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Themen: Lichthärtung und Bioaktivität

Northern Lights 2018: Konsensus

Aus verschiedenen Studien geht hervor, dass die Umsetzung einer adäquaten Lichtpolymerisation durch den Behandler großen Einfluss auf die Lebensdauer von Restaurationsmaterialien hat. Im Sommer 2018 traf sich eine Expertengruppe, um sowohl auf die physikalischen Zusammenhänge bei der Lichthärtung einzugehen und praktische Empfehlungen zu erstellen, als auch den Begriff der Bioaktivität näher zu definieren.

© C.-P. Ernst C.-P. Ernst
© C.-P. Ernst
© C.-P. Ernst

Nachdem Richard Price (Dalhousie University, Halifax, Kanada) im Jahre 2012 zum ersten Mal eine kleine Gruppe Wissenschaftler und Zahnärzte nach Halifax, Kanada, einlud, um Fragen der Lichthärtung zu diskutieren, gelang es im Jahr 2014 einer erweiterten Gruppe mit Vertretern aus Praxis, Hochschule und Industrie, einen ersten Konsensus zum Thema Lichthärtung zu erstellen und breit zu veröffentlichen [1–6]. Auch in den nachfolgenden Jahren wurden weitere Konsensuspapiere erstellt und weltweit veröffentlicht [7–17].

Am 30. und 31. Juli 2018 traf sich diese Gruppe in Oslo, Norwegen, um über die Lichtdurchlässigkeit indirekter Restaurationsmaterialien sowie die Bedeutung des Begriffs „Bioaktivität“ in der restaurativen Zahnheilkunde zu beraten.

Ziel war es wiederum, einen Konsens darüber zu erlangen, was in der täglichen Praxis bei Lichthärtung im Rahmen der Befestigung von indirekten Restaurationen zu beachten ist, um den gewünschten langfristigen Erfolg zu erlangen. Zudem wurde sehr angeregt über den Begriff „Bioaktivität“ diskutiert und auch hier nach einem Konsens gesucht, der diese Thematik, beschränkt auf Restaurationsmaterialien, detailliert beschreibt.

Bei der Lichthärtung zur Befestigung von indirekten Restaurationen war schnell klar, dass es notwendig ist, auf einige physikalische Zusammenhänge hinzuweisen, um daraus erste Empfehlungen für den Praxisalltag zu geben. Es war am Ende der Tagung aber auch klar, dass diese in der Zukunft noch ergänzt werden müssen.

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Wie schon erwähnt, war die Diskussion zum Begriff „Bioaktivität“ wesentlich umfangreicher, da sich primär die Frage stellte, wie eng die Beschreibung sein muss und wie weit sie gefasst werden kann, um eine klare Zuordnung von Restaurationsmaterialien zu ermöglichen. Der Konsens umfasst nun Materialien, die sowohl direkt mit Zellen, Geweben oder Mikroorganismen interagieren als auch über primär chemische Prozesse biologische Substanzen imitieren.

Nach einigen Runden des Abgleichs und der Feinabstimmung wurde folgender Konsens hinsichtlich der Lichtdurchlässigkeit indirekter Restaurationsmaterialien und der Verwendung des Wortes „bioaktiv“ für die Beschreibung eines Restaurationsmaterials erarbeitet:

Lichtdurchlässigkeit indirekter Restaurationsmaterialien

a) Die Lichtmenge, die den Boden einer Restauration erreicht, nimmt mit zunehmender Schichtstärke der Restauration exponentiell ab.

b) Es gibt beträchtliche Unterschiede der Lichtdurchlässigkeit zwischen den verschiedenen Arten und Farben von Restaurationsmaterialien.

c) Kurzwelliges Licht (violett, ~ 410 nm) durchdringt eine Restauration nicht so gut wie langwelligeres Licht (blau, ~ 460 nm).

d) Zukünftige Studien sollen berücksichtigen, dass externe und interne Reflexion sowie Brechung und Absorption des Lichts auch durch die Oberflächenbeschaffenheit eines Restaurationsmaterials und den Einfallswinkel des Lichts beeinflusst werden können.

Entsprechend der gemeinsamen Empfehlung für die Befestigung indirekter Restaurationen sollen Zahnärzte:

  • nur die empfohlene Adhäsiv-Befestigungsmaterial-Kombination anwenden, insbesondere dann, wenn selbstätzende Universaladhäsive zusammen mit dualhärtenden Befestigungskompositen eingesetzt werden;
  • beachten, dass rein lichthärtende Materialien ausreichend Licht erhalten müssen; hierzu muss die Schichtstärke der indirekten Restauration überprüft und innerhalb der Angaben der Gebrauchsanweisung des Befestigungsmaterials liegen;
  • bedenken, dass die meisten dualhärtenden Materialien von einer zusätzlichen Lichthärtung profitieren;
  • beachten, dass die Verdoppelung der Belichtungszeit nicht ausreicht, die Abschwächung des Lichts bei doppelter Schichtstärke einer Restauration (z.B. von 1 auf 2 mm) zu kompensieren;
  • selbsthärtende oder dunkelhärtende Befestigungssysteme verwenden, die kein zusätzliches Licht benötigen, wenn es unsicher ist, ob ausreichend Licht zugeführt werden kann.

Bioaktive Restaurationsmaterialien (Füllungsmaterialien, Adhäsive und Zemente)

Die Verwendung des Begriffs „Bioaktivität“ in Zusammenhang mit einem zahnärztlichen Restaurationsmaterial soll einen vorteilhaften aktiven biologischen Prozess beschreiben. Es wird vorgeschlagen, Restaurationsmaterialien dann als „bioaktiv“ zu bezeichnen, wenn diese, zusätzlich zu ihrer primären Funktion – nämlich die Zahnstruktur wiederherzustellen oder zu ersetzen –, auch spezifische Zell- oder Gewebeantworten aktiv stimulieren oder leiten können oder aber Wechselwirkungen mit mikrobiologischen Arten kontrollieren können. Diese Effekte sollen durch das Anwendungsgebiet, die Wirkung und die wissenschaftliche Beweisführung hierzu beschrieben werden.

Der Begriff „bioaktiv“ kann auch in einem erweiterten Sinn verwendet werden, um Restaurationsmaterialien zu beschreiben, die eine oder mehrere der folgenden Bedingungen erfüllt. Sie sollten:

  • die Bildung von reparativem Gewebe induzieren;
  • auflösende Bestandteile beinhalten, die normalen physiologischen Spezies zugeordnet werden können, die an einem biologischen Prozess beteiligt sind;
  • Bestandteile beinhalten, die sich auflösen und eine antimikrobielle Aktivität aufweisen (einschließlich Materialien mit einem hohen pH-Wert);
  • über eine Oberfläche verfügen, die Zellanhaftung fördert;
  • über eine Oberfläche verfügen, die im Kontakt mit Speichel oder Gewebeflüssigkeiten die Bildung biologisch ähnlicher Kalziumphosphate, einschließlich Bioapatit-ähnlichem Material, einleiten kann;
  • Bestandteile beinhalten, die sich auflösen und lediglich in einem chemischen Prozess eine lokale Fällung biologisch ähnlicher Kalziumphosphate, einschließlich Bioapatit-ähnlichem Materialien, bewirken können. 

Literaturliste:

Literatur bisheriger Konsensus-Statements zum Thema Lichthärtung

[1] Price RB: Light Curing Guidelines for Practitioners: a consensus statement from the 2014 Symposium on Light Curing in Dentistry, Dalhousie University, Halifax, Canada. J Can Dent Assoc 80, e61 (2014).
[2] Roulet JF: Light Curing – Guidelines for Practitioners. A consensus statement from the 2014 Symposium on Light Curing in Dentistry Held at Dalhousie University, Halifax, Canada. J Adhes Dent 16 (4), 303–304 (2014). http://jad.quintessenz.de/jad_2014_04_s0303.pdf
[3] Correa IC, Price RBT, Rueggeberg FA: Instruções e cuidados com a fotopolimerização do dia a dia. Rev Bras Odontol 71 (2), 172–175 (2014).
[4] Kopperud HM, Bruzell E: Riktlinjer för ljushärdning, Riktlinjer för val och bruk av härdljuslampor har nyligen utfärdats. Rekommendationerna presenteras här av NIOM. Tandläkartidningen 15, 58–59 (2014).
[5] Light curing, a guide from the Halifax Symposium, Light Curing Guidelines for Practitioners: a consensus statement from the 2014 Symposium on Light Curing in Dentistry, Dalhousie University, Halifax, Canada. CDAessentials 1 (6), 19 (2014).
[6] Hickel R, Pfefferkorn F: Die Lichthärtung – Ein Leitfaden für Praktiker, Konsensus des Symposiums zur Lichthärtung in der Zahnmedizin 2014 an der Dalhousie-Universität in Halifax, Kanada. Quintessenz 66 (2), 141–143 (2015).
[7] Price RBT, Rueggeberg FA, Correa IC, Arrais CAG, Giannini M: Consenso de 2015: Dicas para ajudar a escolher seu próximo parelho de fotoativação. Revista APCD de Estética 03 (2), 222–223 (2015).
[8] Strassler H, Oxman J, Rueggeberg F: What should you look for in a curing light? CDAessentials 3 (6), 30–33 (2015). [9] Price RBT: Guidelines for using bulk fill resin composites. CDAessentials 4, 39 (2017).
[10] Price RBT, Shimokawa CAK, Soares CJ, Correa IC, Giannini M: Simpósio Internacional sobre Fontes de Luz em Odontologia. J Clin Dent Res 14 (3), 40–50 (2017).
[11] Soares CJ, Giannini M, Correa IC, Shimokawa CAK, Price RBT: Consenso sobre Resinas Bulk Fill estabelecidos na conferência Northern Lights em Halifax, Nova Scotia, Canadá – Novembro de 2016. Rev Assoc Paul Cir Dent 71 (3), 286–290 (2017).
[12] Roulet JF: Consensus – an alternative way to generate evidence for practitioners to use (or evidence based revisited). Stoma Edu J 4 (2): 82–83 (2017).
[13] Price RBT: Consensus statements on bulk fill resin composites. CDA Oasis discussions. http://oasisdiscussions.ca/2017/06/07/csbf/.
[14] Hickel R, Price R, Soares C, Ilie N, Internationales Experten-Consensus-Statement: Lichthärtende Bulkfill-Kompositkunststoffe. ZM 108 (9), 980–981 (2018).
[15] Giannini M, Fronza B, Price RBT: Consenso em Odontologia Adesiva: diretrizes para obter sucesso clínico na adesão às estruturas dentais. Int J Esthet Dent – edição em português 1, 86–109 (2018).
[16] Bruzell E, Kopperud HM, Rukke HV: Safe and sufficient light curing of dental materials, Lysherding – så enkelt og så vanskelig. Aktuel Nordisk Odontologi, Universitetsforlaget, Oslo 43, 68–77 (2018).
[17] Society of Cariology and Endodontology, Chinese Stomatological Association: Consensus recommendations from Chinese experts on the standard operation procedure of curing light in direct composite resin adhesive restorations. Chin J Stomatol 53 (9), 579–584 (2018).

Literatur zum Thema Bioaktivität

[18] Hench Ll: Bioactive ceramics. Ann N Y Acad Sci 523 (1), 54–71 (1988).
[19] Hench Ll: The story of bioglass. J Mater Sci Mater Med 17 (11), 967–978 (2006).
[20] ADA. ACE Panel Report Bioactive Materials. Ace@Ada.Org: Ada (2018).
[21] Vallittu PK, Boccaccini AR, Hupa L, Watts DC: Bioactive dental materials – Do they exist and what does bioactivity mean? Dent Mater 34 (5): 693–694 (2018).
[22] ISO 23317. Implants for surgery — in vitro evaluation for apatite-forming ability of implant materials. Geneva: International Organization For Standardization (2014).
[23] Goldberg M, Schmalz G: Toward a strategic plan for pulp healing: from repair to regeneration. Clin Oral Investig 15 (1), 1–2 (2011).

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