Parodontologie

Komplexe Entscheidungsfindung in der 3. Therapiestufe praxisnah erklärt

Chirurgische Parodontitistherapie – wann kann, muss oder sollte operiert werden?

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Mit der neuen S3-Leitlinie zur Parodontitistherapie der Stadien I bis III liegt erstmals ein umfassendes Konzept für den gesamten Verlauf der Erkrankung vor. Der therapeutische Stufenplan ermöglicht es, Patienten auf evidenzbasierter Grundlage strukturiert und planmäßig zu behandeln. Anhand der Vielzahl von allein 16 Empfehlungen zur parodontalen Chirurgie wird deutlich, dass die jeweilige Entscheidung zur chirurgischen Therapiewahl komplex sein kann. Daher sollen im Folgenden anhand eines Fallbeispiels einige Empfehlungen der 3. Therapiestufe genauer erläutert und diskutiert werden.

Die moderne Therapie der Volkskrankheit Parodontitis erfolgt nach der aktuellen deutschen Leitlinie auf Basis der adoloptierten Leitlinie der EFP [1] stufenweise. In der 1. Therapiestufe stehen das Erlernen und Fördern einer adäquaten Mundhygiene sowie die Kontrolle und Aufklärung über die Risikofaktoren (insbesondere Nikotinabusus und Diabetes) im Vordergrund. Daran schließen sich die supra- und subgingivale Instrumentierung des entzündeten Parodontiums mit Hand- und/oder maschinellen Instrumenten innerhalb der 2. Therapiestufe an.

Im Rahmen der darauffolgenden parodontalen Reevaluation nach 3 bis 6 Monaten werden erneut alle klinischen Entzündungs- und Destruktionsparameter erhoben. Auf Basis dieses Befundes wird festgestellt, ob weiterer Behandlungsbedarf besteht. So führen progrediente entzündliche Prozesse und/oder das Vorhandensein von erhöhten Sondierungstiefen > 4 mm mit BAS (Bluten auf Sondieren) oder tiefe parodontale Taschen mit Sondierungstiefen ? 6 mm zur Indikation für weiteren Behandlungsbedarf.

Die möglichen Behandlungsoptionen sind neben der erneuten subgingivalen Instrumentierung die chirurgischen Maßnahmen wie Zugangslappenoperationen, resektive und/oder regenerative Eingriffe im Rahmen einer 3. Therapiestufe. Ziel der chirurgischen Parodontitistherapie ist es, die Wurzeloberflächeninstrumentierung unter Sicht durchzuführen, um auch in morphologisch komplexen Bereichen (Wurzeleinziehungen, Furkationen oder schmalen und tiefen Knochentaschen) den subgingivalen Biofilm und mineralisierte Auflagerungen weiter zu eliminieren [2]. Am Endpunkt der aktiven Parodontitistherapie sollten kein Zahn/keine erkrankten Zahnflächen eine Sondierungstiefe > 4 mm mit BAS aufweisen [1].

Jedoch kann bei Patienten mit ausgeprägten Befunden des Stadiums III oder IV dieses Ziel nicht immer an allen Zähnen erreicht werden [3], weshalb Resttaschen einer intensiveren Betreuung in der 4. Therapiestufe der unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) bedürfen [4]. Neben den fachlichen und materiellen Voraussetzungen zur Durchführung parodontalchirurgischer Maßnahmen wird für solche Therapieoptionen aber auch explizit eine schriftliche Patienteneinwilligung benötigt – weshalb es wichtig ist, im Vorfeld den Patienten umfassend über Alternativen, Erfolgsaussichten, Risiken und postoperative Folgen sowie gegebenenfalls über Kontraindikationen der einzelnen Therapieoptionen zu informieren.

Für diese komplexe und patientenindividuelle Entscheidungsfindung bietet die neue S3-Leitlinie auf evidenzbasierter Grundlage eine gute Übersicht aller Therapieoptionen. Sie empfiehlt auf Basis der Übersichtsarbeit von Sanz-Sanchez et al. [5] Patienten nach bereits durchlaufener Stufe 1 und 2 der Parodontitistherapie mit Taschensondierungstiefen von ? 6 mm eine Zugangslappenoperation.

Liegen hingegen nur noch Taschensondierungstiefen von 4 mm (mit BAS) bis 5 mm (mit/ohne BAS) vor, sollte eher eine wiederholte subgingivale Instrumentierung erfolgen [5]. Ebenfalls stellten Sanz-Sanchez et al. [5] fest, dass es keine ausreichende Evidenz zur Empfehlung einer bestimmten Zugangslappentechnik gibt. Jedoch bieten resektive-parodontalchirurgische Eingriffe neben der alleinigen besseren Zugänglichkeit zum Defekt zusätzlich die Möglichkeit, umliegendes Hart- und Weichgewebe zu modulieren, um eine bessere Zugänglichkeit für die häusliche Mundhygiene zu schaffen [6].

Anderseits wird auch bei tiefen Rest- und Knochentaschen ? 3 mm die Empfehlung für regenerative Behandlungen gegeben, unter der Verwendung von Membranen oder Schmelz-Matrix-Proteinen in Kombination mit oder ohne Knochenersatzmaterial [7]. Sofern kein resektives Vorgehen geplant ist, sollte immer ein Lappendesign gewählt werden, welches die interdentalen Gewebe maximal schonend erhält (z.B. Papillenerhaltungslappen) [7,8].

Ebenfalls wird in den Empfehlungen der Leitlinie auf die teils sehr komplexe Behandlung von furkationsbefallenen Molaren mit persistierenden Resttaschen eingegangen. Dabei wird sowohl zwischen den Graden des Furkationsbefalls (FG) als auch zwischen der Lage der Zähne im Oberkiefer oder Unterkiefer unterschieden.

Die Ergebnisse von 2 systematischen Übersichtsarbeiten [9,10] waren Grundlage von Empfehlungen zur Behandlung von Molaren mit FG II und III nach Hamp et al. [11]. Im Detail sollten Unterkiefermolaren mit FG II als auch Oberkiefermolaren mit einem bukkalen FG II regenerativ behandelt werden [9]. Hingegen können bei ausgeprägten Befunden wie multiplen Grad-IIFurkationen in Verbindung mit Resttaschen oder FG III im Ober-/ Unterkiefer resektive Verfahren (Tunnelierungen, Prämolarisierungen, Wurzelamputationen oder auch Teilextraktionen) erwogen werden [10].

Neben dem Grad des Furkationsbefalls weisen die Leitlinienempfehlungen aber auch auf weitere Parameter für die Entscheidungsfindung hin, z.B. individuelle anatomische Gegebenheiten (Lage und Breite des Furkationseinganges, vertikale Dimension [12]) oder patientenindividuelle Aspekte wie Nikotinabusus, suffiziente Mundhygiene und Therapieadhärenz [13].

Fallbericht

Im November 2018 stellte sich eine zum damaligen Zeitpunkt 60 Jahre alte Patientin im Funktionsbereich Parodontologie der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie des UKSH, Campus Kiel, vor. Die Patientin zeigte bei Erhebung der Anamnese keinerlei Vorerkrankungen oder regelmäßige Medikamenteneinnahme und war zeitlebens Nichtraucherin. In der speziellen zahnärztlichen Anamnese stellte sich heraus, dass bereits im Jahr 2012 eine Parodontitistherapie bei ihrem Hauszahnarzt durchgeführt worden war.

Anschließende regelmäßige UPT-Termine wurden nicht von ihr angegeben. Die tägliche häusliche Mundhygiene betrieb die Patientin mit einer oszillierend-rotierenden elektrischen Zahnbürste und Interdentalraumbürsten der ISO-Größe 4 bis 6. In der 1. Sitzung erfolgte die Erhebung eines vollständigen dentalen und parodontalen Befundes (Taschensondierungstiefen [TST], Bluten auf Sondieren [BAS], Rezessionen, Mobilität und Furkationsbefall [FG]). Der Befund zeigte generalisierte erhöhte TST bis zu 11 mm, einen BAS von 29% sowie FG I bis III an den Molaren im Ober- und Unterkiefer.

Der detaillierte klinische Befund ist in Abbildung 1 dargestellt. Nach ausführlicher Aufklärung der Patientin über die Befunde (Index-PISA: 41%; PISA: periodontal inflamed surface area) und die Therapieoptionen wurde im Rahmen der Vorbehandlung die supragingivale professionelle mechanische Plaquereduktion (PMPR) durchgeführt. Zusätzlich wurden die Größen der Interdentalraumbürsten an die anatomischen Verhältnisse angepasst und die Patientin in der Handhabung instruiert (1. Therapiestufe).

  • Abb. 1: Parodontaler Erstbefund (PA-Konzepte Voice GmbH, Sendenhorst, Deutschland) bei Neuaufnahme im November 2018. Als Visualisierungshilfe für die Patientin wurde der PISA-Index verwendet.
  • Abb. 1: Parodontaler Erstbefund (PA-Konzepte Voice GmbH, Sendenhorst, Deutschland) bei Neuaufnahme im November 2018. Als Visualisierungshilfe für die Patientin wurde der PISA-Index verwendet.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz

Im Anschluss fand im Dezember 2018 unter lokaler Anästhesie die subgingivale Instrumentierung (AIT: antiinfektiöse Therapie) aller behandlungswürdigen Zahnfleischtaschen statt (2. Therapiestufe). Bei der Reevaluation im März 2019 konnte an den meisten der vormals erkrankten Stellen eine deutliche Reduktion der TST auf bis zu 4 mm ohne BAS festgestellt werden (BAS: 10%). Lediglich im Bereich der Unterkiefermolaren 36 und 37 sowie 46 und 47 waren persistente erhöhte TST-Werte von bis zu 9 mm vorhanden (Abb. 2).

  • Abb. 2: Parodontalstatus (PA-KONZEPTE, Sendenhorst) bei der 1. Reevaluation im März 2019 nach antiinfektiöser Therapie.
  • Abb. 2: Parodontalstatus (PA-KONZEPTE, Sendenhorst) bei der 1. Reevaluation im März 2019 nach antiinfektiöser Therapie.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz

Über die Befunde wurde die Patientin ausführlich aufgeklärt und mit ihr wurden verschiedene weiterführende Therapieoptionen besprochen. Letztendlich fiel die Entscheidung, an Zahn 37 eine Hemisektion mit Entfernung des distalen Kronen- und Wurzelanteils durchzuführen.

Im 4. Quadranten wurde an Zahn 46 ein regenerativer Eingriff unter der Verwendung von Schmelz-Matrix-Proteinen und an Zahn 47 eine Zugangslappenoperation zur Instrumentierung des Furkationsbereiches unter Sicht geplant. Zusätzlich verbesserte sich die bereits von Beginn an gute MH nochmals, sodass im Rahmen der Reevaluation der nicht-chirurgischen Therapiephase keine nennenswerten Plaqueanheftungen mehr gefunden werden konnten.

Im Anschluss fand im Dezember 2018 unter lokaler Anästhesie die subgingivale Instrumentierung (AIT: antiinfektiöse Therapie) aller behandlungswürdigen Zahnfleischtaschen statt (2. Therapiestufe). Bei der Reevaluation im März 2019 konnte an den meisten der vormals erkrankten Stellen eine deutliche Reduktion der TST auf bis zu 4 mm ohne BAS festgestellt werden (BAS: 10%). Lediglich im Bereich der Unterkiefermolaren 36 und 37 sowie 46 und 47 waren persistente erhöhte TST-Werte von bis zu 9 mm vorhanden (Abb. 2).

Über die Befunde wurde die Patientin ausführlich aufgeklärt und mit ihr wurden verschiedene weiterführende Therapieoptionen besprochen. Letztendlich fiel die Entscheidung, an Zahn 37 eine Hemisektion mit Entfernung des distalen Kronen- und Wurzelanteils durchzuführen.

Im 4. Quadranten wurde an Zahn 46 ein regenerativer Eingriff unter der Verwendung von Schmelz-Matrix-Proteinen und an Zahn 47 eine Zugangslappenoperation zur Instrumentierung des Furkationsbereiches unter Sicht geplant. Zusätzlich verbesserte sich die bereits von Beginn an gute MH nochmals, sodass im Rahmen der Reevaluation der nicht-chirurgischen Therapiephase keine nennenswerten Plaqueanheftungen mehr gefunden werden konnten.

3. Therapiestufe: chirurgische Parodontaltherapie

Der regenerative Eingriff an Zahn 46 wurde geplant, da dieser Zahn neben einem FG II von lingual auch einen tiefen vertikalen Defekt an der distalen Wurzel aufwies (Abb. 3a). Klinisch lagen hier noch TSTWerte von bis zu 9 mm mit BAS vor (Abb. 2).

  • Abb. 3a: Röntgenologischer Befund bei Erstvorstellung im November 2018.
  • Abb. 3a: Röntgenologischer Befund bei Erstvorstellung im November 2018.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz

In einer Meta-Analyse zeigten Nibali et al. [7] auf, dass bei einem regenerativen Eingriff im Vergleich zur ausschließlichen Zugangslappenoperation im Durchschnitt zusätzlich ein CAL-Gewinn (clinical attachment level) von 1,34 mm und eine TST-Reduktion von bis zu 1,20 mm erzielt werden kann. Darüber hinaus würde sich eine Verringerung des Furkationsbefalls von FG II auf FG I oder sogar ein vollständiger Verschluss der Furkation besonders auf die langfristige Prognose des Zahnes positiv auswirken [20]; so kann eine Reduktion des vertikalen CAL von bis zu 1,3 mm im Furkationsbereich erwartet werden [9].

  • Abb. 3b: Röntgenbild Regio 46 und 47 nach abgeschlossener AIT und vor parodontalchirugischer Therapie im April 2019.

  • Abb. 3b: Röntgenbild Regio 46 und 47 nach abgeschlossener AIT und vor parodontalchirugischer Therapie im April 2019.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz
Insbesondere die Kombination unterschiedlicher Defekte am gleichen Zahn führte zur Entscheidung, die Vorteile einer Zugangslappenoperation mit denen eines regenerativen Eingriffs zu kombinieren. An Zahn 47 ließ sich klinisch eine FG II sowohl von bukkal als auch von lingual sondieren, jedoch war die Furkation nicht durchgängig sondierbar, wie es in einem neu angefertigten Zahnfilm zu sehen war (Abb. 3b). Daher wurde parallel zu Zahn 46 eine Erweiterung der Zugangslappenoperation um 47 in die Operationsplanung mit einbezogen.

Eine ergänzende dreidimensionale Aufnahme mittels DVT kann für die chirurgische Planung auch hilfreich sein [21], da die klinische Furkationssondierung und zweidimensionale Röntgenaufnahmen mitunter nur eine begrenzte Aussagekraft durch die komplexe Wurzelmorpholgie von mehrwurzeligen Zähnen erlauben [22]. Im vorliegenden Fall konnte im Rahmen der Zugangslappenoperation eine durchgehende Furkation festgestellt werden, welche dann – wie auch die Wurzeloberflächen der Furkation an Zahn 46 – unter Sicht mittels Schallscaler und spezieller Ansätze für den Furkationsbereich instrumentiert wurde (1AP und 3AP, W&H Dentalwerk Bürmoos GmbH, Bürmoos, Österreich).

Die Nachkontrolle und Nahtentfernung erfolgten 2 Wochen später, wobei gleichzeitig die Furkationspflege an Zahn 47 mittels konischer Interdentalbürste (CPS 15 regular, Curaprox, Curaden GmbH, Stuensee, Deutschland) von bukkal und von lingual instruiert wurde. Weiterhin sollte auf die regelmäßige zusätzliche häusliche Fluoridapplikation, ggf. in Form hoch konzentrierter Fluorid- (> 5000 ppm F–) und Chlorhexidingele (1%) im täglichen Wechsel geachtet werden [23], da hier das Risiko einer Wurzelkaries besonders hoch ist [24].

Im 3. Quadranten erfolgte an einem separaten Termin die Wurzelamputation der distalen Wurzel des Zahnes 37 (Abb. 4a und b). Zwei Tage später erfolgte bei Blutungsfreiheit die Entfernung des distalen Kronenanteils mit Glättung der Schnittfläche für eine gute Reinigungsmöglichkeit (Ziel: geringe Plaqueretention). Die bereits bestehende Suprakonstruktion des Zahnes 37 blieb dadurch anteilig in situ, lediglich die Schnittkante wurde mittels Komposit „abgedeckt“.

  • Abb. 4a: Röntgenologischer Befund des Molarenbereiches des 3. Quadranten bei Erstvorstellung im November 2018.
  • Abb. 4b: Röntgenbild Zahn 37 nach abgeschlossener AIT und Wurzelamputation des distalen Wurzelanteils im Mai 2019 (vor Abtrennen des distalen Kronenanteils mit Glätten der Schnittfläche und
Entfernung des Überhanges).
  • Abb. 4a: Röntgenologischer Befund des Molarenbereiches des 3. Quadranten bei Erstvorstellung im November 2018.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz
  • Abb. 4b: Röntgenbild Zahn 37 nach abgeschlossener AIT und Wurzelamputation des distalen Wurzelanteils im Mai 2019 (vor Abtrennen des distalen Kronenanteils mit Glätten der Schnittfläche und Entfernung des Überhanges).
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz

Im vorliegenden Fallbeispiel war es von Vorteil, dass eine suffiziente Wurzelfüllung bereits vorhanden war, sodass der entsprechende Zahnanteil ohne weitere Vorbehandlungen entfernt werden konnte. Nach weiteren 6 Monaten mit zwischenzeitlicher Kontrolle der häuslichen Mundhygiene sowie Anpassung der Interdentalraumbürsten auf die neu geschaffenen Situationen erfolgte die nächste Reevaluation aller relevanten Parameter im Rahmen der UPT. Klinisch ließ sich insbesondere im Bereich der Molaren des 3. und 4. Quadranten eine deutliche Verbesserung der TST-Werte auf maximal 5 mm ohne BAS feststellen (Abb. 5).

  • Abb. 5: Parodontalstatus (PA-Konzepte, Sendenhorst) bei der 2. Reevaluation im November 2019 nach chirurgisch-regenerativer Therapie im 4. Quadranten und resektiver Parodontalchirurgie im 3. Quadranten.
  • Abb. 5: Parodontalstatus (PA-Konzepte, Sendenhorst) bei der 2. Reevaluation im November 2019 nach chirurgisch-regenerativer Therapie im 4. Quadranten und resektiver Parodontalchirurgie im 3. Quadranten.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz

Etwas mehr als 1 Jahr nach der chirurgischen Parodontitistherapie wurden erneut alle relevanten klinischen Parameter erhoben und es erfolgte eine röntgenologische Kontrolle des Heilungs- und Regenerationsverlaufs der entsprechenden Zähne im Rahmen des individuell bestimmten Intervalls der UPT. Die TST verbesserten sich ubiquitär auf 3 bis 4 mm ohne BAS (Abb. 6). In den ersten 6 Monaten nach der Therapiestufe 3 erfolgte die UPT vierteljährlich, nach der o.g. Reevaluation wurden die Abstände auf ein halbjährliches Intervall angepasst. Dadurch ist neben der Kontrolle der parodontalen Situation auch eine engmaschige Überwachung der kariesgefährdeten Bereiche (z.B. Furkationen) möglich.

  • Abb. 6: Parodontalstatus (PA-Konzepte, Sendenhorst) etwa 1 Jahr nach chirurgischer Therapie.
  • Abb. 6: Parodontalstatus (PA-Konzepte, Sendenhorst) etwa 1 Jahr nach chirurgischer Therapie.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz

Eine röntgenologische Verlaufskontrolle zeigte 1 Jahr nach chirurgischer Maßnahme im 4. Quadranten an Zahn 46 eine knöcherne Heilung des Furkationsbereiches und der distalen Knochentasche (Abb. 7). Klinisch konnte an Zahn 46 nur noch ein FG I von vestibulär und oral sondiert werden.

Die durchgehende Furkation an Zahn 47 war der häuslichen Mundhygiene zugänglich und der Knochenverlauf erschien röntgenologisch stabilisiert (Abb. 7a). Röntgenologisch ist in Regio 37 ebenfalls im distalen Bereich eine deutliche knöcherne Regeneration sichtbar (Abb. 7b). Aufgrund der Entfernung des distalen Zahnanteils besteht nun an Zahn 37 kein Furkationsbefall mehr und der Bereich kann häuslich von der Patientin deutlich einfacher gereinigt werden.

  • Abb. 7a: Röntgenologischer Befund etwa 1 Jahr nach parodontalchirurgischem-regenerativem Eingriff an Zahn 46 und Zugangslappenoperation an 47 inklusive subgingivaler Instrumentierung und anschließender häuslicher intensiver Furkationspflege.
  • Abb. 7b: Röntgenologischer Befund etwa 1 Jahr nach parodontalchirurgischem-resektivem Eingriff an Zahn 37.
  • Abb. 7a: Röntgenologischer Befund etwa 1 Jahr nach parodontalchirurgischem-regenerativem Eingriff an Zahn 46 und Zugangslappenoperation an 47 inklusive subgingivaler Instrumentierung und anschließender häuslicher intensiver Furkationspflege.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz
  • Abb. 7b: Röntgenologischer Befund etwa 1 Jahr nach parodontalchirurgischem-resektivem Eingriff an Zahn 37.
    © Dr. M. Cyris, Prof. Dr. Ch. Graetz

Zusammenfassung

Die Empfehlungen der neuen S3-Leitlinie zur Behandlung von Parodontitiden des Stadiums I bis III bieten eine gute Grundlage für eine differenzierte und evidenzbasierte Therapieentscheidung. Insbesondere die klare Aufforderung, erhöhte TST nach abgeschlossener Stufe 2 nicht als gegeben hinzunehmen, ergibt die Möglichkeit, auch mehrwurzelige Zähne längerfristig stabilisieren zu können. Dies kann vielen Patienten zugutekommen, die an eine moderne Zahnmedizin neben dem reinen Zahnerhalt auch weitere Ansprüche wie die einer guten oralen Lebensqualität stellen [25].

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Miriam Cyris - Dr. Christian Graetz


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