Reduktion des Frakturrisikos vollkeramischer Restaurationen durch die Verwendung von Lithiumdisilikat

Zahnheilkunde Keramikfrakturen stellen die häufigste Ursache für Misserfolge adhäsiv befestigter Keramikinlays und -teilkronen dar. Dabei gibt es viele Faktoren, die eine Fraktur begünstigen, beispielsweise die Ignoranz bestimmter funktioneller Gegebenheiten oder das Unterlassen der mehrfachen Nachkontrolle einer eingegliederten Restauration. Vermeidet man diese Faktoren, so ist man, wie der Autor nachfolgend ausführt, schon fast auf der sicheren Seite. Unter den 7 erläuterten Frakturfaktoren wird insbesondere auf die Materialwahl eingegangen. Dabei fließen auch Produktangaben zum vorgestellten Lithiumdisilikat ein.
Bei adhäsiv befestigten Keramikinlays und -teilkronen handelt es sich, eine korrekte Befestigung vorausgesetzt, fast ausschließlich um kohäsive Frakturen, also Materialbrüche innerhalb der Keramik1-3. Auf Abbildung 1 ist eine typische Fraktur einer in Schichttechnik hergestellten Keramikteilkrone dargestellt. Keramik ist naturgemäß ein sprödes Material, und wer viel vollkeramisch arbeitet, muss sich immer auf einen gewissen Prozentsatz an Keramikfrakturen einstellen. Um Misserfolge zu minimieren, ist es sinnvoll, alles Bestreben darauf auszurichten, die Zahl von Frakturen so gering wie möglich zu halten.
7 Strategien zur Vermeidung von Keramikfrakturen
Keramikfrakturen können durch eine Vielzahl von Faktoren begünstigt werden, deren Vermeidung unbedingt anzustreben ist. Die folgend genannten sind die wichtigsten Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen:
1. Beachtung korrekter funktioneller Gegebenheiten
Keramik sollte nicht bei instabiler statischer oder dynamischer Okklusion eingegliedert werden. Eine fehlende Frontzahn- Eckzahn-Führung hat Scherbelastungen durch Balancekontakte oder Arbeitsvorkontakte zur Folge. Diese beanspruchen die Keramik auf Zug und können zu Frakturen führen. In solchen Fällen sollte unbedingt eine funktionelle Vorbehandlung durchgeführt werden.
2. Mehrmalige Nachkontrollen nach der Eingliederung
Natürliche Zähne stellen sich nach der Eingliederung einer neuen Restauration immer minimal nach. Die Erfahrung zeigt, dass bei Nachkontrollen, auch mehrmaligen, immer wieder noch Störkontakte gefunden werden können. Es hat sich bewährt, Kontrollen nach 2 bis 3 Tagen, einer weiteren Woche und nochmals nach 2 Wochen durchzuführen, sofern jedes Mal dynamische Kontakte auf der Keramik gefunden wurden. Daneben sollte in der Folge bei jeder Routinekontrolle immer auch mit Okklusionsfolie nach Störkontakten gesucht und diese beseitigt werden. Dies ist das einfachste Mittel, um die Zahl von Frakturen deutlich zu senken.
3. Sichere adhäsive Befestigung von Glaskeramik
Dentalkeramiken lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen: Glaskeramiken und Oxidkeramiken. Diese unterscheiden sich in erster Linie hinsichtlich des kristallinen Anteils. Oxidkeramiken, wie z. B. Zirkoniumdioxid, bestehen zum Großteil oder komplett aus Kristallen. Die Kristalle sind für die hohe Festigkeit verantwortlich, lassen diese Materialien aber auch opak erscheinen. Daher sind Oxidkeramiken vor allem für Gerüste geeignet. Die für ästhetische Indikationen geeigneten Glaskeramiken dagegen bestehen aus einer Glasmatrix, in die dann Kristalle eingelagert sind. Glaskeramiken weisen geringere Festigkeiten als Oxidkeramiken auf und erfordern daher eine sekundäre Verfestigung mittels eines Gerüstes (z. B. Metallkeramik) oder adhäsiver Befestigung. Diese muss sorgfältig und kontaminationsfrei erfolgen.
4. Keramikgerechte Präparation
Die Einhaltung von Mindestmaterialstärken und das Abrunden aller Kanten und Ecken in der Präparation sind eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen dauerhaften Erfolg4.
5. Die Verwendung von maschinell geschliffener Keramik
Studien und die eigene Erfahrung belegen, dass aus Blöcken geschliffene Glaskeramik deutlich weniger Frakturen aufweist als manuell hergestellte Keramikversorgungen5.
6. Nachvergütung und Steigerung der Festigkeit durch Glasur oder Politur
Keramikfrakturen haben ihren Ausgangspunkt in der Regel an kleinen bestehenden Oberflächendefekten. Es ist erwiesen, dass eine sorgfältige Oberflächenbehandlung die Belastbarkeit der Glaskeramik steigert6. Eine Politur von anatomischen Kauflächen ist in den Vertiefungen kaum möglich. CAD/CAM-geschliffene Keramik sollte daher besser immer glasiert werden.
7. Verwendung von Lithiumdisilikat
Da es sich um ein besonderes Material handelt, das vielen Kollegen noch nicht so bekannt ist, soll hierauf etwas ausführlicher eingegangen werden.
Lithiumdisilikat (oder kurz: LS2) ist ausschließlich unter dem Handelsnamen IPS e.max (Ivoclar Vivadent, Schaan, Liechtenstein) erhältlich. In der Variante „HT“ (high translucency) steht es uns seit Anfang 2009 erstmalig als eine Glaskeramik zur Verfügung, die eine natürliche Transluzenz mit hoher Festigkeit vereint. Die initiale Biegefestigkeit von IPS e.max HT liegt bei 360 bis 400 MPa gegenüber 80 bis 120 MPa bei herkömmlicher Glaskeramik. Auch wenn davon auszugehen ist, dass dieser Wert im Laufe der Lebensdauer wie bei allen Dentalkeramiken aufgrund von Materialermüdung absinkt, so ist dennoch letztendlich eine höhere Festigkeit zu erwarten. Darauf weisen In-vitro- und klinische Studien hin, in welchen Lithiumdisilikat
Der Grund für die besonderen mechanischen Eigenschaften liegt in der speziellen Struktur. Im auskristallisierten zahnfarbenen Zustand weist das Material einen hohen Kristallanteil von ca. 70 Prozent auf (Abb. 2). Im nicht auskristallisierten blauen Zustand ist es weniger widerstandsfähig und eignet sich daher in besonderem Maße für die abtragende CAD/CAM-Bearbeitung. Dadurch können die Vorteile der kontrollierten maschinellen Formgebung mit der besonderen Festigkeit von IPS e.max CAD vereint werden. Es hat durchaus Sinn, sich die hohe Festigkeit dieses aufgrund seiner Transluzenz ästhetischen Materials zunutze zu machen und es bei vollkeramischen Teilkronen und Einzelkronen einzusetzen.
Das Präzisionsschleifen von Glaskeramik ist heute inzwischen in einer sehr hohen Genauigkeit möglich (Abb. 3). An weiteren Verbesserungen wird ständig gearbeitet. Dies ermöglicht eine kostengünstige und rationelle Herstellung von vollanatomischen Restaurationen. Diese können mit geringem Aufwand im Praxislabor durch Kristallisation, Glasur und evtl. Bemalung bei gleichzeitiger Wertschöpfung vervollkommnet werden.
Solche Restaurationen sind ab Ende 2009 von absolute Ceramics als „as machined“-Produkte zusammen mit dem notwendigen Ivoclar-Vivadent-Ofen und Materialien zur Fertigstellung im Eigenlabor oder der Praxis erhältlich (www.absolute-ceramics.com). Somit steht jedem Zahnarzt die Möglichkeit offen, hochfeste vollkeramische Teilkronen und Einzelkronen aus IPS e.max CAD HT in der eigenen Praxis ohne teure Investitionen in Chairside-CAD/ CAM-Systeme anzubieten. Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise liegt in der Möglichkeit, die Restaurationen im blauen Zustand im Mund einzuprobieren und nach der Adjustierung von Kontakten chairside zu glasieren, um so Punkt 6 ideal zu erfüllen.
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Abb. 4: Ausgangssituation Goldteilkrone an Zahn 36 mit einer typischen häufig zu beobachtenden Aussprengung von Schmelzprismen distobukkal und davon ausgehend tiefer Karies unter dem Goldonlay.
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Abb. 5: CAD-Modell (absolute Ceramics).
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Abb. 6: Teilkrone aus IPS e.max CAD HT auf 36 und Inlays aus IPS Empress CAD HT auf 35 und 37 unmittelbar nach dem Einsetzen. Die Zahnsubstanz ist infolge der Austrocknung unter Kofferdam noch etwas heller, daher sind die Präparationsgrenzen zu erkennen.
Die Abbildungen 4 bis 6 zeigen eine klinische Anwendung mit absolute-Ceramics-Restaurationen aus IPS e.max CAD.
Weitere Informationen über den Inhalt der Hands-on-Kurse des Autors und zu anderen Top-Referenten finden Sie unter www.absolute-ceramics.com Informative Bücher des Autors zum Thema "Natürlich schöne Frontzähne" finden Sie auf: http://www.dentalbuecher.de/centix/de/artikel/319.html | ![]() | ![]() |
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