Praxisführung


Zahnarztpraxis und EDV: Ein Fall für zwei

04.11.2009

Quelle: © Rainer Sturm/pixelio.de
Quelle: © Rainer Sturm/pixelio.de

Im Jahre 1985 erschien in der ersten Ausgabe ZMK HEUTE ein Beitrag über die Anforderungen an die dentale Datenverarbeitung. Vor nunmehr fast 25 Jahren bestand diese allerdings meist nur aus einem PC-System und einem Nadeldrucker und wurde vielfach noch als mehr oder minder lästige Option betrachtet. Eine solche Sichtweise gehört mittlerweile der Vergangenheit an: Die EDV-basierte Vernetzung ist inzwischen für eine professionell ausgerüstete Praxis unabdingbar geworden. Die EDV-Unterstützung prägt zudem das Erscheinungsbild einer modernen Praxis, das der Patient bei seinem Besuch wahrnimmt. Welche Grundsätze bei der Computerisierung der eigenen Praxis zu berücksichtigen sind, wird im folgenden Beitrag erläutert.

Eine Zahnarztpraxis beinhaltet meist einige Behandlungszimmer unterschiedlicher Konzeption sowie einen Verwaltungs- und Empfangsbereich. Außerdem verfügt sie über verschiedene diagnostische Einrichtungen – von der einfachen Röntgentechnologie bis hin zur digitalen Volumentomografie. Dabei wird die digitalisierte Diagnostik im Praxisalltag immer bedeutender.

Ohne Rechner gibt es keine digitalen Daten

Eine solche Prozessverwaltung steigert die Effizienz der Zahnarztpraxis beträchtlich und reduziert die dafür notwendigen Personalressourcen. Dabei geht es bei Weitem nicht nur um einen Ersatz von Karteikarten und Bestellbuch. Vielmehr wird mittels EDV der schnelle Zugriff auf jegliche, im jeweiligen Augenblick relevanten Daten ermöglicht. In optimaler Konfiguration kann jeder Autorisierte diese Daten an jedem Arbeitsplatz – intern in der Praxis oder auch extern – informell abrufen, bearbeiten, versenden, diagnostisch auswerten oder auch dem Patienten, etwa im Rahmen einer Beratung, präsentieren. Die Abrechnung kann online von Spezialanbietern übernommen werden, und bei Problemen kann sich ein Techniker, der mit der Anlage und ihren Komponenten vertraut ist, per Fernwartung einloggen und die Schwierigkeiten meist auch auf diesem Wege beheben. Doch was versteht man unter einer „optimalen Konfiguration“ und wie kann sie verwirklicht werden?

Konzeptionelle Anforderungen

Eine zahnärztliche Praxis mit einer EDV als Informations- und Kommunikationssystem auszustatten ist ein komplexer Vorgang mit beträchtlichem Investitionsaufwand. Deshalb sollte dies keinesfalls vom Inhaber im Alleingang oder mit branchenfremden Fachleuten versucht werden. Es gilt dabei, die jeweilige Praxiskonzeption und diesbezügliche Wünsche und Perspektiven der Behandler mit den technologischen Möglich- und Machbarkeiten der modernen IT-Welt Jörg Rath Geschäftsführender Gesellschafter der Baumgartner & Rath GmbH, Gesellschaft für Computer und Technik. Das Unternehmen sieht sich sowohl als EDV-Full-Service- Partner als auch als HighTech-Depot mit Spezialwissen in Medizinund Dentaltechnik. in Einklang zu bringen. Es geht dabei nicht allein um die digitale Umsetzung eines Status quo, sondern auch um eine sorgfältige Eruierung, in welche Richtung die Praxis sich in Zukunft orientieren möchte. Nur so kann die EDV-Anlage in diese Richtung ausgelegt und damit Sackgassen und Kapazitätsgrenzen vermieden werden.

Lösungsansatz: EDV und Branchenkenntnisse

Die EDV-Fachleute, die eine Zahnarztpraxis beraten, sollten über sehr gute Branchenkenntnisse verfügen. Sie müssen alle relevanten (Be-)Handlungsprozesse und Komponenten einer zahnärztlichen Praxis kennen sowie mit allen dort optional an die EDV anbindbaren Geräten vertraut sein und deren technologische Spezifika, Schnittstellen und Datenprotokolle beherrschen. Nur so kann ein wirklich zukunftsfähiges Gesamtkonzept für die jeweilige Praxis erarbeitet werden. Natürlich bleibt dabei der Behandler der Herr des Verfahrens, denn nur der Praxisinhaber selbst kann definieren, wie er sich und seine Praxis positionieren und zukünftig orientieren möchte. Aber er kann – wie auch ein EDV-Fachmann ohne fundierte Branchenkenntnis – meist nicht die Konsequenz seiner Wünsche und Vorstellungen für die Anforderungen an die EDV-Anlage sicher absehen. Schon ein heute noch üblicher Typ eines Netzwerkkabels, sauber unter Putz oder gar Estrich verlegt, kann zum Flaschenhals für den Datenverkehr werden, wenn ein später anvisiertes spezielles Gerät mit voluminösem Datenverkehr nachinstalliert werden soll. Wenn nicht ein hohes Maß an Branchenerfahrung bezüglich der möglichen Variablen von Praxis- Hard- und -Software in ein solches EDV-Konzept eingebracht wird, sind die jeweiligen Grenzen im Praxisbetrieb meist sehr schnell erreicht: Und dann wird guter Rat richtig teuer. Neben einer sicheren Konzeptionierung bietet ein Systemanbieter der Praxis noch weitere Vorteile: Es gibt nur einen Ansprechpartner für den gesamten Komplex und die sonst vielfach üblichen gegenseitigen Schuldzuweisungen im worst case entfallen damit völlig. Konsequenterweise haben einige wenige Systemanbieter diesen kundenorientierten Grundgedanken weiterentwickelt und bieten auch alle an die EDV angebundenen Gerätschaften, wie etwa zum digitalen Röntgen, in ihrem Portfolio mit an. Sie offerieren der zahnärztlichen Praxis als „digitales Depot“ eine totale Sicherheit ihrer gesamten EDV-Struktur ohne nennenswerte Fremdschnittstellen von Drittanbietern.

Datensicherung

Ein weiterer wichtiger Punkt, der bei der Computerisierung einer Praxis berücksichtigt werden sollte, ist eine konsequente Datensicherung. Hierzu empfiehlt sich der Einsatz eines besonderen Servers mit Volumenspeicherung mindestens im Spiegelbetrieb. Dabei spiegeln zwei Festplatten ihren identischen Datenbestand fortwährend als Ausfallsicherung. Dessen ungeachtet sollten Datenvolumen zusätzlich abgespeichert und außerhalb der Praxis (siehe auch RöV) gelagert werden: Bei Einbruch oder Feuer bleibt der Schaden so wenigstens rein materiell. Auch in anderer Hinsicht gilt es, Daten sorgfältig zu sichern: Der Datenbestand des Praxisbetriebes muss natürlich gegenüber dem heute obligatorischen Internetzugang wirksam abgeschottet werden, um jegliche Attacken zuverlässig zu verhindern.

Kompatibilitäten

Auch bezüglich der EDV-Betriebssysteme und der jeweiligen Dentalprogramme kann man mit einer falschen Auswahl daneben greifen, was funktionsbegrenzende Auswirkungen haben kann. Hier bedarf es einer großen Erfahrung, welche spezielle Hard- oder Software mit welchem Betriebssystem harmoniert und welche Kombinationen problematisch sind. Von der Anbieterseite werden solche Probleme natürlich abgestritten, aber die Erfahrungen zeigen, dass nicht alle vernetzten Komponenten jederzeit miteinander und mit jedem Betriebssystem reibungslos laufen.

Anforderungen

Aus den oben geschilderten Gründen können zu diesem Thema keine pauschalierten Empfehlungen für Mindestanforderungen oder Hard- bzw. Softwarevorschläge gemacht werden, die Eignung hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Allerdings sollten alle verwendeten EDV-Komponenten durchaus von Herstellern stammen, die sich trauen, „ihren Markennamen darauf zu schreiben“ und auf deren Distribution Verlass ist. Darüber hinaus ist es gut, wenn die EDV-Anlage schon einmal einige Zeit im Probebetrieb gelaufen ist: Die Erfahrung zeigt, dass sich fehlerhafte Komponenten meist schon in den ersten Stunden signifikant erkennen lassen. Ausgehend von der Röntgenverordnung bestehen bei einer Digitalisierung auch gesetzliche Auflagen, die keinesfalls übersehen werden dürfen – von der Installation durch zertifizierte Fachkräfte über die Abnahme bis hin zu einem speziellen Begutachtungsmonitor.

Fazit

Wenn eine zahnärztliche Praxis mit EDV ausgestattet werden soll, müssen viele verschiedene Parameter berücksichtigt werden. Hierzu sollte immer der Rat von Fachleuten eingeholt werden. Dabei genügt es aber nicht, die Anbieter dentaler Software der Reihe nach in die Praxis kommen zu lassen und sich dann für ein Produkt zu entscheiden. Alle Komponenten – dentalorientierte sowie EDV- und vernetzungsorientierte Soft- und Hardware – gilt es dabei in ein funktionierendes individuelles Gesamtkonzept einzubringen. Sie müssen darin problemlos funktionieren und die nächste oder übernächste dentale Neuanschaffung darf das System keinesfalls an seine Grenzen bringen. Zeitgemäße Zahnheilkunde ist um so glaubhafter zu vermitteln, wenn sie in einem ebensolchen Praxisumfeld ausgeübt wird. Eine Praxisführung mittels einer modernen und optimal vernetzten EDV-Anlage ist sehr (re)präsentabel und damit für die Patienten gut wahrnehmbar. Eine so effiziente Maßnahme für den Praxisalltag dient also auch dem heute immer wichtiger werdenden Praxismarketing.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Jörg Rath

Bilder soweit nicht anders deklariert: Jörg Rath