Rechtstipps


Optimale Gestaltung von Arbeitsverträgen für ZMF

02.04.2020
aktualisiert am: 20.04.2020

.
.

Durch die optimale Gestaltung von Arbeitsverträgen können Personalkosten von bis zu 20% eingespart werden. Bei ihrer Gestaltung lauert jedoch eine Vielzahl von Fallstricken, die es zu vermeiden gilt. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Hans-Jürgen Marx erläutert im Folgenden, worauf im Einzelnen zu achten ist.

1. Fallstrick: schriftlicher Arbeitsvertrag fehlt

In der Praxis gibt es immer noch eine Reihe von Zahnärzten, die überhaupt keine schriftlichen Arbeitsverträge mit zahnmedizinischen Fachangestellten (ZMF) abschließen. Dabei wird häufig verkannt, dass dann, wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert, die gesetzlichen Regelungen gelten, die fast alle sehr arbeitnehmerfreundlich ausgestaltet sind und zu erheblichen Mehrkosten für den Arbeitgeber führen.

So sind beispielsweise die gesetzlichen Kündigungsfristen nach dem BGB so ausgestaltet, dass lediglich der Arbeitgeber im Falle der Kündigung bei einer längeren Betriebszugehörigkeit eine längere Kündigungsfrist einhalten muss. Besteht z.B. das Arbeitsverhältnis mit der ZMF bereits seit über 20 Jahren, muss der Arbeitgeber im Falle einer Kündigung die verlängerte Kündigungsfrist von 7 Monaten zum Monatsende einhalten, während die ZMF, wenn sie selbst kündigt, mit der kurzen Kündigungsfrist von 4 Wochen zum Monatsende oder zum 15. eines Monats unmittelbar zu einem Konkurrenten wechseln kann.

Hätte der Zahnarzt mit der ZMF einen schriftlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen und in diesem Arbeitsvertrag eine Regelung dergestalt aufgenommen, dass die ZMF im Falle der eigenen Kündigung die gleiche verlängerte Kündigungsfrist wie der Arbeitgeber einzuhalten hat, hätte er diesen schnellen Wechsel zu einem unmittelbaren Konkurrenten problemlos vermeiden können.

In der Praxis wird häufig verkannt, dass nach dem sogenannten Nachweisgesetz jeder Arbeitgeber sogar dazu verpflichtet ist, einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit seinem Arbeitnehmer abzuschließen. Dieses auf den ersten Blick für den Arbeitgeber nachteilige Gesetz hat aber den entscheidenden Vorteil, dass dieser nunmehr die Möglichkeit hat, das Nachweisgesetz zum Anlass für den Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages zu nehmen und den Vertrag so auszugestalten, dass seine Interessen optimal gewahrt sind, wodurch Personalkosten von bis zu 20% eingespart werden können.

2. Fallstrick: Bezugnahme auf Tarifvertrag

Bei vielen Zahnärzten herrscht noch immer der weitverbreitete Irrglaube, dass alle wichtigen Konditionen des Arbeitsverhältnisses wie Gehalt, Urlaubstage etc. ohnehin in den jeweiligen Tarifverträgen für ZMF festgelegt und diese Tarifverträge für beide Vertragsparteien verbindlich sind. Hier wird oft verkannt, dass zwar in vielen Bundesländern entsprechende Tarifverträge für ZMF existieren, diese jedoch nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurden, sodass sie nicht automatisch auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

Diese Tarifverträge sind grundsätzlich nur dann für beide Vertragsparteien verbindlich, wenn innerhalb eines Arbeitsvertrages ausdrücklich eine Bezugnahme auf diese Tarifverträge oder bestimmte tarifrechtliche Vorschriften erfolgt. Da diese Tarifverträge jedoch eine Vielzahl von arbeitnehmerfreundlichen Vorschriften enthalten, wie z.B. die Verlängerung der Kündigungsfristen für den Zahnarzt oder die Zahlung eines 13. Monatsgehaltes, sollte in den Arbeitsverträgen auf gar keinen Fall auf diese Tarifverträge Bezug genommen werden.

3. Fallstrick: Sonderzahlungen falsch deklariert

Gerade im Bereich der Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, 13. Monatsgehalt etc.) wird durch fehlende oder fehlerhafte vertragliche Gestaltung der Arbeitsverträge sehr viel Geld verschenkt. Häufig wird der Fehler gemacht, dass eine Sonderzahlung als „13. Monatsgehalt“ im Arbeitsvertrag bezeichnet wird. Dabei wird von vielen Zahnärzten verkannt, dass die Bezeichnung einer Sonderzahlung als 13. Monatsgehalt dazu führt, dass der ZMF auf jeden Fall ein Rechtsanspruch auf diese Sonderzahlung zusteht, und zwar auch dann, wenn ein Arbeitnehmer unterjährig ausscheidet, da es sich bei dem 13. Monatsgehalt um eine Sonderzahlung mit Entgeltcharakter und damit um einen Rechtsanspruch der Arbeitnehmerin handelt. Kündigt eine ZMF z.B. das Arbeitsverhältnis selbst zum 31.10. eines Jahres und ist im Arbeitsvertrag die Zahlung eines 13. Monatsgehaltes vereinbart, steht der ZMF ein Anspruch auf 10/12 des 13. Monatsgehaltes zu.

Eine Sonderzahlung sollte daher nie als 13. Monatsgehalt bezeichnet werden, sondern als freiwilliges Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld. Zudem muss dringend darauf geachtet werden, dass der im Arbeitsvertrag enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt bezüglich dieser Sonderzahlung noch der aktuellen Rechtsprechung entspricht, da die Rechtsprechung zwischenzeitlich an die Formulierung eines wirksamen Freiwilligkeitsvorbehaltes sehr hohe Anforderungen stellt. Sollte der im Arbeitsvertrag enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt nicht mehr der aktuellen Rechtsprechung entsprechen, führt dies dazu, dass der ZMF, wenn sie 3-mal hintereinander in gleicher Höhe ein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld erhält, im 4. Jahr ein Rechtsanspruch auf diese Sonderzahlung zusteht, was tunlichst vermieden werden sollte. Aus diesem Grund sollten Altarbeitsverträge schnellstmöglich der neuen Rechtslage angepasst werden.

Zudem gibt es die Möglichkeit, eine Sonderzahlung mit einer Rückzahlungsklausel dergestalt zu vereinbaren, dass der Arbeitnehmer die Sonderzahlung in vollem Umfang zurückzahlen muss, wenn er bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Auszahlung der Sonderzahlung ausscheidet. Wird z.B. im Arbeitsvertrag bezüglich des Weihnachtsgeldes vereinbart, dass die ZMF das Weihnachtsgeld zurückzuzahlen hat, wenn sie bis zum 28.02. des Folgejahres aus der Praxis ausscheidet, und kündigt die ZMF beispielsweise das Arbeitsverhältnis selbst zum 31.01. des Folgejahres, wäre sie dazu verpflichtet, das gesamte Weihnachtsgeld aus dem Vorjahr wieder zurückzuzahlen.

4. Fallstrick: keine oder unwirksame Ausschlussfristen

Ausschlussfristen sind eine arbeitsrechtliche Besonderheit, mit denen vereinbart werden kann, dass z.B. sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von 3 Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden müssen, weil sie andernfalls verfallen. Die Ausschlussfristen sind insbesondere bei Vergütungs- und Überstundenansprüchen von großer Bedeutung. Häufig werden Überstundenabgeltungsansprüche in großer Höhe erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einer ZMF geltend gemacht, wobei es sich dabei durchaus um 5-stellige Beträge handeln kann.

Um dies zu verhindern, ist es zwingend erforderlich, wirksame Ausschlussfristen in den Arbeitsverträgen zu vereinbaren, da in diesem Fall die ZMF z.B. nur noch die Überstundenansprüche der letzten 3 Monate geltend machen könnte und alle übrigen Ansprüche bereits aufgrund der Ausschlussfristen verfallen sind. Da die Rechtsprechung an die Ausgestaltung der Ausschlussfristen sehr strenge Anforderungen stellt, sollte auch hier dringend darauf geachtet werden, dass die Ausschlussfristen der aktuellen Rechtsprechung genügen.

5. Fallstrick: Urlaubsansprüche bei Ausscheiden

Nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes steht einem Arbeitnehmer bei Ausscheiden in der 2. Jahreshälfte der volle Urlaubsanspruch zu. Scheidet z.B. eine ZMF zum 31.07.2020 aus einer Zahnarztpraxis aus und fängt am 01.08.2020 bei einem anderen Zahnarzt an, steht ihr gegenüber dem bisherigen Zahnarzt ein Anspruch auf den vollen Urlaub in Höhe von z.B. 30 Urlaubstagen zu und nicht nur in Höhe des anteiligen (7/12). Die ZMF muss sich jedoch bei dem neuen Arbeitgeber diesen an sich zu viel erhaltenen Urlaub des bisherigen Arbeitgebers anrechnen lassen.

Um zu überprüfen, wie viel Urlaubstage die ZMF bei dem früheren Arbeitgeber bereits erhalten hat, sollte der neue Arbeitgeber sich von der ZMF zu Beginn des Arbeitsverhältnisses immer eine sogenannte Urlaubsbescheinigung des früheren Arbeitgebers vorlegen lassen. Würde der ZMF auch bei dem neuen Arbeitgeber ein Urlaubsanspruch auf 30 Urlaubstage zustehen und hätte die ZMF durch ihren alten Arbeitgeber bereits den vollen Urlaubsanspruch erhalten, müsste der neue Arbeitgeber ihr für dieses Jahr keine Urlaubsansprüche mehr gewähren. Daher ist jedem Zahnarzt dringend zu empfehlen, sich bei Neueinstellung einer Mitarbeiterin unbedingt eine Urlaubsbescheinigung des früheren Arbeitgebers vorlegen zu lassen, worauf auch ein Rechtsanspruch besteht.

Zudem sollte der Arbeitsvertrag mit der neuen ZMF die Vereinbarung enthalten, dass ihr im Austrittsjahr nur der gesetzliche Mindesturlaub zusteht, der bei einer 5-Tage-Woche lediglich 20 Urlaubstage betragen würde. In diesem Fall müsste der Zahnarzt beim Ausscheiden der ZMF zum 31.07.2020 nicht den vollen Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Urlaubstagen gewähren bzw. auszahlen, sondern nur den gesetzlichen Mindesturlaub in Höhe von 20 Urlaubstagen.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Hans-Jürgen Marx