Implantologie


Minimalinvasive implantologischprothetische Behandlungskonzepte

Abb. 1: Implantat und Steg im OPG post operationem.
Abb. 1: Implantat und Steg im OPG post operationem.

Mit Augmentationen, Weichgewebsrekonstruktionen und einer exzellenten Prothetik lassen sich heute hervorragende Resultate erzielen – gerade auch in ästhetischer Hinsicht. Jedoch lässt sich längst nicht jeder Patient für die teilweise umfangreichen chirurgischen Eingriffe, die über Monate dauernden Heilungsphasen und eine hochpreisige Prothetik motivieren. Deshalb verzichtet der Autor des folgenden Beitrages bei solchen Patientenwünschen bewusst auf rotationsgesicherte Implantate, um eine einfacherere Prothetik anbieten zu können, so seine Ausführungen. Nachfolgend stellt er die in seiner Praxis angebotenen Versorgungen zu diesen Wünschen anhand von Fallbeispielen vor. Produktangaben zum verwendeten Implantatsystem fließen in die Darstellung ein.

Gerade unsere älteren Patienten wünschen sich in erster Linie einfache, kostengünstige, erfolgsichere, schnelle und schmerzfreie Versorgungen. Bei der Planung steht für uns immer das individuelle Optimum für den Patienten im Vordergrund, denn dieser soll mit seinem implantatgetragenen Zahnersatz ein

  • Abb. 2: Die Stegversorgung in situ.

  • Abb. 2: Die Stegversorgung in situ.
passendes Stück Lebensqualität zurück erhalten. Nachstehend sind einige Beispiele aus unserer Praxis, welche die Patientenwünsche nach einem möglichst minimalinvasiven Eingriff, einer zügigen Versorgung und einem guten Preis- Leistungsverhältnis respektieren, genannt. Durch den bewussten Verzicht auf rotationsgesicherte Implantate vereinfacht sich die Prothetik deutlich, ohne dass dem Patienten dadurch Nachteile entstehen. Selbst bei Einzelimplantaten, die im Gegensatz zum Steg oder Druckknöpfen eine Rotationssicherung erfordern, ist diese problemlos über die geschraubte Konusverbindung (mit Einbringhilfe) zu erzielen. Zum Einsatz kommen – je nach Indikation – das einteilige Implantatsystem KOS und das zweiteilige S-System (Dr. Ihde Dental, Eching).

OK-Versorgung bei älteren Patienten

  • Abb. 3: Implantate mit Stegen im OPG post operationem.

  • Abb. 3: Implantate mit Stegen im OPG post operationem.
Falls im Oberkiefer mit einer Totalprothese kein ausreichender Halt zu erzielen ist, raten wir zu einer Stegversorgung. Hier sollten die Implantate aus statischen Gründen möglichst breitflächig aufgestellt werden. Die genaue Position unter dem Steg ist dabei weniger bedeutend. Stellen mit fehlendem Knochenlager, zum Beispiel Extraktionsalveolen, werden einfach durch den Steg überbrückt – nach dem sogenannten Perlenkettensystem: Die Verschiebung der Implantate auf dem Zahnbogen an Stellen mit suffizientem Knochenlager. Die Vorteile des Steges sind eine primäre Verblockung der Implantate analog einem „Fixateur extern“. Dadurch verbessert sich die Prognose speziell bei schlechtem Knochenangebot, wie folgender Fall zeigt: Trotz unzureichendem Knochenangebot – die gewählten Implantatpositionen waren die einzig möglichen – und reduzierter Mundhygiene ist die Stegversorgung bei der 92-jährigen, behinderten Patientin seit 12 Jahren in Funktion. Bei diesem Grenzfall konnte minimalinvasiv mit einer kleinstmöglichen Stegversorgung der
  • Abb. 4: Die Stege in situ.

  • Abb. 4: Die Stege in situ.
  • Abb. 5: Die vollständige prothetische Versorgung im OK.

  • Abb. 5: Die vollständige prothetische Versorgung im OK.
größtmögliche Gewinn an Lebensqualität erzielt werden (Abb. 1. u. 2).

Besonders bei einer Aufstellung der Frontzähne vor dem Kieferkamm kann ein Kippen der Prothese beim Abbeißen durch einen gefrästen Steg besser vermieden werden als bei einem Doldersteg oder einer Druckknopfversorgung. Veranschaulicht ist dies am Beispiel eines 61-jährigen Patienten, bei dem durch eine stabile Stegversorgung seit nunmehr sieben Jahren eine vollständige Wiederherstellung der Kaufunktion erreicht werden konnte. Nur weil der Patient bereits seit Jahrzehnten an eine Prothese gewöhnt war, wurde hier nach Absprache mit ihm keine festsitzende Versorgung gewählt, obwohl das Knochenangebot dafür ausreichend gewesen wäre (Abb. 3–5).

UK-Versorgung bei älteren Patienten

Falls die UKProthese wandert, hat sich die Sofortversorgung mit zwei bis vier interforaminär gesetzten (KOS) Kugelkopf-Implantaten bestens bewährt, wie der Fall eines 95 Jahre alten Patienten zeigt, bei dem mit vier Kugelkopf-Implantaten des KOS-Systems im zahnlosen Unterkiefer eine hoffnungslos wackelnde Prothese so gut befestigt wurde, dass bereits am

  • Abb. 6: Vier Kugelkopf-Implantate im UK.

  • Abb. 6: Vier Kugelkopf-Implantate im UK.
nächsten Tag die Zähne mit einem Klick fest einrasteten (Abb. 6 u. 7).

Durch das konische Kompressionsgewinde ist bei einer Länge von mindestens 12 mm eine ausreichende Primärstabilität gewährleistet. Die Druckknopfmatrizen sollten direkt nach der Implantation durch großzügiges Ausschleifen der Druckknopfposition mit einfachem Unterfütterungsabdruck in die vorhandene Prothese eingearbeitet werden. Dadurch ergibt sich eine sekundäre Verblockung und physiologische Belastung mit entsprechend guter

  • Abb. 7: Die UK-Prothese mit den einpolymerisierten Matrizen.

  • Abb. 7: Die UK-Prothese mit den einpolymerisierten Matrizen.
Prognose der eingesetzten Implantate. Das KOS-System bietet für die Einheilphase gelbe Nylonkappen mit geringeren Abzugskräften an.

Bei der Verwendung von Standardimplantaten (zum Beispiel STI) kann auch eine gedeckte Einheilung erfolgen, falls ein gefährliches Scheuern der Prothese sicher ausge schlossen werden kann. Ansonsten ist bei ausreichender Länge und Primärstabilität auch hier eine Sofortbelastung über einen eingeschraubten Druckknopf vorzuziehen.

Bei der 70-jährigen Patientin hat sich die Pfeilervermehrung mittels Implantaten seit sechs Jahren bestens bewährt. Häufig werden Teleskopprothesen durch Verlust eines Pfeilerzahnes notleidend. Hier kann durch das Setzen von zwei Standardimplantaten (z.B. STI) meist in 4er Region und die Versorgung mit Druckknöpfen eine Übertragung der Kaulast auf die Implantate erfolgen. Der zumeist ältere Patient kann seine gewohnte Prothese weiter tragen und spart erhebliche Laborkosten. Es müssen keine Zähne extrahiert werden und es ist jederzeit die Erweiterung bis hin zur Totalprothese auf Druckknöpfen oder gegebenen falls der spätere Umbau zur Stegprothese möglich (Abb. 8–10).

Ein Vorteil der zweiteiligen Implantate liegt in der Möglichkeit die Druckknöpfe, wenn nötig, zu erneuern oder gegen ein Verbindungselement mit höherer Abzugskraft (Steg, Locator/Localicer®, Dr. Ihde Dental) auszutauschen, falls der Patient mehr „PS“ beim Kauen wünscht.

  • Abb. 8: Das OPG zeigt 2 Standard-Implantate in der 4er Region.
  • Abb. 9: Die dazugehörigen Druckknöpfe in situ.
  • Abb. 8: Das OPG zeigt 2 Standard-Implantate in der 4er Region.
  • Abb. 9: Die dazugehörigen Druckknöpfe in situ.

  • Abb. 10: Die prothetische Versorgung, eine Stegprothese.
  • Abb. 10: Die prothetische Versorgung, eine Stegprothese.

Festsitzende Konzepte

Wenn es vom Knochenangebot und dem Zigarettenkonsum des Patienten her vertretbar ist, streben wir nach Möglichkeit immer eine festsitzende Versorgung an. Im distalen Bereich des Oberkiefers haben sich gedeckt einheilende

  • Abb. 11: Implantation von drei Kompressionsimplantaten und präparierter Zahn 12.

  • Abb. 11: Implantation von drei Kompressionsimplantaten und präparierter Zahn 12.
Standardimplantate bewährt. Bei unzureichendem Knochenangebot findet hier als relativ schonende Augmentationsmethode der interne Sinuslift Anwendung. Alternativ zu den zweiteiligen Standardimplantaten (STI) verwenden wir bei ausreichender Anzahl und Längen ab 10 mm im Oberkiefer sofortbelastbare, konische Kompressionsimplantate (KOS, STC). Dabei werden die Implantate an einer anatomisch geeigneten Stelle gesetzt, gegebenenfalls schräg unter Umgehung der Kieferhöhle. Dieses Verfahren eignet sich auch gut, um kostengünstig mit vertretbarem Aufwand Zahnlücken ohne herausnehmbare Prothese zu schließen. Speziell die grazilen
  • Abb. 12: Der Zahnfilm zeigt die primäre Verblockung der 3 Implantate durch die Extensionsbrücke.

  • Abb. 12: Der Zahnfilm zeigt die primäre Verblockung der 3 Implantate durch die Extensionsbrücke.
KOS-Implantate überzeugen uns durch die atraumatische Insertion und sogar Dehnung schmaler Kieferkämme im Oberkiefer. Aufgrund der äußerst geringen Vorbohrung ergibt sich eine schnelle und schmerzfreie Einheilung, wie im Fall eines 37-jährigen Patienten. Bei diesem wurde an einem Vormittag durch Implantation von drei Kompressionsimplantaten, unter Umgehung der Kieferhöhle, bei sofortiger Belastung durch ein Kunststoffprovisorium und endgültige Versorgung binnen zwei Wochen die vollständige Rehabilitation der Kaufunktion erreicht. Die distale Kauebenenabstützung durch den Zahn 17, die primäre Verblockung von 3 Implantaten durch die Extensionsbrücke ersparen dem Patienten Kosten, Risiken und Strapazen eines Sinusliftes. Der vorhandene Knochen regio 13– 15 wird optimal genutzt; der geringe Implantatdurchmesser erleichtert den
  • Abb. 13: Das dazugehörige eingegliederte Provisorium.

  • Abb. 13: Das dazugehörige eingegliederte Provisorium.
parodontalen Abschluss und verbessert so die Langzeitprognose. Die Knochenaufhellung in regio 13 stammt von der Entfernung eines retinierten Eckzahnes (Abb. 11–13). Unter Berücksichtigung der Gegenbezahnung konnte auf eine Extension der Prothetik bis zum 8er/7er verzichtet werden, um den augmentativen und finanziellen Aufwand zu reduzieren.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Georg Huber

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Georg Huber


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