Mikroinvasive Kariesbehandlung mit Icon

Bei der mikroinvasiven Kariesbehandlung mit Icon wird die Methode der sogenannten Kariesinfiltration angewandt. Sie basiert auf einem speziellen hochflüssigen Kunststoff, mit dem die angegriffene Zahnsubstanz im Karies-Frühstadium infiltriert und verschlossen wird. Dabei wird weder gebohrt noch gesunde Zahnsubstanz unnötig geopfert. Im Folgenden werden das Konzept und die Anwendung der neuen Methode nebst Angaben zum Produkt erläutert.
Das Infiltrationskonzept ist ein Verfahren zur Kariesbehandlung und für beginnende Karies in den Bereichen E1, E2 und D1 indiziert. Entwickelt wurde es von PD Dr. H. Meyer-Lückel, PD Dr. Sebastian Paris, Prof. Dr. Dr. Andreij M. Kielbassa, Dr. Jan Müller und vom Unternehmen DMG, Hamburg, unter dem Namen Icon zur Marktreife gebracht. Der Name Icon leitet sich von den Wörtern Infiltration Concept ab1.
Das Wirkprinzip
Die Wirkung von Icon beruht auf folgendem Prinzip: Der „Infiltrant“, ein hochflüssiger Kunststoff, wird – nach vorherigem Anätzen – durch die Kapillarkräfte in das Porensystem der Kariesläsion absorbiert. Er füllt das System auf, stabilisiert es und blockiert die Diffusionswege für kariogene Säuren. Eine weitere Kariesprogression kann so gestoppt werden. Anwendungsgebiete von Icon sind die mikroinvasive Behandlung von früher, nicht kavitierter Karies (röntgenologische Läsionstiefe bis ins äußere Dentindrittel) im approximalen Bereich sowie von schmelzbegrenzten, nicht kavitierten Läsionen im vestibulären Bereich (z. B. kariogen bedingte White Spots nach Bracketentfernung)2.
Das Produkt
Es werden zwei Behandlungssets angeboten, und zwar für die Kariesinfiltration approximal und vestibulär. Der Kariesinfiltrant approximal ist für die Infiltration beginnender Karies im Zahnzwischenraum gedacht, der Kariesinfiltrant vestibulär ist ein Behandlungsset für die Infiltration beginnender Karies auf Glattflächen. Dabei stehen wahlweise das Starter-Kit (mit 2 Behandlungseinheiten) oder die normale Packung (mit 7 Behandlungseinheiten) als Handelsform zur Verfügung2. Die Trays der jeweiligen Behandlungseinheiten unterscheiden sich in den Applikationsformen für die jeweilige Anwendung. Sie enthalten spezielle Separationskeile, Applikatoren, HCl-Ätzgel, Ethanol und den Infiltranten, einen niedrigviskosen, lichthärtenden Kunststoff. Im Deckel der Behandlungseinheit ist eine kurze und genaue Gebrauchsanleitung abgebildet, sodass man als Behandler schnell die wichtigen Verarbeitungshinweise erfasst und die Applikation mit jeder Mitarbeiterin schnell durchzuführen ist. Im Behandlungstray nicht enthalten ist das Kofferdam-Equipment3.
Das Vorgehen
Die Behandlung ist einfach und soll am Beispiel der Behandlung einer approximalen Stelle exemplarisch Schritt für Schritt aufgezeigt werden. Aufgrund der patentierten Approximaltips gelangt man schnell und einfach ohne Bohren an die zu behandelnde Stelle. Die Applikationshilfe besteht aus einer Drehspritze, auf die eine sehr dünne Doppelfolie aufgeschraubt wird. Das Material tritt durch Poren aus, die sich auf nur einer Seite der Folie befinden1.
Ebenfalls zum Icon-Set gehören abgeflachte Keile, die innerhalb weniger Sekunden eine ausreichende Separation der Zähne zur Insertion der Applikationsvorrichtung ermöglichen. Durch die abgeflachte Form der Keile ist ausreichend Platz unterhalb des Kontaktpunktes vorhanden, sodass die Materialien die zu behandelnde Oberfläche gut erreichen können4:
- Zahn reinigen, Kofferdam legen und Zähne separieren.
- Icon-Etch auftragen; 2 min. einwirken lassen.
- 30 sec. mit Wasser spülen; trocknen.
- Icon-Dry auftragen; 30 sec. einwirken lassen; trocknen.
- Icon-Infiltrant applizieren. 3 min. einwirken lassen.
- 40 sec. lichthärten.
- Icon-Infiltrant applizieren; 1 min. einwirken lassen.
- 40 sec. lichthärten.
Klinisches Fallbeispiel (Abb. 1 – 9)
Das folgende klinische Fallbeispiel soll das Vorgehen am Patienten demonstrieren. Aufgrund der sehr guten Penetrationseigenschaften des Infiltranten ist es nicht gleichzeitig möglich, eine gute Radioopazität zu erreichen. Um infiltrierte Schmelzdefekte dennoch dokumentieren zu können, insbesondere im Falle eines Behandlerwechsels, wird dem Patienten ein Patientenpass ausgehändigt, in welchem die behandelten Zähne notiert und deren jeweilige röntgenologische Läsionsausdehnungen markiert werden.
-
Abb. 1: Bissflügelaufnahme, Originaldaten. Bei dem 13-jährigen Patienten ergab der Röntgenbefund approximal Aufhellungen im Ausmaß E1 bis D1 an den Zähnen 16, 15, 14, 44 und 45.
-
Abb. 2: Die Bissflügelaufnahme ist mit dem Kariesfilter nachbearbeitet, sodass die Läsionen besser sichtbar sind.
-
Abb. 3 u. 4: Darstellung und Separation des Approximalraumes mit dem Separierkeil.
-
Abb. 5: Der Approximal-Applikator wird auf die Spritze mit Ätzgel gesetzt und in den separierten Zwischenraum eingeführt. Die grüne Seite zeigt dabei auf die zu bearbeitende Zahnseite. Das Ätzgel wird auf die Schmelzoberfläche aufgetragen und für zwei Minuten belassen. (Dann wird mit Wasser 30 Sekunden abgespült. Der Applikator wird entfernt. Die Oberfläche wird 30 Sekunden mit wasser- und ölfreier Luft trockengeblasen, im Anschluss weitere 30 Sekunden mit Ethanol benetzt, um dem demineralisierten Schmelzareal die Restfeuchtigkeit zu entziehen; hier nicht dargestellt.)
-
Abb. 6: Applikation des Infiltranten. Der Infiltrant wird für drei Minuten belassen. Es ist darauf zu achten, dass die Oberfläche gut mit Material bedeckt ist. (Es folgt das dünne Ausblasen des Infiltranten; hier nicht dargestellt.)
-
Abb. 7: Nach der Entfernung etwaiger Überschüsse folgt das Lichthärten des Infiltranten für 40 sec. von allen Seiten.
-
Abb. 8: Der Applikator des Infiltranten wird erneuert und der Vorgang mit einer Minute Infiltrationszeit wiederholt.
-
Abb. 9: Entfernung der Überschüsse.
Fazit
Die Anwendung von Icon im Zusammenhang mit approximalen kariösen Läsionen ermöglicht eine hartsubstanzschonende und schmerzarme Behandlung von Zähnen, die in der Vergangenheit zumeist invasiv behandelt wurden4.
Den Artikel mit Abrechnungstipp können Sie per pdf. (siehe oben) nochmals einsehen.
Mit freundlicher Unterstützung von Dr. Andreas Schult, Bad Bramstedt.