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Zahnerhaltung

Antibakterielle Aktivität totalätzender Adhäsive in vitro

Um eine vollständige Anpassung eines Füllungsmaterials zu erreichen, werden rückblickend seit den 1950er-Jahren Adhäsive entwickelt, die die Zahnhartsubstanz konditionieren, in die konditionierte Oberfläche eindringen und eine stabile glatte Schicht bilden. Ob der Zahnarzt heute ein Mehrschritt-Etch&Rinse-Adhäsiv, Ein- und Zweischrittselbstkonditionierendes Adhäsiv oder Multi-Mode-Adhäsiv (Etch&Rinse, selbstkonditionierend) verwendet, bleibt seiner Erfahrung überlassen. In bereits vorgestellten Ergebnissen zur antibakteriellen Wirkung von 22 ausgewählten Ein- und Zweischritt-selbstkonditionierenden Adhäsivsystemen konnte in vitro erhellt werden, dass zwei Drittel der untersuchten Produkte von diesem zusätzlichen Gewinn gegenüber restierenden kariogenen Keimen am harten Kavitätenboden begleitet sind. Ergänzt werden darf nunmehr, dass dies ebenso für 9 von 19 ausgewählten totalätzenden Adhäsiven gilt. Die als Verbundschicht zwischen dem hydrophilen Dentin und den hydrophoben Kunststoffen entwickelten Dentinadhäsivsysteme könnten somit mehrheitlich zur Reduktion noch lebensfähiger Keime im harten Dentin nach Kariesexkavation beitragen. Ob eine antibakterielle Langzeitwirkung der Adhäsive vorliegt oder nicht, soll einem weiteren Beitrag vorbehalten sein.

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Einführung

In einer vorausgegangenen Studie* konnte gezeigt werden, dass zwei Drittel von 22 selbstätzenden Adhäsivsystemen sich in vitro als antimikrobiell erwiesen (Abb. 1) [13]. In welchem Umfang auch Etch&Rinse-Adhäsive von dieser Wirkung begleitet sind und die akut toxische Wirkung der Säureätzung unterstützen, war bislang nur Anliegen weniger Studien [1,8–10,17,18,21]; seitens der Hersteller bleibt diese Frage gewöhnlich unbeantwortet. Herrera et al. [8], Atac et al. [1], Karanika-Kouma et al. [10], Imazato et al. [9], Schmidlin et al. [18], Schmalz et al. [17] und Walter et al. [21] verwendeten zur Testung der antibakteriellen Wirkung totalätzender Adhäsive den Agar-Diffusionstest mit Papierscheiben. In Reservoiren wurden die Adhäsive von Karanika-Kouma et al. [10], Schmidlin et al. [18] und Schmalz et al. [17] getestet (Tab. 1). Zwischen 3 und 32 Indikatorstämme wurden einbezogen und zwischen 2 und 5 Produkte – insgesamt 15 – untersucht (Tab. 1 u. 2). Vorliegend sollten, die 1. Mitteilung [13] ergänzend, 19 Etch&Rinse-Adhäsive nach Polymerisation auf Dentinscheiben im Agar-Diffusionstest nach standardisiertem Vorgehen untersucht werden.

Abb. 1: Mittlere Hemmhofgrößen (mm) selbstätzender Adhäsivsysteme nach Polymerisation im Agar-Diffusionstest im Bakterienrasen von Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Abb. 1: Mittlere Hemmhofgrößen (mm) selbstätzender Adhäsivsysteme nach Polymerisation im Agar-Diffusionstest im Bakterienrasen von Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Tab. 1: Studien zur antibakteriellen Wirkung von totalätzenden Dentinadhäsivsystemen im Agar-Diffusionstest mit Papier-, Dentinscheibe und Reservoir mit ausgewählten Indikatorstämmen (* Anzahl der untersuchten Adhäsivsysteme).
Tab. 1: Studien zur antibakteriellen Wirkung von totalätzenden Dentinadhäsivsystemen im Agar-Diffusionstest mit Papier-, Dentinscheibe und Reservoir mit ausgewählten Indikatorstämmen (* Anzahl der untersuchten Adhäsivsysteme).
Tab. 2: Multizentrische Überprüfung der antibakteriellen Wirkung von Dentinadhäsiven.
Tab. 2: Multizentrische Überprüfung der antibakteriellen Wirkung von Dentinadhäsiven.
Tab. 3: In die Studie einbezogene totalätzende Adhäsivsysteme.
Tab. 3: In die Studie einbezogene totalätzende Adhäsivsysteme.

Material und Methoden

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Etch&Rinse-Adhäsive

Neunzehn Adhäsivsysteme (Tab. 3) wurden in die In-vitro- Untersuchung einbezogen. Zwölf Adhäsive waren als Einflaschensysteme im Handel und die übrigen als Mehrflaschensysteme. Die Adhäsivsysteme wurden nach zuvor beschriebenem Vorgehen [13] auf humane, kariesfreie Dentinscheiben (DS; Dicke 0,7–0,8 mm, mittlerer Ø 10,8 mm) nach Herstellerangaben aufgetragen und polymerisiert. Nachfolgend wurden die DS auf mit Indikatorkeimen inokulierten Agar aufgelegt. Dreifachbestimmungen mit je drei Stämmen von Aktinomyzeten, Streptokokken und Laktobazillen wurden vorgenommen. Nach 48 Stunden anaerober Bebrütung bei 35 ± 2 °C wurden sichtbare Hemmhöfe im Bakterienrasen um die DS metrisch erfasst. Als Positivkontrolle wurde 1%iges Chlorhexidin (10 ?l) auf einer Dentinscheibe und einer Papierscheibe mitgeführt und als Negativkontrolle 0,9%ige NaCl; auf den Agar aufgelegt wurden ebenso mit 37%iger Phosphorsäure geätzte DS. Mittelwerte und Standardabweichungen wurden berechnet und Unterschiede in der antimikrobiellen Aktivität der Adhäsive auf dem Signifikanzniveau von ? = 0,05 mit dem gepaarten T-Test (SPSS, Version 23.0) geprüft.

Sechs Adhäsivsysteme (Solobond M, Teco, Excite und Syntac Classic, Optibond FL, paama 2) wurden pars pro toto nach der Beschichtung und Polymerisation parallel zur rasterelektronenmikroskopischen Untersuchung ausgewählt; unbehandelte und mit 37%iger Phosphorsäure geätzte DS wurden ebenso betrachtet. Die Dentinscheiben wurden in 2,5%igem Glutaraldehyd 30 Minuten fixiert und nachfolgend dreimal je 30 Minuten in Cacodylatpuffer passagiert, in einer aufsteigenden Alkoholreihe (30 %, 50 %, 70 %) jeweils 30 bis 60 Minuten entwässert und im Exsikkator gelagert. Alle DS wurden mit einer Goldschicht von 25–30 nm bedampft (Sputter Coater BAL-TEC SCD 005, BAL-TEC AG, Balzers, Liechtenstein), im Rasterelektronenmikroskop LEO 1450 VP (Leo Elektronenmikroskopie GmbH, Oberkochen) mit einer Übersichtsaufnahme dokumentiert und Aufnahmen bei jeweils 800- und 3000-facher Vergrößerung betrachtet.

Ergebnisse

Die Hemmhöfe im Bakterienrasen der Indikatorstämme waren mit 24,9 ± 4,8 mm bzw. 25,9 ± 3,2 mm mit 1%igem Chlorhexidin auf DS bzw. Papierscheiben gleich groß (p = 0,627 ns). 0,9%iges NaCl als Negativkontrolle erwies sich als nicht antibakteriell (Tab. 4). DS konnte damit als Diffusionsbarriere ausgeschlossen werden. Falsch positive Ergebnisse durch die Einwirkung der 37%igen Phosphorsäure auf den DS wurden durch das Abspülen der Säure mit Wasser ausgeschlossen (Tab. 4). Neun Adhäsive wirkten antibakteriell; drei Produkte waren gegen alle drei Bakteriengattungen gerichtet (Tab. 5). Bei den Laktobazillen wurden Hemmhöfe zwischen 11 und 15 mm registriert, bei den Streptokokken zwischen 11 und 18 mm und bei den Aktinomyzeten zwischen 11 und 20 mm (Abb. 2). Adhäsive im Einflaschensystem hemmten in der Reihenfolge Aktinomyzeten (14,8 mm) vor Streptokokken (13,7 mm) und Laktobazillen (13,1 mm), Adhäsive im Mehrflaschensystem führten zur gleichen Rangfolge (13,0 mm, 12,0 mm, 10,9 mm). Signifikante Unterschiede in der antibakteriellen Aktivität der Adhäsive zwischen den Bakteriengattungen bzw. -stämmen und Flaschensystemen bestanden lediglich zwischen Aktinomyzeten und Laktobazillen im Mehrflaschensystem (Tab. 6).

Tab. 4: Hemmhofdurchmesser (mm) durch Chlorhexidin (1%ig, 10 ?l), physiologische NaCl-Lösung (10 ?l) und Phosphorsäure (37%ig) auf Papierscheiben (PS) und humanen Dentinscheiben (DS) im Bakterienrasen der Indikatorstämme.
Tab. 4: Hemmhofdurchmesser (mm) durch Chlorhexidin (1%ig, 10 ?l), physiologische NaCl-Lösung (10 ?l) und Phosphorsäure (37%ig) auf Papierscheiben (PS) und humanen Dentinscheiben (DS) im Bakterienrasen der Indikatorstämme.
Tab. 5: Übersicht zur antibakteriellen Wirkung totalätzender Adhäsivsysteme im Agar-Diffusionstest gegenüber Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Tab. 5: Übersicht zur antibakteriellen Wirkung totalätzender Adhäsivsysteme im Agar-Diffusionstest gegenüber Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Abb. 2: Mittlere Hemmhofgrößen (mm) totalätzender Adhäsive nach Polymerisation auf humanen Dentinscheiben im Agar-Diffusionstest im Bakterienrasen von Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Abb. 2: Mittlere Hemmhofgrößen (mm) totalätzender Adhäsive nach Polymerisation auf humanen Dentinscheiben im Agar-Diffusionstest im Bakterienrasen von Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Tab. 6: Minima, Maxima und Mittelwerte der Hemmhofgröße (mm) totalätzender Adhäsive im Agar-Diffusionstest gegenüber Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Tab. 6: Minima, Maxima und Mittelwerte der Hemmhofgröße (mm) totalätzender Adhäsive im Agar-Diffusionstest gegenüber Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.

Diskussion

Bei der rasanten Entwicklung der Adhäsive einerseits und dem Zeitaufwand klinischer Studien andererseits haben sich vor allem In-vitro-Untersuchungen etabliert, um die antibakterielle Wirkung von Adhäsivsystemen zu prüfen. Der Agar-Diffusionstest ist wegen seiner hohen Standardisierbarkeit, hoher Probendurchlaufzahl in kurzer Zeit und damit schnell vorliegenden Ergebnissen mit einer Vielzahl von Indikatorstämmen zur Testung der antibakteriellen Wirkung von Adhäsiven besonders gut geeignet. So konnte bereits Seltmann [19] für alle Primer der in die vorliegende Untersuchung einbezogenen Dentinadhäsive eine antibakterielle Wirkung im Agar-Diffusionstest in Reservoiren nachweisen (Abb. 3 u. 4). Dabei erwiesen sich die Hemmhöfe der Primer als signifikant größer im Vergleich zu denen der übrigen Komponenten. Da nach Karanika-Kouma et al. [10], Imazato et al. [9], Schmidlin et al. [18] und Walter et al. [21] der niedrige pH-Wert der Einzelkomponenten der Adhäsive zur Bakterienreduktion am Kavitätenboden beitragen soll, bestimmte Seltmann [19] bei der antibakteriellen Prüfung der nicht polymerisierten Einzelkomponenten der hier vorgestellten polymerisierten Etch&Rinse-Adhäsive auch den pH-Wert. Selbstätzende Adhäsive hatte Seltmann [19] in seine Untersuchungen gleichfalls eingeschlossen.

Abb. 3: Mittlere Hemmhofgröße (mm) nicht polymerisierter totalätzender Adhäsive (TÄ) in Einflaschensystemen (EF) (n = 12) und den Komponenten Primer und Adhäsiv in Mehrflaschensystemen (n = 7) gegenüber Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Abb. 3: Mittlere Hemmhofgröße (mm) nicht polymerisierter totalätzender Adhäsive (TÄ) in Einflaschensystemen (EF) (n = 12) und den Komponenten Primer und Adhäsiv in Mehrflaschensystemen (n = 7) gegenüber Streptokokken, Laktobazillen und Aktinomyzeten.
Abb. 4: Nicht polymerisierte Komponenten des totalätzenden Adhäsivsystems Syntac Classic im Reservoir. A: Primer oben links, Adhäsiv rechts unten; B: Heliobond oben links, Syntac Classic polymerisiert auf einer Dentinscheibe (C, D) im Agar-Hemmhoftest mit Actinomyces naeslundii ATCC 27044 als Indikatorkeim; rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von ungeätzter Dentinscheibe (E), geätzter Dentinscheibe mit freigelegtem Kollagennetzwerk und Dentintubuli (F) und Syntac Classic mit gebildeter Hybridschicht und Tag (*) (G); Oberflächenaufnahme des polymerisierten Adhäsivs Syntac Classic (H).
Abb. 4: Nicht polymerisierte Komponenten des totalätzenden Adhäsivsystems Syntac Classic im Reservoir. A: Primer oben links, Adhäsiv rechts unten; B: Heliobond oben links, Syntac Classic polymerisiert auf einer Dentinscheibe (C, D) im Agar-Hemmhoftest mit Actinomyces naeslundii ATCC 27044 als Indikatorkeim; rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von ungeätzter Dentinscheibe (E), geätzter Dentinscheibe mit freigelegtem Kollagennetzwerk und Dentintubuli (F) und Syntac Classic mit gebildeter Hybridschicht und Tag (*) (G); Oberflächenaufnahme des polymerisierten Adhäsivs Syntac Classic (H).

0,1 g der zu testenden Einzelkomponente wurden auf ein farbcodiertes Indikatorstäbchen (MACHEREY-NAGEL GmbH & Co. KG, Düren) pipettiert und der entstandene Farbumschlag dem entsprechenden pH-Wert zugeordnet und dokumentiert. Miteinander zu vermischende Einzelkomponenten wurden zunächst zu gleichen Teilen auf eine sterile Mischpalette gebracht, durchmischt und dann auf die Indikatorstäbchen pipettiert. Bei den Etch&Rinse-Adhäsiven (n = 12) im Einflaschensystem lag der pH-Wert der Adhäsive bei pH 5,9 ± 1,0, im Mehrflaschensystem (n = 7) für die Primer bei pH 2,8 ± 1,6 und bei den Adhäsiven bei pH 6,0 ± 0,9 (A). Die Primer wiesen generell einen niedrigeren pH-Wert auf als die Adhäsive, wobei der Unterschied signifikant (p < 0,05) war. Zum Vergleich seien hier auch die pH-Werte der Komponenten der selbstätzenden Adhäsive (1. Mitteilung) [13] angeführt, die im Einflaschensystem (n = 10) bei pH 3,3 ± 1,7 lagen, im Mehrflaschensystem (n = 12) für die der Primer bei pH 2,8 ± 1,8 und für die Adhäsive im annähernd neutralen pH-Bereich von pH 6,3 ± 0,3.

Wie schon angeführt, wurden im Agar-Diffusionstest bislang vor allem Papierscheiben und Reservoire zur Testung der Adhäsive eingesetzt (Tab. 1). Herrera et al. [8], Atac et al. [1], Imazato et al. [9], Schmalz et al. [17] und Walter et al. [21] verwendeten 1,5 mm dicke Papierscheiben und Karanika- Kouma et al. [10] stanzten in den Agar Reservoire mit einem Durchmesser von 4 mm. Schmidlin et al. [18] untersuchten Etch&Rinse-Adhäsive auf Papierscheiben und im Reservoir mit einem Durchmesser von jeweils 9 mm (Tab. 1).

Nur bedingt lassen sich somit die mit Dentinscheiben gewonnenen Ergebnisse mit denen von Herrera et al. [8], Atac et al. [1], Karanika-Kouma et al. [10], Schmidlin et al. [18], Schmalz et al. [17] und Walter et al. [21] vergleichen, die 6 der hier 19 untersuchten Adhäsive in ihre Untersuchungen eingeschlossen hatten (Tab. 2). Syntac Classic, Scotchbond MP, Prime & Bond NT, Excite und Gluma Comfort Bond wurden auf der/den Papierscheibe/n polymerisiert [1,8,21]. Karanika-Kouma et al. [10] polymerisierten Syntac Classic in Reservoiren. Die Arbeitsgruppe um Schmidlin et al. [18] verwendete sowohl Papierscheiben als auch Reservoire für die Testung von Prime & Bond NT, One Coat Bond und Syntac ohne Polymerisation. Schmalz et al. [17] untersuchten Gluma Comfort Bond und Prime & Bond NT ohne Polymerisierung der Komponenten im Reservoir (Tab. 2).

Vorliegend wurden alle 19 Adhäsivsysteme nach Polymerisation untersucht und eine humane Dentinbarriere zwischen Bakterien und Adhäsiv verwendet (Abb. 2), sodass bei Hemmhofausbildung gleichzeitig die Penetration von antibakteriell wirkenden Inhaltsstoffen via Dentintubuli dokumentiert wurde. Die Inhaltsstoffe der Adhäsive Prime & Bond NT, Excite und Scotchbond MP führten nach Polymerisation im Vergleich zu Untersuchungen von Herrera et al. [8] und Atac et al. [1] zu keiner Beeinflussung des Bakterienwachstums. Angaben zur antibakteriellen Wirkung können allerdings auch abhängig von der getesteten Probemenge sein; Angaben zur Probenmenge liegen zwischen 10 und 50 µl und beziehen sich gewöhnlich nicht auf das Gewicht nach Polymerisation [1,8,10,17,18,21]. In der vorliegenden Studie konnten aus etwa 2,4 bis 11 mg polymerisierten Materials Inhaltsstoffe in den Agar diffundieren und wirksam werden.

Der antibakteriellen Wirkung von 9 weiteren totalätzenden Adhäsivsystemen, die in die vorliegende In-vitro-Untersuchung nicht eingeschlossen waren, widmeten sich Herrera et al. [8] (n = 3), Karanika-Kouma et al. [10] (n = 1), Imazato et al. [9] (n = 2), Schmalz et al. [17] (n = 1) und Walter et al. [21] (n = 2) (Tab. 2); auch diese Adhäsive erwiesen sich insgesamt als antibakteriell. In Ergänzung der eigenen Untersuchung, in der sich 9 Adhäsive als antibakteriell erwiesen, können somit 18 von 29 Etch&Rinse-Adhäsiven als antibakteriell beschrieben werden; im Vergleich zu den selbstätzenden Adhäsiven [13] ebenso nahezu zwei Drittel der Produkte. Kariogene azidogene und azidurische Streptokokken (S. sanguinis, S. sobrinus, S. mutans), Laktobazillen (L. casei, L. coryniformis, L. plantarum) und basophile Aktinomyzeten (A. israelii, A. naeslundii, A. odontolyticus) wurden als Indikatorstämme ausgewählt, weil sie nach Kariesexkavation am harten Kavitätenboden in einer Keimzahlhöhe von 102–3 restieren können [11,12].

Aktinomyzeten wurden vor Streptokokken und Laktobazillen im Wachstum inhibiert (Tab. 6). Die in Tabelle 1 aufgelisteten Arbeitsgruppen wählten sicher aus gleichen Erwägungen heraus ein ähnliches Spektrum an Indikatorstämmen. Die vorherige Phosphorsäureätzung der Dentinscheiben (Tab. 4) hatte nach Abspülen keinen Einfluss auf die Indikatorstämme. Hingegen dringen organische Säuren – wie Maleinsäure als Inhaltsstoff der Etch& Rinse-Adhäsivsysteme – in das Dentin ein und werden auf den Dentinscheiben nicht neutralisiert.

Klinisch soll die nach der iatrogen Bearbeitung mit rotierenden Instrumenten entstandene Schmierschicht durch die Phosphorsäure entfernt werden [4,16]. Nach einer Einwirkzeit von 20 Sekunden wird die Säure mit allen Präzipitaten abgespült und die Zahnhartsubstanz vorsichtig trockengeblasen [2,5,7,20]. Dann ist ein weiß-opakes Ätzmuster mit freien Dentintubuli – wie in Abbildung 4 erreicht – ausgebildet, das die niedrig-viskösen Dentinadhäsive eindringen lässt und nach Polymerisation durch mikromechanische Verankerung die Verbindung zum Kunststoff aufbaut [15]. Klinisch konnten Wicht et al. [22] allerdings durch Verwendung 35%iger Phosphorsäure nach 15 Sekunden Einwirkung eine signifikante Reduktion verbliebener Mikroorganismen am Kavitätenboden registrieren. Luglié et al. [14] hatten zuvor eine signifikante Verminderung verbliebener Mikroorganismen nach Anwendung von 37%iger Phosphorsäure für 10 Sekunden erreicht.

Nach Polymerisation bilden die Komponenten eine Hybridschicht aus, wobei lösliche Zusätze eine antibakterielle Wirkung übernehmen können. Eine antibakterielle Wirkung der fluoridhaltigen Adhäsive Prime & Bond NT und Solobond Plus konnte nicht nachgewiesen werden. Ecusit – Primer Mono erzeugte im Bakterienrasen der Streptokokken Hemmhöfe (Abb. 2, Tab. 6).

Das von einigen Herstellern dem Adhäsiv beigemischte Glutaraldehyd wirkt dagegen bakterizid. In einer Tierversuchs-studie von Felton et al. [6], bei der standardisierte Kavitäten für 48 Stunden oralen Keimen ausgesetzt waren, konnten unter Klasse-V-Kompositrestaurationen nach Verwendung des glutaraldehydhaltigen Dentinadhäsivsystems Gluma (Kulzer, Hanau) keine lebensfähigen Keime mehr nachgewiesen werden. Glutaraldehyd verhindert darüber hinaus die Adhärenz von Mikroorganismen [3]. Das hier untersuchte Syntac Classic enthält Maleinsäure und Glutaraldehyd und wirkte gegen Streptokokken und Aktinomyzeten antibakteriell.

Fazit

Von den hier untersuchten Etch&Rinse-Adhäsiv-systemen erwies sich nahezu die Hälfte (9 von 19) in der Rangfolge gegenüber Aktinomyzeten, gefolgt von Streptokokken (13,7 mm) und Laktobazillen (13,1 mm) als antibakteriell. Neben Inhaltsstoffen wie Glutaraldehyd und organischen Säuren dürfte der niedrige pH-Wert der Adhäsive für die antibakterielle Wirkung verantwortlich sein. Der Zahnarzt kann bei der Mehrzahl der Etch&Rinse-Dentin-adhäsive von einer antibakteriellen Wirkung am Kavitätenboden ausgehen, die von der zuvor applizierten Phosphorsäure ad hoc unterstützt werden könnte.

Interessenkonflikt:
Es besteht kein Interessenkonflikt der Autoren.

Weitere Informationen zu den Bildern:

zu Abb. 1:
Einflaschensysteme: AdheSE One F [AdhSE], Adper Prompt L-Pop [AdPLP], Futurabond M [FutM], artCem One [artCem], G-BOND [GBOND], go [go], iBond [iBond], Xeno III [XenoIII]; DS = Ø von 100 Dentinscheiben = 10,8 mm = Nullwert.
Mehrflaschensysteme: CLEARFIL LINER BOND 2V [CLiBo, lichthärtend], CLEARFIL PROTECT BOND [CPrBo], CLEARFIL SE BOND [CSeBo], Futurabond DC [FutDC], One Coat Self-Etching Bond [OnCSE], Resulcin AquaPrime + MonoBond [Resul]; DS = Ø von 100 Dentinscheiben = 10,8 mm = Nullwert.
zu Abb. 2:
Einflaschensysteme: Admira Bond [AdmBo], CLEARFIL NEW BOND [CNeBo], CLEARFIL PHOTO BOND [CPhBo], Cumdente Adhesive [CumAd], GLUMA Comfort Bond [GluCB], OptiBond Solo Plus [OptSP]; DS Dentinscheibe 10,8 mm = Null.
Mehrflaschensysteme: Ecusit – Primer Mono [Ecusit], GLUMA Solid Bond [GluSB], Syntac Classic [SynCl]; DS Dentinscheibe 10,8 mm = Null.

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