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Einladung zur Karlsruher Konferenz am 18. März 2022

Von hoher Relevanz – Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin

PD Dr. Daniel Hellmann ist Leiter der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe und Beauftragter für Umwelt und Nachhaltigkeit der LZK Baden-Württemberg. Er hat den ersten Kongresses für nachhaltige Zahnmedizin in Deutschland initiiert. Dieser wir am 18.03.2022 online aus der Akademie in Karlsruhe übertragen. Wir haben ihn im Vorfeld mit einigen Fragen zu dem Thema „Nachhaltigkeit in der Zahnarztpraxis“ befragt.

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Herr Dr. Hellmann, im Privatleben bemühen sich sehr viele Menschen um eine nachhaltige Lebensweise. Ist es korrekt, wenn man es von der Seite betrachtet, dass die Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin keine höhere Relevanz besitzt als in vielen anderen Berufszweigen, sodass es bei der Bewegung und den Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit vielmehr darum geht, ein globales Problem aufzugreifen, im eigenen Wirkungskreis bestmögliche Best Practices dazu zu etablieren und somit einen allgemeinen Beitrag zu leisten?

Die World Dental Federation (FDI) und die Bundeszahnärztekammer sowie ein Teil der Landeszahnärztekammern haben klar Stellung bezogen. Nachhaltigkeit sollte ein zentraler Aspekt des Engagements der Zahnärzteschaft im Sinne eines sozial verantwortlichen Handelns sein.

Das gilt allerdings nicht exklusiv für die Zahnärzteschaft, wie Sie es richtig angemerkt haben. Das Ziel der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe ist es, die Kollegenschaft zu sensibilisieren und in der Zukunft für die Teams Inspiration zu stiften für eine nachhaltige Entwicklung in der zahnärztlichen Praxis.

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Die meisten Studien unserer Recherche nehmen Bezug auf die UK. Wo stehen wir in Deutschland aktuell?

Aus Deutschland sind mir in Bezug auf die Zahnmedizin bisher keine belastbaren wissenschaftlichen Daten bekannt. In der Akademie haben wir seit diesem Januar eine Stelle für Umweltmanagement geschaffen und mit einer Ist-Analyse unseres Praxisbetriebes begonnen.

Ebenfalls bemühen wir uns im Umfeld unserer im März stattfindenden Konferenz um eine Vernetzung mit bereits aktiven Kollegen und Institutionen. Es gibt einige Initiativen aus der Wissenschaft und in der Lehre, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Ich gehe also davon aus, dass es bald auch erste wissenschaftliche Publikationen mit Daten aus Deutschland geben wird.

Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg hat eine ausführliche Checkliste zur „Nachhaltigkeit für die Zahnarztpraxis“ zusammengestellt. Wie kamen die Inhalte zustande?

Das ist richtig. Die Landeszahnärztekammer hat eine meiner Meinung nach sehr gut nutzbare Liste mit Anregungen für die Kollegenschaft zusammengestellt*.

Ein Teil der Inhalte kam aus den Reihen der Geschäftsstelle, die sich in einem internen Projekt auf einen nachhaltigen Weg begeben hat; zum anderen gab es Impulse aus Praxen im Land, die bereits auf der Basis ihrer Erfahrungen bei einer nachhaltigen Orientierung der eigenen Praxis Inhalte beigesteuert haben. Dies ist ein andauernder, lebendiger Prozess.

Mit welchen Maßnahmen kann man am meisten CO2 einsparen?

Mindestens die Hälfte der Kohlenstoffemissionen rund um den Betrieb einer Zahnarztpraxis entfällt auf die Mobilität der Patienten und des Teams zum Erreichen der Praxis. An dieser Stelle wird deutlich, warum die Prävention von Munderkrankungen auch gleichzeitig Klimaschutz bedeutet.

Durch eine Bündelung von Terminen und den Einsatz moderner Behandlungstechniken, die Single-Visit-Behandlungen z.B. in der Endodontie oder der Prothetik ermöglichen, ergeben sich in jedem Fall Möglichkeiten zur Reduktion von Patientenkontakten. Allerdings müssten die Kosten für die Schaffung der technischen Voraussetzungen und die Ausbildung in solchen modernen Verfahrenstechniken über das Honorar an die Praxis zurückfließen.

Noch viel wichtiger ist es aber, dass die Zahnärzteschaft über ihre Standesvertreter die Politik immer wieder daran erinnert, dass die Förderung einer guten Gesundheit im Allgemeinen und eine flächendeckende und wohnortnahe Gesundheitsversorgung definitiv Nachhaltigkeitsziele im Sinne der Agenda 2030 der UN sind, zu deren Umsetzung der deutsche Staat seinen Willen offen bekundet hat. Es ist sicherlich gut, dass sich die Zahnärzte in ihrer sozialen Verantwortung mit dem Thema befassen, aber ohne politische Unterstützung werden diese kleinen Initiativen der besagte Tropfen auf einem heißen Stein sein.

Viele Produkte kommen mit einem Nachhaltigkeitsversprechen auf den Markt. Aktuell vermehrt mit dem Versprechen „CO2-neutral“. Was ist davon zu halten?

Nachhaltigkeit zu beurteilen, ist oftmals komplexer als es auf den ersten Blick scheint und abhängig von der Währung, in der wir sie bemessen. Momentan liegt für viele Menschen der Fokus auf dem Klimawandel und damit auf der Währung CO2. Wählt man aber z.B. für ein Produkt einen Lebenszyklusansatz, muss man sich mit den gesamten Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen auf die Umwelt und deren sozioökonomische Leistung über den gesamten Lebenszyklus hinweg befassen.

Dies reicht z.B. von der Rohstoffgewinnung und der Energieerzeugung über die Produktion und die Nutzung bis hin zur Entsorgung oder Wiederverwertung am Ende des Lebenszyklus. Ich glaube, mit dieser Beschreibung wird die Komplexität der Bewertung von Nachhaltigkeit mehr als deutlich. Für „nachhaltige“ Dentalprodukte gibt es aktuell meines Wissens nach weder einen Standard noch ein aussagekräftiges Gütesiegel.

Sind Sie der Meinung, dass man generell ein Audit für nachhaltige Praxen einführen sollte und dass sich die Praxen zertifizieren lassen müssen?

Ich würde es begrüßen, wenn innerhalb der Medizin ein Grundstandard für Nachhaltigkeit etabliert würde, der für die spezifischen Fachrichtungen entsprechend ergänzt wird. Damit gäbe es für Ärzte einen klar vorgezeichneten Weg in die nachhaltige Entwicklung der eigenen Praxis und für die Patienten einen verlässlichen Bewertungsmaßstab.

Eine letzte Frage. Am 18. März findet die Karlsruher Konferenz und der Tag der ZFA zum Thema „Nachhaltige Zahnmedizin – von Prävention bis Klimaschutz“ statt. Welche Themen werden vorgestellt?

An dieser Konferenz werden fachspezifische Themen im Sinne des Ziels „Gesundheit und Wohlergehen“ präsentiert. Da Nachhaltigkeit ganz klar eine Teamleistung ist, wird über die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den Menschen informiert, über den Stand der Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin und die zu bewältigenden Aufgaben und natürlich auch über die ärztlichen Initiativen zum Klimaschutz.

Sehr spannend wird der Vortrag „Mund auf“ von Prof. Michael Braungart aus Hamburg, der über das „Cradle-to-Cradle“-Konzept berichten wird.

Interessierte sind herzliche eingeladen an der Konferenz teilzunehmen. Informationen und Anmeldungen hier

Diejenigen, die die Karlsruher Konferenz nicht verfolgen können, bietet sich noch bis Ende März die Gelegenheit, die Inhalte über diesen Link einzusehen.

Weitere Angaben

* https://lzk-bw.de/zahnaerzte/praxisfuehrung/nachhaltigkeit 

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

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