Nach Universaladhäsiv: Universalkomposit!
Nachdem sich seit fast 5 Jahren die Welle der Universaladhäsive in den Praxen breitgemacht hat und die Produkte inzwischen etabliert sind, fokussiert nun der nächste Entwicklungs- und Marketingschritt erneut auf die Universalität von Kompositen. Das neue Universalkomposit ceram.x® universal von DENTSPLY DeTrey, Konstanz, vereint dank der innovativen SphereTEC-Füllertechnologie eine ganze Reihe verschiedener Handlingsvorteile mit natürlicher Ästhetik: Es ist weich, aber nicht klebrig, standfest, aber dennoch sehr gut adaptierbar, deckt durch sein einfaches „Cloud“-Farbkonzept mit nur 5 Farben das gesamte VITA-Spektrum ab und sorgt mit schneller und einfacher Polierbarkeit für ein glänzendes Ergebnis. Im Folgenden sollen anhand mehrerer klinischer Fallbeispiele die Einsatzmöglichkeiten für das neue Restaurationsmaterial veranschaulicht werden.
Der Begriff eines Universalkomposites ist nicht neu – Generationen von bewährten Kompositen tragen ihn auf der Banderole und es ist ja nicht zu verleugnen, dass man mit Charisma, Filtek Z250, Herkulite XRV & Co sehr ordentliche und stabile Seitenzahnversorgungen sowie ästhetische Frontzahnrestaurationen erstellen kann. Vonseiten der klinischen Performance unterscheiden sich die Universalkomposite untereinander nicht sehr stark: In einer 2013 publizierten, retrospektiven Studie [1], die einen Zeitraum von 20 Jahren umfasste, wurde der Frage nachgegangen, ob Universalkomposite wie Charisma, Herculite XR oder Z100 sich klinisch bewährt haben und ob Unterschiede zu verzeichnen waren. Es wurden 79 Patienten mit insgesamt 374 Seitenzahnfüllungen und 55 Patienten mit insgesamt 219 Frontzahnrestaurationen nachuntersucht. Bei den nachuntersuchten Front- und Seitenzahnfüllungen konnte in den ersten 10 Jahren eine sehr gute Performance dokumentiert werden; die mittlere jährliche Verlustrate lag bei Patienten mit geringem Kariesrisiko zwischen 0,3 und 2,5 %. Danach (Weiterbeobachtung bis zu insgesamt 20 Jahren) zeigten sich eher Frakturen im Seitenzahnbereich und ästhetische Probleme im Frontzahnbereich. Die Autoren schlussfolgerten, dass sich kleinere Unterschiede zwischen den verwendeten Materialien erst nach 10 Jahren klinisch manifestiert hatten und somit Universalkomposite für die breite Anwendung im Front- und Seitenzahnbereich geeignet sind.
In einer bereits 2011 publizierten Studie [3] wurden 121 Klasse I und 241 Klasse II-Kompositrestaurationen aus P 50 APC und Herculite XR nachuntersucht, die in den Jahren 1986 bis 1990 in einer Praxis gelegt worden waren. Nach 22 Jahren ergab sich für P 50 APC eine jährliche Verlustrate von 1,5 % und für Herculite XR von 2,2 % – beides auch unterhalb der wissenschaftlichen Benchmark von 2,5 % pro Jahr. Interessant war, dass sich die Hauptunterschiede erst in der zweiten Dekade des Beobachtungszeitraums zeigten: Das mit 70 Vol. % höher gefüllte P 50 APC zeigte nach 10 Jahren eine kontinuierlich gleichbleibende jährliche Verlustrate, während hingegen das mit 55 Vol. % weniger stark gefüllte Herculite XR eine kontinuierliche Zunahme der jährlichen Verlustrate aufwies. Somit konnten die Autoren schlussfolgern, dass die physikalischen Eigenschaften und die Zusammensetzung der Materialien durchaus einen Einfluss auf die Langlebigkeit der Restaurationen haben können – allerdings zeigt sich dies erst nach 10 Jahren …
Die Füllertechnik hat es in sich
Universalkomposite müssen oder sollen alle Bedürfnisse an ein Restaurationsmaterial erfüllen: Es muss stabil genug sein, damit es im kaudruckbelasteten Bereich eingesetzt werden kann und es soll ästhetisch sein, damit High-End-Frontzahnrestaurationen entstehen können. Natürlich muss es hervorragend und einfach polierbar sein – dies hat wiederum etwas mit der Füllkörpergröße zu tun: Je kleiner, desto besser lässt sich das Material polieren und desto dauerhafter bleibt der Glanz. Diese Verkleinerung der Füllkörper verringert aber oft die Stabilität der Füllungsmaterialien: Die gleichmäßige Benetzung aller Füller wird erschwert; auch die Integration von Vorpolymerisaten, die vorrangig die Schrumpfungskräfte reduzieren, verringert aufgrund erschwerter Anbindung an die Matrix die Gesamtstabilität des Restaurationsmaterials [14,15]. Letztendlich sind auch nicht alle Anwender vom Handling ihrer Materialien restlos begeistert: Mal ist ein Material zu klebrig, mal nicht standfest genug, mal die Adaptation an der Kavitätenwand unzureichend. In der ZMK [16] wies Frau Ilie darauf hin, dass traditionelle Makrofüllerkomposite früher oft stabiler waren als manche moderne Feinpartikelhybridkomposite – die kleinen Korngrößen zugunsten der Ästhetik gingen leider oftmals zu Lasten der Mechanik.
3M ESPE hat hier bereits vor über einem Jahrzehnt Neuland betreten und mit dem ersten reinen Nano-Komposit ein ästhetisches und stabiles Füllungsmaterial geschaffen, welches sich sehr gut polieren und einfach handhaben ließ. Nur ließen sich eben aufgrund der immens großen Gesamtoberfläche und der damit entstehenden Benetzungsproblematik nicht ausschließlich Nanofüller einsetzen. Die „Clusterung“, sprich das Zusammenbacken von Nanopartikeln im Labor, erlaubte die Zugabe großvolumiger, aus lauter kleinen Nanopartikeln bestehenden Vorpolymerisaten.
Einen ähnlichen, vielleicht sogar noch raffinierteren Weg ging jetzt DENTSPLY mit der Neuauflage des bewährten Universalisten Ceram.x mono. Die größte Innovation ist auch hier ein ganz neuer Füllkörper, der es im wahrsten Sinne aller Worte in sich hat: Grundsätzlich enthält das Material klassische, aber mit im Mittel 0,6 ?m sehr kleine Bariumglas- Füller. In dem „SphereTEC“ genannten Herstellungsprozess werden diese Füller mit Kunststoff-Matrix in Kontakt gebracht und in einem Spray-Düsen-Verfahren zu kugelrunden Tröpfchen mit einem mittleren Durchmesser von 15 ?m geformt. In einem nachfolgenden Trocknungsschritt wird das Lösungsmittel der in der Kugel enthaltenen Matrix evaporiert und die Kügelchen durch eine Hitze-Polymerisation fixiert. So entstehen aufgrund der enthaltenen und noch polymerisierbaren Matrix hochaktive Füllkörper, die sich optimal mit der eigentlichen Ormocer-basierten und mit Nanopartikeln angereicherten Kompositmatrix sowie mit weiteren, klassischen silanisierten solitären Barium-Glasfüllkörpern derselben Ausgangsgröße von 6 ?m verbinden können. Diese Füllertechnik ist verantwortlich für das, was der Anwender an Besonderheiten in der Verarbeitung erlebt: Das Material ist weich aber nicht klebrig, standfest aber aufgrund des guten Anfließverhaltens sehr gut adaptierbar. Da die SphereTECFüller von dem vorpolymerisierten Harz zusammengehalten werden, wird die Menge an unpolymerisiertem Harz in der Zusammensetzung von ceram.x universal reduziert und ein Festkleben am Modellierinstrument verhindert.
Handling, Politur, Farbe, Ziel erreicht
Filtek Supreme war das Vorbild in Hinsicht auf Handling, Estelite Sigma Quick das bei der Polierbarkeit. In beiden Vergleichen wurde das Entwicklungsziel erreicht. Hinsichtlich des ästhetischen Potentials kann ceram.x universal mit der Body Farbe von Filtek Supreme (3M ESPE) und Estelite Asteria (Tokuyama) oder der Universalfarbe von Venus Pearl (Heraeus Kulzer) verglichen werden. Bei größeren Restaurationen, bei denen ein hoher Prozentanteil der Restauration die dunkle Mundhöhle abdecken muss, wäre eine zusätzliche opake Dentinfarbe jedoch noch sinnvoll. Hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften spielt ceram.x universal im oberen Mittelfeld eine sehr gute Rolle: Auf Augenhöhe mit Filtek Supreme und oberhalb von Tetric EvoCeram – nach bisher unveröffentlichten Untersuchungen der Universität Erlangen (Prof. Dr. U. Lohbauer) und Omaha, Nebraska, USA (Prof. Marc Latta).
Auch bei dem Farbsystem hat sich etwas getan: Das unglückliche und schwer intuitiv nachvollziehbare „Mono“- Farbschlüsselsystem des alten Ceram.x mono gehört der Vergangenheit an: Auch durch Insistieren des Autors stellte DENTSPLY auf das VITA-System um und konzentrierte sich hier auf die A-Farben, die jetzt in Form einer „Cloud“ mehrere Farben vergleichbarer Helligkeit der B, C- und D-Farben integriert. So ist es möglich, mit den 5 „Cloud“-Farben, die um eine A1, A2, A3, A3,5 und A4 herum angeordnet sind, nahezu alles farbindividuell zu restaurieren, was an Therapieoptionen anfällt.
Im Folgenden sollen einige Fallbespiele den Einsatz des neuen Restaurationsmaterials demonstrieren.
Fall 1 – Sicherheit durch mechanische Festigkeit
Um die Anwendung zu beurteilen, wurde zunächst eine einfache Kavität an Zahn 15 eines 60-jährigen Patienten versorgt. Bei der eingehenden Routine-Kontrolluntersuchung imponierte eine Sekundärkaries an einer existenten, frakturierten Kompositfüllung im okklusal-distalen Bereich (Abb. 1). Die Bissflügelaufnahme (Abb. 2) verdeutlicht den Befund radiologisch. Mehrere, nicht mit der Füllung unmittelbar assoziierte Schmelzdefekte zogen sich bis zur Höckerspitze des Zahnes 15. Um eine unnötige Pulpaexposition zu verhindern, erfolgte die Exkavation mit dem selbstlimitierenden Polybur [21] unter Kontrolle mit dem Face-Light (W&H, Bürmoos, Österreich) [2]. Die Abbildung 3 zeigt die adhäsiv versiegelte, mit einem Teilmatrizensystem (Palodent® V3, DENTSPLY) versehene Kavität. In der Tiefe des Kastens wurde eine erste Schicht aus einem niedrig-viskösen Bulkfill-Komposit (SDR, DENTSPLY) in einer Stärke von ca. 3 mm eingebracht (Abb. 4). Die Verwendung dieses niedrigviskösen Materials erleichtert aufgrund seines Selbstnivellierungseffektes die Anbindung eines Restaurationsmaterials in den nicht so leicht einsehbaren und kontrollierbaren Arealen des approximalen Kastens. Die Abbildung 5 zeigt die ausgearbeitete, polierte und auf Okklusion und Artikulation eingestellte Neuversorgung des Zahnes 15 in der Farbe A3 des neuen ceram.x universal. Kritisch ist sicherlich die dünne Kompositschicht im Bereich der bukkalen Höckerspitze zu sehen: Aufgrund der hohen mechanischen Festigkeitswerte und der optimal möglichen adhäsiven Anbindung sollte hier aber weder Gefahr für die Integrität des Zahnes als auch der Füllung ausgehen.
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Abb. 1: Insuffiziente, im okklusal-distalen Bereich frakturierte Kompositfüllung an Zahn 15.
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Abb. 2: Bissflügelaufnahme des Zahnes 15: Es zeigt sich eine ausgeprägte Sekundärkaries am Zahn 15.
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Abb. 3: Die adhäsiv versiegelte und mit einem Teilmatrizensystem versehene Kavität.
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Abb. 4: Approximal-zervikale Schicht aus einem niedrig-viskösen Bulkfill-Komposit (SDR, DENTSPLY).
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Abb. 5: Die ausgearbeitete, polierte und auf Okklusion und Artikulation eingestellte Neuversorgung des Zahnes 15 in der Farbe A3 des neuen ceram.x universal (DENTSPLY DeTrey GmbH).
Fall 2 – Umbau mit ästhetischer Vollendung
Bei dem 18-jährigen jungen Mann gingen im frühen Jugendlichenalter beide bleibenden oberen mittleren Schneidezähne Trauma-bedingt verloren. Kieferorthopädisch erfolgte ein Lückenschluss mit Mesialisierung der beiden seitlichen Schneidezähne. In der Abbildung 6 erscheinen die nun mittleren Schneidezähne als etwas zu klein und mit einem Spatium intermediale versehen. Von Seiten der Kieferorthopädie erfolgte die Mesialisierung nur bis zu dem Ausmaß, dass der verbliebene Platz exakt der zusätzlichen Breitedifferenz zu mittleren Schneidezähnen entsprach. So war ein Aufbau der Zähne in Form einer Umgestaltung zu mittleren Schneidezähnen möglich. Ebenso wurde ein Umbau der Eckzähne hin zu seitlichen Schneidezähnen angestrebt. Die ersten Prämolaren übernehmen in dem kieferorthopädisch optimal eingestellten Gebiss die Funktion der Eckzähne.
Der Aufbau wurde in Form einer freihändigen Modellation ohne Zuhilfenahme eines Mock-Up mittels der modifizierten Verschalungstechnik geplant. Begonnen wurde mit Zahn 21: Nach Anrauen der Schmelzoberfläche mit einem Feinkorndiamanten kam die modifizierte Verschalungstechnik zum Einsatz. Entgegen dem „Original“ nach Hugo und Klaiber [11–13,17,18] wird anstelle eines Frasacostreifens, der individuell ausgeformt werden muss, eine zurechtgeschnittene Teilmatrize vertikal in den Sulcus inseriert und mit einem lichthärtenden Provisorium-Material am Nachbarzahn fixiert [4,5]. Über die zervikal liegende Matrize erfolgt eine ausreichende Kontaminationskontrolle gegen aufsteigende Sulkusflüssigkeit. Aufgrund der gesunden parodontalen Verhältnisse war ein Arbeiten ohne Kofferdam möglich. Ein Foto-Abhalter (Hager & Werken) erlaubte das Abhalten der Lippen. In der Abbildung 7 ist die fixierte Verschalung und die nach der adhäsiven Versiegelung der Klebefläche zervikal-approximal eingebrachte Flow-Komposit-Schicht erkennbar: Nur mit einem niedrig-viskösen Komposit ist es möglich, den spitzen Winkel in diesem zervikalen Bereich mit Restaurationsmaterial aufzufüllen. Auch hier muss zusätzlich unter Zuhilfenahme einer Explorer-Sonde das Material verstrichen werden, um eventuell zervikal eingeschlossene Luftblasen zu eliminieren. Nach Aufbau des Zahnes in mehreren Inkrementen, aber ausschließlich aus der Farbe A2 des ceram.x universal, erfolgte die Ausarbeitung und das Einstellen auf die exakte Breite des Zahnes 21. Nach Hochglanz-Politur des Zahnes erfolgte der Aufbau des Zahnes 11 im selben Procedere. Nach einer kurzen Pause für den Patienten kam noch die Umformung der Eckzähne an die Reihe: Auch hier wurde nach mechanischer Anrauung und adhäsiver Versiegelung der Aufbau aus derselben A-Universalfarbe erstellt. Die Abbildung 8 zeigt das Ergebnis der restaurativen Maßnahme unmittelbar nach Ausarbeitung und Politur.
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Abb. 6: Mesialisierung der beiden seitlichen Schneidezähne nach traumatisch-bedingtem Zahnverlust im Jugendlichenalter.
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Abb. 7: Am Zahn 11 fixierte Verschalung für den Zahn 21. Approximal-zervikal ist bereits die Flow-Komposit-Schicht eingebracht.
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Abb. 8: Umbau der seitlichen Schneidezähne zu mittleren Schneidezähnen und Umformung der Eckzähne zu seitlichen Schneidezähnen.
Fall 3 – Etüde in A2
Ermutigt durch den Erfolg der großvolumigen Versorgung der mittleren Schneidezähne aus Fall 2, erschien der folgende erforderliche Lückenschluss als eine einfache Übung: In derselben Technik wie in Fall 2 [4,5] wurde die nach einer kieferorthopädischen Behandlung verbliebene Lücke (Abb. 9) zwischen dem linken seitlichen und mittleren Schneidezahn bei der 43-jährigen Patientin geschlossen. Die Abbildung 10 zeigt die eingebrachte Verschalung mittels der hochkant gestellten und mit Clip Flow (VOCO) fixierten Teilmatrize, die Abbildung 11 die erste, zervikale Flow-Komposit-Schicht und die Abbildung 12 das Ergebnis nach Ausarbeitung und Politur: Auch hier wurde ausschließlich die Farbe A2 von ceram.x universal in mehreren Schichten verarbeitet.
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Abb. 9: Nach kieferorthopädischer Behandlung verbliebene Lücke zwischen Zahn 21 und 22.
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Abb. 10: Eingebrachte Verschalung mittels einer hochkant gestellten und mit Clip Flow fixierten Teilmatrize.
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Abb. 11: Die erste, zervikale Flow-Komposit-Schicht.
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Abb. 12: Ergebnis nach Ausarbeitung und Politur: Der Aufbau erfolgte ausschließlich mit der Farbe A2 von ceram.x universal.
Fall 4 – Erweiterte Funktion mit Höckeraufbau
Die 85-jährige Patientin stellte sich mit einem „leichten Ziehen“ an ihrem Zahn 45 vor. Die klinische Befunderhebung ergab einen stark zerstörten Zahn, bei dem anscheinend schon länger die linguale Wand mitsamt der okklusal gelegenen Füllung weggebrochen war (Abb. 13). Es beeindruckte eine von mesial nach distal reichende Infraktionslinie, welche zunächst an der Erhaltungswürdigkeit des Zahnes zweifeln ließ. Bei der erweiterten Befundung erwies sich der Zahn als nicht perkussions- und aufbissempfindlich; der Sensibilitätstest ergab im Vergleich zu Zahn 43 und 44 vergleichbare, positive Ergebnisse. Somit konnte davon ausgegangen werden, dass die Infraktionslinie das Pulpasystem noch nicht in toto beeinträchtigt hatte. Folglich erschien der Versuch der Zahnerhaltung unter Vitalerhaltung der Pulpa mit einer alleinigen restaurativen Maßnahme vertretbar und sinnvoll. Aufgrund des reduzierten Allgemeinzustandes der Patientin wurde im vorliegenden Fall entgegen der ersten Präferenz – der Immobilisierung der Kaufläche durch eine Keramikteilkrone [6] – eine sofortige direkte Kompositversorgung als die sinnvollste Therapieoption angesehen.
Der Aufbau einzelner Höcker mit Komposit ist schon seit über einem Jahrzehnt eine freigegebene Therapieoption: Schon die gemeinsame DGZ/DGZMK-Stellungnahme aus dem Jahre 2005 [10] beschrieb den Höckeraufbau als erweiterte Indikation für Komposite. Ergänzend ist jüngst ein Konsensuspapier der Academy of Operative Dentistry European Section (AODES) erschienen [19], welches für direkte Kompositrestaurationen u. a. auch als Indikationsempfehlungen die Restauration von Zähnen mit Frakturen und Infraktionen angibt.
Dass eine direkte Versorgung in derartigen Indikationen keine schlechteren klinischen Ergebnisse liefert als bei der indirekten Versorgung, zeigt eine im Journal of Dental Research hierzu veröffentlichte Studie einer Nachuntersuchung nach fünf Jahren [9]: Bei 157 Patienten wurden an oberen Prämolaren insgesamt 176 mod-Restaurationen angefertigt, bei denen ein Höcker ersetzt werden musste. Alle Restaurationen wurden ausschließlich von zwei Behandlern ausgeführt. Die Aufteilung der Zähne in die Gruppe mit direkten und mit indirekten Kompositversorgungen erfolgte randomisiert. Die 5-Jahres-Überlebensrate lag bei 87 %. Die Drop-out-Rate lag bei lediglich 10 %. Die 5-JahresÜberlebensrate lag für die direkten Restaurationen mit 90 % zwar höher als bei den indirekten Restaurationen mit 83 %; der Unterschied erwies sich allerdings nicht als signifikant. Auch weitere Studien ziehen inzwischen große Restaurationen mit Höckerersatz heran [20]: In einer prospektiven klinischen Studie zum Ersatz von großflächigen Amalgamfüllungen mit umfangreich verfärbtem Dentin wurden bei 88 Patienten 118 umfangreiche Restaurationen mit Höckerersatz vorgenommen. Als Adhäsiv kam ein 3-Schritt-System (Quadrant Unibond) nach Phosphorsäurekonditionierung zum Einsatz, das verwendete Komposit war Clearfil Photo Posterior. Zum Untersuchungszeitpunkt waren die Restaurationen zwischen sieben Monaten und acht Jahren alt. Die mittlere jährliche Verlustrate dieser zum Teil sehr großen Restaurationen lag bei 0,9 %. Vier Restaurationen versagten im Beobachtungszeitraum: zwei aufgrund endodontologischer Komplikationen, eine aufgrund einer Fraktur und eine aufgrund eines insuffizienten Approximalkontaktes.
Falls im vorliegenden Patientenfall doch in Bälde eine Wurzelkanalbehandlung erforderlich werden sollte, würde der geplante Kompositaufbau die ideale präendodontologische Aufbaufüllung darstellen und bei Beschwerdefreiheit als definitive Versorgung verbleiben. Nach eingehender Aufklärung über die Therapieoptionen und die zu erwartende Prognose willigte die Patientin in die geplante Versorgung ein. Die Abbildung 14 zeigt die exkavierte und mit einer anatomisch geformten, zirkulären Tofflemire-Matrize versehene Kavität unter Kofferdamisolierung. Approximal wurde mit zwei Holzkeilchen separiert. In der Abbildung 15 ist die adhäsive Versiegelung erkennbar – während in der vorangegangenen Abbildung der trockenen Kavität die Infraktionslinie anscheinend nicht komplett durch den Zahn hindurch reichte, zeigt die Abbildung nach Adhäsivapplikation die Zeichnung der Infraktionslinie durch die gesamte Kavität. Die Abbildungen 16 und 17 zeigen den fertigen Aufbau des Zahnes in der Farbe A3,5 des ceram.x universal-Komposites. Auch hier wurde das Material in mehreren Inkrementen eingebracht und separat polymerisiert. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Bildern wurde in diesem Fall ausschließlich mit den neuen ceram.x Gloss-Polierern (DENTSPLY) poliert: Dieses, den Twist-Polieren von EVE sehr ähnliche, zweistufige Poliersystem ergab nach kürzester Politurzeit einen erstaunlichen Glanz, der der polierten Oberfläche eines Estelite Sigma (Tokuyama) entsprach.
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Abb. 14: Die exkavierte und mit einer anatomisch geformten, zirkulären Tofflemire-Matrize versehene Kavität unter Kofferdamisolierung.
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Abb. 15: Adhäsive Versiegelung der Klebefläche.
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Abb. 16: Der fertige Aufbau des Zahnes in der Farbe A3,5 des ceram.x universal Komposites. Der approximale Spalt nach mesial war dem Separationsdruck des Holzkeilchens auf die leicht lockeren Zähne geschuldet.
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Abb. 17: Abschlussbild nach ein paar Minuten mit bereits etwas repositioniertem Zahn 45.
Der approximale Spalt nach mesial zu Zahn 44 ist dem Separationsdruck des Holzkeilchens auf die leicht lockeren Zähne geschuldet; hierdurch wurde der Zahn etwas aus der Alveole herausgedrückt sowie der Nachbarzahn nach mesial gedrückt. Nach ein paar Tagen sollte der Approximalkontakt wieder vorhanden sein.
Fall 5 – Substanzschonende Kompositfüllung als Inlay- Ersatz
Bei der 41-jährigen Patientin stand eine Routine- Kontrolluntersuchung an. Der klinische Befund ergab keinerlei Auffälligkeiten, es zeigte sich eine intakte Versorgungssituation bei guter Mundhygiene. Die Patientin monierte allerdings, dass ständig Zahnseite approximal distal des Goldinlays an Zahn 45 (Abb. 18) aufspleißte. Die angefertigte Bissflügelröntgenaufnahme (Abb. 19) zeigte einen undichten Inlayrand mit Verdacht auf Sekundärkariesbildung unter der erkennbaren Zementunterfüllung. Hieraus ergab sich die Indikation zur Behandlungsintervention. Ursprünglich war angedacht, nur den distalen Anteil des Goldinlays zu entfernen und in Form einer intraoralen Reparatur nach Aluminiumoxid- Vorbehandlung der verbliebenen Goldfläche Komposit zu ergänzen. Bei der Präparation löste sich allerdings das Inlay in toto, sodass zu einer kompletten Neuversorgung umgeplant wurde. Da bei der vorgefundenen Kavitätengröße ein Keramikinlay nicht unbedingt eine signifikante Überlegenheit gegenüber einer direkten Kompositversorgung erwarten lassen würde, konnte der Patientin auch entsprechend dem Konsensuspapier der Academy of Operative Dentistry European Section (AODES) [17], welches als Indikation für direkte Kompositrestaurationen auch den Ersatz der meisten Inlays vorsieht, zu einer direkten Kompositversorgung geraten werden. Eigene gute Erfahrungen unterstützten dies [7].
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Abb. 18: Klinisch intaktes Goldinlay an Zahn 45.
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Abb. 19: Die Bißflügelröntgenaufnahme zeigt einen undichten Inlayrand mit Verdacht auf Sekundärkariesbildung unter der erkennbaren Zementunterfüllung.
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Abb. 20: Nachpräparierte und adhäsiv versiegelte Kavität unter Kofferdamisolierung nach Formgebung mit Teilmatrizen.
Die Abbildung 20 zeigt die nachpräparierte und adhäsiv versiegelte Kavität unter Kofferdamisolierung nach Formgebung mit Teilmatrizen. Aufgrund ihrer Formgebungsvorteile und der Adaptationsmöglichkeit der Teilmatrizen kamen in diesem Fall zwei Palodent V3-Separationsringe (DENTSPLY) zur Anwendung, bei denen die größere Variante nach distal und die kleinere nach mesial positioniert wurde, um eine gute Zugänglichkeit und Einsehbarkeit der Kavität zu gewährleisten. Hinsichtlich der Präparation konnte die ursprüngliche, mit Federrändern versehene Inlaypräparation weitestgehend beibehalten werden. Bei einer Keramikinlayversorgung hingegen wäre eine Umformung hin zu einer Stufe essentiell gewesen. Auch dieser Punkt sprach aufgrund der substanzschonenderen Nachpräparationsanforderungen für die direkte Kompositversorgungsvariante.
Die unterminierende distale Kavitätenfläche wurde bis zu einer Höhe von ca. 3 mm mit dem Bulk-Flow-Komposit SDR aufgefüllt und für 20 Sekunden polymerisiert (Abb. 21). Ein derartiges niedrigvisköses Bulk-Material erlaubt in nicht so gut einsehbaren und spitzwinkelig auslaufenden Kavitätenarealen die sichere Adaptation eines Restaurationsmaterials an den Kavitätenwänden. Zur Indikation, den Anwendungsvorteilen und der Bewertung in der Literatur sei auf den entsprechenden Beitrag in der ZMK verwiesen [8]. Der weitere Aufbau des Zahnes erfolgte in vier Einzelinkrementen ausschließlich mit ceram.x universal in der Farbe A2. Das Ergebnis (Abb. 22) zeigt ein farblich sich gut in die Zahnhartsubstanz einfügendes Restaurationsergebnis und erneut den guten Politureffekt dieses neuen Universalkomposites.
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Abb. 21: Versorgung des distalen Aproximalkastens mit einem niedrigviskösen Bulkfill-Material.
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Abb. 22: Die ausgearbeitete und polierte direkte Kompositrestauration.
Fazit
Eine abschließende Beurteilung eines neuen Kompositmaterials kann natürlich nur Handlingseigenschaften sowie ästhetische Aspekte einbeziehen. Hier beeindruckt das Material auf ganzer Linie. Hinsichtlich der klinischen Bewährung stehen die geforderten Ergebnisse von multizentrischen, randomisierten, klinisch-prospektiven 10-Jahresstudien selbstverständlich noch aus. Wenn man davon ausgeht, dass die vom Hersteller selbst generierten oder in Auftrag gegebenen In-vitro-Daten klinisch verifizierbar sind, dürfte das neue Restaurationsmaterial sich sicherlich problemlos in den Praxisalltag integrieren lassen.
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