Implantologie


Prognostische Faktoren für die Periimplantitis-Therapie – Teil 2

Abb. 4: Offene Kürettage mit deutlicher Pus-Darstellung.
Abb. 4: Offene Kürettage mit deutlicher Pus-Darstellung.

Klinisches Vorgehen

Die periimplantäre Erkrankung beginnt i.d.R. mit einer Mukositis, bei der die Infektion noch auf

  • Abb. 5: Entfernung des Granulationsgewebes und des infizierten Knochens mit Piezochirurgie.

  • Abb. 5: Entfernung des Granulationsgewebes und des infizierten Knochens mit Piezochirurgie.
das Weichgewebe beschränkt ist. Erst bei fortgeschrittenem Verlauf zeigt sich dann ein zunehmender Knochenabbau. Daher sollte bei der Mukositis eine möglichst rasche Keimreduktion erreicht werden, ohne jedoch das periimplantäre Weichgewebe zu schädigen. Im Rahmen der Initialtherapie wird zunächst eine geschlossene Kürettage des periimplantären Gewebes durchgeführt. Die Suprakonstruktion wird, falls möglich, extrakorporal gereinigt und poliert. Die aPDT wird dann zur Desinfektion des infizierten Areals angewendet, wobei die Applikation des Laserlichts pro Implantat eine Minute währen sollte. Durch eine möglichst frühe Therapie der Mukositis kann das Fortschreiten der Entzündung vermieden werden. Bei der ausgeprägten Periimplantitis liegt neben der Weichgewebsinfektion auch eine Destruktion des Knochens vor, die in der Regel mit einer Infektion der oberflächlichen Knochenschichten vergesellschaftet ist (Abb. 4). Also muss der entstandene Defekt chirurgisch dargestellt
  • Abb. 6: Reinigung der Implantatoberfläche mit Titanbürste (Tigranâ„¢ Brush No 1, Tigran Technologies, Malmö, Schweden).

  • Abb. 6: Reinigung der Implantatoberfläche mit Titanbürste (Tigranâ„¢ Brush No 1, Tigran Technologies, Malmö, Schweden).
und das mikrobiell besiedelte Granulationsgewebe entfernt werden. Dies erfolgt zunächst mit Handinstrumenten oder Piezochirurgie und kann je nach Defektkonfiguration durch die Anwendung von Titanbürsten unterstützt werden (Abb. 5 u. 6). Je nach Infektionsgrad kann es zu einer starken Blutung kommen, sodass die Applikation des Photosensitizers durch einen Gazestreifen stabilisiert wird (Abb. 7–9). Für eine gute Wundheilung ist eine relativ breitbasige Lappenpräparation notwendig, da das Augmentationsmaterial ebenfalls durch einen gut ernährten Lappen abgedeckt werden sollte.
  • Abb. 7: Applikation des sterilen Photosensitizers (HELBO blue, bredent medical, Senden) zur Anfärbung des Biofilms.
  • Abb. 8: Sicherung des eingebrachten Photosensitizers bei blutendem OP-Gebiet.
  • Abb. 7: Applikation des sterilen Photosensitizers (HELBO blue, bredent medical, Senden) zur Anfärbung des Biofilms.
  • Abb. 8: Sicherung des eingebrachten Photosensitizers bei blutendem OP-Gebiet.

  • Abb. 9: Aktivierung des eingebrachten Photosensitizers durch die Low-Level-Laser-Aktivierung (HELBO Theralite, bredent medical, Senden).
  • Abb. 9: Aktivierung des eingebrachten Photosensitizers durch die Low-Level-Laser-Aktivierung (HELBO Theralite, bredent medical, Senden).

Augmentationstechnik

Ziele der Augmentation sind die Reduktion der Taschentiefe und die Einstellung stabiler weichgeweblicher Verhältnisse. Bei der Wahl des Materials für eine periimplantäre Defektaugmentation ist zu berücksichtigen, dass hier eine äußerst schwierige Regenerationszone vorliegt. Die Nutrition durch das Weichgewebe ist aufgrund der oft chronischen Entzündung stark eingeschränkt. Ferner wird durch das Implantat die ernährende biologisch aktive Kontaktfläche zum Knochenersatzmaterial ebenfalls reduziert, sodass lediglich von der basalen Knochenseite eine Regeneration erreichbar ist [4]. Durch die periimplantäre Defektaugmentation soll der verbliebene knöcherne Verbund mit dem Implantat gesichert werden. Eine Reosseointegration der freiliegenden Implantatoberfläche tritt nur in wenigen Fällen ein. Letztlich ist die Herstellung entzündungsfreier Weichgewebsverhältnisse und einer gut zu reinigenden Implantatumgebung entscheidend, damit das epitheliale Attachment an der rauen Implantatoberfläche reduziert und die Ansammlung von Anaerobiern in den tiefen Taschen vermindert werden kann. Aufgrund der schlechten Regenerationslage empfiehlt sich hier neben der Verwendung von autologem Knochen die Applikation eines langsam oder vorzugsweise nicht resorbierenden Knochenersatzmaterials.

  • Abb. 10: Darstellung eines porösen Titangranulats im REM (Tigranâ„¢ PTG, Tigran Technologies, Malmö, Schweden).

  • Abb. 10: Darstellung eines porösen Titangranulats im REM (Tigranâ„¢ PTG, Tigran Technologies, Malmö, Schweden).
Besonders für die Auffüllung der periimplantären Defekte gibt es eine neue Materialgruppe, bei der anstelle der klassischen Kalziumphosphatverbindungen ein poröses Metallgranulat angewendet wird [19, 36] (Abb. 10). Diese Granulate sind aus der Orthopädie bekannt. Besonders in der schwierigen Defektkonfiguration der Periimplantitis erlaubt dieses Material eine Regeneration von Knochen im Bereich der basalen Auflagerungsfläche und – sofern eine bindegewebige Einscheidung stattfindet – eine symptomlose Einbettung in das Weichgewebe [38]. Da Titan auch als Granulat normalerweise eine Grauschattierung zeigt, ist es für eine Unterstützung des Weichgewebes aus ästhetischen Gründen weniger geeignet. Das hier verwendete Material wurde durch anodische Oxidation weiß modifiziert. Mit seiner hohen Porosität (Materialanteil von nur 20 %!) stellt es eine Leitstruktur für die Gewebsregeneration zur Verfügung. Durch die Verwendung von Titan Grad 1 wird eine optimale Biokompatibilität erreicht. Somit kann das Weichgewebe ohne ästhetische Risiken unterstützt sowie die Sondierungstiefe vermindert werden und sich schließlich eine gesunde Weichgewebsanlagerung einstellen (Abb. 11–15).
  • Abb. 11: Augmentation des Defekts mit dem anodisch oxidierten weißen Titangranulat (Tigranâ„¢ PTG white, Tigran Technologies, Malmö, Schweden).
  • Abb. 12: Wundverschluss nach Augmentation.
  • Abb. 11: Augmentation des Defekts mit dem anodisch oxidierten weißen Titangranulat (Tigranâ„¢ PTG white, Tigran Technologies, Malmö, Schweden).
  • Abb. 12: Wundverschluss nach Augmentation.

  • Abb. 13: Parodontalverband zur Sicherung der Wunde bei durchgeführter Augmentation.
  • Abb. 14: Postoperatives Röntgenbild nach Periimplantitis-Therapie.
  • Abb. 13: Parodontalverband zur Sicherung der Wunde bei durchgeführter Augmentation.
  • Abb. 14: Postoperatives Röntgenbild nach Periimplantitis-Therapie.

  • Abb. 15: Verlaufskontrolle mit beginnender basaler Ossifikation des Augmentats.
  • Abb. 15: Verlaufskontrolle mit beginnender basaler Ossifikation des Augmentats.


Fazit

Der Verlauf periimplantärer Erkrankungen besitzt durch die Vertiefung der Taschen eine sich selbst verstärkende Progressionstendenz. Über einen systematischen Recall und eine frühe Diagnostik besteht die Möglichkeit, diese Abfolge durch eine initiale Mukositistherapie zu unterbrechen. Man ist heute nicht mehr auf die Anwendung verschiedener experimentell nicht abgesicherter Methoden angewiesen [2, 8], da sich die antimikrobiologische Therapie als adjuvantes Verfahren etabliert hat [3, 7, 10, 13, 22]. Auch bei der komplizierter zu therapierenden ausgeprägten Periimplantitis mit knöchernen Destruktionen bedarf es einer ebenso schonenden wie sicheren Dekontamination. Die Periimplantitis-Therapie mit dem HELBO-Verfahren hat den Vorteil, dass sie mit einer sterilen Farbstofflösung arbeitet, von der keine Wechselwirkungen oder negativen Einflüsse auf die Wundheilung oder die Knochenregeneration bekannt sind [3, 30]. Zur Defektaugmentation hat sich in der letzten Zeit die Anwendung eines porösen Titangranulats etabliert, da dies eine Stabilisierung der Defekte durch die Einstellung stabiler Weichgewebsverhältnisse ermöglicht, sodass die Ansammlung von Anaerobiern im Biofilm reduziert werden kann.

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Prognostische Faktoren für die Periimplantitis-Therapie – Teil 1

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Jörg Neugebauer , Dr. Frank Kistler , Dr. Freimut Vizethum , Dr. Steffen Kistler , Dr. Franzisksa Möller MSc. , Dr. Dr. Martin Scheer , Prof. Dr. Dr. Joachim E. Zöller


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