einer initialen Hygienephase zugeführt, welche Informationen und Instruktionen zu verbesserter Mundpflege sowie die Herstellung hygienefähiger Verhältnisse durch PZR, Extraktion nicht-erhaltungswürdiger Zähne und u. U. subgingivales Scaling und Wurzelglättung (SRP) umfasst. Eine Reevaluation nach 2 bis 3 Wochen gibt Aufschluss über den Erfolg dieser Behandlungsmaßnahmen. Ist eine deutliche Verbesserung der klinischen Parameter erkennbar, kann der Patient direkt der parodontalen Erhaltungstherapie zugeführt werden [4,27,28]. Hat sich das klinische Bild hingegen nicht verbessert, so liegt der Verdacht nahe, dass eine Reduktion der parodontopathogenen Markerkeime durch eine rein mechanische Instrumentierung nicht möglich ist und eine über die Wirkung eines SRP hinausgehende, antibiotische Begleittherapie in Erwägung gezogen werden muss [3,12,27]. Da die Zusammensetzung der Subgingivalflora starken individuellen Schwankungen unterliegt, ermöglicht allerdings nur eine vorhergehende Analyse des subgingivalen Keimspektrums die diagnostisch fundierte Entscheidung darüber, ob eine adjuvante Antibiotikagabe therapeutisch indiziert ist. Ob und welches Antibiotikum im jeweiligen Fall zum Einsatz kommen sollte, richtet sich dabei primär nach Art und Konzentration der vorliegenden Keime (Abb. 5). Um die benefizielle Flora zu schonen, aber auch, um unerwünschte Nebenwirkungen der Medikation zu minimieren, sollte eine begleitende Antibiose möglichst gezielt gegen die vorliegenden parodontopathogenen Markerkeime gerichtet sein [3,9,10,12,22, 27,28,37].
Der Biofilm bietet den Bakterien wirksamen Schutz! Die angestrebte antibakterielle Wirkung kann daher nur erreicht werden, wenn der Biofilm durch ein der Antibiotikagabe unmittelbar vorangegangenes, sorgfältiges SRP temporär desintegriert wird und die Keime somit für die Wirkung des Antibiotikums zugänglich werden. Hierbei gilt zu beachten, dass Bakterien in der Regel einen raschen Generationswechsel haben und der Biofilm sich daher erstaunlich schnell regeneriert. Aus diesem Grund wird empfohlen, eine Antibiose nur unmittelbar im Abschluss an das supraund subgingivale Débridement zu beginnen [3,22,27]. Zur Reduktion von Keimen in anderen oralen Nischen wie Zungenrücken, Tonsillen oder Mukosa sollte zudem nach dem Konzept der „full-mouth-disinfection“ verfahren werden. Hierzu werden neben einer unterstützenden Desinfektion mit Chlorhexidin-Präparaten insbesondere ein Scaling des gesamten Parodonts innerhalb eines Zeitraumes von 24 bis 48 Stunden sowie ein Beginn der Antibiotikaeinnahme unmittelbar im Anschluss an das SRP empfohlen. Um eine Reinfektion durch persistierende Bakterien auszuschließen, bedürfen schwer zugängliche Bereiche wie Furkationen oder sehr tiefe Taschen ggf. eines chirurgischen Zugangs. Auch weitere Retentionsnischen wie sie durch älteren Zahnersatz oder insuffiziente Kronenränder entstehen können, sollten unbedingt vor einer PA-Behandlung saniert werden [13,24, 26,36].
Etwa 6 bis 8 Wochen nach abgeschlossener Einnahme des Antibiotikums empfiehlt sich eine erneute Überprüfung des klinischen Bildes und des subgingivalen Keimspektrums mittels einer Kontrollanalyse. Zeigt sich jetzt eine Verbesserung der klinischen sowie mikrobiologischen Verhältnisse, kann der Patient zur langfristigen Stabilisierung des Behandlungsziels der parodontalen Erhaltungstherapie zugeführt werden. Ergibt die mikrobiologische Kontrollanalyse hingegen eine fortgesetzt hohe Keimbelastung, so kann dies verschiedene Ursachen haben, welche für den Einzelfall eruiert werden müssen. Die aktive Behandlungsphase sollte in diesen Fällen solange fortgeführt werden, bis eine deutliche Verbesserung der klinischen und mikrobiologischen Verhältnisse verzeichnet werden kann. Für den Langzeiterfolg einer PA-Behandlung ist v. a. die unterstützende Parodontitistherapie unverzichtbar. Nur durch regelmäßige gezielte, minimalinvasive Entfernung von neu gebildetem Biofilm, gepaart mit einer Remotivation des Patienten sowie einer Überprüfung der klinischen Parameter kann die parodontale Situation langfristig stabil gehalten werden [2,4,13,14,28].
Erfolgreiches Biofilmmanagement im Rahmen einer modernen, zeitgemäßen Parodontaltherapie muss demnach alle Behandlungsphasen umfassen und v. a. die Besonderheiten einer Biofilm-assoziierten Infektion berücksichtigen. Nur mithilfe eines konsequenten, konzeptionierten und mikrobiologisch fundierten Therapieprotokolls kann man den Biofilm auch langfristig erfolgreich kontrollieren.