Reinigungseffizienz und Weichgewebsdestruktionen bei Benutzung von Zahnbürsten unterschiedlicher Borstenhärte

Ziel einer randomisierten klinischen Studie an 120 gesunden Freiwilligen im Alter von 18 bis 62 Jahren – durchgeführt an der Universität Witten Herdecke – war es, die Effektivität manueller baugleicher Zahnbürsten mit unterschiedlichen Borstenhärten (hart, mittel und weich) in Bezug auf Plaqueentfernung, die Vorbeugung gegen Gingivitis und die Verursachung von Gingivaläsionen zu untersuchen. Die Untersuchungsmethoden und deren Ergebnisse werden nachfolgend vorgestellt.
Da oraler Biofilm einen essenziellen Faktor für die Entstehung von Karies und Parodontitis darstellt [1,2], ist die effektive Plaqueentfernung eine wichtige präventive Maßnahme bei diesen Erkrankungen. Die deutschen Mundgesundheitsstudien haben im Verlauf der letzten Jahre eine Verbesserung der Mundhygiene gezeigt [3, 6]. Allerdings ging diese Verbesserung mit einer Zunahme von Traumata sowohl an oralen Weich- als auch an Hartgeweben einher, die auf das Zähneputzen zurückzuführen sind [7]. Angesichts dieser Entwicklung empfehlen Zahnärzte und Prophylaxepersonal zunehmend Zahnbürsten mit weichen Borsten. Klinische Studien haben bislang gute Resultate für eine Zahnbürste mit konisch zulaufenden weichen Borsten insbesondere an schwer zu erreichenden Stellen wie Approximalflächen gezeigt [8, 9]. Auch ist belegt, dass eine Handzahnbürste mit derartigen Borsten parodontale Taschen besser reinigt als eine ADA-Referenzzahnbürste [10]. Andererseits wird der Einfluss der Borstenhärte auf Abrasionen im Bereich der Gingiva kontrovers diskutiert [11, 12]. Es besteht kein Zweifel daran, dass Traumata an oralen Hartund Weichgeweben vermieden werden sollen, aber es ist ebenso zweifelsfrei, dass die plaqueassoziierten Erkrankungen Karies und Parodontitis nach wie vor die wesentliche Bedrohung für die Mundgesundheit darstellen.
Daher muss die generelle Empfehlung weicher Zahnbürsten insofern kritisch betrachtet werden, als bis heute nicht belegt ist, dass Zahnbürsten gleicher Bauart, aber mit unterschiedlichen Borstenhärten, tatsächlich auch gleich gut reinigen. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, die Effektivität manueller baugleicher Zahnbürsten mit unterschiedlichen Borstenhärten (hart, mittel und weich) in einer klinischen Studie in Bezug auf Plaqueentfernung, die Vorbeugung von Gingivitis und die Verursachung von Gingivaläsionen zu untersuchen.
Es wurde die Hypothese formuliert, dass eine Zahnbürste mit harten Borsten besser reinigt als eine Zahnbürste mit weichen Borsten, aber auch zu einer höheren Anzahl von Gingivaläsionen führt. Die Daten der vorliegenden Studie wurden bereits an anderer Stelle publiziert [13].
Material und Methode
Studienpopulation
120 gesunde Freiwillige (65 weiblich, 55 männlich) im Alter von 18 bis 62 Jahren nahmen an dieser randomisierten klinischen Studie teil. Die Gruppengrößen wurden auf der Grundlage vorangegangener Studien festgelegt [14]. Schwangere, Diabetiker, Patienten mit schwerer Parodontitis, Patienten, die im Zeitraum von 2 Wochen vor der Studie Antibiotika oder entzündungshemmende Medikamente genommen hatten, Träger von herausnehmbarem Zahnersatz und Patienten mit weniger als 16 nicht überkronten Zähnen wurden nicht in die Studie aufgenommen. Eine schwere Parodontitis lag definitionsgemäß bei einem der folgenden Befunde vor: Taschentiefen > 5 mm oder Rezessionen > 5 mm an mindestens 3 Zähnen [15]. Zahnmedizinisches Personal sowie Zahnmedizinstudenten wurden ebenfalls nicht in die Studie aufgenommen. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf genehmigt (# 2666).
Randomisierung
Alle Teilnehmer hatten bei der Screeninguntersuchung einen Papillenblutungsindex (PBI) [16] pro Zahn ? 0,5 und einen Quigley-Hein-Plaque-Index (QHI) [17] pro Zahn ? 2,0. Die Screeninguntersuchung diente gleichzeitig als Eingangsuntersuchung und schloss weitere Indizes ein: den Modifizierten Approximal Plaque Index (MAPI) [14] sowie den Gingiva-Abrasions-Index nach Danser (DI) [18]. Unter Zugrundelegung einer Stratifizierung nach Alter, Geschlecht und PBI (8 Strata) wurden die 120 Teilnehmer im Rahmen einer Blockrandomisierung auf 3 Gruppen mit jeweils 40 Probanden verteilt. Die Randomisierung wurde von einer Person vorgenommen, die nicht in die Studie involviert war (EH).
Intervention und Datenerhebung
An die Screeninguntersuchung schloss sich eine professionelle Zahnreinigung zur Entfernung von Plaque und Zahnstein an. Um standardisierte Bedingungen zu gewährleisten, benutzte jeder Proband die gleiche Zahnpasta (Dr. Best Multi Aktiv- Zahncreme®, GlaxoSmithKline, Bühl) und eine neue Handzahnbürste gemäß seiner Gruppenzugehörigkeit. Die Probanden der 3 Gruppen (jeweils n = 40) erhielten jeweils baugleiche manuelle Zahnbürsten mit unterschiedlichen Borstenhärten (Dr. Best plus hart (Gruppe 1), mittel (Gruppe 2) und weich (Gruppe 3), GlaxoSmithKline, Bühl). Jeder Proband erhielt eine zweiminütige Instruktion in der Anwendung der modifizierten Bass-Technik durch eine Person, die nicht in die Studie involviert war (EH). Die Zahnputzzeit wurde auf zweimal täglich 2 Minuten festgesetzt. Um die Putzzeit zu kontrollieren, erhielt jeder Proband einen digitalen Kurzzeitwecker. 4 und 8 Wochen nach der Eingangsuntersuchung wurden die Indizes erneut erhoben. Weisheitszähne wurden aus der Erhebung ausgeschlossen. Während der gesamten Studiendauer war die Benutzung von Mundspüllösungen, Fluoridgels und Hilfsmitteln zur Reinigung der Interdentalräume untersagt. Lediglich ein Zahnstocher durfte zur Entfernung von Speiseresten verwendet werden. Alle Untersuchungen wurden untersucherblind durch nur einen Untersucher (MÖ) durchgeführt. Die Reproduzierbarkeit der Erhebungen wurde durch wiederholte Messungen der Indizes überprüft und ergab Kappa-Koeffizienten von 0,912 (MAPI) und 0,807 (QHI) (Cohen´s k-Test, p < 0,001).
Statistik
Die statistische Analyse erfolgte mit SPSS 17.0. Mithilfe des Kolgomorov-Smirnov-Tests wurden alle Daten der Indizes auf Normalverteilung geprüft. Vergleiche zwischen den 3 Gruppen erfolgten mit ANOVA und Bonferroni Nachtestung. Unterschiede im Danser-Index wurden mithilfe eines chi²-Tests analysiert.
Resultate
Alle Probanden konnten in die abschließende Datenanalyse einbezogen werden. Das Durchschnittsalter lag bei 36,3 Jahren. Geschlechterverteilung und Alter unterschieden sich nicht zwischen den 3 Gruppen. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen 1-3 sowie den Tabellen 1-4 dargestellt.
Nach 8 Wochen war der QHI insgesamt, vestibulär und oral in der Gruppe, in der harte Zahnbürsten verwendet wurden, signifikant niedriger, d. h. die Plaqueentfernung besser, als bei den Benutzern der weichen Zahnbürsten (p < 0,001; p < 0,05; p < 0,001). Außerdem wurde nach 8 Wochen für die harten Zahnbürsten im Vergleich zu den mittelharten oral ein statistisch signifikant niedrigerer QHI ermittelt (p < 0,01) (Abb. 1, Tab. 1).
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Abb. 1: Veränderungen des QHI gesamt nach 4 und 8 Wochen in Abhängigkeit von der Zahnbürstenhärte.
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Tab. 1: Veränderungen des QHI nach 4 und 8 Wochen in Abhängigkeit von der Borstenhärte. Gruppen mit dem gleichen Buchstaben sind statistisch signifikant verschieden: *p < 0,05, ‡p < 0,01, †p < 0,001.
Die Testpersonen, die die Zahnbürsten mit harten Borsten verwendeten, zeigten sowohl nach 4 als auch nach 8 Wochen höhere PBI-Werte im Vergleich zu den Benutzern mittlerer und weicher Borsten (p < 0,001). Die Anwender der weichen Zahnbürsten wiesen im gesamten Studienverlauf im Vergleich zu den harten und mittleren Borsten die niedrigsten PBI-Werte auf (p < 0,01) (Abb. 2, Tab. 2).
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Abb. 2: Veränderungen des PBI nach 4 und 8 Wochen in Abhängigkeit von der Zahnbürstenhärte.
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Tab. 2: Veränderungen des PBI nach 4 und 8 Wochen in Abhängigkeit von der Borstenhärte. Gruppen mit dem gleichen Buchstaben sind statistisch signifikant verschieden: *p < 0,01, ‡p < 0,001.
Interdental (MAPI) wurde nach 8 Wochen statistisch signifikant weniger Plaque für die harten im Vergleich zu den weichen Zahnbürsten nachgewiesen (p < 0,05) (Abb. 3, Tab. 3).
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Abb. 3: Veränderungen des MAPI nach 4 und 8 Wochen in Abhängigkeit von der Zahnbürstenhärte.
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Tab. 3: Veränderungen des MAPI nach 4 und 8 Wochen in Abhängigkeit von der Borstenhärte. Gruppen mit dem gleichen Buchstaben sind statistisch signifikant verschieden: *p < 0,05.
Zum Zeitpunkt der Eingangsuntersuchung war der Danser-Index zwischen den 3 Gruppen nicht statistisch signifikant verschieden. Nach 4 und 8 Wochen wiesen die Benutzer der harten Zahnbürsten mehr gingivale Läsionen auf als die Benutzer der mittleren und weichen Zahnbürsten (p < 0,01), wohingegen kein Unterschied zwischen den beiden letztgenannten Gruppen vorlag.
Diskussion
In der Absicht, die häusliche Mundhygiene zu verbessern, wurden viele Typen manueller und elektrischer Zahnbürsten entwickelt. In einer Metaanalyse wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass elektrische Zahnbürsten mit rotierend-oszillierenden Bewegungen Plaque und Gingivitis stärker reduzieren als Handzahnbürsten [19]. Allerdings sind Handzahnbürsten in Deutschland mit rund 80 % in allen Altersgruppen immer noch die am häufigsten benutzten Zahnbürsten [20].
In der vorliegenden Studie wurde gezeigt, dass eine Zahnbürste mit harten Borsten mehr Plaque von freien Glattflächen (QHI) und aus Interdentalräumen (MAPI) entfernt als die gleiche Zahnbürste mit weichen Borsten. Die Resultate für die mittelharte Zahnbürste lagen dazwischen, was für eine „Dosis-Wirkungs-Beziehung“ in Bezug auf die Borstenhärte spricht.
Da die positive Korrelation zwischen Plaque und Gingivitis gut dokumentiert ist [1], wurden für den PBI ähnliche Resultate wie für die Plaqueindizes erwartet. Im Gegensatz dazu war der PBI jedoch in der Gruppe mit den weichen Zahnbürsten sowohl nach 4 als auch 8 Wochen signifikant reduziert, während er in der Gruppe mit den harten Zahnbürsten im gleichen Zeitraum anstieg. Diese Tatsache mag darin begründet sein, dass die harten Borsten das Epithel der Interdentalpapille abradierten und somit für eine Blutungsneigung prädisponierten. Die Resultate des Danser- Index (Tab. 4) belegen die Epithelabrasion. Dieser Zusammenhang sollte weiter untersucht werden, da er einen beträchtlichen Einfluss auf die Eignung des PBI als Instrument für die Motivierung zur häuslichen Mundhygiene haben könnte.
Die Nullhypothese der vorliegenden Studie (Zahnbürsten mit weichen Borsten sind ebenso effektiv wie solche mit harten Borsten) wurde zugunsten der Arbeitshypothese verworfen. Die Studie untersuchte die Effektivität und mögliche Nebenwirkungen von Handzahnbürsten des gleichen Typs, aber mit unterschiedlichen Borstenhärten. In einer anderen Studie wurden weiche Zahnbürsten mit einer ADA-Standardzahnbürste verglichen. Diese ist jedoch nicht nur in Bezug auf die Borstenhärte, sondern auch im Hinblick auf das gesamte Bürstendesign verschieden von der Testzahnbürste [21]. Daher muss davon ausgegangen werden, dass nicht nur die Borstenhärte, sondern auch das Zahnbürstendesign einen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hatte. Die vorliegende Studie wurde untersucherblind in einem Paralleldesign durchgeführt. Zur Eingangsuntersuchung waren die 3 Gruppen in Bezug auf die untersuchten Indizes gut balanciert. Ein Vorteil des Paralleldesigns im Vergleich zu einem Cross-over-Design liegt darin, dass jeder Proband jedes Produkt nur einmal verwendet und daher keine Entscheidung, ob bewusst oder unbewusst, für ein einzelnes Produkt treffen kann. Allerdings hat jedes Individuum seine spezielle Vorgeschichte in Bezug auf die Benutzung von Zahnbürsten und unternimmt möglicherweise einen Vergleich mit den zuvor verwendeten Produkten. Dieser Vergleich kann durchaus einen Einfluss auf die Motivierung zur Verwendung des zugewiesenen Testproduktes haben („Meine eigene Zahnbürste gefällt mir besser/schlechter“). Falls ein solcher Effekt in der vorliegenden Studie vorhanden gewesen sein sollte, dürfte er sich jedoch über die 3 Gruppen gleichmäßig verteilt und somit das Ergebnis nicht beeinflusst haben.
Fazit
Die vorliegende Studie liefert neue Informationen über den Einfluss der Borstenhärte von Zahnbürsten auf deren Reinigungseffektivität einerseits und mögliche Nebenwirkungen durch Epithelabrasionen anderseits. Es kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass Zahnbürsten mit harten Borsten Plaque in klinisch relevantem Umfang besser entfernen als Zahnbürsten mit weichen Borsten, aber auch zu einem erhöhten Auftreten von Zahnfleischverletzungen führen. Diese Erkenntnis sollte in der Patientenberatung zum Thema Mundhygiene ihren Niederschlag finden. Den Patienten mit schlechter Mundhygiene ohne Putzdefekte sollte eher eine harte Zahnbürste empfohlen werden, wohingegen bei Patienten mit guter Mundhygiene bei gleichzeitig vorhandenen Putzdefekten eine weiche Zahnbürste empfohlen werden kann. Wenn der Patient nicht exakt klassifiziert werden kann, kann eine Zahnbürste mit mittelharten Borsten die Lösung darstellen.
Die Studie wurde von GlaxoSmithKline Consumer Healthcare, Bühl, Deutschland, unterstützt. Die Autoren danken Frau Dr. Eva Hick für ihre Mitarbeit in der Studie.
- 1 Prof. Dr. Stefan Zimmer, 2Dr. Metin Öztürk, 1Prof. Dr. Claudia R. Barthel, 1PD Dr. Mozhgan Bizhang, 3PD Dr. Rainer A. Jordan
- 1 Universität Witten/Herdecke, Abt. für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin, Alfred-Herrhausen-Straße 50, 58448 Witten
- 2 Private Praxis, Ruhrstraße 17, 58452 Witten, Germany
- 3 Universität Witten/Herdecke, Abt. für Präklinische Zahnmedizin, Alfred- Herrhausen-Straße 50, 58448 Witten

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