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Parodontologie

Der Parodontitis-Patient in der Prophylaxe

Basis für den langfristigen Erhalt der Zahn- und Mundgesundheit ist ein erfolgreiches Biofilmmanagement. Im Rahmen der Veranstaltung „Der Parodontitis-Patient in der Prophylaxe“ anlässlich der id infotage dental 2017 in Frankfurt/Main stellte DH Julia Haas B. Sc. unter anderem nachstehenden Patientenfall vor.

Placeholder – News shutterstock

Die gesunde Gingiva ist blassrosa, umschließt fest den Zahn, blutet nicht und verursacht keine Schmerzen – eine Selbstverständlichkeit ist dies allerdings nicht. Ein gesundes Zahnfleisch ist Ergebnis einer gründlichen häuslichen Mundhygiene und regelmäßiger Zahnarztbesuche. Mit dem gestiegenen Bewusstsein für die Wichtigkeit zahnärztlicher Prävention, verbesserter Patientenaufklärung und Mundhygiene ist die Prävalenz von Parodontalerkrankungen in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesunken [1]. Dennoch gehören Patienten mit gerötetem, geschwollenem Zahnfleisch mit hoher Blutungsneigung oder gar mit Zahnfleischrückgang und freiliegenden Zahnhälsen nach wie vor zum Alltagsbild in Zahnarztpraxen.

Patientenfall

Moderate generalisierte chronische Parodontitis

Der 45-jährige Patient, mäßiger Raucher mit moderater Hypertonie (Medikamenteneinnahme: Amlodipin® 5 mg) und sonst gutem allgemeinem Gesundheitszustand, stellte sich erstmals in der Praxis zur Kontrolle und Zahnreinigung vor. Er erwähnte, dass er selbst bereits Zahnfleischrückgang sowie vermehrtes Zahnfleischbluten feststellte. Sein letzter Besuch bei seinem Hauszahnarzt lag ein Jahr zurück: Zuvor nahm er regelmäßig seine Recalltermine im Abstand von 6 Monaten wahr. Zur häuslichen Mundhygiene verwendete er eine Handzahnbürste, die Reinigung der Interdentalräume nahm er sporadisch vor.

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Der extraorale Befund war unauffällig. Intraoral imponierte eine generalisiert gerötete und leicht geschwollene marginale Gingiva. Beiderseits waren die Interkalarlinie und Zungenimpressionen zu sehen. Der dentale Befund zeigte ein konservierend und prothetisch versorgtes Erwachsenengebiss, die Zähne waren alle – bis auf zwei wurzelbehandelte – vital. Die Restaurationen wiesen an 36, 45 und 46 einen klinisch insuffizienten Randschluss auf. Auf allen Zähnen war Plaque zu erkennen sowie Zahnstein im UK-Frontzahn- und OK-Molarenbereich. Aufgrund des erhobenen Parodontalen Screening Indexes (PSI) von 3 wurde der Parodontalstatus mit Bleeding on Probing (BOP) erhoben (Abb. 1). Neben erhöhten Sondierungstiefen im Seitenzahn- und auch im Frontzahnbereich war auch der parodontale Blutungsindex (BOP) auffällig. Zusätzlich wurde eine parodontale Risikobestimmung nach der Berner Spinne (Lang & Tonetti, 2003) durchgeführt, die ein hohes parodontales Risiko bestätigte und ein Recallintervall von 3 Monaten empfahl (Abb. 2). Zur Sicherung der Verdachtsdiagnose wurden Röntgenbilder angefertigt, die diese bestätigten. Aufgrund der erhobenen Befunde wurde eine generalisierte moderate chronische Parodontitis diagnostiziert.

Abb. 1: Parodontalstatus und Bleeding on Probing (BOP) vor Therapiebeginn.Quelle: www.parodontalstatus.ch
Abb. 1: Parodontalstatus und Bleeding on Probing (BOP) vor Therapiebeginn.
Abb. 2: Parodontale Risikobestimmung vor Therapiebeginn, Berner Spinne (Lang & Tonetti, 2003).Quelle: www.perio-tools.com
Abb. 2: Parodontale Risikobestimmung vor Therapiebeginn, Berner Spinne (Lang & Tonetti, 2003).

Zu Therapiebeginn wurden zunächst die insuffizienten Restaurationen ersetzt. Zudem erhielt der Patient eine Raucherintervention sowie eine umfassende Aufklärung über die Ätiologie und Therapie der Parodontitis einschließlich einer detaillierten Anleitung zu einer effektiven häuslichen Mundhygiene. Anschließend erfolgte eine nichtchirurgische Parodontitistherapie mit einem subgingivalen Debridement aller pathologisch vertieften Taschen ? 3,5 mm.

Eine Sichtkontrolle fand nach einer Woche statt. Nach weiteren 10 Wochen wurde der Patient zur Reevaluation des Behandlungsergebnisses in die Praxis einbestellt. Der Parodontalstatus und der BOP-Index zeigten eine signifikante Verbesserung (Abb. 3).

Abb. 3: Parodontale Risikobestimmung nach Therapiebeginn, Berner Spinne (Lang & Tonetti, 2003).Quelle: www.perio-tools.com
Abb. 3: Parodontale Risikobestimmung nach Therapiebeginn, Berner Spinne (Lang & Tonetti, 2003).
Abb. 4: Parodontalstatus und Bleeding on Probing (BOP) nach Therapiebeginn.Quelle: www.parodontalstatus.ch
Abb. 4: Parodontalstatus und Bleeding on Probing (BOP) nach Therapiebeginn.

Nach erneuter Bestimmung des parodontalen Risikos und Überprüfung des Recallintervalls (Abb. 4) wurde der Patient in eine lebenslange parodontale Erhaltungstherapie (UPT) mit einem Recallintervall von zunächst 3 Monaten eingebunden. Das Parodontitisrisiko war deutlich verringert, es lag nur noch ein mittleres Risiko vor (Abb. 4). Zur Optimierung der häuslichen Mundhygiene wurde auch in diesem Fall die tägliche 3-fach-Prophylaxe (mechanische Reinigung der Zähne + Interdentalraumreinigung + antibakterielle Mundspüllösung) empfohlen. Die Kontrolltermine werden seitens des Patienten regelmäßig wahrgenommen. Daher scheint die Prognose für den Erhalt aller Zähne günstig, ist jedoch stark von äußeren Faktoren und der Compliance abhängig.

Fazit

Ein effektives Biofilmmanagement umfasst regelmäßige Zahnarztbesuche und die professionelle Entfernung der Beläge im Rahmen der dentalhygienischen Betreuung. Nicht weniger wichtig ist die umfassende Beratung und Aufklärung durch den Zahnarzt oder das zahnmedizinische Fachpersonal. Sie stellt die Weichen für eine optimale häusliche Pflegeroutine und damit für eine gute Zahngesundheit der Patienten. Als häusliche Mundhygienestrategie hat sich die 3-fach-Prophylaxe bewährt. Hierbei wird die mechanische Zahnreinigung mittels Zahnbürste und Interdentalbürste oder Zahnseide durch die Anwendung einer antibakteriellen Mundspülung sinnvoll ergänzt. Klinische Studien belegen ebenfalls, dass Mundspülungen, wie z.B. Listerine, dank der bis zu 4 enthaltenen ätherischen Öle Eukalyptol, Thymol, Menthol und Methylsalicylat die bakteriellen Zellwände zerstören. Mundspülungen dringen tief in den Biofilm ein, sodass dieser gelockert und gelöst wird ? auch an Stellen, die mit Zahnbürste und Interdentalpflege schlecht zu erreichen sind [2,3]. Dadurch kann eine neue Bakterienakkumulation zeitlich verzögert werden. Veränderungen der Mundschleimhaut konnten nicht beobachtet werden [4].

Literatur:
[1] Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) – Kurzfassung, Institut der Deutschen Zahnärzte im Auftrag von Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (2016).
[2] Fine DH et al.: Effect of rinsing with an essential oil-containing mouthrinse on subgingival periodontopathogens. J Periodont 78, 1935–1942 (2007).
[3] Sharma N et al.: Adjunctive benefit of an essential oil-containing mouthrinse in reducing plaque and gingivitis in patients who brush and floss regularly: a six-month study. J Am Dent Assoc 135 (4), 496–504 (2004).
[4] Ross NM et al.: Long-term effects of listerine antiseptic on dental plaque and gingivitis. The Journal of Clinical Dentistry 1 (4), 92–95 (1989).

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