Kinderzahnheilkunde

Neue Behandlungsmethode für Initialkaries imitiert natürliche Schmelzbildung

Schmelz bei Kindern regenerieren statt opfern

Nach Auftragen von Curodont Repair bildet sich im Schmelzdefekt ein organisches Gerüst. An diesem wachsen in der Folge neue Hydroxylapatit-Kristalle – ähnlich wie bei der natürlichen Zahnbildung. (Transmissionselektronenmikrografie TEM: Lucy Kind) [1
Nach Auftragen von Curodont Repair bildet sich im Schmelzdefekt ein organisches Gerüst. An diesem wachsen in der Folge neue Hydroxylapatit-Kristalle – ähnlich wie bei der natürlichen Zahnbildung. (Transmissionselektronenmikrografie TEM: Lucy Kind) [1

Bei Kindern fällt es besonders schwer, Zähne invasiv zu behandeln. Fluoride oder andere Substanzen wirken oberflächlich und halten den Mineralverlust bestenfalls auf. Mithilfe der gesteuerten Schmelzregeneration lassen sich Defekte dagegen auch in der Tiefe wieder aufbauen. Die patientenfreundliche Anwendung kann auch von Assistenzpersonal durchgeführt werden.

Füllungstherapie ist bekanntlich nicht reversibel und führt über die Jahre zu immer größeren Defekten. Besonders bitter ist, wenn der restaurative Zyklus schon im Kindesalter beginnt. Wann muss aber eine initiale Karies behandelt werden und wann kann abgewartet werden? Entscheidungsgrundlage ist eine saubere Diagnostik [1,2], die das individuelle Kariesrisiko einschließt [3,4]. Fällt die Entscheidung für eine präventive Therapie, muss zunächst für ein zahnfreundlicheres Verhalten von Patient oder Patientin gesorgt werden. Der Basisschutz durch zweimal tägliches Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahncreme kommt nur bei akzeptablen Ernährungsgewohnheiten zum Tragen [5]. Weiterhin sind das individuelle orale Ökosystem (Speichel, Mikroflora) und weitere Faktoren zu berücksichtigen, zum Beispiel genetisch bedingtes Risiko [6].

Regeneration bis in den Defekt 

Initiale Schmelzschäden lassen sich laut Anbieterinformationen mit einer Vielzahl von Lacken, Pasten und anderen Darreichungsformen aufhalten oder wieder reparieren. Gemeinsam ist allen Produkten, dass sie nur oberflächliche Effekte erzielen [7]. So beeinflusst der kariespräventive Goldstandard Fluorid das Mineralisationsgleichgewicht in günstiger Weise, aber nur an der Schmelzoberfläche bis maximal 40 µm (0,04 mm) Tiefe [8]. Zerstörte Kristalle im sogenannten Läsionskörper, der zum Beispiel bei Approximalkaries bis zu 350 µm unter die Oberfläche reicht [9], werden nicht wieder aufgebaut [10]. Eine Möglichkeit, nicht kavitierte Kariesläsionen erstmals ohne invasive Methoden wieder aufzubauen, ist die geführte Schmelzregeneration (Guided Enamel Regeneration, GER). Hierbei wird die Bildung von neuem mineralisiertem Schmelz angeregt, ähnlich wie bei der primären Zahnbildung (Abb. 1).

  • Mechanismus: Nach Auftragen von Curodont Repair bildet sich im Schmelzdefekt ein organisches Gerüst. An diesem wachsen in der Folge neue Hydroxylapatit-Kristalle – ähnlich wie bei der natürlichen Zahnbildung. (Transmissionselektronenmikrografie TEM: Lucy Kind) [14].

  • Mechanismus: Nach Auftragen von Curodont Repair bildet sich im Schmelzdefekt ein organisches Gerüst. An diesem wachsen in der Folge neue Hydroxylapatit-Kristalle – ähnlich wie bei der natürlichen Zahnbildung. (Transmissionselektronenmikrografie TEM: Lucy Kind) [14].
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Eingeleitet wird der Wachstumsprozess durch eine Biomatrix, an der neue Hydroxylapatit-Kristalle entstehen. Das notwendige Kalzium und Phosphat ist in gesundem Speichel ausreichend vorhanden. Geprägt hat den Begriff GER eine Expertenrunde im Frühjahr 2015 in Berlin, an der unter anderem die Professoren Christian Splieth (Universität Greifswald), Karl-Heinz Kunzelmann (Universität München) und Ulrich Saxer (Prophylaxe Zentrum Zürich) teilnahmen [11]. Die Grundlagen der Methode wurden bereits in den 1990er-Jahren an der Universität Leeds in England erforscht und in der angesehenen Zeitschrift Nature publiziert [12].

Indikationen und Anwendung 

Bei der regenerativen Kariestherapie muss der dynamische Verlauf der De- und Remineralisation mindestens in ein Gleichgewicht überführt werden. Dazu ist es notwendig, dass Patienten ihr Verhalten in Richtung Zahngesundheit ändern. Die unterstützende Verwendung von Fluorid ist nach wie vor empfehlenswert. Die Teilnehmer der Expertenrunde einigten sich für die gesteuerte Schmelzregeneration mit CurodontTM Repair (credentis), dem bisher einzigen für die Methode verwendbaren Produkt, unter anderem auf folgende Indikationen:
• okklusale Schmelzkaries (matte, kreidig-weißliche Verfärbung),
   vor allem bei durchbrechenden 6-Jahr-Molaren
• approximale Schmelzkaries
• initiale Glattflächenkaries, zum Beispiel im Umfeld von
   Brackets, während und nach orthodontischer Behandlung
• initiale Milchzahnkaries

Die Zahnoberfläche wird ähnlich wie bei der adhäsiven Therapie vorbereitet, wobei keine aggressiven Säuren erforderlich und wegen der intakten Schmelzoberfläche keine invasive Maßnahme erfolgt (Abb. 2a u. 2b). Diese Schritte können daher, nach Indikationsstellung durch die Zahnärztin oder den Zahnarzt, problemlos an das Prophylaxepersonal delegiert werden (Abb. 3). Mithilfe eines neu entwickelten Applikators lässt sich CurodontTM Repair bequem auftragen und wirkt 5 Minuten ein. Relative Trockenhaltung genügt.

  • Abb. 2a: Einfache Anwendung: Das wasserlösliche Peptid P11-4 wird nach Vorbereitung der Schmelzoberfläche ...
  • Abb. 2b: ... mit einem Applikator aufgetragen (im Beispiel: approximale Karies) (Foto: credentis).
  • Abb. 2a: Einfache Anwendung: Das wasserlösliche Peptid P11-4 wird nach Vorbereitung der Schmelzoberfläche ...
  • Abb. 2b: ... mit einem Applikator aufgetragen (im Beispiel: approximale Karies) (Foto: credentis).

  • Abb. 3: Patientenfreundlich und wirtschaftlich: Die Methode ist nicht invasiv und kann daher – nach Indikationsstellung durch Zahnärztin oder Zahnarzt – auch von Assistenzpersonal angewendet werden. Die Abrechnung erfolgt nach §2, Abs. 3 GOZ oder analog (Foto: credentis).
  • Abb. 3: Patientenfreundlich und wirtschaftlich: Die Methode ist nicht invasiv und kann daher – nach Indikationsstellung durch Zahnärztin oder Zahnarzt – auch von Assistenzpersonal angewendet werden. Die Abrechnung erfolgt nach §2, Abs. 3 GOZ oder analog (Foto: credentis).

Klinische Studien 

Die klinische Wirksamkeit ist in ersten klinischen Studien dokumentiert, darunter eine randomisierte, für Bewerter verblindete Studie der Universität Greifswald [6]. CurodontTM Repair (Test) zeigte sich in Kombination mit einem Fluoridlack (Duraphat®, Colgate Palmolive GABA) gegenüber allein angewendetem Fluoridlack (Kontrolle) klar überlegen. Die durchschnittlichen Werte des Kariesdiagnostik- Gerätes Diagnodent® (KaVo) sanken für die Testgruppe innerhalb von 6 Monaten signifikant (-18,6), jedoch nicht für die Kontrollgruppe (-1,1). Die Kariesaktivität verringerte sich von 100 % der Läsionen auf 20 % nach 180 Tagen (Test), in der Kontrollgruppe nur auf 65 %. In einer Studie bei erwachsenen Patienten wurden 3 von 4 approximalen Läsionen stabilisiert oder remineralisiert [13]. Diese Ergebnisse waren röntgenologisch bis zum äußeren Dentindrittel erkennbar. Vergleichbares konnte bisher mit Fluoriden oder anderen Präparaten nicht gezeigt werden. Präventiv denkende Zahnmediziner erhalten damit eine vollkommen neue, nichtinvasive Behandlungsoption (Abb. 4), die initialkariöse Zähne vor weiterer Zerstörung bewahren kann. Dies ist bei Kinderzähnen von besonderer Bedeutung.

  • Abb. 4: Berliner Expertenkonsens: Die gesteuerte Schmelzregeneration ist zwischen primär präventiven (z. B. Fluorid) und mikroinvasiven (Kariesinfiltration mit Kunststoffen) Methoden angesiedelt (© credentis).
  • Abb. 4: Berliner Expertenkonsens: Die gesteuerte Schmelzregeneration ist zwischen primär präventiven (z. B. Fluorid) und mikroinvasiven (Kariesinfiltration mit Kunststoffen) Methoden angesiedelt (© credentis).

 

 

Infos und Anwendungsvideo
Nähere Informationen zur Wirkungsweise und
Anwendung von CurodontTM Repair/GER finden Sie unter
www.curodont.com/curodont-repair/

 

Interessenkonflikt:
Der Autor ist als freier Berater für die Firma credentis tätig.

 

 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Jan H. Koch

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Jan H. Koch