Praxisführung

Ausweg aus der Bauherrenfalle, persönlicher Haftung …

Sanierung der Zahnarztpraxis durch Insolvenzplan

Quelle: © Bernd Kasper/pixelio.de
Quelle: © Bernd Kasper/pixelio.de

Die Praxis der Insolvenzberatung zeigt, dass auch Zahnärzte oftmals aufgrund unglücklicher Engagements, z. B.

in Immobilienfonds, nicht nur einer persönlichen Haftung in erheblichem Umfang ausgesetzt sind. Rasch geht

damit auch die Gefährdung der beruflichen Existenz des Zahnarztes einher. Der vorliegende Beitrag stellt anhand

eines erfolgreich durchgeführten Praxisbeispiels dar, dass die Sanierung durch einen Insolvenzplan bei

professioneller Vorbereitung und Durchführung binnen weniger Monate möglich ist. (Labor-)Beteiligungen und

damit einhergehende komfortable Einnahmen sowie Immobilien können erhalten bleiben.

Sachverhalt
Z betreibt in NRW eine äußerst erfolgreiche Zahnarztpraxis. Darüber hinaus ist sie Gesellschafterin zweier Gesellschaften bürgerlichen Rechts, einer kieferorthopädischen Praxis und eines Praxis-Labors. Die persönliche, aber auch berufliche Entwicklung der Z war ausgesprochen erfolgreich. Z hat sich jedoch an drei Immobilienfonds (in den neuen Bundesländern) beteiligt. Wesentlich war in diesem Zusammenhang, dass Z nicht lediglich anteilig, sondern gesamtschuldnerisch für Verluste und auch alle Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaften haftete. Ende 2011 kam es dazu, dass einer der Immobilienfonds von Z einen liquiden Nachschuss von rund 150.000 Euro forderte. Parallel dazu kam es zu einer Steuernachforderung des Finanzamtes sowie zur Festsetzung einer weiteren Vorauszahlung für 2010 in Höhe von insgesamt rund 100.000 Euro. Nach aufgrund dessen erfolgter rechtlicher Beratung im Hinblick auf die Verträge zu den Immobilienfonds musste Z feststellen, dass sie mit diesen Fondsengagements völlig unkalkulierbare Risiken eingegangen war. Nachdem das Land Berlin die Förderung dieser Bauvorhaben nicht mehr verlängert hatte, kam es zu erheblichen Unterdeckungen bei Wohnanlagen, die auf die Z als Gesellschafterin umgelegt werden mussten. Insgesamt war hier mit ganz erheblichen Nachforderungen zu Lasten der Z zu kalkulieren. Zwischenzeitlich waren von den drei Fondsgesellschaften Ansprüche in Höhe von insgesamt 390.000 Euro angemeldet. Eine Kündigung der Fonds hätte eine zu zahlende negative Abfindung für Z in Höhe von über 1.000.000 Euro bedeutet. Hinzu kam das unkalkulierbare Risiko, dass andere Gesellschafter der Immobilienfonds ausfallen, sodass Z deren Nachschusspflichten ebenfalls anteilig hätte mit übernehmen müssen. Insgesamt führten diese Überlegungen dann nach entsprechender Beratung zu dem Entschluss der Z, das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen zu beantragen. Sie war nicht mehr in der Lage, ihre fälligen Verbindlichkeiten fristgerecht zu bedienen.

Vorbereitendes Vorgehen
Vorbereitend wurden den Verbindlichkeiten die Aktiva der Z gegenübergestellt. Eines der wesentlichen Ziele des vorzubereitenden Insolvenzplans war es, die privat von Z genutzte Immobilie in ihrem Eigentum zu belassen, obwohl Immobilienaktiva in Insolvenzverfahren grundsätzlich zugunsten der Insolvenzgläubiger zu verwerten sind. Neben dem Immobilienerhalt war eine der Hauptintentionen die Aufrechterhaltung und Sicherung der freiberuflichen und unternehmerischen Tätigkeit der Z. Nur so war es möglich, der Z eine für Insolvenzverhältnisse komfortable Vermögenssituation in Relation zu den Bezügen aus einer Tätigkeit als angestellte Zahnärztin zu ermöglichen. Z war bis dato aus der freiberuflichen Tätigkeit in der Lage, monatlich rd. 50.000 Euro zu entnehmen. Hierzu sind im Rahmen der Vorbereitung des Insolvenzantrags sowie des Insolvenzplans insbesondere ein Fortsetzungsbeschluss und Änderungsvereinbarung zwischen Z und dem GbRPartner getroffen worden. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte die zwischen den Partnern bestehenden zahnärztlichen Gesellschaften nämlich gemäß § 728 Abs. 2 BGB aufgelöst. Sie wären in jeweils eine Liquidationsgesellschaft übergegangen und hätten ihre Tätigkeit nicht weiter ausüben können. Nunmehr sollte jedoch zugunsten der Z versucht werden, im Rahmen eines Insolvenzplans gemäß §§ 217ff. InsO eine größtmögliche Befriedigung der Gläubiger zu erreichen. Da die Partner davon ausgegangen sind, dass das Insolvenzverfahren mit einer Annahme des Insolvenzplans abgeschlossen werden kann, wollten sie trotz des laufenden Insolvenzverfahrens die gemeinsame Berufsausübung in Form der Praxis und des Labors fortsetzen.

Zwischenergebnis
Die vorbereitenden Abstimmungen mit dem Partner der Z im Hinblick auf den Fortsetzungsbeschluss sind anwaltlich lanciert und zwischen den Beteiligten diskret behandelt worden. Auch die Insolvenzeröffnung wird heute nur noch im Internet (vgl. www.insolvenzbekanntmachungen.de) veröffentlicht. Insgesamt haben insbesondere Patienten der Z von den insolvenzrechtlichen Geschehen nahezu keine Kenntnis erlangt. Die privat genutzte Immobilie ist der Z letztlich erhalten geblieben. Dies gilt im Ergebnis auch für ihre Gesellschafterstellung in der Praxis und dem Labor.

Weiteres Vorgehen – Schritt 1
Da ein Insolvenzverfahren grundsätzlich dazu dient, das gesamte haftende Vermögen eines Insolvenzschuldners zu verwerten und den Erlös sämtlichen Gläubigern des Schuldners im Wege der Verteilung zukommen zu lassen, musste in dem Insolvenzplan eine „abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens“ (§ 1 Satz 1 InsO) nicht nur getroffen werden. Es musste auch konkret dargestellt werden, dass der Fall des Regelinsolvenzverfahrens, also die Verwertung sämtlichen Vermögens der Z und Verteilung an die Gläubiger, in diesem besonderen Fall den Gläubigern nicht die Vorteile bieten kann, die das in Aussicht genommene Planverfahren bereithält. Dem ist im Rahmen des vorbereiteten Insolvenzplans auch im Rahmen einer Vergleichsrechnung genüge getan worden. Im vorliegenden Praxisbeispiel hätten insbesondere die Wettbewerbsverbote Nachteile mit sich gebracht. Für den Fall eines Regelinsolvenzverfahrens oder im Fall der Ablehnung des Insolvenzplans durch die Gläubiger hätte eine Bestimmung in den Gesellschaftsverträgen der Z gegriffen. Die ausscheidende Gesellschafterin Z hätte einem Wettbewerbsverbot unterlegen und in einem Umkreis von 10 Kilometern von den bisherigen Gemeinschaftspraxisräumen keine, nicht einmal eine angestellte, gleichwertige berufliche Tätigkeit ausüben dürfen. Z hatte jedoch in den Jahren ihrer freiberuflichen Tätigkeit einen ausgezeichneten Ruf bei den Patienten erworben. Sie wäre somit gezwungen gewesen, in einen anderen Ort/Landkreis auszuweichen, und hätte mit Sicherheit große Schwierigkeiten gehabt, überhaupt eine Anstellung zu finden. Falls sie eine solche Anstellung als einzige Möglichkeit einer beruflichen Tätigkeit gefunden hätte, wäre ein Gehalt von rund mtl. 5.000 Euro brutto das Äußerste gewesen, was sie an Einkommen hätte erwarten können. Mithin wurden durch die zuvor aufgezeigte Ermöglichung der Aufrechterhaltung der Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht nur für Z, sondern auch für die Gläubiger aufgrund der hervorragenden Umsätze und Ergebnisse der Z Vorteile geboten. Hinzu kam, dass der Ehemann der Z bereit war, einen Betrag in fünfstelliger Höhe in die Insolvenzmasse einzuzahlen. Auf anwaltlichen Rat hin wurde dies jedoch bereits vorbereitend unter die Bedingung gestellt, dass die Gläubiger dem Plan zustimmen und das Insolvenzgericht den Plan rechtskräftig bestätigt. Somit waren auch die Interessen des Ehemannes der Z durch die aufgenommene Bedingung gewahrt. Dies geschah insgesamt, um einen zusätzlichen Anreiz für die Gläubiger zu schaffen, dem Plan zuzustimmen. Auf der anderen Seite war sichergestellt, dass der Ehemann der Z dieses Darlehen nicht verlor, sondern zweckgerichtet, nämlich für das Inkrafttreten des Insolvenzplans, zur Verfügung stellt.

Zwischenergebnis
Ein Vergleich von Regelinsolvenzverfahren (= Liquidierung der freiberuflichen Tätigkeit der Z) und Planinsolvenzverfahren (= Aufrechterhaltung der freiberuflichen Tätigkeit und Erhalt von Vermögenswerten für Z) konnte eindeutig aufzeigen, dass die Gläubiger bei dem Planverfahren eine rund 21 % höhere Quote als im Regelverfahren bekamen und damit wesentlich bessergestellt waren. Neben der erheblich besseren Quote für die Gläubiger sah der Plan vor, dass die Gläubiger mit Zustimmung zu dem Insolvenzplan die Planquote wesentlich früher ausgezahlt bekommen: binnen lediglich weniger Monate, im Vergleich zu mehreren Jahren im Falle eines Regelinsolvenzverfahrens. Die grundsätzlichen Weichen für eine Zustimmung der Gläubiger zu dem Insolvenzplan waren damit bereits gestellt.

Weiteres Vorgehen – Schritt 2
Weiterer wesentlicher Kernpunkt der Planumsetzung war die Gruppeneinteilung der Gläubiger gem. § 222 InsO. In dem Praxisbeispiel war zu berücksichtigen, dass nicht alle Gläubiger grundsätzlich die gleiche wirtschaftliche Interessenlage haben. Daher war weiter gemäß § 222 Abs. 2 InsO zu verfahren: Insbesondere die Immobilienfonds arbeiteten gerade nicht mit Gewinn, sondern mit erheblichen Verlusten. Hier war sicherzustellen, dass Z mit der Insolvenzeröffnung über ihr Vermögen aus den Gesellschaften ausscheidet. Unabhängig davon begegnen Anwälten in der Insolvenz- und Sanierungspraxis immer wieder grundsätzliche Ängste der Mandanten als Schuldner vor einem Insolvenzverfahren. Dies betrifft grundsätzlich auch ein Insolvenzplanverfahren. Diese Angst lässt sich aber relativ einfach nehmen: Sofern der Plan von den Gläubigern nicht akzeptiert wird, wäre Z in dem oben genannten Praxisfall 6 Jahre im Insolvenzverfahren. Sie hat nämlich einen Insolvenzantrag gestellt, da ein Planverfahren ein Insolvenzverfahren und somit einen Insolvenzantrag voraussetzt. Professionelle Vorbereitung ist zwar auch hier keine Garantie für eine Zustimmung der Gläubiger zu dem Plan. Bei einem (wie dargestellt äußerst vernünftigen) Plan auf der einen Seite können andererseits aber ergänzend sinnvolle Vorkehrungen getroffen werden. Im Beispiel der Z wurden sämtliche bekannten Gläubiger angeschrieben. Dies erfolgte im Hinblick auf die Frage, ob der Gläubiger am Termin teilnimmt oder in diesem vertreten wird. Die schriftliche Teilnahme ist nämlich rechtlich ein „Nullum“. Im Übrigen zeigt die Erfahrung, dass kaum ein Gläubiger am Termin teilnimmt, um „Nein“ zu sagen. Vor dem Abstimmungstermin wurden alle Gläubiger von Anwaltsseite nochmals kontaktiert. Um den Weg der Anreise zu ersparen, wurden die Gläubiger um Erteilung einer Vollmacht zur Abstimmung in dem Termin gebeten. So war rund 10 Tage vor dem Abstimmungstermin sichergestellt und vor allem vorhersehbar, dass/ob die Zustimmung im erforderlichen Umfang vorliegen wird. Im Ergebnis war der Ausgang des Abstimmungstermins für Z schon damals vorhersehbar. Wie erwartet kam es zu einer 100%igen Zustimmung der Gläubiger.

Fazit
Die rechtzeitige anwaltliche Beratung, geschickte Planverfassung samt Gruppeneinteilung und Vorbereitung flankierender Vereinbarungen waren im Praxisbeispiel, wie dargestellt, äußerst erfolgreich. Die vom Gesetz überlassenen Spielräume wurden zugunsten der Z genutzt. Letztlich wurde mittels Insolvenzplan nicht nur ein automatischer Ausschluss für Z aus den desaströsen Immobilienfonds erreicht. Sie wurde binnen einer Zeit von rund eineinhalb Jahren auch restschuldbefreit. Z war somit in die Lage versetzt, ihre freiberufliche Tätigkeit wieder ohne belastende Verpflichtungen (in Millionenhöhe) und Gedanken konzentriert und erfolgreich fortzusetzen. Daneben haben sich aber auch Vorteile für den Ehemann der Z ergeben. Er konnte angestellt bleiben. Auch die beiden Zahnarzt-GbRs florieren nach wie vor und sichernauch dem GbR-Partner der Z auskömmliche Überschüsse – trotz ihrer Insolvenz.

 

 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: RA Christian Weiß - RA Dr. Fritz Westhelle

Bilder soweit nicht anders deklariert: RA Christian Weiß , RA Dr. Fritz Westhelle