Können sich vollkeramische Restaurationen mit dem „Goldstandard“ messen lassen?

Der Patientenwunsch nach hochästhetischen zahnfarbenen Versorgungen, hohe Edelmetallkosten und technischer Fortschritt bewirkt, dass sich das Indikationsspektrum von keramischen Werkstoffen rasant und deutlich erweitert hat. Dabei treten herkömmliche bewährte Versorgungen aus Kunststoffen oder Metallen zunehmend in den Hintergrund. Der Zahnarzt sieht sich fortwährend mit neuen Möglichkeiten und Produkten hinsichtlich vollkeramischer Versorgungen konfrontiert, wobei der zunehmende Innovationsdruck durch die Industrie den Markt der angebotenen Dentalkeramiken immer unüberschaubarer macht. Dieser Artikel soll einen Überblick geben, wie Keramiken gezielt und erfolgreich eingesetzt werden können. Dazu sollen folgende Fragen diskutiert werden: Bei welchen prothetischen Therapien – sowohl festsitzend als auch herausnehmbar – kommt der Einsatz von vollkeramischen Werkstoffen in Betracht? Welche Keramiken sollten dafür verwendet werden? Welche Risiken bestehen? Was sollte der Zahnarzt über die zahntechnische Verarbeitung wissen? Worauf ist bei der Befestigung der jeweiligen Keramiken am Zahn zu achten?
Für den Zahnarzt ist die Kenntnis der Einteilung der Dentalkeramiken unverzichtbar, da sich für die jeweiligen Keramiken verschiedene Indikationen ergeben und diese entsprechend unterschiedlich befestigt werden müssen. Zunächst wird bei den Dentalkeramiken zwischen den zwei großen Gruppen Silikatkeramiken und Oxidkeramiken unterschieden.
Silikatkeramische Werkstoffe weisen als wesentliche Merkmale glasig-amorphe Phasen und eine ausgeprägte Porenstruktur auf. Es sind überwiegend heterogene Werkstoffe, die aus gleichen oder unterschiedlichen Kristallen bestehen, welche vielfach von einer Glasphase umgeben sind. Kennzeichnend für die Silikatkeramiken sind hervorragende ästhetische Eigenschaften bei gleichzeitig niedriger mechanischer Festigkeit. Sie lassen sich wiederum in Feldspatkeramik, Glaskeramik und Lithiumdisilikatkeramik unterteilen. Feldspatkeramiken werden als klassische Verblendkeramiken und Glaskeramiken z. B. in Form von Presskeramiken für hochästhetische Einzelkronen, Teilkronen, Veneers, Inlays oder kleine Brücken verwendet. Lithiumdisilikatkeramiken gehören ebenfalls zu den Silikatkeramiken, befinden sich aber hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften, aufgrund ihrer höheren Bruchzähigkeit und Biegefestigkeit, zwischen den Feldspaten und Oxidkeramiken. Insofern ist der Einsatz als Einzelkrone, kleine Brücke und Implantat-Abutment möglich. Ebenso können Lithiumdisilikatkeramiken konventionell zementiert werden, da ihre Biegefestigkeit über 350 MPa liegt. Die ästhetischen Eigenschaften sind dabei günstiger als die der Oxidkeramiken.
Bei den Oxidkeramiken liegen eine Dominanz der kristallinen Phase und nur ein geringer Anteil der Glasphase vor. Daraus resultieren bessere mechanische Eigenschaften, aufgrund der hohen Opazität jedoch eine eingeschränkte Ästhetik. Bei allen Oxidkeramiken ist eine Anätzung nicht möglich.
Zu den Oxidkeramiken gehören Aluminiumoxidkeramiken und Zirkonoxidkeramiken. Die Biegefestigkeit der Aluminiumoxidkeramik liegt in einem Bereich von 300–700 MPa. Sie eignet sich damit für Einzelkronen und kleine Brücken. Zirkonoxidkeramiken sind in der Zahnheilkunde unter den Oxidkeramiken am weitesten verbreitet und weisen das größte Indikationsspektrum auf. Diese Keramik ist aufgrund ihrer hohen Biegefestigkeit von 900–1200 MPa und der hohen Rissfähigkeit für Kronen, große Brücken, Primärkronen und Implantat-Abutments geeignet.
Für den Zahnarzt ist auch das Wissen über den Arbeitsablauf bei der Verarbeitung der Zirkonoxidkeramik relevant. Zunächst wird ein sogenannter „Grünling“ mit einer hohen Primärdichte aus reinen Rohstoffen durch kalt-isostatisches Pressen hergestellt. Die thermische Verfestigung erfolgt danach durch einen Sinterprozess [33]. Es ist ebenso möglich, dichtgesinterte Zirkonoxidrohlinge durch heißisostatisches Pressen (HIP: hot isostatically pressed) zu erzeugen.
Die weitere Bearbeitung erfolgt üblicherweise im zahntechnischen Labor mit sogenannten Weißlingen, also vorgesinterten Rohlingen, die noch nicht ihre Endhärte erreicht haben und sich so leichter im CAM-Verfahren bearbeiten lassen. Erst durch einen weiteren Sinterprozess wird abschließend die notwendige Festigkeit erreicht.
Vollkeramische Einzelkronen und Brücken
Für die Herstellung vollkeramischer Einzelkronen und Brücken stehen mittlerweile verschiedene Verfahren zur Auswahl. Dazu gehören der Masseauftrag mit Sinterbrand und Glasinfiltration, das Lost-Wax-Verfahren mit Gießen, das Lost-Wax-Verfahren mit Pressen, CAD/CAM-erzeugte Gerüste mit Masseauftrag und Sinterbrand (Abb. 1 u. 2), CAD/- CAM-erzeugte Gerüste mit aufgesintertem Verblendkäppchen (ebenfalls CAD/CAM-erzeugt) und CAD/CAM-hergestellte monolithische Vollkeramikkronen. Insgesamt erscheint diese Auswahl verwirrend, jedoch sollte der Zahnarzt darüber informiert sein, welche Art der Krone er dem Patienten eingliedert.
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Abb. 1: Eine Patientin mit Amelogenesis imperfecta zeigt beim Lächeln honiggelbe Zahnstümpfe. Zur oralen Rehabilitation wurden 28 vollverblendete Zirkonoxidkronen geplant, deren opake Gerüste ein Durchscheinen des verfärbten Dentins verhindern.
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Abb. 2: Die eingesetzten Vollkeramikkronen zeigen eine optimale Rot-Weiß-Ästhetik. Insbesondere die gesunde marginale Gingiva fällt positiv auf.
Vergleicht man die Erfolgsquoten vollkeramischer Einzelkronen mit klassischen, langjährig bewährten VMK-Kronen, so zeigt sich, dass keine relevanten Unterschiede hinsichtlich der Überlebensrate (mehr) bestehen. Pjetursson [26] gibt in seinem systematischen Review an, dass die Überlebensraten für moderne keramische Kronen nach 5 Jahren bei 96,4 % und für VMK-Kronen bei 95,6 % liegen. Für vollkeramische Brücken wird eine 5-Jahres-Überlebensrate von 88,6 % und für VMK-Brücken von 94,4 % angegeben [28]. Als Versagensgründe werden in der Vollkeramikbrücken-Gruppe Gerüstfrakturen mit 6,5 % und Verblendungsfrakturen mit 13,6 % angegeben. Im Unterschied dazu lagen in der VMK-Brücken-Gruppe in nur 1,6 % der Fälle Gerüstfrakturen und bei 2,9 % Verblendungsfrakturen vor. Hier lässt sich also konstatieren, dass die Erfolgsquote vollkeramischer Brücken etwas geringer ist als die von Brücken mit Metallgerüst und keramischer Verblendung. Insbesondere scheint hier ein Problem mit der Verblendkeramik vorzuliegen.
Diese Ergebnisse von Pjetursson [26] und Sailer [28] lassen sich mit aktuellen Untersuchungen in Einklang bringen, dass Verblendkeramiken auf Zirkonoxidgerüsten schneller frakturieren als auf metallischen Gerüsten. So stellte Silva [32] experimentell ein Versagen der Verblendung auf Metallkeramikkronen bei Belastung von 2002 N und auf Zirkonoxidkronen bei Belastung von nur 1220 N fest. Dieses Phänomen von Verblendkeramik-Frakturen auf Zirkonoxidgerüsten wird allgemein als „Chipping“ bezeichnet. Als Ursache dafür werden nicht optimal abgestimmte Wärmeausdehnungskoeffizienten (WAK) zwischen Gerüstund Verblendkeramik [32,19] sowie sehr grazile Zirkonoxid-Kronenkappen mit dünner Wandstärke und dick aufgetragener Verblendschicht, die unter Kaubelastung Zugspannung ausgeliefert war, angenommen [19]. Insbesondere implantatgetragene Kronen scheinen für dieses Problem anfällig zu sein. Der Grund dafür dürfte in den größeren, auf die implantatgetragene Krone wirkenden Kräften zu suchen sein. So wurden im Prämolarenund Molarenbereich Kaukräfte bis zu 1800 N zwischen natürlichen Zähnen und Implantat gemessen, während die Kaukräfte zwischen natürlichen Zähnen bei nur ca. 400 N lagen [34].
In diesem Zusammenhang ist eine klinische Studie aus dem Jahr 2011 interessant, bei der untersucht wurde, inwieweit es auf jeweils implantatgetragenen VMK-Kronen und verblendeten Zirkonoxidkronen zu Verblendungsfrakturen gekommen ist. Bei der Vollkeramikkronen-Gruppe wurde in 24,5 % der Fälle Chipping beobachtet, in der VMK-Kronen-Gruppe nur in 9,5 % der Fälle. Die Überlebensrate der Vollkeramikkronen lag bei 86,8 %, die der VMK-Kronen bei 98,3 %. Die Autoren schlussfolgerten, dass Vollkeramikkronen auf Implantaten mit Vorsicht anzuwenden seien [31].
Ein neuer Ansatz, das Problem des Chippings zu reduzieren, stellt das sog. CAD-on-Verfahren dar. Hierbei wird auf ein Zirkonoxidgerüst ein maschinengefrästes, anatomisch gestaltetes Lithiumdisilikatkeramikkäppchen mit einer speziellen Konnektor-Keramikmasse aufgesintert. Bereits in der Einleitung hatten wir ausgeführt, dass die Lithiumdisilikatkeramik sich hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften zwischen den herkömmlichen Feldspatverblendkeramiken und den Oxidkeramiken befindet. Erste experimentelle Studien konnten zeigen, dass die sintertechnisch mit dem Lithiumdisilikatkeramikveneer verblendeten Zirkonoxidkronen im Vergleich zur klassischen Verblendung eine deutlich geringere Frakturanfälligkeit der Verblendung aufwiesen [5,30].
Weiterhin lässt sich das Chipping durch ein verändertes Design der Zirkonoxidgerüste reduzieren. So sollten keine dünnen Kronenkappen mit mehr als 1,5 mm Verblendkeramik produziert werden. Sogenannte anatoforme Gerüste dienen der Unterstützung der Verblendkeramik. Bei der Herstellung der Kronen muss der Zahntechniker das Wärmeausdehnungsverhalten der Materialien beachten und die Brandführung entsprechend anpassen. Weiterhin sollte die Verblendkeramik penibel nach Herstellerangaben verarbeitet werden.
Die Verwendung monolithischer Zirkonoxidkronen, die in einem Stück vollanatomisch aus dem Rohling herausgefräst werden, macht zahnfarbenen, vollkeramischen Zahnersatz ohne Verblendung möglich (Abb. 3 u. 4). Die Zahnfarbe kann durch Bemalen befriedigend angepasst werden, sodass sich eine akzeptable Ästhetik für den Prämolarenund Molarenbereich ergibt (Abb. 5 u. 6).
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Abb. 3: Design monolithischer Zirkonoxidkronen im Bereich der zweiten Prämolaren bis zum letzten Molaren. Im anterioren Bereich wurden Kronengerüste aus Zirkonoxid geplant, die später verblendet werden.
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Abb. 4: Vollanatomisch gefräste Zirkonoxidbrücke vor der Bemalung.
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Abb. 5: Die monolithische Zirkonoxidbrücke ist bemalt und glasiert.
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Abb. 6: Bei guter Bemalung der monolithischen Zirkonoxidkrone (re.) ist kaum ein Unterschied zur vollverblendeten Zirkonkrone (li.) sichtbar.
Wegen des Verzichts auf eine Verblendung ist hier mit großer Stabilität zu rechnen. Zum Verhalten monolithischer Zirkonoxidkronen liegen allerdings nur wenige experimentelle Studien vor. In diesen Studien konnte eine sehr hohe Bruchfestigkeit im Vergleich zu verblendeten Zirkonoxidkronen festgestellt werden. Problematisch scheint die Abnutzung am Antagonisten aufgrund der großen Härte der monolithischen Krone zu sein. Die Abnutzung kann allerdings durch eine Glasur der Zirkonoxidkronen reduziert werden und liegt dann auf einem ähnlichen Niveau wie bei klassisch verblendeten Zirkonoxidkronen [5].
Hinsichtlich der manuellen Bearbeitung gilt sowohl für den Zahntechniker als auch für den Zahnarzt, dass ein extensives Beschleifen der Zirkonoxidgerüste – erst recht ohne Wasserkühlung – obsolet ist. Zirkonoxid ist ein schlechter Wärmeleiter, sodass es beim Beschleifen zu punktuellen Überhitzungen kommen kann. Das führt möglicherweise zu thermischen Spannungen, die wiederum Risse in der Keramik verursachen können. Kleinere Anpassungen jedoch können mit einem Feinkorndiamanten und hoher Drehzahl unter Wasserkühlung bei geringem Anpressdruck und kurzzeitiger Bearbeitung erfolgen [17]. Grundsätzlich sollten keine Konnektoren von Brückengerüsten bearbeitet werden.
Einflügelige Adhäsivbrücken
Zum Ersatz einzelner Frontzähne können Anhängerbrücken, die mit einem Klebeflügel adhäsiv am Nachbarzahn befestigt sind, verwendet werden. Vorteilhaft bei dieser Art der Versorgung ist, dass Stressbelastungen durch unterschiedliche Funktionsauslenkungen der Pfeilerzähne, wie sie bei zweiflügeligen Adhäsivbrücken vorkommen, nicht auftreten. Entsprechend positiv fallen die Überlebensraten für einflügelige Adhäsivbrücken bei einer Inkorporationszeit von 10 Jahren mit 94 % aus. Für zweiflügelige Adhäsivbrücken werden für den gleichen Zeitraum Überlebensraten von nur 74 % angegeben [18]. Für die einflügelige Art der Versorgung spricht weiterhin, dass sich bei einem Versagen des Klebeverbundes die Brücke komplett ablöst. Das verhindert die Entstehung einer Karies und ermöglicht jederzeit eine Wiederbefestigung. Auch bleiben implantatprothetische Versorgungsmöglichkeiten erhalten, ohne die angrenzenden Zähne zuvor beschliffen zu haben. Als Material für solche Adhäsivbrücken sind Zirkondioxidkeramiken und Lithiumdisilikatkeramiken geeignet [16].
Veneers
Es werden generell zwei Arten von Veneers unterschieden: Die konventionellen Veneers (Prep-Veneers), die mit geringer Schmelzpräparation vorbereitet werden, und die präparationsfreien Veneers, im angloamerikanischen Raum auch Non-Prep-Veneers oder Tenuia-Veneers (lateinisch tenius = dünn) genannt. Die Herstellung erfolgt durch Pressen oder Sintern auf Platinfolie. Die sogenanten Prep-Veneers (Abb. 7 u. 8) bestehen aus verschiedenen Arten von Glaskeramiken (Feldspatkeramik, Lithiumdisilikatkeramik) und bedürfen minimaler präparatorischer Maßnahmen, um eine Mindestschichtdicke der Keramik von ca. 0,3–0,6 mm je nach System zu gewährleisten. Im Sinne des heute im Vordergrund stehenden minimalinvasiven Therapiekonzeptes stellen Veneers, okklusale Veneers oder Tabletops im Gegensatz zu Vollkronen (1,0– 1,2 mm Stufe/1,5–2 mm inzisale bzw. okklusale Reduktion) eine gute und stabile Therapiealternative zur Form-, Farbund Stellungskorrektur, zum Schluss von Diastemata sowie zur Wiederherstellung von verloren gegangenen Führungsflächen (Front-Eckzahnführung im Frontzahnbereich, Bisshöhenverlust im Seitenzahnbereich) mit vergleichbarer Langlebigkeit [21] dar. Während bei vollkeramischen bzw. metallkeramischen Kronen eine Reduktion der Zahnhartsubstanz von bis zu 70 % erfolgt, werden bei Veneers lediglich 5–15 % geopfert [8]. Für einen dauerhaften Therapieerfolg gilt es jedoch einige Regeln zu beachten: Unabdingbare Voraussetzungen sind keramikgerechte Präparationsformen, die adäquate Vorbehandlung der Klebeflächen sowie eine korrekte Auswahl und Handhabung des Adhäsivsystems und Befestigungskomposits.
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Abb. 7: 0,4 mm dicke glaskeramische Veneers (13, 11, 21, 23). Auffällig sind die dünne Schichtdicke und die damit einhergehende deutlich hellere Farbe im Vergleich zu den Zirkonoxidkronen (12 u. 22).
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Abb. 8: Mittels Variolink II (Fa. Ivoclar) befestigte Veneers. Positiv hervorzuheben ist die gelungene Farbanpassung zwischen den konventionell zementierten Zirkonoxidkronen 12 und 22 und den glaskeramischen Veneers (13, 11, 21, 23).
Die sogenannten Non-Prep-Veneers, welche laut Hersteller ohne jegliches Beschleifen von Zahnhartsubstanz auskommen, bedürfen nach heutigem Wissensstand besonders strenger Indikationsstellung, um langfristig von Erfolg gekrönt zu sein. Die klinische Bewährung ist – im Unterschied zu konventionellen Dünnschichtveneers – nicht durch Langzeitstudien belegt. Wenn keinerlei Präparation erfolgt, entstehen unabdingbar überkonturierte Restaurationsränder von mindestens 75–100 ?m und damit sondierbare Bereiche [20]. Daraus folgen eine Retentionsmöglichkeit für Biofilm und im Laufe der Zeit damit einhergehende Randverfärbungen. Das Fehlen einer definierten Präparationsgrenze erschwert beim Einsetzen der Restauration die eindeutige Positionierung. Ein verlängertes Anätzen ist notwendig, um die äußere prismenfreie Schmelzschicht abzutragen. Der Einsatz von Non-Prep-Veneers sollte sich auf ein absolut störungsfreies, eugnathes Gebiss zum reinen Ausgleich von Substanzdefekten bzw. retrusiv stehenden Frontzähnen beschränken.
Inlays und Onlays
Die Erfolgsrate für vollkeramische Inlays variiert je nach Studie zwischen 82,3 % [9] und 93,5 % [4] nach 10 Jahren. Als Hauptursache für das Versagen werden in der Literatur die Keramikfraktur und pulpitische Beschwerden genannt. Die jährliche Versagensrate von Keramikinlays ist mit 1,7 % ähnlich hoch wie von Goldinlays mit 1,4 % [12]. Auch die Anzahl versagensfreier Jahre zeigt keine großen Unterschiede zwischen Gold und Keramik. So wurden für Goldinlays 8,72 und für Keramikinlays 8,65 versagensfreie Jahre beobachtet [11]. Man kann also sagen, dass Keramikinlays bei richtiger Indikationsstellung den Goldstandard erreicht haben. Ein unzureichendes Schmelzangebot, unzureichende Trockenlegung beim Einsetzen und Parafunktionen können die Erfolgswahrscheinlichkeit jedoch reduzieren. Hier könnten dann wiederum metallische Restaurationen einen Vorteil bieten.
Abutments/Implantate
Auch aus der Implantologie ist der Einsatz vollkeramischer Werkstoffe mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Ankopplungsfähige Aufbauten werden nunmehr aus Hochleistungskeramiken hergestellt und zum dauerhaften Einsatz in der Mundhöhle verwendet. Bei den Abutments kann zwischen Aufbauten, die vollständig aus Oxidkeramiken gefertigt sind (Abb. 9), und sogenannten hybridischen Abutments unterschieden werden. Diese „Hybride“ bestehen aus einer Titanklebebasis und einem aus Zirkonoxid gefrästen, zu verklebenden Anteil, der die Suprastruktur trägt (Abb. 10). Vorteilhaft dabei ist, dass die Titanhülse das Zirkonoxid-Abutment stabilisiert und bei der Verschraubung Zugspannung auf die Keramik vermieden wird.
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Abb. 9: Aus einem Monoblock mittels CAD/CAM-Technologie gefrästes Zirkonoxid-Abutment. Es wird analog zu den Konstruktionsdaten des Labors bzw. dem eingescannten Wax-up des Zahntechnikers aus einem Rohling herausgeschliffen.
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Abb. 10: Hybrid-Abutment: Individuell gefräster CAD/CAM-Zirkonoxidaufbau, verklebt mit einer industriell vorgefertigten Titan-Klebebasis. Bei der Verschraubung wird so Zugspannung im Bereich der Keramik vermieden.
Es stellt sich die Frage, ob nach aktuellem wissenschaftlichem Erkenntnisstand ein uneingeschränkter Einsatz der keramischen Werkstoffe als Abutment empfohlen werden kann. Nach Durchsicht der heute verfügbaren, spärlichen Literatur kann eine für alle Indikationsklassen geltende Empfehlung nicht bedenkenlos ausgesprochen werden, da nur wenige klinische Studien existieren und Langzeiterfahrungen fehlen [1]. Die Erfolgswahrscheinlichkeit und das Frakturverhalten vollkeramischer Abutments scheinen von vielen Faktoren, insbesondere von der Art der Implantat- Abutment-Verbindung, abhängig zu sein [1,24,25]. Insgesamt kann aber von einer erfolgversprechenden Prognose ausgegangen werden. In einer Nachuntersuchung über 3 Jahre zeigten Abutments aus Zirkonoxidkeramik, verwendet in der Eckzahn- und der posterioren Region, eine Überlebensrate von 100 % [37].
Für den Einsatz von vollkeramischen Abutments spricht der positive Effekt auf das umliegende Weichgewebe und die zufriedenstellende Ästhetik, bedingt durch die zahnähnliche Farbe und Transluzenz (Abb. 11). Insbesondere bei einem dünnen Gingivatyp (parodontaler Morphotyp A1 oder A2) lässt sich ein eventuelles dunkles Durchscheinen im zervikalen Bereich, wie es durch ein Metallabutment verursacht werden kann, vermeiden [15,23]. Weiterhin kann durch individuelles Einfärben der heutigen Keramiken ein direkter Demaskierungseffekt bei eventuellem Zahnfleischrückgang mit Exponierung der Abutment- Oberfläche reduziert werden.
Teleskoparbeiten
In Bezug auf kombinierten festsitzend- herausnehmbaren Zahnersatz, sowohl rein zahngetragen als auch rein implantatgetragen oder auch kombiniert zahnimplantatgetragen, werden für vollkeramische Primärkronen verschiedene Arten von Hochleistungskeramiken (Zirkonoxid-, Lithiumdisilikatkeramik) eingesetzt [27]. Vollkeramische Primärteile mit einer Konizität von bis zu 2 Grad, Sekundärteile aus galvanischem Gold und eine Tertiärstruktur aus Nichtedelmetall (Chrom-Kobalt-Molybdän- Legierung; Titan) sind der momentane Stand der Dinge (Abb. 12).
Nach Durchsicht der auch hier nur spärlichen Literatur sind nur wenige Artikel mit Nachuntersuchungsdaten von bis zu 5 Jahren zu finden, die aber eine insgesamt gute Prognose für diese Art der Versorgung aufzeigen. Insbesondere das problemlose Entnehmen für die Patienten und die konstante Adhäsion wurden als Vorteil gesehen [35,36]. Für die Verwendung von Primärkronen aus Keramik sprechen die zahnähnliche Farbe mit einem zumindest reduzierten Demaskierungseffekt beim Herausnehmen, eine verringerte Plaqueanlagerung, größerer Patientenkomfort beim Entnehmen und ein verschleißarmes Gleiten beim Fügen und Trennen, welches durch die sehr glatte keramische Oberfläche bedingt sein soll.
Sekundärkronen aus galvanischem Gold auf konischen Primärkronen sowohl aus Zirkonoxid als auch aus Gold weisen klinisch suffiziente Retentionswerte auf [7]. Hierbei konnte für die Sekundärkronen auf den Zirkonoxid-Primärkronen ein gleichmäßigeres Retentionsverhalten experimentell über 5.000 Abzugszyklen als Vorteil ermittelt werden [3]. Es gilt aber nach wie vor, dass die beste Retention durch gusstechnisch hergestellte Primärkronen und Sekundärkronen aus Gold erzielt wird [7,14]. Dies ist zu beachten, wenn nur geringe vertikale Platzverhältnisse vorliegen und mit kurzen klinischen Primärkronen zu rechnen ist, sodass von reduzierter Adhäsion und reduzierten Hydraulikeffekten zwischen Primärkronen und Sekundärkronen ausgegangen werden muss. In diesem Fall wäre dann zur Erzielung von Retention die Verwendung von gusstechnisch hergestellten Primär- und Sekundärkronen indiziert. Auch hinsichtlich der Ästhetik muss der Einsatz von Zirkonoxid-Primärkronen in Kombination mit galvanotechnisch hergestellten Sekundärkronen kritisch betrachtet werden [6].
Zwar wird aufgrund der zahnfarbenen Primärkronen ein reduzierter Demaskierungseffekt postuliert. Dieser relative ästhetische Vorteil kann aber im Einzelfall durch folgenden Nachteil überlagert werden: Um ein Aufbiegen der weichen Ränder der Sekundärkronen aus Galvanogold zu verhindern, müssen diese mit der Tertiärstruktur aus Stahl umfasst werden. Dies kann dazu führen, dass die Teleskopkronen zervikal deutlich dicker werden als die gusstechnisch hergestellten Sekundärkronen. Bei Letzteren kann aufgrund ihrer eigenen höheren Stabilität auf diese zervikale Fassung verzichtet werden, sodass dann die Verblendung den Sekundärkronen unmittelbar aufliegt. Um diesen ästhetischen Nachteil zu verhindern, wird bei der Präparation natürlicher Zähne ein lokaler Substanzabtrag von 1,5 mm zervikal und 2–2,5 mm im mittleren Kronendrittel angegeben [27]. Bei einem derart großen Substanzabtrag steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit eines Schleiftraumas erheblich und es kann zu einer Schwächung der Zahnhartsubstanz kommen.
Es ist eine quadranguläre Abstützung mit möglichst großem Unterstützungspolygon und einer empfohlenen Mindestpfeileranzahl von 4 Zähnen – unter Einbeziehung der Canini zur Vermeidung von extraaxialer Krafteinwirkung – anzustreben, da die Weichheit des galvanisierten Goldes mit dessen Verformung und somit einer Verringerung des tribologischen Effektes einherginge. Alles in allem sind aus Sicht der Autoren nach wie vor die gusstechnisch hergestellten Primär- und Sekundärkronen aus Gold der Goldstandard, da hier mit weniger Risiken bei der Anwendung zu rechnen ist.
Befestigung
Entsprechend der Art der Versorgung und der dafür verwendeten Keramik ist eine darauf abgestimmte Befestigungsart zu wählen. Die Frage, ob eine Dentalkeramik adhäsiv oder konventionell zementiert werden kann, richtet sich primär nach der Biegefestigkeit. Es ist möglich, Keramiken, die eine Biegefestigkeit von 350 MPa und mehr aufweisen, konventionell oder adhäsiv zu befestigen. Bei einer Biegefestigkeit von weniger als 350 MPa muss eine adhäsive Befestigung erfolgen [29]. Der Zahnarzt ist mit einer Vielzahl von Befestigungskompositen konfrontiert. Dabei stehen selbstadhäsive, selbstätzende und klassische „etch and rinse“-Systeme zur Verfügung. Aus der Literatur ergibt sich, dass bei der Haftung am Schmelz die klassische „etch and rinse“-Technik nach wie vor den anderen Befestigungskompositen überlegen ist [13]. Ebenso zeigten sich bei Anwendung der „etch and rinse“-Technik spaltärmere Ränder [10]. Hinsichtlich der Haftung am Dentin scheint es kaum systemimmanente Unterschiede zu geben.
Befestigung am Werkstück
Auch zur Erzielung eines Verbundes zwischen Befestigungskomposit und Dentalkeramik stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die sich nach den Eigenschaften der jeweiligen Keramik richten. Für Silikatkeramiken gilt, dass diese vor dem adhäsiven Einsetzen zur Erzielung eines mikroretentiven Oberflächenmusters mit Flusssäure geätzt und anschließend silanisiert werden müssen.
Oxidkeramiken sind säureresistent und zeigen daher nach dem Anätzen mit Flusssäure kein mikroretentives Relief. Um trotzdem einen Verbund zwischen Oxidkeramik und Kompositzement erzielen zu können, kann die Klebefläche tribochemisch silikatisiert und anschließend silanisiert werden.
Dies geschieht durch Abstrahlen mit kieselsäuremodifiziertem Korund, sodass eine partiell mit SiO2 beschichtete Klebefläche entsteht, an die sich die Silanmoleküle anlagern können. Alternativ kann ein Verbund durch saure Phosphatmonomere erzielt werden, die entweder separat auf die Klebefläche aufgetragen werden oder in dem Befestigungskomposit bereits mit enthalten sind. In jedem Fall muss vorher die Klebefläche mit Aluminiumoxidpulver abgestrahlt werden. Experimentelle Studien deuten darauf hin, dass mit sauren Phosphatmonomeren ein besserer Verbund erzielt werden kann als mit dem alleinigen Verfahren des Silikatisierens und Silanisierens [2]. Aufgrund der Komplexität der zurzeit verfügbaren adhäsiven Befestigungskomposite sollte streng nach Herstellerangaben vorgegangen werden, da bereits kleine Abweichungen von dem vorgeschriebenen Workflow zu einem Versagen des adhäsiven Verbundes führen können. Hier steht der Zahnarzt dann in der Pflicht, sich mit dem von ihm verwendeten System genau auseinanderzusetzen.Zusammenfassung
Zur Beantwortung der im Titel des Artikels gestellten Frage, ob sich vollkeramische Restaurationen mit dem „Goldstandard“ messen lassen können, ergeben sich folgende Schlussfolgerungen: Im Hinblick auf Einzelkronen und Brücken auf natürlichen Zähnen haben moderne Vollkeramiksysteme den Goldstandard nahezu erreicht. Auf dentalen Implantaten indessen haben Vollkeramikkronen bei gleicher Indikationsstellung eine reduzierte Prognose im Vergleich zu klassischen VMK-Kronen. Insbesondere im Seitenzahnbereich sollte aufgrund der dort größeren Kaukräfte die Verwendung auf dentalen Implantaten sorgfältig abgewogen werden. Neue Verblendtechniken können das Risiko für Verblendungsfrakturen reduzieren. Auch der Einsatz monolithischer Zirkonoxidkronen im Seitenzahnbereich und auf dentalen Implantaten stellt einen Erfolg versprechenden Ansatz dar, vollkeramischen Zahnersatz dort einzusetzen, wo bisher geringere Erfolgsraten zu verzeichnen waren. Klinische Studien hierzu fehlen jedoch noch. Adhäsiv befestigte einflügelige Klebebrücken stellen eine minimalinvasive, hochästhetische Art der Versorgung dar, die bisher mit metallgestützten Brücken nicht erreicht werden konnte. Bei entsprechend korrektem Vorgehen werden Überlebensraten erreicht, die denjenigen von VMKBrücken entsprechen.
Im Hinblick auf Teleskoparbeiten ist der Einsatz von Primärkronen aus Vollkeramik abzuwägen, da sich beim Tragen des Zahnersatzes aus ästhetischer Sicht kein wirklicher Vorteil erkennen lässt und ggf. ein erhöhter Substanzabtrag am Zahn mit entsprechenden Risiken in Kauf genommen werden muss. Abutments und Inlays bzw. Onlays können sich bei richtiger Indikationsstellung hinsichtlich der Prognose mit bewährten Versorgungen aus Gold messen lassen. Inlays bzw. Onlays aus Vollkeramik sind bei richtiger Indikationsstellung hinsichtlich ihrer Prognose der Goldversorgung nahezu gleichwertig, aber nicht überlegen. Limitierend wirkt sich weiterhin das Erfordernis der absoluten Trockenlegung beim adhäsiven Einsetzen aus. Bei subgingivalen Präparationsrändern ist daher nach wie vor eine konventionelle Zementierung indiziert, die entsprechend die Verwendung bestimmter Keramiken limitiert.
Fazit
Aufgrund der Komplexität und der großen Auswahl zur Verfügung stehender Keramiken sowie der davon abhängigen Art der Befestigung sollte die Entscheidung für ein bestimmtes Keramiksystem bereits bei der Zahnersatzplanung mit berücksichtigt werden.