Steuer


Kunst in der Zahnarztpraxis

31.05.2010

Quelle: © Günter Havlena/pixelio.de
Quelle: © Günter Havlena/pixelio.de

Auch wenn Patienten das Ölgemälde im Behandlungszimmer würdigen – das Finanzamt wird sich aus diesem Grunde noch lange nicht zur steuerlichen Anerkennung dieses Kunstwerks verpflichtet sehen. Übersteigt der Anschaffungspreis dafür eine bestimmte Grenze, wird der Fiskus den Anspruch auf einen steuerlichen Abzug zurückweisen oder beschneiden, da es sich aus seiner Sicht um einen „anerkannten Meister“ handelt, der künftig noch an Wert gewinnen wird, also im steuerlichen Sinn keine „Abnutzung“ zeigt.

Das ist nur ein Beispiel für die verschiedenen Gründe, aus denen das Finanzamt steuerliche Ansprüche ablehnen bzw. einschränken kann. Lesen Sie die genauen Bestimmungen im Folgenden nach.

Die Zeiten der kahlen und nur funktionellen Praxen sind schon lange vorbei. Heute erwartet die Patienten fast immer ein angemessenes Ambiente, geschmackvoll, warm und freundlich. Um dies zu erreichen, werden die Wände nicht selten mit Kunstwerken geschmückt und Skulpturen oder Antiquitäten aufgestellt. Selbstverständlich soll sich der Fiskus an den Kosten beteiligen. Die Frage, ob dies möglich ist, lässt sich mit einem ganz klaren „Es kommt darauf an“ beantworten. Das Durchlaufen einer Prüfkette steht hier vor jedem Steuerabzug.

Vorrangige Prüfung privater Motive

In der ersten Stufe wird geprüft, ob die Investitionen nicht zu den nicht abzugsfähigen Ausgaben nach § 12 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) gehören. Danach sind beruflich und privat gemischte Aufwendungen regelmäßig selbst dann nicht zum steuerlichen Abzug zugelassen, „wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen“. Eine Fülle von finanzgerichtlichen Entscheidungen ist zu diesem Thema ergangen. Diese betrafen vor allen Dingen den häuslichen Bereich, also Aufwendungen für das – nach damaliger Rechtslage – noch uneingeschränkt steuerlich abzugsfähige Arbeitszimmer. In der Regel wurden hier Aufwendungen für Bilder nicht zum steuerlichen Abzug zugelassen, soweit sie nur der Ausschmückung des Arbeitszimmers dienten. Diese Hürde wird in der Zahnarztpraxis selbst noch leicht zu nehmen sein, da hier ausschließlich die berufliche Tätigkeit betroffen ist.

Ermittlung des angemessenen Aufwands

In der nächsten Stufe wird geprüft, ob die Aufwendungen möglicherweise unangemessen sind. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG bestimmt nämlich, dass Aufwendungen, „die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren“, den Gewinn nicht mindern dürfen, „soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind“. Im Zweifel wissen die Finanzrichter genau, was die allgemeine Verkehrsauffassung ist. Natürlich werden vordergründig die Größe des Unternehmens, die Höhe von Umsatz und Gewinn sowie die Bedeutung des Repräsentationsaufwandes für den Geschäftserfolg zur Beurteilung herangezogen. So wurden beispielsweise 1986 bei einem Unternehmensberater die Anschaffungskosten für Orientteppiche in Höhe von DM 23.000 und DM 8.000 als unangemessen betrachtet und nur in Höhe von DM 7.000 und DM 2.000 anerkannt. Rund zehn Jahre später akzeptierte der Bundesfinanzhof (BFH) den steuerlichen Abzug eines Or ient teppichs für DM 3.900, da er diesen als Gebrauchsgegenstand ansah. Die Umstände des Einzelfalles lassen sich in gewissem Maße gestalten und begründen. Fakt ist, dass im zweiten Schritt der angemessene Aufwand für einen Kunstgegenstand festzulegen ist.

Gebrauchskunst oder anerkannter Meister?

Nach Passieren dieser Hürden wird geprüft, ob bei dem erworbenen Kunstgegenstand überhaupt eine wirtschaftliche Abnutzung erfolgt. Eine wirtschaftliche Abnutzung wird den Gegenständen der sogenannten Gebrauchskunst zugebilligt. Als solche werden nach einem grundlegenden Urteil des BFH aus dem Jahre 1965 beispielsweise Gemälde betrachtet, bei denen es offensichtlich um marktmäßig gehandelte Stücke geht, welche dem gegenwärtigen Zeitgeschmack entsprechen und die erfahrungsgemäß nach einigen Jahren unmodern und weitgehend wertlos werden. Mangels eigenen Kunstverstandes hat sich die Rechtsprechung im Laufe der Zeit mit einem Blick auf den Einkaufspreis beholfen. Bei Investitionen in Kunstgegenstände, die deutlich unter € 10.000 liegen, ist in der Regel zu erwarten, dass der steuerliche Abzug unter dem Aspekt „Gebrauchskunst“ zugebilligt wird.

Anders verhält es sich mit Kunstgegenständen, die dieses Preisniveau verlassen. Hier gelangen Finanzverwaltung und Steuerrechtsprechung sehr schnell zu der Auffassung, es handle sich um Werke anerkannter Meister, die in der Regel ständig im Wert steigen. So wurde ein Gemälde in einem Rechtsanwaltsbüro, welches 1973 DM 8.000 kostete, als Werk eines anerkannten Meisters eingestuft. Zur gleichen Erkenntnis kam ein Finanzgericht für eine Eisenskulptur zum Preis von DM 50.000 im Jahr 1996.

Selbst wenn eine wirtschaftliche Abnutzung verneint wird, ist ein steuerlicher Ansatz noch denkbar, sofern eine technische Abnutzung vorliegt. Von einer technischen Abnutzung wird immer dann gesprochen, wenn Kunstgegenstände durch den täglichen Gebrauch als Arbeitsmittel einer tatsächlichen Abnutzung unterliegen, auch wenn sie möglicherweise im Wert steigen. So gewährte der BFH für einen – im täglichen Gebrauch genutzten – antiken Schreibtisch mit Sessel, der im Jahr 1974 zu einem Kaufpreis von DM 7.000 bzw. DM 4.000 erworben wurde, eine Abschreibung wegen technischer Abnutzung. Bei Gemälden wird eine technische Abnutzung regelmäßig zu verneinen sein, es sei denn, sie unterliegen ausnahmsweise einem technischen Verschleiß durch Umwelteinflüsse.

Abschreibung

Gelangt man so erfolgreich zu einem steuerlichen Ansatz, bedeutet dies natürlich nicht einen sofortigen Abzug der Anschaffungskosten. Vielmehr sind die Anschaffungskosten über die voraussichtliche betriebsübliche Nutzungsdauer zu verteilen. Die amtlichen Tabellen sprechen hier von einer Nutzungsdauer von 15 Jahren. Lediglich im Bereich der Gebrauchskunst kommt im Jahre 2010 eine Sofortabschreibung als geringwertiges Wirtschaftsgut (Nettoanschaffungskosten bis € 410) oder im sogenannten Sammelposten eine Abschreibung über fünf Jahre bei Nettoanschaffungskosten bis zu € 1.000 in Betracht.

Zuordnung zum Betriebsvermögen mit weiteren Tücken

Bekanntlich hat jedes Ding aber zwei Seiten, die es zu betrachten gilt. Mit der Einbringung in das Betriebsvermögen der Praxis ist der Kunstgegenstand steuerverhaftet. Eine spätere Veräußerung oder Entnahme in das Privatvermögen führt zu einer Versteuerung der stillen Reserven, und zwar unabhängig davon, ob ein steuerlicher Abzug in voller Höhe zugebilligt wurde oder nicht. Der Fiskus freut sich vor allem über Wertsteigerungen, da diesen gar kein steuerlicher Abzug vorausging.

Empfehlung

Im Ergebnis sollte daher sehr sorgfältig geprüft werden, ob bei einem Kunstgegenstand vielleicht doch mit einer späteren Wertsteigerung zu rechnen ist. Liegt eine solche Vermutung nahe, so sollte die Zuordnung zum Betriebsvermögen mit der Folge der möglichen Abschreibung der Anschaffungskosten zugunsten der späteren, in der Regel steuerfreien Veräußerung vermieden werden. Bei reiner Gebrauchskunst ist hingegen ein steuerlicher Ansatz immer erstrebenswert.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Felix Martin

Bilder soweit nicht anders deklariert: Felix Martin