Initiative "Gesund im Mund bei Diabetes" – Parodontitis: Hohes Risiko für Diabetespatienten

Parodontitis stellt eine folgenschwere Komplikation des Diabetes dar. Die Wechselwirkungen beider Systemerkrankungen werden jedoch oft unterschätzt. Diabetiker haben aber nicht nur ein dreifach erhöhtes Parodontitisrisiko, bei ihnen schreitet die Parodontitiserkrankung zudem schneller voran und ist stärker ausgeprägt (1,2,3). Umgekehrt stellt auch die Parodontitis selbst einen Risikofaktor für Diabetiker dar. Als chronisch systemische Entzündung wirkt sie sich negativ auf den Diabetes aus, da sie die Insulinresistenz der Gewebe und dadurch die Blutzuckerwerte erhöht und unbehandelt somit das Risiko für andere mit Diabetes assoziierte Folgeerkrankungen ansteigen lässt (4,5). Die zu Anfang des Jahres gegründete Initiative „Gesund im Mund bei Diabetes“ hat sich daher zum Ziel gesetzt, Zahnärzte und Diabetologen für dieses Thema zu sensibilisieren und eine Ergänzung der evidenzbasierten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGP) und der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) zu bewirken. Träger der Initiative sind die Bundeszahnärztekammer und Colgate-Palmolive.
Am 18. Juni 2010 fand in Hamburg die erste interdisziplinäre Fachpressekonferenz der Initiative statt. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, betonte einleitend die Notwendigkeit, die Wechselwirkungen von Parodontitis und Diabetes fächerübergreifend zu vermitteln: "Die Erfahrungen aus dem Versorgungsalltag und die Daten der vierten Deutschen Mundgesundheitsstudie zeigen klare Auffälligkeiten, die einer kausalen wissenschaftlichen Abklärung bedürfen. Die Bedeutung der Mundgesundheit für die Allgemeingesundheit wächst und dafür muss ein Bewusstsein geschaffen werden.“
Risikofaktor erhöhter Blutzuckerspiegel
Die bei Diabetikern durch gestörte Insulinsekretion und/oder gestörte Insulinwirkung hervorgerufene chronische Hyperglykämie fördert die Entstehung von Endprodukten der fortgeschrittenen Glykierung (AGE). Da die Bindung von AGE an Makrophagenrezeptoren eine vermehrte Freisetzung von pro-inflammatorischen Mediatoren wie dem Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNF-alpha) und Interleukin-1 beta (IL-1 beta) stimuliert, werden durch hohe AGE-Konzentrationen Entzündungen gefördert. AGE und ihre Rezeptoren werden als wichtige Faktoren in der Entstehung von diabetischen Folgererkrankungen angesehen wie Mikro- und Makroangiopathien in Form von Retinopathien, Neuropathien, Nephropatien, sowie kardio- und zerebrovaskuläre Folgen wie Myokardinfarkt und Schlaganfall. Bei Diabetikern wurde auch im Parodont eine vermehrte Akkumulation von AGE nachgewiesen, welche die Entstehung einer Parodontitis begünstigen (5).
Auswirkungen der Parodontitis auf den Diabetes
Bei einer Parodontitiserkrankung ist, wie bei einem Diabetes, ein erhöhter Spiegel an Entzündungsmediatoren nicht nur in Sulkusflüssigkeit und Gingiva sondern auch im Blutkreislauf festzustellen (6,7,8). In wissenschaftlichen Studien konnte bereits ein Zusammenhang zwischen Erkrankungen des Parodonts und der koronaren Herzkrankheit beobachtet werden. Die Studien zeigten darüber hinaus, dass parodontale Erkrankungen in gleichem Maße als Risikofaktor angesehen werden müssen, wie Hypertonie, Hyperlipidämie, Übergewicht, fortgeschrittenes Alter und Diabetes mellitus (9,10). Bei Diabetikern, die an fortgeschrittener Parodontitis leiden, ist das Risiko an ischämischen Herzerkrankungen zu sterben um den Faktor 2,3 erhöht gegenüber Diabetikern ohne Parodontitis oder mit einer leichten Form der Erkrankung (11). Eine bestehende schwere Parodontitis erschwert, wie wissenschaftliche Studien belegen, die Einstellung des Blutzuckers bei Diabetikern, da sie die Insulinresistenz der Gewebe erhöht (12). In Studien wurde auch gezeigt, dass eine erfolgreiche Parodontalbehandlung bei Diabetikern zu einer Verringerung der lokalen und systemischen Entzündung führt und somit die Insulinresistenz positiv beeinflussen kann (13,14).
Effektiver Schutz mit Triclosan und PVM/MA Copolymer
Um bei Diabetikern das Parodontitisrisiko zu verringern und somit auch die Gefahr diabetischer Folgeerkrankungen auf ein normales Risiko zu senken, sollte die Parodontitistherapie und Prävention einen hohen Stellenwert in der zahnmedizinischen Versorgung einnehmen. „Wir legen Wert darauf, dass wir die lokalen Entzündungsreaktionen behandeln, sodass dieser Faktor, den wir beeinflussen können, wegfällt, um die Blutzuckerkontrolle des Betroffenen zu verbessern“, so Prof Dr. Jörg Meyle, Universität Gießen. Es empfiehlt sich, vor allem bei Risikopatienten wie Diabetikern, chemische Wirkstoffe unterstützend in der mechanischen Plaquekontrolle einzusetzen. Der nichtionische, antibakterielle Wirkstoff Triclosan, hat sich in klinischen Studien als effektiv in der Hemmung einiger wichtiger Mediatoren der gingivalen Entzündungen erwiesen (15). Wissenschaftliche Studien belegen, dass eine Zahnpaste mit einer Kombination aus 0,3 % Triclosan und 2% eines Copolymer aus Methoxyethylen und Maleinsäure (PVM/MA) bis zu 12 Stunden Plaque und Entzündung auslösende Bakterien bekämpft und somit bei zweimal täglicher Anwendung einen aktiven Schutz vor parodontalen Entzündungen bedingt (16,17). Weitere Studien konnten belegen, dass die Kombination von Triclosan und PVM/MA Copolymer auch Karies, Mundgeruch und Zahnsteinbildung vorbeugt (18,19,20). Außerdem konnte in Studien der Beginn einer Parodontitis hinausgezögert und das Risiko des Fortschreitens einer Parodontitis und die Entwicklung von parodontalen Rezidiven signifikant verringert werden – im Vergleich zu NaF/Sillica Zahnpasten ohne diese Wirkstoffkombination (21,22,23). Die nicht beaufsichtigte Anwendung einer kommerziell erhältlichen Zahncreme, die 0,3 % Triclosan in Verbindung mit 2 % Copolymer enthält, konnte in einer 3-jährigen, doppelblinden, randomisierten Vergleichsstudie den parodontalen Attachementverlust im Vergleich mit der Testgruppe um signifikante 50 % hemmen (19).
Interdisziplinäre Zusammenarbeit gefordert
Aufgrund der Erkenntnisse über die folgenschweren Wechselwirkungen zwischen Diabetes und Parodontitis stellt die Parodontitisprävention und -therapie ein wichtiges Bindeglied zwischen Zahnheilkunde und Diabetologie dar. Zahnmediziner sollten bei Diabetikern das erhöhte Parodontitisrisiko berücksichtigen und in der zahnmedizinischen Behandlung die Einstellung des Blutzuckers, die Länge der Diabeteserkrankung sowie die Prävalenz nicht-oraler Begleiterkrankungen beachten, um schwere parodontale Erkrankungen zu vermeiden und Komorbiditäten entgegenzuwirken (5). In Deutschland leben ca. 6 Millionen registrierte Diabetiker, jedoch ist die Dunkelziffer hoch, da der Diabetes, wie eine Parodontitis, zunächst weitgehend symptomfrei verläuft. „Diabetes ist eine Volkserkrankung mit einer großen Anzahl von Menschen, die mit einer "silent disease" leben. Das gleiche gilt auch für die zahnmedizinische Situation,“ bemerkte Prof. Dr. Dr. Diethelm Tschöpe, Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen, Ruhr Universität Bochum. Verschiedene Symptome, wie häufige oder rezidivierende parodontale Abszesse, unerklärliche Zahnfleischwucherungen, schneller Rückgang des Alveolarknochens und die verzögerte Heilung nach parodontalen Eingriffen können dem Zahnarzt Hinweise auf einen nicht diagnostizierten oder schlecht eingestellten Diabetes liefern (24,25). Weltweit wird eine Zunahme der Erkrankungshäufigkeit bei Diabetes mellitus beobachtet. Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland etwa jeder Dritte im Laufe des Lebens an Diabetes erkranken wird (26). Etwa 40 % der Erwachsenen und Senioren in Deutschland sind im Durchschnitt von einer moderaten Form der Parodontitis betroffen (27). Die Prävalenz von schweren Formen der Parodontitis nimmt zu (zwischen 4-8 % der Erwachsenen und zwischen 14-22 % der Senioren weisen eine Parodontitiserkrankung mit schwerer Ausprägung auf). Umso wichtiger wird die fächerübergreifende und intensivierte Zusammenarbeit von Zahnmedizinern, Internisten und Diabetologen. Professor Dr. med. dent. Jörg Meyle, Universität Gießen betonte daher die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit des Wissenschaftsausschusses der Initiative: „Dass sich zu diesem entscheidenden und wichtigen Thema Experten über die Fachgrenzen hinaus zusammengefunden haben, ist für mich nach über 30 Jahren Praxis ein wichtiger Schritt.“
Der Wissenschaftsausschuss der Initiative „Gesund im Mund bei Diabetes“
Der interdisziplinäre Wissenschaftsausschuss der Initiative „Gesund im Mund bei Diabetes“ besteht aus namhaften Experten aus den Gebieten Parodontologie und Diabetologie. Aus der Zahnmedizin sind das der Vorsitzende Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn), Prof. Dr. James Deschner (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn), Prof. Dr. Thomas Kocher (Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald) und Prof. Dr. Jörg Meyle (Universitätsklinikum Gießen). Die Diabetologie ist vertreten durch den Ehrenvorsitzenden Prof. Dr. Hellmut Mehnert (Lehrkrankenhaus München Schwabing), Prof. Dr. Thomas Haak (Diabetes Zentrum Bad Mergentheim), Prof. Dr. Dr. Diethelm Tschöpe (Herz- und Diabeteszentrum NRW/ Ruhr Universität Bochum) sowie Prof. Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger (Städtisches Klinikum München, Klinikum Bogenhausen). Die Träger der Initiative werden durch den Vizepräsidenten der BZÄK, Dr. Dietmar Oesterreich, Dr. Sebastian Ziller und seitens Colgate-Palmolive durch Dipl.-Biol. Michael Warncke im Wissenschaftsausschuss vertreten.
Weiterführende Informationen auf Anfrage:
Colgate-Palmolive GmbH, Tel. 040 73 19-0
oder unter www.bzaek.de