Aligner-Systeme für die kieferorthopädische Behandlung junger Patienten

Aligner-Systeme in der Kieferorthopädie sind Kinder der Digitalisierung: Präzise Intraoralscanner und ein effektiver digitaler Planungs- und Herstellungsprozess sind Bedingung für die durchsichtigen, ultraleichten Kunststoffschienen. Am Vorabend des 5. Kongresses der Aligner Orthodontie in Köln stellt das Unternehmen Align Technology seine aktuellen Innovationen für seine neue Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen vor.
Senior Vice President Simon Beard hat eine Vision: Ein Teenager macht ein Selfie, online erhält er oder sie in 30 Sekunden ein „Smile Assessment“, d.h. eine Visualisierung, wie das eigene Lächeln nach einer Korrektur der Zahnstellung aussehen könnte. Idealerweise erfolgt eine Terminvergabe für den Praxisbesuch direkt im Anschluss online, und zwar schnellstmöglich, bevor das Interesse abkühlt. Der Kieferorthopäde erstellt dann chairside einen individuellen Behandlungsplan mit Aligner-Therapie für diesen Jugendlichen; der komplette Schienensatz wird unverzüglich vom Labor geliefert. So könnte die kieferorthopädische Aligner-Behandlung künftig eingeleitet werden – der ganze Prozess in nur einer Woche. Noch ist dies Zukunftsmusik – aber Align Technologie arbeitet daran.
Derzeit vergehen vom ersten Praxisbesuch bis zum Therapiebeginn 3 bis 4 Wochen. Geplant und hergestellt werden die Aligner im digitalen Workflow: Zum System gehört der Intraoralscanner iTero (iTero, iTero Element 2 oder iTero Flex). Mit der zugehörigen Software kann der Kieferorthopäde seinen Patienten das voraussichtliche Behandlungsergebnis per Simulation zeigen. Für die Behandlungsplanung werden die Zähne des Patienten gescannt. Anhand dieser Daten werden ein dreidimensionaler Behandlungsplan erstellt und ein Satz durchsichtiger Aligner in einem Partnerlabor hergestellt.
Simon Beard beabsichtigt, den breiten Markt der kieferorthopädischen Zahnkorrektur für die Aligner-Therapie zu erobern: „We want to bring clear aligner therapy to the masses.“ Derzeit bewege sich der Marktanteil der Aligner-Systeme noch bei etwa 10%. Die Anstrengungen des Unternehmens richten sich u.a. auf den deutschen Markt; so wurde kürzlich ein Planungszentrum in Köln eröffnet. Zudem liegt ein Fokus auf den jüngeren Zielgruppen. Für die Versorgung von Teenagern und Kindern im Grundschulalter wurden in den vergangenen 18 Monaten die Systeme Mandibular Advancement und Invisalign first eingeführt.
Invisalign für Teenager als Two-in-one-Lösung
Marketingchefin Gemma Tuplin (Kieferorthopädie EMEA) betont, dass mit diesen neuen Systemen sehr viel mehr Indikationen als bisher abgedeckt werden. Etwa 80% aller Patienten könne man nun mittels Invisalign behandeln, auch kompliziertere Fälle. Mit Invisalign Mandibular für Teenager verkürze sich die Behandlungszeit, denn mit dem System können 2 Behandlungsschritte gleichzeitig durchgeführt werden: die Bewegung des Unterkiefers nach vorne und die Einreihung der Zähne in den Zahnbogen. Dies werde durch „Präzisionsflügel“ (Precision Wings) erreicht, die den Unterkiefer in einer vorwärts gerichteten Position halten, während der Aligner gleichzeitig die durch Malokklusion und Engstand bedingten Probleme korrigiert.
Invisalign first für die frühe kieferorthopädische Intervention
Invisalign first für Kinder im Alter zwischen 6 und 10 Jahren beinhaltet eine ganze Reihe innovativer Features, die bereits eine effiziente Phase-1-Behandlung im Wechselgebiss möglich machen, wie Gemma Tuplin im Weiteren erläutert: Die SmartStage-Technologie erlaube dem Kieferorthopäden zwei Vorgehensweisen bei der Bewegung der Zähne: Die Molaren können zuerst bewegt werden, damit die weiteren Zähne leichter folgen können, oder aber alle Zähne werden gleichzeitig in Position gebracht. Damit die Aligner auf den kurzen Kronen der Milchzähne Halt finden, wurden spezielle Befestigungen entwickelt (SmartForce) und Platzhalter geben durchbrechenden Zähnen Raum. Das System bemerke, wo Zähne durchbrechen, und das Risiko, dass diese in Kontakt mit der Schiene Schaden nehmen, konnte somit eliminiert werden. Das Aligner-Material ist auf komfortablen Sitz ausgelegt und übt zugleich schonende, konstante Kraft auf die Zähne aus (SmartTrack).
Auf dieses System hat Kieferorthopädin Dr. Julia Haubrich (Praxis Dr. Werner Schupp, Köln-Rodenkirchen) gewartet. Nach ihren positiven Erfahrungen in der Erwachsenenbehandlung wollte sie diese schon längst auf die Jüngsten übertragen. Jetzt führt sie Phase-1-Behandlungen bei jungen Kindern mit Klasse-II-Gebissen vor dem Zahndurchbruch bevorzugt mit Invisalign first statt mit herausnehmbarer Platte durch.
Komfortabel, weniger Risiken, gute Compliance
Die Vorteile des Aligner-Systems gegenüber einer festen Spange liegen für die Kölner Kieferorthopädin auf der Hand: Es treten keine Probleme hinsichtlich der Mundhygiene auf, da Aligner zur Zahnpflege herausgenommen werden könnten, die Therapie sei komfortabler, schmerzärmer und sicherer. Für Teenager sei auch die Ästhetik ein wichtiger Punkt. Das Team stellte fest, dass mit dem Aligner-System weniger Notfälle in der Praxis erscheinen als mit Platten oder Zahnspangen.
Nach den bisherigen Erfahrungen von Dr. Haubrich zeigen Kinder und Jugendliche eine ebenso gute Compliance wie Erwachsene. Die Aligner werden akzeptiert und ausreichend getragen.
22 Stunden am Tag wären ideal. Nach 1 bis 2 Wochen wechselt der Patient selbst den Aligner und er kommt alle 8 bis 12 Wochen zur Nachkontrolle der Ergebnisse in die Praxis und erhält einen neuen Satz Aligner. Dr. Haubrich erlebt ihre Patienten als sehr motiviert: Da sie den Weg über die Abfolge von Alignern bis zum Ergebnis vor Augen haben, arbeiteten sie so gut mit.