Prothetik


Semi-Chairside-Teilkronenfertigung mit zirkondioxidverstärkter Glaskeramik

Präparation für eine keramische Teilkrone unter Verwendung eines schallgestützten Präparationsinstrumentes.
Präparation für eine keramische Teilkrone unter Verwendung eines schallgestützten Präparationsinstrumentes.

Chairside-gefertigte keramische Restaurationen werden seit rund 30 Jahren erfolgreich eingesetzt. Zahlreiche Innovationen im Bereich der Datenerfassung (optische Abformung) und der Materialbearbeitung (CAM-Systeme) sowie die Einführung neuer keramischer Werkstoffe mit verbesserten optischen und mechanischen Eigenschaften haben das Indikationsspektrum erweitert. Ein Autorenteam beschreibt einen Semi-Chairside-Workflow unter Einbeziehung des Praxislabors als Alternative zur klassischen Chairside-Fertigung mittels CEREC-System.

Während die Chairside-Fertigung vollkeramischer Restaurationen zu Beginn der dentalen CAD/CAM-Technologie nur mit einem einzigen System (CEREC, Sirona Dental GmbH) möglich war, können Behandler heute aus diversen Verarbeitungsoptionen wählen. Beispielsweise lassen sich aktuell erhältliche Intraoralscanner mit einer 4- oder 5-Achs-Fräsmaschine mit Nassschleifoption kombinieren. Nachfolgend wird die CAD/CAM-Herstellung einer Teilkrone aus einer zirkondioxidverstärkten Lithiumsilikatkeramik (ZLS, VITA SUPRINITY, VITA Zahnfabrik, Bad Säckingen) in einem Semi-Chairside- Workflow beschrieben. Eingesetzt wurden der Intraoralscanner cara TRIOS (Heraeus Kulzer, Hanau) und die 4-Achs- Schleifmaschine Ceramill Motion 2 (Amann Girrbach, Koblach, Österreich).

Befundaufnahme, Planung und Präparation 

Eine 44-jährige Patientin stellte sich nach erfolgreich durchgeführter endodontischer Behandlung an Zahn 44 für die weitere prothetische Versorgung des Zahnes vor. Sie äußerte den Wunsch nach einer vollkeramischen Restauration. Nach umfassender Beratung fiel die Entscheidung auf eine Teilkronenrekonstruktion aus der zirkondioxidverstärkten Lithiumsilikatkeramik VITA SUPRINITY.

  • Abb. 1: Präparation für eine keramische Teilkrone unter Verwendung eines schallgestützten Präparationsinstrumentes.

  • Abb. 1: Präparation für eine keramische Teilkrone unter Verwendung eines schallgestützten Präparationsinstrumentes.
Die Präparation für eine keramische Teilkrone erfolgte nach den bewährten Präparationsrichtlinien für Vollkeramik [1] mit einem okklusalen Substanzabtrag von 1,0–1,5 mm und einem zervikalen Substanzabtrag von 1,0 mm. Die Präparationsgrenze wurde als Hohlkehle mit einem Öffnungswinkel von 90° ausgeformt, wobei die finale Präparation mit einem schallaktivierten Diamantinstrument (SonicLine, Komet Dental, Lemgo) durchgeführt wurde (Abb. 1). Sämtliche Kanten der Präparation wurden abgerundet, um Spannungsspitzen im keramischen Werkstoff zu vermeiden.

Digitale Abformung und Konstruktion

Die digitale Abformung wurde puderfrei mit dem Intraoralscanner durchgeführt. Hierfür wurden zunächst Ober- und Unterkiefer gescannt, gefolgt von einem Bukkalscan zur digitalen Bissnahme. Danach wurden die Aufnahmen automatisch einander zugeordnet und ausgerichtet. Mit den entsprechenden Softwaretools konnte eine sofortige Kontrolle des materialadäquaten Substanzabtrages vorgenommen werden (Abb. 2). Nachdem sichergestellt war, dass die Präparationsgrenze vollständig erfasst und ausreichend Platz für die Keramik geschaffen worden war, wurde der Datensatz der digitalen Abformung gemeinsam mit Informationen zur Zahnfarbe an das Praxislabor gesendet. Zur sicheren Übermittlung der Zahnfarbe hat es sich bewährt, dem Laborauftrag ein Digitalfoto mit einer Zahnfarbreferenz beizufügen.

  • Abb. 2: Virtuelles 3D-Modell der abgeformten Situation und Kontrolle des materialadäquaten Substanzabtrages.
  • Abb. 2: Virtuelles 3D-Modell der abgeformten Situation und Kontrolle des materialadäquaten Substanzabtrages.

Verarbeitungsprozess im Praxislabor

Die Mitarbeiter im Praxislabor begannen sofort nach Erhalt der Daten mit der Konstruktion der Teilkrone. Hierfür kam die Software Dental- Designer (3Shape, Kopenhagen, Dänemark) zum Einsatz. Danach wurde der generierte STL-Datensatz an die Schleifmaschine übermittelt. Hier erfolgte die Auswahl des geeigneten Materialrohlings, VITA SUPRINITY in der Farbe A2 und der Transluzenzstufe HT (= High Translucent). Die gewählte Materialvariante mit hoher Transluzenz eignet sich erfahrungsgemäß insbesondere für Teilkronen und Inlays, während sich die Rohlinge der Transluzenzstufe T (= Translucent) für die Herstellung von Vollkronen bewährt haben. Nach einer Bearbeitungsdauer von 13 Minuten war der Schleifprozess der Teilkrone in der verwendeten Schleifmaschine abgeschlossen (Abb. 3). Bei dem eingesetzten System wirkt es sich vorteilhaft aus, dass im Vergleich zum CEREC-System Fräswerkzeuge mit einem geringeren Durchmesser genutzt werden. Dies ermöglicht in Kombination mit der zusätzlichen Integration der vierten Achse eine exaktere und detailliertere Reproduktion der Kaufläche. Die manuelle Nachbearbeitung nach dem Schleifprozess beschränkt sich so auf das Abtrennen des Haltesteges und die Feinbearbeitung dieses Areals (Abb. 4). Meist ist dieser Arbeitsschritt in weniger als 5 Minuten abgeschlossen. Die Nachbearbeitung sollte ausschließlich mit feinkörnigen Diamantschleifkörpern erfolgen. Grundsätzlich ist es möglich, die Restauration im vorkristallisierten Zustand einzuprobieren und, falls notwendig, intraoral zu adjustieren. Durch die hohe Kantenstabilität wird bereits direkt nach dem Fräsprozess eine sehr gute initiale Passgenauigkeit erreicht. Unter der Voraussetzung, dass der Werkstoff für Einzelzahnrestaurationen eingesetzt wird und eine einwandfreie digitale Abformung vorliegt, sind i. d. R. nur minimale Adjustierungen erforderlich. Deshalb wird dieser Verarbeitungsschritt im Rahmen eines Chairside-Workflows meist übersprungen. Folglich wird die Restauration im vorkristallisierten Zustand ausgearbeitet und danach erfolgt – wie im vorliegenden Fall – gleich der Kristallisationsbrand. Schließlich wurde die Teilkrone mit VITA AKZENT Plus Malfarben charakterisiert (Abb. 5). Der beschriebene Herstellungsprozess benötigt rund eine Stunde. Auf die entsprechende Behandlungspause sollte das Praxisteam den Patienten gleich bei der Terminplanung vorbereiten. Der Semi-Chairside-Workflow unter Einbindung des Zahntechnikers bietet eine Reihe von Vorteilen. Da der Zahntechniker die Konstruktion, das Schleifen und die Charakterisierung übernimmt, gewinnt der Zahnarzt wertvolle Zeit, die er für die Behandlung weiterer Patienten nutzen kann. Und für den Zahntechniker entfallen im Vergleich zum konventionellen Workflow mit herkömmlicher Abformung die Schritte der Modellherstellung und -montage, was mit einer deutlichen Effizienzsteigerung einhergeht.

  • Abb. 3: Geschliffene Teilkrone aus VITA SUPRINITY im vorkristallisierten Zustand.
  • Abb. 4: Entfernung des Haltesteges mit einem feinkörnigen rotierenden Diamantinstrument.
  • Abb. 3: Geschliffene Teilkrone aus VITA SUPRINITY im vorkristallisierten Zustand.
  • Abb. 4: Entfernung des Haltesteges mit einem feinkörnigen rotierenden Diamantinstrument.

  • Abb. 5: Farbliche Charakterisierung der Restauration mit den auf das Material abgestimmten VITA AKZENT Plus Malfarben.
  • Abb. 5: Farbliche Charakterisierung der Restauration mit den auf das Material abgestimmten VITA AKZENT Plus Malfarben.

Einprobe und adhäsive Befestigung 

Zur Beurteilung der ästhetischen Wirkung und zur Okklusionskontrolle erfolgte eine Einprobe der finalisierten Teilkrone (Abb. 6). Hierbei hat es sich bewährt, die Restauration mit einem transparenten provisorischen Zement (z. B. TempBond Clear, Kerr Corporation, Orange, USA) zu fixieren. Nach den eventuell notwendigen okklusalen Korrekturen kann die extraorale Politur mit dem speziell auf den Werkstoff abgestimmten zweistufigen Poliersystem VITA SUPRINITY Polishing Set erfolgen. Danach wurde die Teilkrone mit 5%iger Flusssäure (VITA CERAMICS ETCH) für 20 Sekunden geätzt (Abb. 7) und nach Reinigung mit Silan-Haftvermittler (VITASIL) bei einer Einwirkzeit von 60 Sekunden silanisiert. Parallel dazu kann die adhäsive Zementierung vorbereitet werden. Nach dem Anlegen des Kofferdams wurden die Zähne hierfür zunächst mit fluoridfreier Polierpaste gereinigt. Anschließend wurde die Präparation mit 30%iger Phosphorsäure konditioniert. Nach der Applikation eines geeigneten Haftvermittlers (Optibond FL, Kerr Corporation, Orange, USA) auf Präparation (Abb. 8) und Keramik wurde das dualhärtende Befestigungskomposit (Variolink Esthetic, Ivoclar Vivadent, Liechtenstein) appliziert*. Nach der definitiven Eingliederung lässt sich VITA SUPRINITY bei eventuell erforderlichen okklusalen Korrekturen dank des feinkörnigen Gefüges mit dem zweistufigen VITA Polishing Set clinical einfach und zuverlässig wieder auf Hochglanz polieren (Abb. 9). Abbildung 10 zeigt das finale Ergebnis nach intraoraler Politur.

* Für die adhäsive Befestigung wurde ein lichhärtendes Zweikomponenten- Dentinadhäsiv verwendet (Optbond FL, Kerr Hawe, Karlsruhe). Da es sich hierbei um ein gefülltes Bonding mit hoher Viskosität handelt, sollte das Bonding auf keinen Fall separat lichtgehärtet werden, da es sonst zu Passungenauigkeiten durch ein „Pooling“ des Adhäsivs kommen kann. Falls eine Lichthärtung des Bondings bevorzugt wird, sollte ein ungefülltes Bonding (z.B. Optibond XTR, Kerr Hawe, Karlsruhe) verwendet werden.

  • Abb. 6: Einprobe der Restauration nach der Kristallisation und farblichen Charakterisierung.
  • Abb. 7: Konditionierung der keramischen Restauration mit 5%iger Flusssäure.
  • Abb. 6: Einprobe der Restauration nach der Kristallisation und farblichen Charakterisierung.
  • Abb. 7: Konditionierung der keramischen Restauration mit 5%iger Flusssäure.

  • Abb. 8: Vorbereitung der adhäsiven Befestigung: Applikation des Zwei-Komponenten- Haftvermittlers.
  • Abb. 9: Finale Politur der Restauration mit einem diamantdurchsetzten Silikonpolierer nach der okklusalen Adjustierung.
  • Abb. 8: Vorbereitung der adhäsiven Befestigung: Applikation des Zwei-Komponenten- Haftvermittlers.
  • Abb. 9: Finale Politur der Restauration mit einem diamantdurchsetzten Silikonpolierer nach der okklusalen Adjustierung.

  • Abb. 10: Finales Ergebnis nach intraoraler Politur.
  • Abb. 10: Finales Ergebnis nach intraoraler Politur.

Fazit

Der vorgestellte Semi-Chairside- Workflow unter Einbeziehung des Praxislabors ist eine interessante Alternative zur klassischen Chairside-Fertigung mittels CEREC-System. Gegenüber der reinen Chairside-Fertigung gewinnt der Zahnarzt zusätzliche Behandlungszeit und gleichzeitig arbeitet der Zahntechniker modellfrei und damit höchst effizient. Die gute maschinelle Bearbeitbarkeit der verwendeten Glaskeramik ermöglicht kurze Prozesszeiten und führt zu einer initial hohen Passgenauigkeit. Dank der guten optischen Eigenschaften von VITA SUPRINITY ist auch bei monolithischen Restaurationen durch das Bemalen eine gute ästhetische Qualität erzielbar, die mit laborgefertigten Keramikrestaurationen vergleichbar ist. Durch die bereits initial hohe Festigkeit im vorkristallinen Stadium ist es möglich, die Glaskeramikrestauration intraoral einzuprobieren und vor der definitiven Befestigung okklusal zu adjustieren. Dies ist unter klinischen Gesichtspunkten sicher ein großer Vorteil gegenüber Keramiken mit geringerer Festigkeit. Die gute Polierbarkeit rundet das positive Eigenschaftspotenzial dieser neuen Glaskeramikgeneration ab.

 

 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Sven Rinke M.Sc. - Dr. Anne Kathrin Schmidt

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Sven Rinke M.Sc. , Dr. Anne Kathrin Schmidt


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