Pathologie und Management von Wurzelresorptionen
Bei der zahnärztlichen Routineuntersuchung oder im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung treten oft unerwartet Wurzelresorptionen an bleibenden Zähnen zutage. Sie zeigen sich klinisch als tastbare Läsionen oder ungewohnte Defekte auf Röntgenaufnahmen. Dabei ist häufig unklar, worin die Ursache pathologischer Resorptionen liegt, welche Behandlungsschritte notwendig sind und warum bleibende Zähne normalerweise nicht resorbiert werden.
Resorptionen der Zahnwurzel bleibender Zähne stellen Zahnärzte oftmals vor große Herausforderungen. Das klinische Erscheinungsbild von Wurzelresorptionen ist vielfältig und es werden unterschiedliche Ursachen wie dentale Traumata, kieferorthopädische Belastungen oder bakterielle Infektionen diskutiert. Neben dem Wissen über die Ätiologie sind ein pathophysiologisches Grundverständnis sowie eine systematische Einteilung der Resorptionsarten notwendig, um die Prognose der betroffenen Zähne richtig zu bewerten und die optimale Therapie durchzuführen. Im Folgenden werden die biologischen Grundlagen resorptiver Prozesse und mögliche Ursachen aufgezeigt. Aufbauend auf den unterschiedlichen Resorptionsarten werden anschließend die therapeutischen Möglichkeiten dargestellt.
Pathophysiologie
Die Resorption von Hartgewebe wird im menschlichen Körper vielerorts beobachtet. So stehen Auf- und Abbauprozesse des Knochens in einem physiologischen Gleichgewicht und etwa 10% der Knochenmasse werden im Laufe eines Jahres umgebaut [1,2]. Dahingegen wird der menschliche Zahn, der fest im Knochen verankert ist, trotz seiner knochenähnlichen Zusammensetzung nicht in diese Umbauvorgänge einbezogen. Auch wenn es im Rahmen des physiologischen Zahnwechsels zur Resorption der Milchzahnwurzeln kommt, stellen resorptive Prozesse an bleibenden Zähnen einen pathologischen Zustand dar [3]. Selbst bei Entzündungsprozessen, die mit Osteolysen einhergehen, wie zum Beispiel eine apikale Parodontitis, bleiben die Zahnwurzeln in der Regel intakt.
Verantwortlich für die Resorption von Knochen sind Osteoklasten, mehrkernige Zellen, die einen Zelldurchmesser von bis zu 100 ?m erreichen können [4]. Die Entwicklung der Osteoklasten wird von den knochenbildenden Osteoblasten initiiert, welche bei Stimulation die Signalmoleküle RANKL (Receptor Activator of NF-?B Ligand) und M-CSF (Macrophage Colony-stimulating Factor) produzieren (Abb. 1) [5,6]. Diese binden an die entsprechenden Rezeptoren von Osteoklastenvorläuferzellen aus dem Monozyten- Makrophagen-System und bewirken damit deren Proliferation und Differenzierung zu sogenannten „Prefusion“-Osteoklasten [7,8]. Durch weitere RANK-Aktivierung (Receptor Activator of NF-?B) kommt es zur Zellfusion und es entstehen mehrkernige Osteoklasten, die wiederum durch RANKL-RANK-Interaktion in einen aktiven Zustand übergehen. Osteoprotegerin kann als biologischer Gegenspieler des RANK-Liganden (RANKL) betrachtet werden, da es diesen durch Bindung außer Kraft setzt und so die Osteoklastenbildung hemmt (Abb. 1) [9].
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Abb. 1: Schematische Darstellung der Osteoklastendifferenzierung und -aktivierung durch Osteoblasten. Die Stimulation von Osteoblasten durch beispielsweise Calcitriol (1?,25[OH]2D3), Parathormon (PTH) oder Interleukin 11 (IL-11) induziert die Produktion von Receptor Activator of NF-?B Ligand (RANKL) und Macrophage Colony-stimulating Factor (M-CSF). Diese Signalmoleküle binden an die entsprechenden Rezeptoren der Osteoklastenvorläufer, Receptor Activator of NF-?B (RANK) und Colony-stimulating Factor-1 Receptor (c-FMS), und leiten deren Differenzierung zu Osteoklasten ein. Osteoprotegerin (OPG) kann die Osteoklastendifferenzierung und -aktivierung durch Bindung an RANKL hemmen [6].
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Abb. 2: Schematische Abbildung eines knochenresorbierenden Osteoklasten. Ein ausgedehnter vesikulärer Transport über die verschiedenen Zonen der Membran kennzeichnet aktiv resorbierende Zellen: basolaterale Zone, Sekretionszone, Haftungszone und Faltensaum. Graue Vesikel zeigen die vesikulären Wege vom Golgi-Apparat und der basolateralen Zone zum Faltensaum, rote Vesikel den transzytotischen Weg vom Faltensaum zur Sekretionszone. Vesikuläre Bahnen verlaufen auch vom Golgi-Apparat zur apikalen (violette Vesikel) und zur basolateralen (blaue Vesikel) Zone. Protonenpumpen im Bereich des Faltensaumes (H+) bewirken die pH-Absenkung in der Resorptionslakune [10].
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Aktivierte Osteoklasten (Abb. 2) bilden an der Knochenoberfläche eine stabile Haftungszone aus, wodurch ein abgeschlossener Raum an der Zellbasis entsteht [10]. Im Bereich des basalen Faltensaums sezernieren Osteoklasten Enzyme (Kollagenasen und Proteasen) und Ionen (H+ und Cl-), die eine Absenkung des pHWertes verursachen [11,12]. Durch die enzymatische Degradation und den sauren pH-Wert wird mineralisiertes Gewebe aufgelöst und es entsteht eine Resorptionslakune (Howship-Lakune) an der Knochenoberfläche (Abb. 2). Die klastischen Zellen agieren ausgesprochen energieeffizient und sind in der Lage, täglich eine Knochenmenge abzubauen, welche der Aufbauleistung von etwa 100 Osteoblasten entspricht [13].
Analog zur Knochenresorption können auch Zahnhartgewebe unter gewissen Voraussetzungen resorbiert werden, wobei man die verantwortlichen Zellen als Odontoklasten bezeichnet [14]. Diese entsprechen in ihrer Entstehung und Funktion weitgehend den Osteoklasten, stellen sich etwas kleiner dar und bilden stabile Resorptionslakunen an Dentin aus (Abb. 3) [15]. Während Odontoklasten an der physiologischen Milchzahnresorption beteiligt sind [16], werden die Zähne des bleibenden Gebisses dank verschiedener Schutzmechanismen im gesunden Zustand nicht angegriffen [3]. Odontoklasten können sich aufgrund fehlender Haftungsproteine (RGD-Sequenz aus den 3 L-Aminosäuren Arginin, Glycin und Asparaginsäure) nicht auf Prädentin und Präzement, den wenig mineralisierten Vorstufen von Dentin und Wurzelzement, festsetzen [1,17]. Auch das parodontale Ligament mit seinem Faserapparat bildet eine Barriere von 0,1 bis 0,3 mm und verhindert das Eindringen von klastischen Zellen in die Zahnwurzel. Zudem produzieren sowohl Zementoblasten als auch Pulpazellen kontinuierlich Osteoprotegerin und hemmen so die Odontoklastenbildung bzw. -aktivität (Abb. 4).
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Abb. 3a: Aktive Odontoklasten resorbieren Dentin (Masson-Goldner-Trichrom-Färbung; Maßstabsbalken: 100 ?m). b: An der Dentinoberfläche bilden sich Resorptionslakunen aus, die nach Entfernung der Zellen auf dem rasterelektronenmikroskopischen Bild zu erkennen sind (Maßstabsbalken: 15 ?m).
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Abb. 4a: Auf der Wurzeloberfläche haften netzartig Zementoblasten am Wurzelzement und bilden eine biologische Barriere gegen das Eindringen von Osteoklasten (Maßstabsbalken: 15 ?m). b: Analog dazu verhindern das Prädentin und die darauf liegenden Pulpazellen im Zahninneren die Resorption von Zahnhartgewebe (Maßstabsbalken: 5 ?m).
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Ätiologie
Voraussetzungen zur Entstehung externer Resorptionen an den Wurzeln bleibender Zähne sind somit die Zerstörung der protektiven Barriere aus Zement und Zementoblasten sowie ein vorhandener Stimulus [18]. Ist eine kleine Fläche der Wurzeloberfläche beschädigt, kommt es oft selbstständig zum Stillstand von Resorptionsprozessen und zur Regeneration des Defektes durch parodontale Zellen. Überschreitet die Beschädigung jedoch ein Maß von etwa 20% der Wurzeloberfläche, treten ausgeprägte Nekrosen auf und Osteoklasten bahnen sich ihren Weg in die Zahnwurzel [19]. Die Ursachen für solche schwerwiegenden Beschädigungen können vielfältig sein. Zahntraumata und insbesondere Dislokationsverletzungen [18], aber auch zahnärztliche Tätigkeiten wie Hebelextraktionen, eine aggressive intrakoronale Zahnaufhellung, die parodontale Reinigung der Zahnwurzeln oder hohe kieferorthopädische Kräfte können den Wurzelzement schädigen und oberflächliche Nekrosen initiieren [19]. Zudem werden bei impaktierten Zähnen, Zysten und Tumoren Resorptionen benachbarter Zähne beobachtet [19]. Eine zusätzliche bakterielle Infektion der Wurzelkanäle oder des Parodontalraumes regt entzündliche Vorgänge an und begünstigt so resorptive Prozesse [20]. Darüber hinaus werden auch systemische Erkrankungen, die mit Störungen des Knochenstoffwechsels assoziiert sind, als Ursache von pathologischen Wurzelresorptionen diskutiert (z.B. Hypo- bzw. Hyperparathyreoidismus, Kalzinose, Morbus Gaucher, Morbus Paget). Hierbei treten die Defekte meist an mehreren Zähnen und bilateral auf [20,21].
Klassifikation
Zur systematischen Einteilung der verschiedenen Resorptionsarten können Aspekte wie der Ursprung des Prozesses (extern, intern), die Lokalisation (zervikal, apikal etc.) sowie der Infektionsstatus (entzündlich, nicht entzündlich) herangezogen werden [18,22]. Im Rahmen externer Resorptionen unterscheidet man
- transiente Resorptionen,
- entzündliche Resorptionen,
- invasive zervikale Resorptionen und
- Ersatzresorptionen. Dahingegen werden interne Prozesse nur in
- entzündliche Resorptionen oder
- Ersatzresorptionen differenziert.
Transiente Resorption
In den ersten 2 bis 4 Wochen nach leichten Zahntraumata treten häufig transiente Resorptionen zutage. Das Ausmaß der Schädigung ist dabei meist gering und sie verlaufen selbstlimitierend, da kein persistierender Stimulus vorliegt [18,23]. Oberflächliche Defekte werden von benachbarten Zementoblasten wiederbesiedelt und repariert (Abb. 5a), was sich radiologisch durch eine eingebrochene Wurzeloberfläche mit durchgängigem Parodontalspalt zeigt (Abb. 5b).
Externe entzündliche Resorption
Bei schweren Dislokationsverletzungen wie Intrusionen kommt es aufgrund extremer Kräfte zu starken mechanischen Schäden am Wurzelzement [24]. Zudem folgt häufig eine Nekrose der Zahnpulpa mit bakterieller Infektion des Wurzelkanals. Stimuliert von den bakteriellen Toxinen, die durch Dentintubuli an die Wurzeloberfläche diffundieren, beginnen Osteoklasten, die Zahnwurzel an den beschädigten Zementregionen zu resorbieren [23]. Während sich klinisch eine negative Kältesensibilität sowie eine leichte Lockerung darstellt, sind die infektionsbedingten Resorptionsprozesse bereits 2 bis 4 Wochen nach dem Trauma radiologisch erkennbar (Abb. 6).
Invasive zervikale Resorption (ICR)
Sie verläuft häufig symptomfrei und wird oft im Rahmen von Routineuntersuchungen entdeckt. Es sind in der Regel tastbare zervikale Defekte vorzufinden, die mit Granulationsgewebe gefüllt sind, welches bei Berührung stark blutet (Abb. 7a bis c). Eine zunehmende Ausbreitung des hyperplastischen Resorptionsgewebes verursacht großräumige Defekte, die sich als rötliche Verfärbungen der Zahnkrone, sogenannte Pink-Spot-Läsionen, zeigen können (Abb. 7d). Radiologisch stellt sich die invasive zervikale Resorption meist als wolkige Aufhellung im Bereich des Zahnhalses dar (Abb. 7e und f). Ein typisches Merkmal ist auch das unversehrte perikanaläre Dentin, was als „Pericanalar Resorption Resistant Sheet“ (PRRS) bezeichnet wird [25,26]. Wie bereits erwähnt, ist Prädentin äußerst widerstandsfähig gegen resorptive Prozesse und stellt sich bis zuletzt als intakte Dentinbarriere dar (Abb. 8). Die invasive zervikale Resorption verläuft in mehreren Stadien [27]. Über einen Zementdefekt (Abb. 8) dringt das entzündliche Gewebe zunächst in die Zahnwurzel ein (Initiation). Bei weiteren bakteriellen Reizen, persistierenden Krafteinwirkungen oder Gewebehypoxie breitet sich die Resorption im Zahn in alle Richtungen aus (Progression). Im Laufe der invasiven Auflösung durch das entzündliche Gewebe kommt es zu einem knochenähnlichen Remodeling von Zahnhartgewebe (Reparatur).
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Abb. 7a–d: Invasive zervikale Resorptionen treten in der Regel im Zahnhalsbereich auf und nehmen in Abhängigkeit von der Progressionsdauer unterschiedliches Ausmaß an. Unterminierendes Granulationsgewebe bewirkt eine rötliche Verfärbung der Zahnkrone. e u. f: Auf Röntgenaufnahmen imponieren sie als unauffällige zervikale Aufhellungen bis hin zu großen Defekten.
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Abb. 8: Das entzündliche Resorptionsgewebe tritt an der Wurzeloberfläche ein und breitet sich von der Eintrittspforte ausgehend aus. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zur Apposition von knochenähnlichem Reparaturgewebe. Das pulpaangrenzende perikanaläre Dentin (PRRS) bleibt bis zuletzt intakt. Auf dem histologischen Bild ist Reparaturgewebe zu sehen (*), welches sich dem tubulären Dentin (#) auflagert (Masson-Goldner-Trichrom-Färbung; Maßstabsbalken: 200 ?m).
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Während invasive zervikale Resorptionen in der Progressionsphase radioluzente Läsionen zeigen, stellen sich die Defekte in der anschließenden reparativen Phase radioopak dar.
Als Hauptfaktoren, die in Zusammenhang mit invasiven zervikalen Resorptionen auftreten, werden kieferorthopädische Zahnbewegungen sowie Zahnunfälle und Parafunktionen beschrieben (Abb. 9). Parodontale Mikroorganismen scheinen im Krankheitsprozess eine stimulierende Rolle zu spielen [28]. Dabei sind ICR hauptsächlich im Oberkiefer vorzufinden, wobei die Frontzähne den größten Anteil ausmachen (Abb. 9). Im Unterkiefer sind hingegen meist Prämolaren und Molaren betroffen [28].
Da invasive zervikale Resorptionen von der Eintrittspforte ausgehend komplexe Ausbreitungsrichtungen wählen, ist es im Rahmen der Diagnostik essenziell, das Ausmaß und die Lokalisation exakt zu bestimmen, um die therapeutischen Möglichkeiten optimal einschätzen zu können. Hierzu diente klassischerweise die Einteilung nach Heithersay (Abb.10a) [29].
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Tab. 1: Dreidimensionale Klassifikation von invasiven zervikalen Läsionen nach Patel et al. [30].
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Abb. 10a: Klassifikation invasiver zervikaler Resorptionen nach Heithersay [29]. b u. c: In sagittaler und transversaler Schicht zeigt sich eine zervikale, pulpanahe Resorption mit geringer peripherer Ausdehnung und ohne Pulpabeteiligung. Sie entspricht einer Heithersay-Klasse 2 und wird nach Patel als 1/A/d bewertet.
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Klasse 1 beschreibt dabei eine kleine zervikale Läsion im oberflächlichen Dentin, wohingegen eine Resorption der Klasse 2 in pulpanahes Dentin vordringt. Die Klasse 3 liegt bei Ausbreitung bis in das zervikale Drittel der Zahnwurzel vor und von Klasse 4 spricht man, wenn sich der Defekt bis mindestens in das mittlere Wurzeldrittel erstreckt [29]. Da die dreidimensionale Ausbreitung des Resorptionsgewebes dabei unberücksichtigt bleibt, definierten Patel et al. ein dreidimensionales Bewertungssystem auf Basis der digitalen Volumentomografie (DVT) [30]. Demzufolge wird, wie in Tabelle 1 dargestellt, neben der Höhe (1 bis 4) und der Kanalnähe (d und p) auch die periphere Ausdehnung des Defektes (A bis D) in die Beurteilung einbezogen (Abb. 10b und c).
Ersatzresorption (Ankylose)
Erleiden Zähne ein massives Trauma mit großflächiger Schädigung des Wurzelzements und der desmodontalen Zellen, wie es häufig bei Avulsionen mit anschließender Trockenlagerung auftritt, entwickelt sich eine Ersatzresorption der Zahnwurzel [19]. Aufgrund der Zerstörung protektiver Strukturen dringen Osteoklasten an vielen Stellen der Wurzeloberfläche ein und wandeln allmählich das Dentin in Knochen um [18,20]. Dabei verschmelzen die Zahnwurzel und der Alveolarknochen (Ankylose), was einen irreparablen Schaden darstellt und gerade bei jungen Patienten sehr rasch abläuft (Abb. 11a bis d). Dies ist klinisch durch eine fehlende Mobilität und einen hellen, metallischen Klopfschall erkennbar. Ankylosierte Zähne entwickeln häufig Verfärbungen und treten zudem bei fortschreitendem Wachstum des Alveolarfortsatzes in Infraposition (Abb. 11e).
Interne entzündliche und Ersatzresorption
Interne Resorptionen gehen von vitalem Pulpagewebe aus, das häufig bakteriell infiziert oder sogar teilweise nekrotisch ist. Dabei dringen Bakterien über Dentintubuli, kariöse Läsionen, Frakturspalten oder Seitenkanäle zum Pulpagewebe vor. Als Ursache interner Resorptionen werden unter anderem Zahntraumata, chronische Pulpitiden und parodontale Stimuli diskutiert [20,31]. Bei der entzündlichen internen Resorption zeigt sich radiologisch eine vom Wurzelkanal ausgehende zentrale Aufhellung (Abb. 12a und c). Interne Ersatzresorptionen zeichnen sich durch Anlagerung von knöchernem Reparaturgewebe aus, die als trabekuläre Strukturen im Bereich des Wurzelkanals erscheinen (Abb. 12b). Zur Diagnostik interner Resorptionen sind exzentrische Röntgenbilder oder dreidimensionale Aufnahmen notwendig, da sich externe Resorptionen auf die Zahnwurzel projizieren können [21]. Auch bei Verbindungen von internen Defekten zur Wurzeloberfläche ist die diagnostische Unterscheidung zu externen Resorptionen oft schwierig. Hier sei erwähnt, dass bei invasiven zervikalen Resorptionen, wie zuvor beschrieben, angrenzend zur Pulpa intaktes Dentin (PRRS) vorhanden ist, wohingegen interne Resorptionen diese Struktur bereits früh zerstören (Abb. 12c).
Therapie
Im Fokus der Behandlung pathologischer Wurzelresorptionen steht die Erhaltung des Zahnes. Ziel ist es, einen symptomfreien Zustand zu erreichen sowie die Funktionalität und Ästhetik sicherzustellen.
Während transiente Resorptionen selbstlimitierend verlaufen und keiner Behandlung bedürfen, sollten bei den anderen Formen die vorhandenen Stimuli beseitigt und das Resorptionsgewebe, wenn möglich, entfernt werden (Abb. 13). So muss bei der externen entzündlichen Resorption die Infektion des Wurzelkanals als Ursache im Zuge einer endodontischen Behandlung therapiert werden. Die Therapie invasiver zervikaler Resorptionen zielt darauf ab, entzündliches Gewebe zu entfernen und die Eintrittspforte zu verschließen. Dabei ist eine endodontische Behandlung bei tiefen Läsionen mit Pulpabeteiligung oft nicht zu vermeiden. Im Gegensatz dazu stehen bei Ersatzresorptionen keine therapeutischen Möglichkeiten zur Verfügung, wobei die Zahnpulpa bei Vitalitätsverlust entfernt werden muss. Die Entfernung der pathologisch veränderten Pulpa mit anschließender endodontischer Behandlung ist ebenso bei internen Resorptionen indiziert. Reicht der interne Defekt bis zur Wurzeloberfläche, sollte dieser verschlossen werden (Abb. 13).
Planung
Die prognostische Beurteilung einer pathologischen Wurzelresorption und die Behandlungsplanung setzen eine korrekte Diagnose sowie das Verständnis der Pathogenese voraus. Kenntnis über die Lokalisation und das Ausmaß des Defektes ist essenziell, um die Zugangsmöglichkeit und die Restaurationsfähigkeit zu beurteilen [21,32]. Deshalb ist eine dreidimensionale Röntgendiagnostik mittels digitaler Volumentomografie im Zuge der Therapieplanung empfohlen [33].
Externe Behandlung
Liegt der Defekt weitgehend supraosseär und ist ein ungehinderter Zugang möglich, kann der meist weichgewebige Inhalt von außen entfernt werden (Abb. 14). Falls das Resorptionsgewebe nicht vollständig erreichbar ist, können 90%ige Trichloressigsäure (TCA) oder 3- bis 5%iges Natriumhypochlorit (NaOCl) angewendet werden, um eine Blutstillung zu erreichen und das Restgewebe aufzulösen [21,32] (Abb. 15).
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Abb. 14a: Initiale invasive zervikale Resorption am Zahn 11. b: Chirurgischer Zugang. c: Indirekte Überkappung. d: Adhäsive Restauration mit Komposit. e: Wundverschluss. f: Klinischer Zustand nach 4 Wochen.
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Abb. 15a: Ausgedehnte invasive zervikale Resorption am Zahn 21 mit Pulpabeteiligung. b: Entfernung des Granulationsgewebes und Abdeckung des Pulpakavums. c: Wundverschluss. d: Klinischer Zustand nach 6 Wochen. e: Präoperatives Röntgenbild. f: Postoperatives Röntgenbild. g: Radiologischer Zustand mit Wurzelfüllung nach 6 Wochen.
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Die Restauration der zervikalen Kavität erfolgt in Bereichen, die der Mundhöhle zugängig sind, mit Kompositen in Adhäsivtechnik (Abb. 14 und 15). Liegt der Defekt in unmittelbarer Nähe zur vitalen Zahnpulpa oder wurde das Pulpakavum eröffnet, sollten vitalerhaltende Maßnahmen im Sinne einer indirekten bzw. direkten Überkappung vorgenommen werden. Bereiche, die direkt an Knochen grenzen, müssen mit hydraulischen Kalziumsilikatzementen versorgt werden. Hierzu eignen sich Mineraltrioxidaggregat (z.B. ProRoot MTA, Dentsply DeTrey GmbH, Konstanz) oder modifizierte bioaktive Zemente (z.B. Biodentine, Septodont GmbH, Niederkassel). Diese härten in Anwesenheit von Feuchtigkeit aus und bieten biologisch günstige Eigenschaften, sodass knöcherne Defekte ausheilen können.
Interne Behandlung
Ist die externe Resorption nicht zugängig (z.B. im Approximalraum) und kann selbst mit chirurgischen Mitteln nicht erreicht werden, sollte man versuchen, sie über den orthograden endodontischen Weg zu verschließen [32]. Analog dazu müssen die Defekte interner Resorptionen nach Entfernung des Resorptionsgewebes gefüllt und Kommunikationen zur Wurzeloberfläche mit hydraulischen Kalziumsilikatzementen verschlossen werden (Abb. 16).
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Abb. 16 a u. b: Interne Ersatzresorption an Zahn 45. Nach Entfernung des Granulations- und Reparaturgewebes wurde der Wurzelkanal mit MTA gefüllt und der Zahn mit einer tiefen adhäsiven Füllung stabilisiert (Röntgenkontrolle nach 3 Jahren).
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Abb. 17a: Ersatzresorptionen an den Zähnen 11 und 21 nach Avulsion bei einer jugendlichen Patientin. Alio loco wurden Wurzelfüllungen an 11 und 21 durchgeführt und eine Verblockung der Zähne vorgenommen. Der Zahn 22 weist eine apikale Parodontits auf. b: Entfernung des Wurzelfüllmaterials und der Kunststoffverblockung, um endodontisch und parodontal entzündungsfreie Verhältnisse zu erreichen. Endodontische Behandlung des Zahnes 22. Das Kontrollröntgenbild nach 5 Jahren zeigt einen radiologisch akzeptablen Zustand. Es wurde wertvolle Zeit gewonnen, bis eine definitive Versorgung der Patientin aufgrund ihres Alters möglich ist.
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Regelmäßige Kontrolle
Falls das Ausmaß der Zerstörung sehr groß und keine Behandlung möglich ist, kann eine temporäre Erhaltung des Zahnes unter engmaschiger Kontrolle in Erwägung gezogen werden [32]. Dazu muss ein entzündungs- und symptomfreier Zustand vorliegen (Abb. 17). Im Zuge regelmäßiger klinischer und radiologischer Kontrollen sollte die Situation gemeinsam mit dem Patienten reevaluiert werden. Ästhetische und funktionelle Beeinträchtigungen wie Zahnverfärbungen, Infrapositionierung oder akute Entzündungen können letzten Endes den Anlass zur Entfernung des geschädigten Zahnes geben.
Extraktion und weitere Therapieoptionen
Die Extraktion von Zähnen mit resorptiven Schäden ist aufgrund der mechanischen Schwächung und Verschmelzung mit dem Knochen oft mit Zahnfrakturen verbunden. Um den Alveolarfortsatz zu erhalten und das Weichgewebe zu schonen, sollten atraumatische Extraktionsverfahren Verwendung finden. Beschränken sich Resorptionen an Molaren nur auf 1 Wurzel, bietet sich die Möglichkeit, im Rahmen einer Hemisektion die geschädigte Zahnwurzel zu entfernen und somit Teile des Zahnes zu erhalten (Abb. 18a bis c). Darüber hinaus kann bei jungen Patienten, deren fortschreitendes Schädelwachstum eine Implantatversorgung nicht erlaubt, eine Dekoronation durchgeführt werden [34] (Abb. 18d und e). Vorausgesetzt, es liegt ein entzündungsfreier Zustand vor, wird die geschädigte Zahnwurzel in der Alveole belassen und im Laufe der Zeit von Knochen ersetzt. So bleiben Knochen und Weichgewebe erhalten und die Lücke kann prothetisch versorgt werden (Abb. 18d und e).
Fazit
Aufgrund der verschiedenen Ursachen pathologischer Wurzelresorptionen gilt es, sowohl im Alltag als auch im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung Vorsicht walten zu lassen, um Verletzungen zu vermeiden und somit das Resorptionsrisiko gering zu halten. Eine aufmerksame Kontrolle bei der zahnärztlichen Untersuchung ermöglicht die frühe Erkennung resorptiver Defekte und durch optimales Management kann das Ausmaß der Zerstörung gering gehalten werden. Für die Erhaltung des Zahnes ist eine individuelle Planung im Hinblick auf die Patientensituation, die Resorptionsart und die Resorptionsursache von großer Bedeutung.