Anzeige

Eine klinische Beobachtungsstudie über 24 Monate

Hyaluron und Laserlicht im LHA-Konzept der systematischen Parodontaltherapie

Hyaluronsäure (Synonym: Hyaluronan) ist aufgrund ihrer Eigenschaften in vielfältiger Weise auch für die Zahnheilkunde sehr interessant. Das bisherige Schattendasein der Hyaluronsäureanwendung in Deutschland ist hauptsächlich auf mangelnde Informationen zurückzuführen. In den letzten Jahren haben wir in unserer Praxisklinik die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten und deren Wirkung bei der Behandlung von entzündlichen und traumatischen Zuständen des Mund- und Rachenraums intensiv angewandt und wissenschaftlich untersucht. Der nachfolgende Artikel soll einige Basisinformationen zur Hyaluronsäure und deren praxisnahe Anwendung im Rahmen der systematischen Parodontaltherapie präsentieren. Außerdem werden konkrete Ergebnisse einer 24 Monate andauernden klinischen Beobachtungsstudie publiziert.

Parodontitistherapie.
Parodontitistherapie.
Parodontitistherapie.

Seit der ersten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS I) im Jahr 1989 erforscht das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) im Auftrag der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) die Mundgesundheit der deutschen Bevölkerung. In der mittlerweile fünften Auflage der DMS hat das IDZ von Oktober 2013 bis Juli 2014 in insgesamt 90 Untersuchungsgemeinden etwa 4.600 Menschen aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen in einer repräsentativen Erhebung befragt und zahnmedizinisch-klinisch untersucht. Die DMS V wurde 2016 als die größte repräsentative Erhebung ihrer Art in Deutschland veröffentlicht [10]. Erfreulich ist, dass sich die Zahn- und Mundgesundheit der Bevölkerung in allen Bereichen und über alle sozialen Schichten hinweg noch einmal verbessert hat, was für den Erfolg der zahnärztlichen Prävention spricht. Auch im internationalen Vergleich ist die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland vorbildlich: Kinder erfreuen sich hierzulande über die gesündesten Zähne und deutsche Senioren leiden nur noch selten unter völliger Zahnlosigkeit – ein Ergebnis stetiger Prophylaxe, Aufklärung und verbesserter Mundhygiene. Die Prävalenz schwerer Parodontalerkrankungen hat sich zwischen 2005 (DMS IV) und 2014 (DMS V) praktisch halbiert. Prognostisch ist jedoch aufgrund des demografischen Wandels künftig ein steigender Behandlungsbedarf zu erwarten. Das zeigt sich auch in unserem Praxisalltag und so stellt sich einmal mehr die Frage, wie diese Herausforderung therapeutisch gemeistert werden kann.

Parodontalerkrankungen gelten als die größte Bedrohung der Zahngesundheit

Abb. 1: Für die Beurteilung bzw. das Erkennen des Ausmaßes des parodontalen Knochenabbaus sind im Rahmen der Anfangsdiagnostik ein Orthopantomogramm (OPG) bzw. ein Röntgenstatus unerlässlich.
Abb. 1: Für die Beurteilung bzw. das Erkennen des Ausmaßes des parodontalen Knochenabbaus sind im Rahmen der Anfangsdiagnostik ein Orthopantomogramm (OPG) bzw. ein Röntgenstatus unerlässlich.

Die Erkrankungen des parodontologischen Formenkreises stellen die größte Bedrohung der Zahngesundheit und Gründe für vorzeitigen, nicht altersentsprechenden Zahnverlust dar [23]. Der parodontale Knochenabbau weist in der genannten Altersgruppe oft mehr als ein Drittel der gesamten Wurzellänge auf und verläuft meistens gleichmäßig horizontal. Für die Anfangsdiagnostik sind daher ein Orthopantomogramm (OPG) (Abb. 1) oder ein Röntgenstatus unerlässlich. Angesichts der modernen Röntgengeräte mit Low-Dose-Modus ist die Problematik der Strahlenbelastung hier zweitrangig, aber zu bedenken [24]. Eine ausführliche Anamnese des Patienten sowie darauf aufbauend patientenorientierte Initialbehandlung und Therapieplanung stellen die Eckpunkte einer notwendigen Parodontalbehandlung dar. Parodontitis ist eine multifaktorielle, Biofilm- assoziierte Erkrankung [9,11,12]. Die Zusammensetzung und der Aufbau des subgingivalen Biofims sind dabei individuell verschieden und variieren gemäß der Komplextheorie in den verschiedenen Phasen der Entwicklung von Parodontalerkrankungen. Im Zuge ihres Stoffwechsels scheiden die parodontalpathogenen Bakterien eine Reihe proteolytischer Enzyme und zytotoxischer Substanzen aus, welche das parodontale Weich- und Knochengewebe irreversibel und fortschreitend zerstören [1,9,42,47,49,51]. Die Einbettung der Bakterien in den Biofilm vermittelt dabei gleichzeitig einen besseren Schutz gegenüber den Immunzellen der Wirtsabwehr, äußeren Einflüssen (pH, UV-Licht, Austrocknung) sowie antimikrobiellen Substanzen [5,45]. Durch Kommunikation von Zelle zu Zelle oder auch zwischen Mikrokolonien können Informationen bezüglich Nährstoffangebot oder Umweltfaktoren ebenso übermittelt werden wie der „Befehl“ zur Expression bestimmter Gene, z. B. zur Produktion von Matrix-Polysacchariden [27]. Durch den Austausch von mobilen genetischen Elementen wie Plasmiden oder Transposons können auch Informationen zur Ausbildung von Resistenzen weitergegeben werden [26]. Diese erhöhte antibiotische Resistenz sowie die Widerstandsfähigkeit des Biofilms gegenüber der körpereigenen Immunabwehr erschweren entsprechend die Therapie von Parodontalerkrankungen [5,14,35,42,47,48].

Eckpunkte einer effektiven Parodontalbehandlung

Anzeige

Nach wie vor gilt das mechanische Débridement durch Scaling und Rootplaning (SRP) als Goldstandard in der Parodontitistherapie. Dennoch können trotz eines gründlichen mechanischen Biofilmmanagements einzelne entzündete Taschen mit Taschentiefen > 4 mm persistieren oder rezidivieren. Zahlreiche Studien zeigen nur geringfügige Verbesserungen der Keimzahlen und fordern zur effektiveren Senkung der Zahl der parodontalpathogenen Bakterien zusätzlich die Anwendung adjuvanter antimikrobiell wirksamer Substanzen [8, 16,33]. Patienten und Behandler sind dann oft unzufrieden mit dem real vorzufindenden klinischen Ergebnis der durchgeführten Therapie [24]. Um die Grenzen und Limitationen der rein mechanischen Therapie zu überwinden und den Therapieerfolg zu unterstützen, wird von vielen Kollegen zusätzlich eine systemische oder lokale Antibiose eingesetzt. Aufgrund möglicher mit systemischen Antibiotika assoziierter unerwünschter Nebeneffekte sollte ihre Gabe jedoch nur unter sehr strenger Indikationsstellung erfolgen [22]. Eine langfristig effektive Parodontaltherapie sollte nach meiner klinischen Erfahrung nicht nur eine gezielte Reduktion der pathogenen Bakterien umfassen, sondern auch den besonderen Schwierigkeiten Rechnung tragen, die die Behandlung einer Biofilm-assoziierten Infektion insgesamt mit sich bringt. Aufgrund des multifaktoriellen Charakters der Parodontitis stellt außerdem die Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren des Patienten eine der tragenden Säulen eines erfolgreichen Behandlungskonzepts dar. In der parodontologischen Therapie bewirkt der Laserlichteinsatz neben der Beseitigung des entzündeten Gewebes auch, dass die darin enthaltenen Bakterien sofort hoch effizient bekämpft werden und dadurch das Risiko einer Bakteriämie nahezu ausgeschlossen ist [23]. Doch das optimale Ergebnis einer systematischen Parodontaltherapie besteht nicht nur in der Beseitigung des inflammatorischen Prozesses, sondern auch in der Regeneration der parodontalen Strukturen. Aus diesen Überlegungen und der geschilderten Problemstellung heraus wurde in unserer Praxis ein klinisch erfolgversprechendes Therapiekonzept unter Einbeziehung von Hyaluronsäure erprobt und entwickelt.

Aufbau, Wirkungsprinzip und Eigenschaften von Hyaluron

Hyaluronsäure (Synonym: Hyaluronan) ist ein physiologischer, extrazellulärer, ubiquitärer Bestandteil des Bindegewebes in der Mundschleimhaut und vor allem der Gingiva [7,44]. Der Nachweis von Hyaluronsäure im Ligamentum parodontale und umgebendem Gewebe des Parodontium zeigt deren strukturelle Bedeutsamkeit [2,4,39]. Hyaluronsäure gehört zu den Mukopolysacchariden und befindet sich im Extrazellularraum als interstitielle Grundsubstanz. Hyaluronan ist ein simples Biopolymer, bestehend aus D-Glukuronsäure (Uronsäure) und dem Aminozucker N-Acetyl-D-Glukosamin. Über die Verknüpfung der Zuckerringe durch ?-(1-3)- und ?-(1-4)-glykosidische Bindungen an den oxygenierten Atomen entstehen unverzweigte Disaccharideinheiten, welche zueinander um 180° rotiert angeordnet sind [36,38]. Das Gerüst der Hyaluronsäure wird dabei durch interne Wasserstoffbrückenbindungen stabilisiert. Das Wirkungsprinzip der Hyaluronsäure liegt unter anderem in den unterschiedlichen Formen begründet, die diese annehmen kann. In wässriger Umgebung kommt es infolge einer spontanen Aggregation der Hyaluronsäureketten (Sekundärstruktur) zur Entstehung dreidimensionaler Maschennetzwerke (Tertiärstruktur) mit entsprechender Volumenzunahme. Zusammen mit anderen Glykosaminoglykanen bildet die Hyaluronsäure ein Proteoglycangel, in das zelluläre und fibröse Komponenten eingebettet sind [3]. Zellen mit spezifischen Bindungsstellen (CD44- Rezeptoren) sind in der Lage, große Hyaluronsäurenetzwerke um sich zu verankern, wodurch eine Hülle aus Hyaluronsäure, die sogenannte Halo [37], entstehen kann. Hyaluronsäure besitzt eine regulierende Funktion bei der Organisation der extrazellulären Matrix und ihrer Bestandteile [41]. Dabei bildet das Hyaluronsäurenetzwerk eine der Voraussetzungen für den Stoffaustausch und dient als Barriere gegen das Eindringen fremder Substanzen. Aufgrund des komprimierten Maschennetzwerkes fungiert Hyaluronan als eine Art Filter („Siebeffekt“) und immobilisiert dadurch größere Partikel [6]. Durch die Bildung sogenannter protektiver Halos können Zellen vor lysosomalen Abbauprozessen und Hydroxylradikalen geschützt werden [32]. Diese perizellulären Hüllen aus Hyaluronsäure dienen verschiedenen Zelltypen als Schutz vor äußeren viralen und bakteriellen Einflüssen [21,31].

Was lässt die Hyaluronsäure im Rahmen der biologisch orientierten Parodontitistherapie so erfolgversprechend erscheinen?

Hyaluronsäure besitzt antiinflammatorische, antiödematöse und zusätzlich als Radikalfänger protektive Effekte sowie eine antibakterielle Wirkung, was sich klinisch als bakteriostatischer Effekt bemerkbar macht. Außerdem trägt sie entscheidend zu Prozessen der Wundheilung bei. Dabei interagiert das Glykosaminoglykan mit der extrazellulären Matrix bei der Regeneration parodontaler Strukturschädigungen [29,43]. Eine durch die positiven Effekte der Wundheilung beschleunigte Abnahme der subjektiven Beschwerden nach exogener Hyaluronsäureapplikation im Rahmen der Gingivitis- und Parodontitistherapie könnte darüber hinaus eine Verbesserung der vorher gegebenenfalls schmerzhaften Mundhygiene ermöglichen und bessere Plaquewerte zur Folge haben [22,24].

Hyaluronsäure im biologischen Therapiekonzept der chronischen marginalen Parodontitis

Bei chronischen Entzündungsprozessen kommt es zur Zerstörung von Proteoglykanen und der Veränderung der Hyaluronsäurestruktur in Bindegewebsfibroblasten. Hierbei konnten steigende Konzentrationen von Glykosaminoglykanen in der Sulkusflüssigkeit als ein Zeichen für parodontale Erkrankungen detektiert werden [13]. Bei Parodontitispatienten wurden vermehrt Interleukin-1? (IL-1?), Interleukin-2 (IL-2) und Prostaglandin E2 (PGE2) im Zusammenhang mit parodontaler Destruktion nachgewiesen [34]. In-vitro-Untersuchungen zeigten bei der Aktivierung von Fibroblasten durch die Zytokine IL-1? und TNF-? einen Anstieg der Hyaluronidasen, also spezifischer Enzyme, die für den Abbau von Hyaluronsäure zuständig sind. Diese Hyaluronidasen wirken dabei anscheinend synergistisch mit degradierter Hyaluronsäure bei der Zerstörung des Desmodonts während eines entzündlichen Prozesses [30]. Fragmente niedrigmolekularer Hyaluronsäure induzieren darüber hinaus über den nukleären Transkriptionsfaktor ?B (NF-?B) die Aktivierung alveolärer Makrophagen während chronischer Entzündungsreaktionen. Hochmolekulare Hyaluronsäuren zeigten hingegen keinerlei Auswirkungen auf die Bioaktivität von Makrophagen [17,28]. Folglich entscheidet die molekulare Größe der Hyaluronsäure über den Einfluss auf die Makrophagen. Dies verdeutlicht die zellvermittelten Auswirkungen chronischer Entzündungen auf die Hyaluronsäurestruktur. Untersuchungen oraler Bakterien ergaben Hyaluronidaseaktivitäten bei Treponema denticola, Prevotella oris und Propionibacterium acnes, welche im Zusammenhang mit aktiven parodontalen Läsionen und der Zerstörung der Bindegewebsstruktur stehen [13,15,38]. Ein Abbau von Hyaluronsäure durch bakterielle Hyaluronidasen wirkt sich unvermittelt negativ auf die Integrität des Gingivaepithels aus [38]. Weiterhin besteht ein Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von Hyaluronsäure und der Wundheilung in Geweben. Bei der Neustrukturierung der Zellen nach Gewebedefekten dient Hyaluronsäure als ein Regulator der Migration und der Zellteilungsmechanismen. Darüber hinaus beeinflusst sie die Zellmotilität nachweislich positiv [41,46,50]. Die Stimulation durch Wachstumsfaktoren (basic fibroblast growth factor, FGF-2) führte in Zellen des Parodonts von Menschen zur vermehrten Expression von Hyaluronsäuresynthetasen (HAS1- und HAS2-mRNA) und damit zur verstärkten Synthese hochmolekularer Hyaluronsäure. Die Ursache dafür könnte in der vermehrten Zellteilungsrate von mesenchymalen Stammzellen des Parodonts liegen [40]. Die natürliche Steigerung der Hyaluronsäuresynthese durch den basic fibroblast growth factor (FGF-2), einem wichtigen Bestandteil der extrazellulären Matrix innerhalb der Wundheilung von parodontalen Geweben, führte zum Versuch der Applikation von Hyaluronsäure in künstlich geschaffene vertikale Alveolarknochendefekte von Ratten. Die teilweise Regeneration der Knochendefekte war durch eine starke Anreicherung von Osteoblasten gekennzeichnet [18]. Die Aktivierung von CD19, einem B-lymphozytären Oberflächenrezeptor, durch Hyaluronsäure könnte einen weiteren Regulationsmechanismus zur Verbesserung der Wundheilung beschädigter Gewebestrukturen liefern [19]. Eine Nachahmung von Effekten der fetalen Wundheilung ohne Narbenbildung und Fibrosierung durch hohe Konzentrationen von Hyaluronsäure könnte zur Verbesserung der Geweberegeneration in der Mundhöhle führen [25].

Liebaugs Hyaluronic Acid (LHA) Concept in Periodontitis

Liebaug und Wu beschrieben bereits 2015, dass für eine erfolgreiche Parodontitistherapie ein systematischer Behandlungsablauf unerlässlich ist [24]. Der vorgestellte Stufenplan innerhalb der systematischen Parodontaltherapie sollte als Konzept und Leitfaden im Sinne eines medizinischen Qualitätsmanagements angesehen werden, wobei sich Therapie- und Regenerations- bzw. Heilungsphasen abwechseln. So gestaltet sich der Therapieablauf grundsätzlich patientenindividuell. Nach jeder Behandlungsphase sollte daher auch eine Reevaluation des individuellen Falles erfolgen. In unserer Praxis hat sich seit über 20 Jahren die Anwendung verschiedener Lasergeräte zur Unterstützung oder Durchführung von einzelnen Therapieschritten bewährt. Dass es nicht die eine universell einsetzbare Wellenlänge gibt, versteht sich bei erfahrenen Anwendern von selbst. Die sofortige bakterizide Wirkung von Laserlicht geeigneter Wellenlängen bei der Behandlung entzündeter Zahnfleischtaschen einerseits, aber auch die immer mehr beachtete Biostimulation der Streustrahlung andererseits führen zu klinisch besseren Heilungsergebnissen. Das bemerken auch unsere aufgeschlossenen Patienten und wissen es entsprechend zu schätzen. Da ich immer auf der Suche nach schonenden und sinnvollen bzw. effektiven Therapieergänzungen bin, habe ich die für dentale Applikation zugelassene Hyaluronsäure in unser Therapiekonzept integriert. Im Schema 1 ist der prinzipielle Ablauf dargestellt. Hierzulande kennen wir – der kassenzahnärztlichen Versorgung sei Dank – die systematische Behandlung von Parodontopathien als die Therapie der Wahl. In mehreren Sitzungen entspricht es vertragsgemäß einer antiinfektiösen Therapie zur Entfernung der supra- und subgingivalen bakteriellen Beläge, welche die chronische Entzündung und in ihrer Folge die Gewebezerstörung auslösen. Nach der Reevaluation des Behandlungsergebnisses können weitere chirurgische resektive oder regenerative Maßnahmen angezeigt sein. Interessanter- und bezeichnenderweise sind die Erhebung der parodontologischen Befunde und der Abgleich mit dem Status zum Behandlungsbeginn nicht Gegenstand der „systematischen PAR-Therapie“ bei den gesetzlich versicherten Patienten.

Schema 1: Die verschiedenen Phasen und der Behandlungsablauf des Liebaugs Hyaluronic Acid Concept in Periodontitis.
Schema 1: Die verschiedenen Phasen und der Behandlungsablauf des Liebaugs Hyaluronic Acid Concept in Periodontitis.
Abb. 2: Positiver aMMP8-Test zu Behandlungsbeginn.
Abb. 2: Positiver aMMP8-Test zu Behandlungsbeginn.

Die in unserer Praxis durchgeführte klinische Beobachtungsstudie begann 2014 und umfasst nun einen Erfassungszeitraum von über 24 Monaten. So konnte gewährleistet werden, dass alle Studienteilnehmer, unabhängig vom individuellen Therapiebeginn, jeweils mindestens für 24 Monate nachkontrolliert werden konnten (Abb. 1 u. 2). In Kürze werden die Auswertungsergebnisse für 30 Monate vorliegen.

Studiendesign

An der LHA-Studie 1 nahmen insgesamt 52 Patienten teil, wobei 7 Patienten aufgrund der dramatisch erhöhten Taschentiefen einer chirurgischen Lappen-OP unterzogen werden mussten und in der hier vorgestellten nichtchirurgischen Therapievariante nicht in die Auswertung einbezogen wurden. Bei den verbliebenen 45 Patienten wurde folgende Gruppeneinteilung vorgenommen:

  • Gruppe 1: SRP ohne adjuvante Maßnahmen (Kontrollgruppe), 12 Patienten
  • Gruppe 2: SRP und Laser, 10 Patienten
  • Gruppe 3: SRP, Laser und Hyaluronsäure, 10 Patienten
  • Gruppe 4: SRP und PDT (Laser und Photosensitizer), 13 Patienten

Aufgrund des großen Datenvolumens, aber auch um den Anforderungen an eine klinische Langzeitstudie gerecht zu werden, werden die Auswertung und der Vergleich von Laseranwendung ohne Farbstoffinstillation in die Taschen (Gruppe 2) und photodynamische Therapie (Gruppe 4) zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen und publiziert werden. Deshalb werden in dieser Publikation die Daten aus Gruppe 4 nicht einbezogen. In den Gruppen 1 bis 3 wurde eine Gesamtanzahl von 755 Zähnen, davon 491 einwurzelige und 264 mehrwurzelige Zähne, behandelt. Es wurden männliche und weibliche Patienten in der Altersgruppe von 27 bis 82 Jahren einbezogen. In allen Gruppen (1–4) wurde auf die lokale Applikation bzw. Tascheninstillation von CHX-Präparaten in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit SRP bzw. in dem beschriebenen Studienzeitraum verzichtet, um das klinische Ergebnis bezüglich Laserlichtwirkung und/oder Hyaluron nicht zu verfälschen. Es wurde ebenfalls darauf geachtet, dass 4 Wochen vor Therapiebeginn keine Antibiotikaeinnahme, auch nicht im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen, erfolgt war. Trotz Erregernachweis wurde keine adjuvante Antibiose im Beobachtungszeitraum durchgeführt, zumal dies in unserem Praxiskonzept ohnehin eine Ausnahme darstellt. Vom Zeitpunkt der geschlossenen Taschentherapie wurden nach 3, 6, 9,12,18 und 24 Monaten die Taschentiefen gemessen und der Blutungsindex (Bleeding on Probing, BOP) ermittelt.

Abb. 3: Durchschnittliche Reduzierung der Taschentiefen über den Beobachtungszeitraum von 24 Monaten – im direkten Vergleich zwischen den drei Gruppen.
Abb. 3: Durchschnittliche Reduzierung der Taschentiefen über den Beobachtungszeitraum von 24 Monaten – im direkten Vergleich zwischen den drei Gruppen.

In Abbildung 3 ist die durchschnittliche Reduzierung der Taschentiefen im direkten Vergleich zwischen den drei Gruppen über den 24-monatigen Beobachtungszeitraum grafisch dargestellt. Schaut man sich hier den zeitlichen Modus der Taschenreduktion der einzelnen Gruppen etwas genauer an, so fällt auf, dass der initiale Heilungsprozess mit deutlich höheren Reduktionswerten der gemessenen Taschentiefe bei der Gruppe mit zusätzlicher Laserlichtanwendung und insbesondere mit der Kombination von Hyaluronsäure und Laser progressiver verläuft. Diese Tendenz schwächt sich im Zeitraum nach 3 Monaten bis zum vorläufigen Untersuchungsende 12 Monate postoperativ zwar ab, zeigt aber insbesondere zwischen der Kontrollgruppe (nur SRP) und der Gruppe 3 (Hyaluronsäure, Laser, SRP) einen signifikanten Unterschied von ca. 1 bis 1,5 mm mehr an klinisch messbarer Taschenreduktion. Der unmittelbar nach der Behandlung aufgefallene Vorsprung hat sich demnach über den relativ langen Beobachtungszeitraum nicht verschlechtert, sondern leicht ausgebaut und stabilisiert. Dies hat sich nun bereits über 24 Monate manifestiert. Ursprüngliches Ziel dieser klinischen Beobachtungsstudie war es, zu ermitteln, ob überhaupt ein Effekt oder Unterschied der klinischen Parameter im Zusammenhang mit dem Einsatz von Hyaluronsäure verifizierbar ist. Die positive Wirkung von Laserlicht geeigneter Wellenlänge hat sich, wie in früheren Studien, zusätzlich bestätigt. Nun können weitere, möglicherweise sensitivere Studien mit größeren Populationen folgen.

Liebaugs Hyaluronic Acid (LHA) Concept in Periodontitis implementiert biologisches Therapiekonzept und baut auf biologische Regeneration

Anhand des nachfolgenden Patientenfalls soll der prinzipielle und immer ähnliche Behandlungsablauf des LHA-Concepts in Periodontitis, der sich in verschiedene Phasen und Stufen entsprechend der patientenindividuellen Schwere der Erkrankung differenziert, erläutert werden (Schema 1).

Patientenfall

Unsere 44-jährige Patientin, Mutter von drei Kindern, bemerkte seit ca. 7 Jahren einen zunehmenden Zahnfleischrückgang, erhöhte Blutungsneigung am Morgen beim Zähneputzen und neuerdings auch für sie subjektiv alarmierend die Lockerung einzelner Zähne. Klinisch imponierten Foetor ex ore und eine generalisierte Blutungsneigung auf Sondierung. Im Rahmen von Anamnese und Anfangsbefund inkl. Orthopantomogramm führen wir standardisiert ein aMMP8-Screening durch (Abb. 2). Das gibt nicht nur uns als Behandlerteam, sondern auch dem Patienten noch während der weiteren Befundung und Taschentiefenmessung (Abb. 4) einen Anhalt, ob kollagenabbauende Matrixmetalloproteinasen in pathologisch bedenklichen Werten vorliegen. Auch eine Röntgenübersichtsaufnahme (Abb. 1) dient zur Darstellung der knöchernen Verhältnisse sowie der Abklärung weiterer im Röntgenbild feststellbarer pathologischer Veränderungen. Die Patienten werden so von Beginn an umfassend informiert und über ihren jeweiligen Anfangsbefund aufgeklärt. Unsere Patientin suchte uns vorrangig mit dem Wunsch nach Implantatversorgung zum Ersetzen des fehlenden Molaren 46 im Unterkiefer rechts auf. In Zusammenhang mit der Planung und Vermessung lagen deshalb in diesem individuellen Fall auch zusätzlich noch DVT-Daten vor, die eine dreidimensionale Darstellung und Vermessung des parodontalen Knochendefizites im zahntragenden Alveolarfortsatz erlaubten (Abb. 5). Es sei aber hier ausdrücklich betont, dass wir in unserer Praxis keinesfalls routinemäßig eine dreidimensionale Volumentomografie bei Patienten mit marginaler Periodontitis anfertigen. In der Befundungsphase nehmen wir auch mit den Hausärzten oder Internisten der Patienten, je nach klinischer Notwendigkeit und Vorliegen von systemischen Erkrankungen, Kontakt auf. Der interdisziplinäre Aspekt der erforderlichen Therapie ist oft ausschlaggebend für den langfristigen Erfolg. Je nach Zeitplan erfolgt zunächst eine Hygienephase, in der nach einer Plaqueanfärbung zunächst die ultraschallgestütze supragingivale Zahnsteinentfernung sowie später eine erste professionelle Zahnreinigung (PZR) mit zusätzlicher Beseitigung iatrogener Reize und Schlupfwinkel für Plaqueretention durchgeführt werden. Das Training und die Etablierung einer optimalen Mundhygiene sind ebenso von größter Bedeutung für den Langzeiterfolg. Am Schluss der Hygienephase erfolgt die erneute und nun definitive Befundung und Erstellung des allgemein bekannten Parodontalstatus. Ab diesem Zeitpunkt kommt das LHA-Konzept, Liebaugs Hyaluronic Acid Concept in Periodontitis, zum Tragen. Im Rahmen der subgingivalen geschlossenen, nichtchirurgischen Taschentherapie wird fakultativ der Laser eingesetzt. Je nach Patientenfall wählen wir zwischen Nd:YAG-, Dioden- oder Low-Level-Laser bzw. photodynamischer Therapie (PDT). Gerade die neuesten kompakten und leistungsstarken Diodenlaser möchte ich im klinischen Alltag nicht mehr missen. Für die hier publizierte Studie nutzen wir den Diodenlaser Blulase 810, einen Halbleiterlaser zur Therapie von Weichgewebe, der sowohl zur Deepithelisierung und Kürettage als auch zur photodynamischen und photothermischen Therapie geeignet ist (Abb. 6).

Abb. 4: Taschentiefenmessung im Rahmen der Anfangsdiagnostik.
Abb. 4: Taschentiefenmessung im Rahmen der Anfangsdiagnostik.
Abb. 5: Mithilfe von DVT-Daten ist eine dreidimensionale Darstellung und Vermessung des parodontalen Knochendefizites im zahntragenden Alveolarfortsatz möglich.
Abb. 5: Mithilfe von DVT-Daten ist eine dreidimensionale Darstellung und Vermessung des parodontalen Knochendefizites im zahntragenden Alveolarfortsatz möglich.
Abb. 6: Diodenlaser Blulase 810 mit Programm zur Parodontitistherapie.
Abb. 6: Diodenlaser Blulase 810 mit Programm zur Parodontitistherapie.
Abb. 7: Die stumpfe Kanüle wird vorsichtig bis zum Taschenfundus vorgeschoben und die gelartige Wirksubstanz bis zum Überquellen in die parodontale Tasche appliziert.
Abb. 7: Die stumpfe Kanüle wird vorsichtig bis zum Taschenfundus vorgeschoben und die gelartige Wirksubstanz bis zum Überquellen in die parodontale Tasche appliziert.

Hyaluronsäureapplikation

Innerhalb der Studie kam eine kreuzvernetzte Hyaluronsäure, welche explizit für den dentalen Anwendungsbereich in Deutschland zugelassen ist, zur Anwendung. Diese wurde in die vorbehandelten parodontalen Taschen unter gelindem Druck instilliert. Dabei wird in der Regel mit einer stumpfen Kanüle, wahlweise mit frontaler oder seitlicher Öffnung, die gelartige Wirksubstanz eingebracht. Praktisch wird der Taschenfundus aufgesucht und das zähfließende Präparat bis zum Überquellen in die parodontale Tasche appliziert (Abb. 7). Bei größeren Taschen wird die Kanüle mäanderförmig vom Fundus zum zervikalen Rand bewegt und dabei ständig Gel abgegeben, bis die gesamte Tasche zirkulär gefüllt ist. Je nach Schwere der marginalen Parodontitis sollte die Hyaluronsäureinstillation nach unserer Erfahrung in Ausnahmefällen nach 1 oder 4 Wochen wiederholt werden. Bei den Teilnehmern der hier erläuterten Studie wurde darauf verzichtet, um die Dauer der Wirkung bzw. den Regenerationszeitraum besser einschätzen zu können. Sollte die geschlossene Taschenbehandlung immer noch nicht ausreichen oder von Beginn an eine chirurgische Intervention angezeigt sein, so wird auch im Rahmen einer offenen Lappenchirurgie die Hyaluronsäure auf die Knochen- und gereinigte Wurzeloberfläche aufgetragen und mit dem Mukosalappen abgedeckt. Auch eine GTR/GBR-Technik mit Kollagenmembranen heilt klinisch reizlos und nach unserer Beobachtung komplikationsloser ab. Die Daten aus diesem Patientengut werden später ausgewertet und publiziert. Bei allen zusätzlich mit kreuzvernetzter Hyaluronsäure behandelten Patienten konnte klinisch ein reizloser und im Gegensatz zur Kontrollgruppe auch beschleunigter Heilungsablauf beobachtet werden. Gerade im postoperativen Zeitraum von Tag 2 bis 8 war dies sehr auffällig. Die geschlossenen Behandlungsfälle zeigten fast nie und die offenen Lappenoperationen eine verminderte Ödembildung im Vergleich mit den Kontrollgruppenpatienten. Nach 3 und 6 Monaten war die Taschenreduktion bei den Patienten der Hyaluronsäuregruppe stärker als bei der Kontrollgruppe ausgebildet, was neben der bakteriziden Wirkung des Hyaluronans auch mit der im theoretischen Abschnitt beschriebenen Stimulation der Fibroblasten und Förderung der Regeneration zu erklären ist. Die unterstützende Parodontitistherapie (UPT) muss sich gezielt an die aktive Behandlungsphase anschließen: Die Patienten werden in zeitlichen Intervallen von 3 bis 6 Monaten zur Reevaluation und Nachsorge einbestellt, um den erzielten Behandlungserfolg zu sichern. Hier ist gute Teamarbeit gefragt, denn ohne gut motivierte und ausgebildete Prophylaxespezialistinnen lässt sich bei der chronischen Neigung zur parodontalen Erkrankung kein Langzeiterfolg erzielen. Lang und Tonetti haben 2002 zur Bestimmung des individuellen Parodontitisrisikos ein Profil vorgestellt [20], nach dem ein Betreuungsintervall von 3, 6 oder 12 Monaten empfohlen wird, in dem sich der Patient zur Nachbehandlung vorstellen soll. Der parodontologische Betreuungsplan umfasst die regelmäßige und wiederholte Aufnahme spezifischer klinischer Kontrollbefunde, die Reevaluation des Krankheitsbildes durch Vergleich dieser Werte mit dem Anfangs- oder vorherigen Befund, die professionelle Zahnreinigung und die gezielte, befundbasierte Re- Instrumentierung „aktiver“ Parodontien. Auch eine erneute, simultane Instillation von Hyaluronsäure ist hier klinisch erfolgsfördernd und wird von den Patienten akzeptiert.

Regelmäßige Verlaufskontrollen zur Überprüfung des Behandlungsergebnisses

Die Erhebung von Kontrollbefunden, wie dem BOP-Index, die Taschentiefenmessung sowie einem Hygiene-Index und der spezifischen Parodontalbefunde liefert die entscheidenden Parameter, um den Verlauf der chronischen Zahnbettentzündung beurteilen zu können. Sie stellen die Kriterien dar, welche die Notwendigkeit von ergänzenden therapeutischen Maßnahmen oder sogar einer Rezidivbehandlung anzeigen. Wir nutzen hier das Programm Parostatus.de. Um das erreichte Behandlungsergebnis langfristig aufrechtzuerhalten und Neuerkrankungen vorzubeugen, muss sich an die aktive Therapiephase eine lebenslange bedarfsorientierte Betreuung der Patienten im Rahmen der „Unterstützenden Parodontitistherapie (UPT)“ anschließen. In dieser Phase können auch nur lokal begrenzt beim Auftreten von Entzündungszeichen Laserlicht und Hyaluronsäure den Behandlungserfolg sichern und Rezidive vermeiden. Auch sei hier nochmals die Bedeutung der langfristig notwendigen interdisziplinären Therapie erwähnt. Bei konsequent durchgeführter Erhaltungstherapie und guter Patienten-Compliance können stabile parodontale Verhältnisse aufrechterhalten und die Zahnverlustrate deutlich reduziert werden.

Fazit

In einem Beobachtungszeitraum von inzwischen mehr als 24 Monaten unter Einbeziehung von 45 Patienten, welche sich einer nichtchirurgischen Parodontaltherapie unterzogen hatten, konnten wir die Kombination von Hyaluronsäure und Laserlicht im Therapiekonzept der marginalen Parodontitis klinisch erfolgreich anwenden. Überzeugend war neben der im Vergleich zur Kontrollgruppe oder allein laserunterstützten SRP-Therapiegruppe die messbar gesteigerte Taschenreduktion, vor allem aber auch der klinisch imponierende, reizlose und beschleunigte Heilungsverlauf, der so nur in der Hyaluronsäuregruppe mit Laserunterstützung aufgefallen ist. Die Hyaluronsäuregruppe wies nach 12 Monaten eine fast doppelt so hohe Reduktion der sondierbaren Taschentiefen im Vergleich zur Kontrollgruppe auf und hat diesen Vorsprung auch nach 24 Monaten behauptet. Die konsequente Umsetzung des vorgestellten LHA-Concept in Periodontitis ist deshalb in unserer Praxis ein erfolgversprechender Therapieansatz zur Begünstigung der biologischen Regeneration bei parodontalen Erkrankungen.

Danksagung
Für die grafische Darstellung unserer Forschungsergebnisse und die gestalterische Umsetzung möchte ich mich ausdrücklich bei dem Grafiker Christian Franke, Steinbock und Stier, bedanken. Auch die disziplinierte und geduldige Umsetzung unserer Ideen und Therapiekonzepte durch meinen Praxispartner Dr. med. dent. Alexander Liebaug und unsere fleißigen Helferinnen in Klinik und Praxis sollen an dieser Stelle lobend erwähnt werden.

Näheres zu den Autoren des Fachbeitrages: ,

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige