Prophylaxe


Der Gingivitis-Patient in der Prophylaxe

Schöne Zähne sind nicht nur eine Frage der Ästhetik, sondern vor allem der Gesundheit. Heutzutage können durch gezielte Vorsorgemaßnahmen die eigenen Zähne bis ins hohe Alter erhalten werden. Im Rahmen der letztjährigen Dentalmesse in Frankfurt präsentierte Dentalhygienikerin Julia Haas B. Sc. u.a. einen Patientenfall einer generalisierten Gingivitis.

Zwei der häufigsten oralen Erkrankungen sind die Gingivitis und die Karies. Potenziell pathogene Keime, die sich im Verbund des dentalen Biofilms vermehren und nicht ausreichend entfernt werden, sind meist deren gemeinsame Ursache. Wird die dentale Plaque über einen längeren Zeitraum belassen, produzieren die Bakterien Substanzen, die im Zahnfleisch eine Abwehrreaktion des Immunsystems hervorrufen können, was zu einer akuten Gingivitis führt. Wird die Plaque im Rahmen des individuellen Mundgesundheitscoachings (IMC) entfernt, umgangssprachlich PZR genannt, und anschließend eine gründliche Mundhygiene praktiziert, ist eine Gingivitis in der Regel reversibel.

Patientenfall: Generalisierte Plaque-induzierte Gingivitis

Eine 23-jährige Zahnmedizinstudentin stellte sich zur zahnärztlichen Kontrolle und mit dem Wunsch nach einem IMC in der Praxis vor. Im Rahmen der Anamneseerhebung wurde ein guter allgemeiner Gesundheitszustand festgestellt. Die Patientin gab an, allergiefrei zu sein und Kontrazeptiva einzunehmen. Ihr letzter Zahnarztbesuch lag bereits ein Jahr zurück; die Patientin erschien bis dato nur unregelmäßig zum Recall. Zur häuslichen Mundhygiene verwendet sie eine elektrische Zahnbürste; die Reinigung der Interdentalräume führte sie unregelmäßig bis nie durch. Der extraorale Befund zeigte sich unauffällig. Intraoral wurde eine Rötung und Schwellung der marginalen Gingiva festgestellt (Abb. 1), beidseitig waren die Interkalarlinie, leichte Zungenimpressionen sowie eine Schleimhautläsion zu erkennen (Abb. 2). Uns zeigte sich ein konservierend versorgtes Erwachsenengebiss und alle Zähne reagierten positiv auf die Vitalitätsprüfung. Klinisch wurde neben generalisierter Plaque Zahnstein sowie Attritionen festgestellt. Die Bissflügelaufnahmen zeigten keine Besonderheiten (Abb. 3 und 4).

  • Abb. 1: Ausgangssituation vor Behandlung.
  • Abb. 2: Schleimhautläsion Gaumen, Regio 24, 25.
  • Abb. 1: Ausgangssituation vor Behandlung.
    © Julia Haas B. Sc.
  • Abb. 2: Schleimhautläsion Gaumen, Regio 24, 25.
    © Julia Haas B. Sc.

  • Abb. 3 u. 4: Die Bissflügelaufnahmen weisen keine Besonderheiten auf.
  • Abb. 3 u. 4: Die Bissflügelaufnahmen weisen keine Besonderheiten auf.
    © Julia Haas B. Sc.

Zur Beurteilung des parodontalen Zustands wurde der Parodontale Screening Index (PSI) aufgenommen. Die Plaqueakkumulation wurde mit dem Approximalraum-Plaque-Index (API) und zur Beurteilung der gingivalen Situation der Sulcus-Blutungs-Index (SBI) erhoben. Bei der Patientin wurde eine generalisierte Gingivitis – mehr als 30% der marginalen Gingiva war betroffen – diagnostiziert.

Um die Grundlage für eine erfolgreiche Therapie zu schaffen und die Compliance der Patientin zu fördern, wurde die Patientin zunächst über die Ätiologie und Therapie der Gingivitis aufgeklärt. Anschließend erfolgte eine Instruktion nach der Tell-Show-Do- Methode (erklären, zeigen, [nach-]machen) und die Motivation zur effektiven Mundhygiene [1].

Für die häusliche Mundhygiene wurde der Patientin die tägliche 3-fach-Prophylaxe empfohlen:

  1. die mechanische Reinigung mit der elektrischen Zahnbürste,
  2. die Interdentalraumpflege sowie
  3. eine chemische Biofilmkontrolle mittels einer antibakteriellen Mundspüllösung (z.B. Listerine).

An die Instruktion und das individuelle Mundgesundheitscoaching schloss sich sowohl ein supragingivales maschinelles und manuelles Débridement als auch eine Remineralisation der Zähne an. Nach 2 Wochen wurde die Patienten zur Nachkontrolle in die Praxis einbestellt.

Aufgrund der guten Compliance der Patientin hatten sich die 3 erhobenen Indizes jeweils um ca. 50% verbessert. Die marginale Gingiva zeigte sich nun blassrosa und die Prognose für einen langfristigen Erhalt aller Zähne war gut. Im Rahmen dieses Termins wurde ein individuell an die Patientin angepasstes Recallintervall festgelegt.

Zusammenfassung

Um Zähne und Zahnfleisch langfristig gesund zu erhalten, ist neben der effektiven häuslichen Mundhygiene auch die regelmäßige Kontrolle des dentalen Biofilms in der Zahnarztpraxis von Bedeutung. Es zeigt sich, dass viele Patienten den dentalen Biofilm nur unzureichend entfernen. Dadurch können sich Bakterien schneller vermehren und so die Pathogenität des Biofilms erhöhen. Als häusliche Mundhygienestrategie hat sich die tägliche 3-fach-Prophylaxe bewährt. Hierbei wird die mechanische Zahnreinigung mithilfe von Zahnbürste, Interdentalbürste und/ oder Zahnseide, durch die Anwendung einer antibakteriellen Mundspülung, z.B. Listerine, sinnvoll ergänzt. Klinische Studien belegen die antibakterielle Wirkung von Listerine aufgrund der vier enthaltenen ätherischen Öle Eukalyptol, Thymol, Menthol und Methylsalicylat. Die Mundspüllösung dringt tief in den Biofilm ein, sodass dieser gelockert wird und sich löst ? auch an den Stellen, die mit der Zahnbürste und den Interdentalpflegemitteln schlecht zu erreichen sind [2,3]. Dadurch wird eine neue Plaqueakkumulation zeitlich verzögert. Veränderungen der Mundschleimhaut finden nicht statt [4].


Literatur:

[1] Paryab M, Arab Z.: The effect of Filmed modeling on the anxious and cooperative behavior of 4-6 years old children during dental treatment: a randomized clinical trial study. Dent Res J (Isfahan). 2014 Jul;11(4):502-7. doi: 10.4103/1735-3327.139426.
[2] Fine DH et al.: Effect of rinsing with an essential oil-containing mouthrinse on subgingival periodontopathogens. J Periodont 2007; 78: 1935-1942.
[3] Sharma N et al.: Adjunctive benefit of an essential oil-containing mouthrinse in reducing plaque and gingivitis in patients who brush and floss regularly: a six-month study. J Am Dent Assoc 2004; 135(4): 496-504.
[4] Ross NM et al: Long-term effects of listerine antiseptic on dental plaque and gingivitis. The Journal of Clinical Dentistry 1989; 1(4): 92-95.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: B. Sc. Julia Haas


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