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Zähneputzen und Interdentalreinigung nach dem Stand der Technik

So schützt Mundhygiene auch vor systemischen Erkrankungen

Eine Parodontitis-Behandlung fördert bekanntlich die allgemeine Gesundheit. Eine wichtige Rolle spielt aber auch eine regelmäßige und gut durchgeführte Mundhygiene. Neue Studien geben Hinweise, wie das persönliche Biofilmmanagement rein präventiv gegen systemische Erkrankungen wirksam sein könnte.

. Marina Lohrbach/AdobeStock
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Viele Menschen wünschen sich an ihrem Lebensende, sie hätten ihre Zähne besser gepflegt. Wie wichtig Mundhygiene für ein gutes Lebensgefühl, aber auch für die Gesundheit ist, wissen viele Menschen ganz intuitiv. Seit einigen Jahren werden Zusammenhänge zwischen systemischen Erkrankungen und Parodontitis intensiv erforscht: So reduziert eine erfolgreiche parodontale Behandlung über den Blutkreislauf die Entzündung im Körper und hilft, den Blutzucker bei Typ-2-Diabetes zu senken [1,2]. Für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie diastolische Herzinsuffizienz gibt es ebenfalls einen parodontaltherapeutischen Effekt [3].

Entsprechend sollten alle Patienten mit Parodontitis oder systemischer Vorbelastung intensiv beraten und, wenn immer möglich, behandelt werden. Damit sie danach parodontal stabil bleiben, müssen sie bekanntermaßen in ein lebenslanges Recall eingebunden werden [4]. Zu jeder Sitzung gehört zentral eine sorgfältige Mundhygieneinstruktion, kombiniert mit einer professionellen Zahnreinigung [5]. Wie Axelsson und Lindhe sowie Bastendorf und Laurisch bereits seit den 1970er-Jahren zeigen konnten, gehen mit diesem Konzept zugleich weniger Zähne durch Karies verloren [6,7].

Zähneputzen gegen Diabetes und Herzerkrankungen

Relativ neu ist der wissenschaftliche Nachweis für die oben genannte Lebensweisheit. Eine gute Mundhygiene trägt auch dazu bei, parodontal gesunde Patienten vor systemischen Erkrankungen zu schützen. Eine Rolle könnte hier spielen, dass ein in gesundem Gleichgewicht befindliches orales Mikrobiom sich günstig auf die Gesamtgesundheit auswirkt. So zeigt eine Langzeitstudie aus Korea mit über 160.000 Probanden, dass häufiges Zähneputzen und regelmäßige professionelle Zahnreinigung das Risiko für Vorhofflimmern (10%) und Herzinsuffizienz (12%) senkt [8].

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Ermittelt wurde die Qualität der Mundhygiene unter anderem über die Anzahl verloren gegangener Zähne und gekaufter Zahnbürsten. Eine weitere Studie gibt Hinweise, dass kurzzeitigeres und weniger häufiges Putzen die Funktion von Blutgefäßwänden beeinträchtigt (endotheliale Dysfunktion) [9]. Dies kann wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Ähnliche Ergebnisse wurden für das Risiko gefunden, an Diabetes zu erkranken [10]. Bisher war ein Zusammenhang vor allem für Parodontitis einschließlich therapeutischer Wirkung bekannt (s.o.).

Schon sehr lange wird Schwangeren empfohlen, ihren Mund frühzeitig untersuchen und bei Bedarf behandeln zu lassen. Eine gute Mundhygiene und regelmäßige Prophylaxe einschließlich Instruktion und professioneller Zahnreinigung sind grundsätzlich angezeigt. Bei Entzündungen, z.B. Parodontitis, besteht sonst das Risiko, dass pathogene orale Bakterien und Entzündungsfaktoren auf dem Blutweg zur Plazenta gelangen [11,12]. Ob dadurch das Risiko für Komplikationen oder ein reduziertes Geburtsgewicht steigt, ist nicht im Detail geklärt, jedoch nicht auszuschließen [13]. Ein Merkblatt, auch zur interdisziplinären Zusammenarbeit mit Gynäkologen, enthält ein frei zugänglicher Artikel im Swiss Dental Journal [11] (https://bit.ly/39nRC7l).

Zahnbürsten mit interdentaler Wirkung

Als Hilfsmittel für das persönliche Biofilmmanagement (Mundhygiene) haben sich in neueren Untersuchungen elektrische gegenüber Handzahnbürsten überlegen gezeigt. So wird die Zunahme von Sondierungstiefen und Attachmentverlust besser begrenzt und es gehen im Durchschnitt weniger Zähne verloren [14]. Beim Faktor Gingivitis zeigt eine frisch publizierte systematische Übersicht für Schallzahnbürsten gegenüber manuellen Zahnbürsten einen signifikanten Vorteil [15].

Letzteres könnte dadurch bedingt sein, dass Schallzahnbürsten Nischen erreichen, die für andere Bürsten nicht zugänglich sind [16]. Hinzu kommt, dass sich raue Wurzeloberflächen und interdentale Übergänge vom Schmelz zur Wurzel mit konventionellen Zahnbürsten nur schwierig reinigen lassen. Entsprechend verbesserten sich Entzündungswerte und Sondierungstiefen bei Parodontitis-Patienten mit einer Schallzahnbürste signifikant stärker als mit anderen Zahnbürsten [17,18].

Abb. 1: Schallzahnbürsten entfernen bei korrekter Anwendung signifikant mehr Plaque als Handzahnbürsten. Die hier gezeigte Bürste wird in einem Winkel von ca. 45° zur Gingiva mit wenig Druck in die Interdentalräume geführt, gefolgt von einer Auswischbewegung. Philips
Abb. 1: Schallzahnbürsten entfernen bei korrekter Anwendung signifikant mehr Plaque als Handzahnbürsten. Die hier gezeigte Bürste wird in einem Winkel von ca. 45° zur Gingiva mit wenig Druck in die Interdentalräume geführt, gefolgt von einer Auswischbewegung.

Laborstudien deuten darauf hin, dass sich diese Ergebnisse auf den hydrodynamischen Effekt hochwertiger Schallzahnbürsten zurückführen lassen (Abb. 1). Demnach wird das flüssige Gemisch aus Speichel und Zahncreme im Mund beschleunigt und dringt bis in die Interdentalräume vor [19]. Eine Studie zeigte entsprechend schon im Jahr 2004, dass die approximale Plaquemenge mit einer Schallzahnbürste allein effektiver entfernt wird als mit einer Handzahnbürste plus Zahnseide oder einer rotierend- oszillierenden Zahnbürste [20].

Weiterhin erwies sich die Fluoridkonzentration der approximalen Plaque für die Schallzahnbürste am höchsten, was eine kariespräventive Wirkung erwarten lässt. Schallzahnbürsten reduzieren zudem effektiv entzündungsbezogene Biomarker [21]. Dies wirkt sich, wie oben beschrieben, auf die parodontalen Gewebe aus. Ob zusätzlich ein Effekt auf die allgemeine Gesundheit vorhanden ist, lässt sich derzeit nur schwierig nachweisen.

Interdental gegen Parodontitis-Bakterien

Experten der European Federation of Periodontology (EFP) sind sich einig, dass die Interdentalhygiene für die parodontale Gesundheit sehr wichtig ist [5,22]. Wie Zähneputzen zeigt sie einen unabhängigen präventiven Nutzen [23]. Entsprechend reduzierte sich die Blutungsrate bei jungen Patienten mit Gingivitis durch 3-monatige Anwendung von Interdentalbürsten um 85% [24]. Zugleich nahm der Anteil parodontal-pathogener Bakterien signifikant ab, darunter die auch an Herz-Kreislauf-Erkrankungen beteiligte Spezies P. gingivalis. Dagegen stieg der Anteil „gesunder“ Bakterien signifikant [24].

Abb. 2: Mit beschleunigten Mikrotröpfchen lassen sich Interdentalräume auch bei Zeitmangel oder manueller Einschränkung effektiv sauber halten. Philips
Abb. 2: Mit beschleunigten Mikrotröpfchen lassen sich Interdentalräume auch bei Zeitmangel oder manueller Einschränkung effektiv sauber halten.

Für die Interdentalreinigung gelten Interdentalraumbürstchen als Stand der Technik, bei engen Zwischenräumen eher Zahnseide [25]. Für elektrisch betriebene Hilfsmittel gibt es noch keine Empfehlungen. Das einzige bisher verfügbare Produkt, das mit Hochgeschwindigkeits- Mikrotröpfchen arbeitet (Abb. 2), zeigte in einer klinischen Studie über einen Zeitraum von 4 Wochen eine ähnliche Plaque- und Entzündungsreduktion wie Zahnseide [26].

In Kombination mit einer antibakteriellen Lösung (CPC und ätherische Öle) entfernte der feine Sprühnebel mit 3-fach-Sprühstoß in vitro bis zu 99% der „approximalen“ Plaque [27]. Patienten beurteilen die Anwendung im Vergleich zu Zahnseide als einfacher [26]. Dies könnte ein wichtiger Faktor besonders bei manuellen Einschränkungen sein.

KFO- und Implantatpatienten

Auch spezielle Patientengruppen profitieren von der Kombination einer Schallzahnbürste mit geeigneten Bürstenköpfen und maschineller Interdentalreinigung. So hatten junge Patienten mit orthodontischen Brackets signifikant geringere gingivale Blutungswerte als bei Verwendung von Handzahnbürsten plus Zahnseide mit Einfädelhilfe (Abb. 3a und b) [28]. Die Ergebnisse könnten zum Teil darauf beruhen, dass Schallzahnbürste und Mikrotröpfchen-Technologie die festsitzenden kieferorthopädischen Behandlungsgeräte aus Metall oder Keramik effektiv und zugleich schonend umspülen und reinigen. In Bezug auf elektrische Zahnbürsten wurde der Nutzen für kieferorthopädische Patienten in einer systematischen Übersicht bestätigt [29].

Abb. 3a u. b: Bei Patienten mit Brackets und anderen festsitzenden Apparaturen zeigte sich eine Kombination von Schallzahnbürste und Mikrotröpfchen-Gerät bei der Kontrolle gingivaler Entzündung effektiver als eine Handzahnbürste plus Zahnseide. Dr. Andreas Benecke, Elmshorn
Abb. 3a u. b: Bei Patienten mit Brackets und anderen festsitzenden Apparaturen zeigte sich eine Kombination von Schallzahnbürste und Mikrotröpfchen-Gerät bei der Kontrolle gingivaler Entzündung effektiver als eine Handzahnbürste plus Zahnseide.
Abb. 3b. Dr. Andreas Benecke, Elmshorn
Abb. 3b.

Gute Erfahrungen mit Schallzahnbürsten und Mikrospray-Geräten machen nach Praxisberichten auch Implantatpatienten (Abb. 4a und b). Ohne dass dies bisher in Studien bestätigt wurde, könnte eine regelmäßige Anwendung die häufig komplizierten und daher schwierig zu erreichenden Abutments und Implantat-Restaurationen besser reinigen als rein mechanische Hilfsmittel. Wie bei parodontal vorbelasteten Patienten würde hier wahrscheinlich die Hydrodynamik eine wichtige Rolle spielen. Weiter erforscht werden in diesem Zusammenhang Veränderungen des Biofilms und von Entzündungsfaktoren.

Abb. 4a u. b: Implantatpatienten können mit Schallzahnbürste und Mikrotröpfchen-Gerät auch komplexe prothetische Bauteile effektiv sauber halten. Im gezeigten Beispiel erfolgte zunächst eine professionelle Zahnreinigung. Dr. Andreas Benecke, Elmshorn
Abb. 4a u. b: Implantatpatienten können mit Schallzahnbürste und Mikrotröpfchen-Gerät auch komplexe prothetische Bauteile effektiv sauber halten. Im gezeigten Beispiel erfolgte zunächst eine professionelle Zahnreinigung.
Abb. 4b. Dr. Andreas Benecke, Elmshorn
Abb. 4b.

Für die Kombination von Schallzahnbürste und interdentalem Mikrotröpfchen-Gerät zeigte eine Praxisbeobachtungs-Studie, dass sowohl Plaque, als auch Gingivitis sehr effektiv reduziert werden [30].

Schlussfolgerungen

Die Bedeutung einer guten Mundhygiene geht weit über die Vorbeugung gegen Parodontitis und Karies hinaus. Nach neuen Erkenntnissen wirkt sie als unabhängiger Faktor zugleich präventiv gegen systemische Erkrankungen, z.B. Diabetes und Herz- Kreislauf-Leiden. Hilfsmittel, die den intraoralen Biofilm optimal kontrollieren, reduzieren zugleich Entzündungsvorgänge im Mund und im ganzen Körper. Schallzahnbürsten haben sich durch ihren speziellen Mechanismus als wirksam erwiesen.

„Die Eigenbewegung elektrischer Zahnbürsten kann die Reinigung unterstützen“

Prof. Dr. Nadine Schlüter, Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Universität Freiburg, antwortet auf wichtige Mundhygienefragen.

Frau Professor Schlüter, Handzahnbürsten reinigen bei guter Systematik und ausreichender Putzdauer ähnlich effektiv wie elektrische Zahnbürsten. Inwiefern bringen Letztere einen Zusatznutzen?

Prof. Dr. Nadine Schlüter: Die Eigenbewegung elektrischer Zahnbürsten kann die Reinigung unterstützen. Vor allem wenn manuelle Einschränkungen vorliegen, kann das sehr hilfreich sein. Für erfolgreiche Ergebnisse müssen Patienten aber eine sorgfältige Mundhygieneinstruktion erhalten, bei der auch eine gute Systematik vermittelt wird. Das gilt unabhängig vom Bürstentyp. Hilfreich kann häusliches Anfärben sein, möglicherweise animieren auch Apps zu einer regelmäßigen und systematischen Mundhygiene.

Ist eine gute Mundhygiene wichtig für die allgemeine Gesundheit?

Prof. Dr. Nadine Schlüter: Diabetes mellitus und Parodontitis beeinflussen sich in klinisch relevanter Weise gegenseitig. Für Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt es klare Assoziationen mit Parodontitis. Besonders wichtig ist eine gute Mundhygiene auch für Menschen mit eingeschränktem Immunsystem. Dadurch lassen sich karies- oder parodontitisbedingte Entzündungsreaktionen vermeiden, die in der Folge auf den Knochen übergreifen können.

Stichwort Karies: Hier wirken Zähneputzen und Interdentalreinigung über die Zufuhr von Fluoriden. Könnte ein gesundes Mikrobiom eine zusätzliche Rolle spielen?

Prof. Dr. Nadine Schlüter: Das Mikrobiom lässt sich insgesamt nur bedingt ändern. Es ist bekannt, dass durch den Konsum niedermolekularer Kohlenhydrate säurebildende und säuretolerante Mikroorganismen zunehmen. Das ist durch eine Zuckerreduktion wieder umkehrbar. Mit Probiotika lässt sich die orale bakterielle Flora vorübergehend günstig beeinflussen, aber ebenfalls nicht dauerhaft.

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