Recht


Honorarrückzahlung bei Behandlungsfehler

11.01.2012

Quelle: © knipseline/pixelio.de
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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29.03.2011 (Az.: VI ZR 133/10)

entschieden, dass ein zahnärztlicher Behandlungsfehler ein rechtswidriges

Verhalten im Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative BGB darstellen kann und der Verlust des Vergütungsanspruchs

nicht voraussetze, dass das vertragswidrige Verhalten als schwerwiegend oder als wichtiger

Grund im Sinne des § 626 BGB anzusehen ist. Allerdings, so die Richter, lasse ein geringfügiges vertragswidriges

Verhalten die Pflicht, die bis zur Kündigung erbrachten Dienste zu vergüten, unberührt.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde

Die Klägerin verlangt vom beklagten Zahnarzt eine Honorarrückzahlung für eine zahnprothetische Behandlung. Die Klägerin ließ sich bei dem beklagten Zahnarzt für den Oberkiefer und 3 Zähne im Unterkiefer vollkeramische Brücken und Kronen gegen ein Pauschalhonorar erstellen. Dabei war auch eine Korrektur der bisherigen Bisshöhe vorgesehen. Nachdem die Kronen und Brücken provisorisch eingesetzt worden waren, fand ein Gespräch zwischen den Parteien statt. Die Klägerin äußerte ihre Unzufriedenheit über die Bisshöhe, die fehlende Okklusion und die Größe der neugestalteten Zähne. Diese Unzufriedenheit wiederholte sie schriftlich und teilte mit, dass sie sich für eine anderweitige Neuherstellung entschieden habe. Gleichzeitig zahlte sie das vereinbarte Honorar. Die Brücken und Kronen ließ sie durch einen anderen Zahnarzt neu erstellen.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hatte, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin für möglich gehalten. Bei dem Vertrag über die Sanierung des Gebisses handele es sich insgesamt um einen Dienstvertrag über Dienste höherer Art. Diesen Dienstvertrag habe die Klägerin gem. § 627 BGB kündigen dürfen. Nach § 628 Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB stehe dem Dienstverpflichteten (dem beklagten Zahnarzt) kein Vergütungsanspruch zu, wenn er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Dienstberechtigten (der Patientin) veranlasst habe und der Dienstberechtigte an den bisherigen Leistungen kein Interesse mehr habe. Obwohl nach dem Gesetzeswortlaut ein objektiv vertragswidriges Verhalten genügen würde, setzt einen Anspruch aus § 628 Abs. 1 S. 3 BGB, der Rückzahlungsanspruch für bereits erbrachte Dienste, ein schuldhaftes Handeln voraus. Entgegen der bisherigen herrschenden Meinung müsse das Verhalten allerdings nicht schwerwiegend sein und keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Eine solche Beschränkung sei für die § 627 BGB unterfallenden Dienstverhältnisse weder gerechtfertigt noch ergebe sie sich aus dem Wortlaut des § 628 Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB oder aus seiner Entstehungsgeschichte.

Fazit

Mit dem schlichten Verweis auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Norm begründet der BGH, dass eine Vergütungskürzung nach § 628 Abs. 1 S. 2 BGB auch dann in Betracht komme, wenn das vertragswidrige Verhalten nicht als schwerwiegend oder als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB zu qualifizieren sei.
Durch das Urteil des BGH wurde der Anwendungsbereich des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB enorm erweitert. Solange der Dienstvertrag noch nicht vollständig abgewickelt ist, bietet der § 628 Abs. 1 S. 2 BGB nunmehr eine im Verhältnis zum Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB wesentlich erleichterte Möglichkeit der Honorarkürzung.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Felix Martin

Bilder soweit nicht anders deklariert: Felix Martin