Online-Bewertungsportale – wie kann man sich dagegen wehren?

Soziale Medien nehmen für eine Vielzahl von Berufsgruppen eine immer wichtigere Rolle ein. Eine Besonderheit unter den sozialen Medien stellen die Bewertungsportale dar. Diese haben in der letzten Zeit noch einmal deutlich an Bedeutung gewonnen und immer mehr Patienten nutzen diese Portale, um den eigenen Zahnarzt zu bewerten oder um auf der Suche nach einem Zahnarzt weitere Informationen zu erhalten. Besonders für Zahnärzte mit eigener Praxis können diese Portale jedoch Fluch und Segen gleichermaßen darstellen.
Über positive Bewertungen wie „Ein sehr kompetenter Arzt, der fachmännisch behandelt. Ich habe mich sehr wohl gefühlt.“ wird sich der Praxisinhaber sicherlich freuen. Bei negativen Bewertungen wie „So ein Kurpfuscher! Ich fühlte mich absolut unverstanden und mit wenig Einfühlsamkeit behandelt.“ muss der Zahnarzt damit rechnen, dass hierdurch Patienten verloren gehen können. Bewertungsportale sind interaktive Seiten, auf denen Nutzer eigene Einträge mit Rezensionen erstellen können. Meistens handelt es sich dabei um Nutzer der entsprechenden Produkte oder Dienstleistungen. Der grundsätzliche Zweck solcher Bewertungsportale ist einerseits, dass bestimmte Produkte oder Dienstleistungen besser gefunden werden können sowie deren Tauglichkeit für die Suchenden dargestellt wird. Dadurch können Nutzer bereits im Voraus eine Auswahl treffen, von wem sie eine Dienstleistung in Anspruch nehmen.
Mittlerweile gibt es eine Fülle solcher Portale, die sich in vielfältigster Weise mit verschiedenen Produkten, Dienstleistungen oder auch Organisationen beschäftigen. Für den Bereich der Zahnärzte und Ärzte seien jameda.de, docinsider.de oder sanego.de als typische Beispiele zu nennen. Häufig finden sich auch Patientenkommentare in Suchergebnisseiten bei Google, die von Diensten wie Google+ und Google Maps stammen. Dort geht es jedoch häufig nicht darum, die fachliche Kompetenz objektiv zu bewerten. Vielmehr sind diese Bewertungen oft subjektiv geprägt. Dies liegt daran, dass die meisten Bewertungen von Patienten stammen, die über keine medizinische Ausbildung verfügen und entsprechend keine objektive Bewertung der Leistung des Arztes abgeben können.
Interessenkonflikte sehr häufig
Diese Bewertungsportale sind nicht unumstritten und führen häufig zu Rechtsstreitigkeiten. Bekannt wurde insbesondere der Kampf einer Lehrerin gegen das Spickmich-Portal, bei dem die Lehrerin letztlich vor dem Bundesgerichtshof unterlag (Az. VI ZR 196/08). Gerade auch bei Zahnärzten stehen die Portale immer wieder in der Kritik. Es trifft den Bewerteten mehr, wenn seine persönliche Leistung beurteilt wird, als wenn es um ein eher anonymes Produkt geht. Zudem sorgt die fehlende Fachkenntnis der Patienten oftmals für Streit über den Inhalt der Bewertung. Das Problem für die bewerteten Ärzte ist, dass negative Bewertungen auch Folgen für die Auslastung der Praxis haben können. Für zufriedene Bestandspatienten werden negative Bewertungen kaum Auswirkungen haben. Für Patienten auf der Suche nach einem neuen Zahnarzt wird jedoch eine Vielzahl negativer Bewertungen häufig ein Grund sein, diesen Zahnarzt gar nicht erst aufzusuchen. Der Zahnarzt ist den Bewertungsportalen aber nicht schutzlos ausgeliefert. Verfassungsrechtlich ist jeder Zahnarzt durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt. Dieses schützt den Betroffenen nicht nur in seiner Intim- und Privatsphäre, sondern auch in seiner Sozialsphäre. Damit wird das Ansehen in der Öffentlichkeit geschützt.
Allerdings haben auch die bewertenden Patienten ein geschütztes Interesse. Sie profitieren von dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung. Dazu gehört auch, dass sie sich dazu äußern dürfen, ob ihnen eine bestimmte Dienstleistung gefallen hat. Ebenso müssen sie grundsätzlich auch die Gründe hierfür angeben dürfen, ohne dass rechtlich bestimmte Ansprüche an das Niveau der Bewertung gestellt werden können. Nicht erlaubt sind aber unwahre Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen, Verleumdungen und Schmähkritik. Bei Schmähkritik handelt es sich um Äußerungen, die wertende Aussagen beinhalten und dazu dienen, den anderen herabzuwürdigen.
Eine weitere Frage ist für den bewerteten Arzt immer, ob es überhaupt erlaubt ist, über ihn Bewertungen auf einer solchen Plattform abzugeben, und ob er ein Recht auf Nichtbewertung hat. Allerdings hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Bewertungsportale zulässig sind und man Bewertungen grundsätzlich hinnehmen muss. Es ist daher davon auszugehen, dass sich Zahnärzte nicht dagegen wehren können, ob sie überhaupt auf Bewertungsportalen bewertet werden dürfen. Etwas anderes gilt aufgrund der widerstreitenden Interessen jedoch für das „Wie“ der Einträge, also die Frage, inwieweit man bestimmte Inhalte von Bewertungen hinnehmen muss. Denn hier ist spätestens bei Beleidigungen, Verleumdungen, Schmähkritik und unwahren Tatsachenbehauptungen Schluss – gegen solche Bewertungen kann der Zahnarzt rechtlich vorgehen.
Rechtswidrige Bewertungen und Rechtsschutzmöglichkeiten
Wenn nun ein Arzt eine unberechtigte negative Bewertung über sich auf einem Portal sieht, stellt sich meistens das Problem, dass der Verfasser der Bewertung zumeist anonym ist und deshalb nicht in Anspruch genommen werden kann. Teilweise kann der Autor einer Bewertung anhand von Indizien oder über eine Strafanzeige ausfindig gemacht und dann gegen den Verfasser persönlich vorgegangen werden. Häufig wird der Verfasser aber nicht zu ermitteln sein.
Doch auch dann steht der Zahnarzt nicht schutzlos da. Er kann sich nämlich selbst oder über seinen Anwalt an den Betreiber des Bewertungsportals wenden. Für diesen gelten jedoch andere Haftungsmaßstäbe als für den Verfasser der Bewertung, da der Betreiber in der Regel keine Kenntnis von allen Einträgen auf seinem Portal hat. Deshalb hat der Bundesgerichtshof hierzu in seiner Blog- Einträge-Entscheidung (Az.: VI ZR 93/10) ein Beanstandungsverfahren entwickelt, nach dem sich Betroffene richten können. Danach kann sich der Betroffene zunächst im Rahmen einer Beanstandung an den Seitenbetreiber wenden, der den Verstoß zu prüfen hat. In der Regel wird der Betreiber den Verfasser der Bewertung über die Beanstandung informieren und diesen auffordern, hierzu Stellung zu nehmen. Gibt der Verfasser keine Stellungnahme ab, gilt die Vermutung, dass die Bewertung unzulässig ist. Dann muss diese gelöscht werden. Geht aus der Stellungnahme hervor, dass die Bewertung doch zulässig sein könnte, muss der Betreiber den Zahnarzt informieren und ihn dazu auffordern, seine Beanstandung im Detail zu belegen. Kommt der Betreiber sodann nach erneuter Prüfung und Anhörung beider Seiten zu dem Ergebnis, dass der Beitrag rechtswidrig war, muss er ihn löschen.
Soweit die Theorie, wie diese sich der Bundesgerichtshof vorgestellt hat. In der anwaltlichen Praxis ist festzustellen, dass die Portale höchst unterschiedlich auf Beanstandungen reagieren. Während sich manche Portalbetreiber an die Vorgaben der Rechtsprechung halten, reagieren andere gar nicht. Sehr unterschiedlich ist auch die Schwelle, ab wann Bewertungen tatsächlich gelöscht werden. Einige Portale löschen zügig und zuverlässig auch Einträge, über deren rechtliche Zulässigkeit man lange vor Gericht streiten könnte. Hierdurch ersparen sich solche Betreiber viele Rechtsstreitigkeiten. Demgegenüber setzen andere Portale die Schwelle sehr hoch an und löschen nur glasklare Rechtsverletzungen. Diese Portalbetreiber nehmen in Kauf, dass sie im Einzelfall auf Löschung verklagt werden.
Reagiert der Portalbetreiber auf Beanstandungen nicht oder nur unzureichend, stehen dem Zahnarzt weitere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung. Er kann eine anwaltliche Abmahnung aussprechen lassen und eine Unterlassungserklärung verlangen. Kommt der Betreiber dem nicht nach, kann die Löschung im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Zudem bestehen Schadenersatzansprüche und auch die Möglichkeit einer Gegendarstellung ist in Betracht zu ziehen.
Fazit
Der einzelne Zahnarzt muss es grundsätzlich hinnehmen, in den Bewertungsportalen namentlich genannt und bewertet zu werden. Er kann aber gegen rechtswidrige Bewertungen effektiv vorgehen und diese löschen lassen. Hierbei kann er sich sowohl an den Verfasser der Bewertung, soweit dieser namentlich bekannt ist, wenden als auch an den Betreiber des jeweiligen Portals.
Erstpublikation Rheinisches Zahnärzteblatt 6/2013, 319-320.