Innovatives Konzept zur adhäsiven Befestigung am Beispiel zweier IPS e.max-Kronen

I have a dream ... that hydrofluoric acid might be eliminated one day from dentistry. So könnte man Martin Luther Kings weltberühmten Satz heute in Bezug auf die Konditionierung von Keramikklebeflächen umformulieren. Denn die dazu notwendige Flusssäure ist – zumindest aus Sicht von Arbeitsschutz-Richtlinien – das sicherheitstechnisch heikelste Produkt in Zahnarztpraxen. Der vorliegende klinische Fallbericht beschreibt eine alternative Herangehensweise unter Verwendung eines neuen Ammoniumpolyfluorid-basierten Konditionierungsmittels für dentale Glaskeramiken, das ohne Flusssäureätzung auskommt.
Patientenfall
Die 20-jährige Abiturientin stellte sich mit dem dringlichen Wunsch einer Neuversorgung ihrer beiden mittleren Schneidezähne vor (Abb. 1). Diese wurden im Alter von 14 Jahren nach einem Frontzahntrauma, bei dem anscheinend die jeweils mesio-inzisalen Schneidekantenareale betroffen waren, alio loco mit VMK-Kronen versorgt. Auch wenn retrospektiv das Ausmaß des Traumas nicht mehr abschätzbar ist, könnte man sich heute alternativ – gerade unter Berücksichtigung des jugendlichen Alters der Patientin – eine direkte Kompositversorgung als Therapieoption erster Wahl vorstellen.
Die Kronen zeigten keine funktionellen Defekte (Abb. 2 und 3); somit ergab sich als Behandlungsindikation ausschließlich der Patientenwunsch der ästhetischen Verbesserung der Frontzahnsituation. Die Behandlung musste daher als reine Privatleistung, ohne Bezuschussung durch die gesetzliche Krankenversicherung, erbracht werden. Nach Aufklärung der Patientin über den Behandlungsablauf und speziell über die notwendige, evtl. zusätzlich Substanz fordernde Nachpräparation sowie die entstehenden Kosten konnte in einem separaten Termin die Behandlung begonnen werden. Nach Infiltrationsanästhesie der vitalen Zähne 11 und 21 erfolgte eine Silikon-Überabformung zur Erstellung eines Provisoriums. Nach Reduktion der Keramikverblendung und Trennung der Metallgerüste konnten die zementierten Kronen leicht abgenommen werden. Nach konventioneller Abformung und dem Anlegen eines Gesichtsbogens erfolgte eine einfache, nicht individualisierte provisorische Versorgung mit chairside erstellten provisorischen Kronen (Abb. 4).
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Abb. 1: Ästhetisch unbefriedigende ältere VMK-Versorgung der Zähne 11 und 21 bei einer 20-jährigen Patientin.
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Abb. 2: Detailaufnahme der funktionell intakten, aber aufgrund der Verblendkeramikfarbe als auch des durchscheinenden Metallgerüstes unästhetischen Frontzahnkronen. Ansicht von labial.
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Abb. 3: Ansicht der alten Kronen von inzisal.
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Abb. 4: Provisorische Versorgung aus zwei verblockten Luxatemp- Kronen.
Eingliederung der Kronen
Bei dem Eingliederungstermin erfolgte eine Anästhesie der Zähne, gefolgt von der Abnahme der Kronen und einer sorgfältigen Versäuberung der Klebeoberflächen mithilfe eines Ultraschallgerätes und einer fluoridfreien Reinigungspaste. Da als Befestigungsmaterial das neue Variolink Esthetic (Ivoclar) ausgewählt worden war, erfolgte die Einprobe der Kronen mit der dazugehörigen Try-in-Paste. Die Farbe „Neutral“ ergab sofort eine Übereinstimmung mit den benachbarten Zähnen (Abb. 8) und der Unterkieferfront. Somit waren keine weiteren Korrekturen hinsichtlich einer helleren („Light“) oder dunkleren („Warm“) Befestigungskomposit-Farbe erforderlich. Dies bestätigt erneut den immensen Vorteil der Farbbestimmung durch die ausführende Zahntechnikerin vor Beginn der Behandlung chairside am Behandlungsstuhl. Der hierfür einzupreisende Mehraufwand kompensiert sich durch die signifikante Reduktion erforderlicher Korrekturen oder Neuanfertigungen aufgrund einer nicht passenden Farbe. Zudem erübrigt sich auch die unerfreuliche Diskussion, wer an einer eventuellen farblichen Abweichung schuld ist.
Nach gründlicher Reinigung der Kronen von den Resten der Try-in-Paste und Speichelresten (Wasserspray, danach Ultraschallbad) erfolgte die Chairside-Vorbehandlung der Kronen. Hierzu empfiehlt es sich, einen „Haltegriff“ an den Kronen zu befestigen, um diese während der Vorbehandlung der Innenseiten nicht mit den Fingern festhalten zu müssen. Hierzu wurde die Krone mithilfe eines lichthärtenden Provisorium- Materials (Clip, Voco, Cuxhaven) an einem Pinselhalter befestigt (Abb. 9). Dies ermöglicht zudem eine einfache Platzierung während des Befestigungsprozederes. Alternativ könnte auch ein OptraStick (Ivoclar; vormals Viva-Stick) zur Anwendung kommen
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Abb. 5: Neue IPS e.max Press-Keramikkronen auf dem Arbeitsmodell (Zahntechnik: Hildegard Hofmann, Mainz).
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Abb. 6: Die Einzelkronen auf einem Spiegel in Außenansicht.
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Abb. 7: Innenseite der noch nicht vorbehandelten IPS e.max Press- Kronen.
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Abb. 8: Einprobe mithilfe der Variolink Esthetic Try-in-Paste in der Farbe „Neutral“.
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Abb. 9: Zum besseren Halt der Krone während der Vorbehandlung und der Eingliederung wurde diese mithilfe eines lichthärtenden Provisorium-Materials (Clip, Voco) an einem Pinselhalter befestigt.
Flusssäureätzung: Nutzen und Gefahren
Die Flusssäureätzung von glasbasierten Keramiken mit anschließender Silanisierung ist ein seit Jahrzehnten etabliertes und bewährtes Verfahren [1,8,24–26], das von aktuellen Studien bestätigt wird [3,13,15]. Selbst für komplett neue Keramikmaterialien wie die Hybridkeramik erzeugt diese klassische Herangehensweise den sichersten Haftmechanismus [5]. Andererseits gilt die Flusssäureätzung aus Arbeitsschutzgründen als einer der kritischsten Arbeitsabläufe in der Zahnarztpraxis [23,29]. Hinsichtlich der verwendeten Konzentration hat sich eine 5%ige Lösung etabliert, was auch einer aktuellen Forschungsarbeit zufolge als guter Kompromiss anzusehen ist [22]. Zudem wird derzeit erneut untersucht, inwieweit eine Flusssäureätzung die Stabilität einer Keramik negativ beeinflussen kann [6,26].
Flusssäure ist als „sehr giftig“ eingeordnet [28] und trägt demzufolge im bekannten Totenkopf-Symbol noch den Zusatzeintrag „T+“. Das Flusssäureätzgel ist letztendlich das einzige Medizinprodukt in einer Zahnarztpraxis, welches einen Totenkopf aufgedruckt hat. Was macht die Flusssäure nun so gefährlich? Flusssäure – oder besser: Fluorwasserstoffsäure – ist die wässrige Lösung von Fluorwasserstoff (HF), eine farblose, stechend riechende Flüssigkeit. Sie ist zwar im Vergleich zu den anderen Halogenwasserstoffen eine schwache Säure (pKs = 3,14), ist aber die einzige Säure, die Glas aufzulösen vermag. Flusssäure ist ein starkes Kontaktgift, das stark ätzend auf die Haut, die Schleimhäute und die Bindehaut der Augen wirkt. Ihre Gefährlichkeit wird dadurch erhöht, dass sie wegen ihrer hohen Lipidlöslichkeit von der Haut sofort resorbiert wird. So ist eine Verätzung tieferer Gewebeschichten und sogar der Knochen möglich, ohne dass die Haut äußerlich sichtbar verletzt ist*.
Die im Internet kursierenden Bilder von Flusssäureverätzungen sowie Dokumentationen tödlich verlaufener Arbeitsunfälle beruhen allerdings auf höheren Konzentrationen von Flusssäure als jenen 5 %, welche Standard für die Lösungen ist, die zur Keramikkonditionierung chairside in der Zahnmedizin oder im zahntechnischen Labor Verwendung finden. Somit ist das Kritischste für den Anwender der Augenschutz, der als unverzichtbar beim Umgang auch mit 5%iger Flusssäure angesehen werden muss.
Nach Auflistung dieser Probleme mit der Flusssäure liegt die Forderung nahe, diese aus der Praxis zu verbannen und die Keramik bereits geätzt und silanisiert liefern zu lassen. Dann darf allerdings keine Einprobe am Patienten erfolgen, da hierdurch eine Kontamination der Oberfläche erfolgt. Zudem ist nur eine frisch aufgebrachte Silanschicht reaktiv, eine zusätzliche Nachapplikation von Silan in der Praxis hingegen von untergeordneter Bedeutung. Der Schutz der silanisierten und geätzten Keramikoberfläche mit einem Bonding erscheint zwar möglich, ergibt aber die Notwendigkeit einer „Reaktivierung“ unmittelbar vor der Eingliederung – und damit gehen zusätzliche und fehlerbehaftete Arbeitsschritte einher. Somit bleibt die Vorbehandlung einer glasbasierten Keramik durch den Behandler nach der Einprobe am Patienten unmittelbar vor der adhäsiven Befestigung die für den Haftverbund beste Lösung – auch wenn sich inzwischen wieder Studien mit dem Abstrahlen glasbasierter Keramiken beschäftigen [1,18,20].
Alternative Haftvermittlung
Nach jahrelangem Suchen nach Alternativen zur Flusssäure scheint nun dem Werkstoffspezialisten Ivoclar Vivadent der Durchbruch gelungen zu sein: Mit dem auf der IDS 2015 markteingeführten Produkt Monobond Etch & Prime steht nun ein auf Ammoniumpolyfluorid basiertes Konditionierungsmittel zur Verfügung. Durch das aktive Einarbeiten (Einreiben) über 20 Sekunden auf die Klebefläche (Abb. 10) werden verbliebener Speichel und Silikonverunreinigungen entfernt. Während den weiteren 40 Sekunden Einwirkzeit (Abb. 11) reagiert das Ammoniumpolyfluorid mit der Keramikoberfläche und erzeugt damit ein raues Ätzmuster, welches zwar keine so ausgeprägte Rautiefe aufweist wie die Flusssäure, aber dennoch zu vergleichbaren Haftwerten führt (Abb. 12).
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Abb. 10: Aktives Einarbeiten des selbstkonditionierenden Keramikprimers Monobond Etch & Prime für 20 Sekunden.
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Abb. 11: Weiteres Einwirken von Monobond Etch & Prime für 40 Sekunden.
Erste Untersuchungen nach 24 Stunden Wasserlagerung wurden bereits auf der CED/IADR-Tagung 2014 in Dubrovnik von einer F&E-Mitarbeiterin des Herstellers veröffentlicht [4]. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen 12 und 13 dargestellt: In der Kombination mit Variolink Esthetic DC ergaben sich für Monobond Etch & Prime mit 49 MPa gegenüber 47 MPa für die Kombination aus 5%iger Flusssäure und Monobond Plus zwar statistisch vergleichbare Ergebnisse – allerdings mit einer etwas größeren Streuung der Werte um den Mittelwert. Daten zur Belastbarkeit unter Thermowechselbelastung des Verbundes lieferte die im April 2015 aktualisierte wissenschaftliche Dokumentation nach, die auf der Ivoclar-Homepage zum Download bereitsteht**. Dort werden für viele Untersuchungen Daten nach 24 Stunden Wasserlagerung als auch nach 10.000x Thermowechselbelastung präsentiert. Die zurzeit vorliegende In-vitro-Datenlage rechtfertigt somit eine zurückhaltende Anwendung des Neuproduktes für den Ersatz der Kombination aus Flusssäureätzung und Silan. Da der Haftverbund zu Glaskeramik ohnehin als das unproblematischste Interface bei der Klebung indirekter Restaurationen gilt, dürften hier keine klinischen Auffälligkeiten zu erwarten sein.
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Abb. 12: Biegebruchfestigkeit (links) im Vergleich zur generierten Rautiefe (rechts) unbehandelter, mit Monobond Etch & Prime bzw. mit Flusssäure geätzter Keramik. Eine größere Rautiefe ergibt zwangsläufig eine Reduktion der Biegebruchfestigkeit. Aus: Catel et al. Novel self-etching ceramic primer: influence on substrate mechanical properties. https://iadr.confex.com/iadr/per14/webprogram/ Paper192029.html
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Abb. 13: Haftverbund von Monobond Etch & Prime und der Kombination aus Flusssäurekonditionierung und Monobond Plus-Applikation für die beiden Befestigungskomposite Multilink Automix und Variolink Esthetic DC. Nach 24 Stunden Wasserlagerung ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in den unterschiedlichen Vorbehandlungsmodi. Aus: Catel et al. Novel self-etching ceramic primer: influence on substrate mechanical properties. https://iadr. confex.com/iadr/per14/webprogram/Paper192029.html
Der in diesem Casereport vorgestellte Patientenfall könnte im Prinzip sogar konventionell oder selbstadhäsiv befestigt werden. Ein Retentionsverlust wäre nicht zu erwarten, auch keine Keramikfraktur aufgrund mangelhafter adhäsiver Unterstützung. Als Restrisiko verbleibt lediglich eine potenzielle Randverfärbung. Die Abbildungen 14 und 15 zeigen die beiden Kronen nach Abspülen von Monobond Etch & Prime und nach der Trocknung mit dem Luftbläser.
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Abb. 14: IPS e.max Press-Krone nach Abspülen von Monobond Etch & Prime in Ansicht aus apikaler Richtung.
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Abb. 15: Ansicht der IPS e.max Press-Krone nach dem Abspülen von Monobond Etch & Prime von lateral.
Für die adhäsive Befestigung kam das neue Variolink Esthetic DC zur Anwendung. Da es sich bei diesem System um ein volladhäsives Befestigungsmaterial handelt, ist eine suffiziente Kontaminationskontrolle essenziell. Aufgrund der equigingivalen Präparation, der gesunden gingivalen Verhältnisse und der guten Kooperation der Patientin konnte auf ein Anlegen von Kofferdamspanngummi verzichtet und die Arbeit unter relativer Trockenlegung eingegliedert werden. Zwei Retraktionsfäden (Ultradent) verhinderten eine Kontamination durch aufsteigende Sulkusflüssigkeit (Abb. 16 und 17). Nach Reinigung der Klebeflächen mit einer fluoridfreien Prophypaste (Zircate, Dentsply) erfolgte die aktive Applikation des Universaladhäsivs Adhese Universal über den Applikator-Pen (Abb. 18; auf eine Ätzung des verbliebenen, dünnen Schmelzrandes wurde verzichtet, um keine gingivale Blutung zu provozieren). Adhese Universal wurde gemäß Gebrauchsanleitung für mindestens 20 Sekunden auf der zu behandelnden Zahnoberfläche aktiv eingerieben. Diese Zeit darf laut Herstellerangaben nicht verkürzt werden; ein alleiniges Verteilen des Adhäsivs auf der Zahnoberfläche wäre nicht ausreichend! Anschließend wurde das Adhäsiv so lange verblasen, bis ein glänzender, unbeweglicher Film entstanden war. Danach erfolgte die Lichthärtung für 10 Sekunden (Abb. 19). Dieser Schritt ist ungewöhnlich und mag viele Anwender irritieren, die das Heliobond des Syntac-Systems immer zusammen mit dem Variolink II-Befestigungskomposit ausgehärtet haben. Vonseiten einer wissenschaftlichen Betrachtung ist diese Herangehensweise aber unlogisch: Sie setzt voraus, dass genügend Licht durch Keramik und Variolink gelangt, um auch in der Tiefe das Adhäsiv auszuhärten. Unter Annahme dieser Voraussetzung könnte man auch komplett lichthärtend befestigen. Ivoclar steuert nun dieser Unlogik entgegen und empfiehlt für die Anwendung mit dem neuen Variolink Esthetic das bereits seit mehr als einem Jahr markteingeführte Universaladhäsiv Adhese Universal. Da dieses Universaladhäsiv eine gegenüber Heliobond deutlich dünnere Filmschichtstärke ausbildet, kann es problemlos lichtgehärtet werden und führt somit weder zu Passungenauigkeiten noch zu Bisserhöhungen.
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Abb. 16: Vorbereitung der präparierten Zähne zur adhäsiven Befestigung unter relativer Trockenlegung. Im Sulkus eingebrachte Retraktionsfäden (Ultradent) gewährleisten einen Kontaminationsschutz vor aufsteigender Sulkusflüssigkeit.
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Abb. 17: Ansicht der präparierten Zähne von inzisal.
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Abb. 18: Applikation des Universaladhäsivs Adhese Universal mit dem Pen.
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Abb. 19: Lichtpolymerisation des Adhäsivs nach sorgfältigem Verblasen.
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Abb. 20: Die polymerisierte Adhäsivschicht auf den Zähnen 11 und 21.
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Abb. 21: Die mit Variolink Esthetic DC volladhäsiv befestigten IPS e.max-Kronen unmittelbar nach der Überstandsentfernung.
Abbildung 20 zeigt die polymerisierte Adhäsivschicht auf den Zähnen 11 und 21. Die Abbildungen 21 und 22 zeigen die adhäsiv befestigten IPS e.max-Kronen nach vollständiger Überstandsentfernung. Variolink Esthetic ermöglicht hier ein „Tack-Cure“: Nachdem von vier Seiten jeweils für eine Sekunde polymerisiert wurde, ergab sich eine gummiartige Konsistenz des Befestigungsmaterials, welches sich nun optimal entfernen ließ. Eine weitere Polymerisation von 20 Sekunden je Seite vervollständigt die Polymerisation.
Die Abbildungen 23 bis 26 verdeutlichen dieselbe Behandlungssituation bei einer weiteren Kontrolle nach 4 Wochen. Die Gingiva zeigt sich reizlos, die Kronen fügen sich unauffällig in die umgebenden Zähne ein. Die hochzufriedene Patientin traut sich nun seit Jahren wieder, unbefangen zu lächeln (Abb. 27).
Fazit
Für die Anwendung von innovativen Verfahren bzw. Produktinnovationen gehört ein wenig Mut; es fehlen klinische Daten, ganz zu schweigen von Langzeitstudien – dafür sind die vorliegenden In-vitro-Daten positiv. Für diejenigen, die lieber heute als morgen die Flusssäure aus ihrer Praxis verbannen würden, dürfte der beschriebene selbstkonditionierende Keramikprimer eine interessante Alternative sein. Gerade Fälle wie der vorgestellte sind für derartige Ansätze ideal, da sie kaum Risikopotenzial für potenzielle Versagensmuster bieten. Lediglich eine diskrete Randverfärbung mag als Langzeit-Restrisiko bestehen bleiben.
Da bei Verwendung von Flusssäure als Keramikkonditionierungsmittel die Ätzzeit einen signifikanten Einfluss auf die Stabilität der Keramik hat [29], ist die vom jeweiligen Hersteller vorgegebene Ätzzeit unbedingt einzuhalten. Für IPS e.max gibt der Hersteller 20 Sekunden Ätzzeit bei Verwendung einer 5%igen Flusssäure vor, andere klassische Glaskeramiken benötigen 60 Sekunden Ätzzeit. Dentsply/Degudent empfiehlt für Celtra 30 Sekunden. Da vom Hersteller für alle Keramikarten bei Anwendung von Monobond Etch & Prime mit insgesamt 60 Sekunden eine identische Applikations- und Einwirkzeit angegeben wird, stellt dies sicherlich einen positiven Schritt in Richtung Fehlervermeidung dar. Es bleibt abzuwarten, ob weiterführende externe Untersuchungen dies für den Haftverbund zu den Keramiken anderer Hersteller bestätigen können.
Interessant bleibt ferner, ob im Rahmen weiterer Untersuchungen das Präparat auch zur intraoralen Reparatur freigegeben werden kann. Die Reparatur keramischer Restaurationen bekommt über die zunehmende Verbreitung dieser Restaurationsmaßnahmen eine immer größere klinische Bedeutung [7] und wird aus diesem Grunde auch weiterhin aktiv beforscht [2,12,19,21].
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Abb. 22: Inzisalansicht der gerade befestigten Kronen nach Überstandsentfernung und Versäuberung.
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Abb. 23: Dieselbe Situation bei einem Kontrolltermin nach 4 Wochen: Die Gingiva ist reizlos, die Kronen passen sich harmonisch an die umgebenden Zähne an.
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Abb. 24: Ansicht der Kronen aus inzisaler Betrachtung bei dem Kontrolltermin nach 4 Wochen. Auch hier ergab sich ein unauffälliges Kontrollbild.
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Abb. 25: En-face-Aufnahme der gesamten Front – es zeigt sich eine beeindruckende ästhetische Verbesserung gegenüber dem Ausgangsbefund aus Abbildung 1.
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Abb. 26: Das Lachen der Patientin ist nun offener; sie muss nicht mehr befürchten, auf ihre Kronenversorgung angesprochen zu werden.
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Abb. 27: Portrait der zufriedenen Patientin bei dem Kontrolltermin nach 4 Wochen.
* Gut dargestellt – wenn auch ein wenig populistisch –
wurde die Flusssäure-Problematik in dem am 7.6.2015 in der ARD ausgestrahlten
„Tatort“ aus Wien mit dem Titel „Gier“, in dem eine Chemielaborantin nach Kontakt
mit Flusssäure stirbt. Ein durchaus realistisches Szenario, wenn man die Hintergründe
der Flusssäure-Problematik kennt: Eine handtellergroße Verätzung durch 40%ige
Flusssäure ist in aller Regel durch resorptive Giftwirkung tödlich. Neben der
ätzenden Wirkung trägt zur Gefährlichkeit von Flusssäure bei, dass die Fluoridionen
den Kalzium- und Magnesiumstoffwechsel blockieren und wichtige Enzyme hemmen [28].
Dies führt zu Herz-/Kreislaufstörungen sowie akut bedrohlichen Stoffwechselstörungen,
die unter multiplem Organversagen tödlich verlaufen können.
** Download unter:
www.ivoclarvivadent.de/de-de/p/alle/
haftvermittler-befestigungscomposite-zurestaurationen/
monobond-etch-und-prime