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Stellungnahme der European Society for Ceramic Implantology ESCI

Klinische Anwendung zweiteiliger Zirkonoxidimplantate

Keramikimplantate aus Zirkonoxid stehen nicht nur im Fokus aktueller wissenschaftlicher Forschung, auch der Wunsch der Patienten nach metallfreien bzw. vollkeramischen Zahnsanierungen wird immer wichtiger. In den letzten 2 Jahrzehnten wurde nicht nur die Mikrotextur der Oberfläche, sondern auch das Makrodesign der Implantate angepasst. Während sich die ersten Zirkonoxidimplantat-Systeme auf ein einteiliges Design beschränkten, sind inzwischen auch zweiteilige Systeme erhältlich. Die ESCI ist der Auffassung, dass eine fundierte und grundsätzliche Konsensaussage einer medizinischen Fachgesellschaft zur klinischen Zuverlässigkeit von zweiteiligen Zirkonoxidimplantaten angesichts der bisher vorliegenden Literatur erforderlich ist und hat eine entsprechende Stellungnahme verfasst.

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Dentale Implantate aus Zirkonoxid

Die Entwicklung von Hochleistungskeramiken – wie Zirkonoxid – hat sowohl für Patienten als auch für Behandler neue, metallfreie Behandlungsmöglichkeiten geschaffen. Aufgrund seiner überlegenen biomechanischen und biokompatiblen Eigenschaften hat sich Zirkonoxid (Zirkonoxid, ZrO2) gegenüber anderen Oxidkeramiken durchgesetzt und wird seit etwa 25 Jahren in der Zahnmedizin eingesetzt.

Im Vergleich zu anderen Oxidkeramiken (z.B. Aluminiumoxid) weist Zirkonoxid überlegene biomechanische Eigenschaften wie hohe Bruchzähigkeit und Biegefestigkeit [1] auf, die Zirkonoxidimplantate in die Lage versetzen, den oralen Okklusionskräften standzuhalten [2,3]. Somit hat sich Zirkonoxid als Implantatmaterial als zuverlässige Alternative zu Titan in der Implantologie erfolgreich am Markt etabliert [4]. Keramikimplantate aus Zirkonoxid stehen nicht nur im Fokus aktueller wissenschaftlicher Forschung, auch der Wunsch der Patienten nach metallfreien bzw. vollkeramischen Zahnsanierungen wird immer wichtiger: Keramikimplantate sind für Patienten attraktiv.

Eine aktuelle Befragung mit mehr als 270 Patienten in 2 Ländern hat ergeben, dass 80% der Patienten Keramik- gegenüber Metallimplantaten bevorzugen würden [5]. Um Zirkonoxid als zuverlässige Alternative zu Titan als orales Implantatmaterial zu etablieren, wurden stabile Zirkonoxidimplantate mit mikrorauen Oberflächen entwickelt, die eine sichere und vorhersagbare Fähigkeit zur knöchernen Integration aufweisen.

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Anfang 2004 wurden die ersten einteiligen oralen Implantate aus Zirkonoxid auf dem Markt etabliert. Anfänglich war es eine technische Herausforderung, mikroraue Oberflächentopographien auf Zirkonoxidimplantaten zu erzeugen, ohne die biomechanische Stabilität (wie Bruch- und Ermüdungsfestigkeit) zu beeinträchtigen.

Infolgedessen gab es für diese „erste Generation“ von Zirkonoxidimplantaten Berichte zu reduzierten Überlebensraten [6,7] und zahlreichen Implantatfrakturen [8–10]. Seitdem hat die Industrie die Herstellungsprozesse kontinuierlich verbessert, um mikroraue Zirkonoxidimplantate mit zuverlässiger Bruchzähigkeit und Ermüdungsfestigkeit herzustellen, die eine vorhersagbare Osseointegration [11] und hohe klinische Überlebensraten auf dem Niveau der mittelfristig verwendeten konventionellen Titanimplantate aufweisen [6, 12–15].

Implantatoberfläche und Osseointegrationsleistung

Experimentelle Studien haben gezeigt, dass die neueste Generation von Zirkonoxidimplantaten mit mikrorauen Oberflächen eine identische Hartgewebeintegration im Vergleich zu Titanimplantaten aufweist [11,16–20]. Die verschiedenen auf dem Markt erhältlichen Zirkonoxidimplantat-Systeme verfügen jedoch über unterschiedliche Oberflächentopographien, und nicht jede Firma bietet evidenzbasierte Daten oder stellt Informationen zur Implantatoberfläche und zur Osseointegrationsleistung des entsprechenden Produkts zur Verfügung. Folglich müssen Kliniker hinterfragen, ob das verwendete Zirkonoxidimplantat-System wissenschaftliche Daten zur Osseointegrationsleistung bietet.

In den letzten 2 Jahrzehnten wurde nicht nur die Mikrotextur der Oberfläche, sondern auch das Makrodesign der Implantate angepasst. Während sich die ersten Zirkonoxidimplantat-Systeme auf ein einteiliges Design beschränkten, sind inzwischen auch zweiteilige Zirkonoxidimplantate erhältlich.

Dieser Entwicklungsprozess wurde auch stark von der Vorliebe der Kliniker für zweiteilige Implantatdesigns beeinflusst und bestätigt einen klaren Trend zu „zweiteiligen“ Implantatdesigns nicht nur bei Titan-, sondern auch bei Zirkonoxidimplantaten. Mittlerweile sind ein- und zweiteilige Zirkonoxidimplantate mit unterschiedlichen Designs und Durchmessern auf dem Markt, die die Behandlung von teil- und vollständig zahnlosen Patienten ermöglichen.

Klinische Daten

Aufgrund der großen Anzahl von Anpassungen und Weiterentwicklungen in Bezug auf Zirkonoxidimplantat-Designs und Herstellungsprozesse in einem relativ kurzen Zeitraum ist es für Kliniker recht schwierig geworden, die verfügbaren klinischen Daten in Bezug auf die untersuchten Zirkonoxidimplantate zu bewerten und die klinische Relevanz des untersuchten Implantattyps und der berichteten Ergebnisse zu beurteilen. In den letzten Jahren wurden verschiedene klinische Studien veröffentlicht, in denen unterschiedliche Arten von Zirkonoxidimplantaten untersucht wurden. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass einige der kürzlich veröffentlichten klinischen Studien Zirkonoxidimplantat-Systeme untersuchten, die in der Zwischenzeit weiterentwickelt wurden und nicht mehr auf dem Markt erhältlich sind.

In einer Meta-Analyse wurde berichtet, dass die physikalischen Eigenschaften und die aktuelle Marktverfügbarkeit die berichteten Überlebensraten von Zirkonoxidimplantaten signifikant beeinflussen [6]. In einer systematischen Übersichtsarbeit werteten die Autoren klinische Studien aus, die Zirkonoxidimplantate untersuchten und zwischen 2004 und 2017 veröffentlicht worden waren. Die berichteten mittleren 1-Jahres-Überlebensraten für kommerziell erhältliche Zirkonoxidimplantate (98,3%) waren signifikant höher im Vergleich zu Zirkonoxidimplantaten, die nicht mehr kommerziell auf dem Markt erhältlich sind (91,2%).

Darüber hinaus wurde eine mittlere 2-Jahres-Überlebensrate für kommerziell erhältliche Zirkonoxidimplantate von 97,2% ausgewertet, wobei das Design des Zirkonoxidimplantats – einteilig im Vergleich zu zweiteiligen Designs – keinen signifikanten Einfluss auf die berichteten Überlebensraten hatte. In diesem Zusammenhang wurde gezeigt, dass die Überlebensraten von Zirkonoxidimplantaten zwischen 2004 und 2017 signifikant gestiegen sind und dass die Frakturhäufigkeit von oralen Zirkonoxidimplantaten signifikant von 3,4% auf 0,2% gesenkt werden konnte [6].

Auch wenn sich Meta-Analysen zur Schätzung der Gesamtüberlebensraten derzeit auf 1- und 2-Jahres-Daten beschränken, berichteten einzelne Studien über längere klinische Nachbeobachtungszeiträume. Für kommerziell erhältliche Zirkonoxidimplantate liegen inzwischen klinische Daten bis zu und nach 5 Jahren funktioneller Belastung mit Überlebensraten von 95% vor [12,14,15,21,22].

Die Daten der zuvor berichteten Meta-Analyse waren die Grundlage für die klinischen Empfehlungen, die für die 6. ITI-Konsensuskonferenz erstellt wurden [6]. In dieser systematischen Übersicht wurden mehr klinische Studien eingeschlossen, die Zirkonoxidimplantate mit einteiligem Design untersuchten, als Studien, die zweiteilige Zirkonoxidimplantat-Designs evaluierten. Folglich bezog sich die Hauptaussage der Konsensuskonferenz zur klinischen Anwendung von Zirkonoxidimplantaten auf einteilige Implantatdesigns [7].

Die Daten der Meta-Analyse haben jedoch gezeigt, dass das Implantatdesign keinen signifikanten Einfluss auf die berichteten Überlebensraten hatte. Basierend auf den derzeit verfügbaren klinischen Daten scheint es, dass die Studien, die zweiteilige Zirkonoxidimplantate untersuchen, von ähnlichen Überlebensraten im Vergleich zu einteiligen Zirkonoxidimplantaten berichten.

Zweiteilige Zirkonoxidimplantate – prothetische Verbindungen

Wissenschaftliche Studien haben nicht nur die klinische Leistung von zweiteiligen Zirkonoxidimplantat-Systemen untersucht, sondern auch die Zuverlässigkeit und Stabilität von verschraubten Implantat-Abutment-Verbindungen bewertet. Zuletzt wurde die Stabilität einer Titan-Zirkonoxid-Schraubverbindung in einer Invitro-Studie direkt mit einer konventionellen titanbasierten Verbindung verglichen. Die Ergebnisse haben keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen gezeigt.

Folglich berichteten die Autoren: „Die Verbindung der getesteten verschraubten Zirkonoxidkronen in zweiteiligen Zirkonoxidimplantaten ist in den spezifischen In-vitro-Tests vergleichbar mit Standard-Titanimplantaten und basierend auf den Ergebnissen der vorliegenden Studie scheint die Verbindung zwischen Krone und zweiteiligem Zirkonoxidimplantat für die klinische Anwendung geeignet zu sein“ [23].

Besonders wichtig ist es, Studien und Implantatsysteme je nach Material und Art der Verbindung individuell zu bewerten. So wurde in verschiedenen Studien die Stabilität und Bruchfestigkeit von keramischen Implantatsystemen in vitro nach der ISO-Norm DIN 14801 geprüft. Diese Studien zeigten, dass die getesteten zweiteiligen Zirkonoxidkeramik-Implantatsysteme den physiologischen Kaukräften langfristig standhalten können und die Stabilität für die klinische Anwendung als ausreichend angesehen wird [24–29].

Zweiteilige Zirkonoxidimplantate – klinische Anwendungen Unabhängig von den vorliegenden wissenschaftlichen Studien hängt die Frage, ob ein- oder zweiteilige Zirkonoxidimplantate verwendet werden, nicht nur von der Präferenz des Zahnarztes bzw. Chirurgen ab, sondern hauptsächlich von der individuellen klinischen Situation. Es gibt bestimmte Indikationen, bei denen die Verwendung eines zweiteiligen Zirkonoxidimplantat-Konzepts ein zuverlässigeres klinisches Ergebnis im Vergleich zu einem einteiligen Implantatdesign bietet.

Zum Beispiel bei vollständig zahnlosen Kiefern, weichen Knochenverhältnissen oder wenn gleichzeitig mit der Implantation ein Knochenaufbau durchgeführt wird und/oder wenn eine primäre Implantatstabilität kaum zu erreichen ist bzw. wenn eine unkontrollierte mechanische Belastung des Implantats vermieden werden muss. Bei einem einteiligen Implantatkonzept ist das Abutment ein fester Bestandteil des Implantats, der das Weichgewebe in die Mundhöhle durchdringt.

Daher kann eine unkontrollierte Frühbelastung nicht vollständig vermieden werden. Außerdem muss bei einteiligen Implantaten die prothetische Suprastruktur auf dem Implantat zementiert werden. Darüber hinaus erlaubt nicht jede klinische Situation die Platzierung des Implantats in einer korrekten prothetischen Angulation, und das Implantat muss in einer abgewinkelten Achse eingesetzt werden.

Bezüglich prothetischer Implantatachskorrekturen bieten zweiteilige Zirkonoxidimplantat-Konzepte mehr Möglichkeiten als einteilige Konzepte, da individuell gestaltete Abutments hergestellt werden können. Überdies kann die Zementierung der prothetischen Suprastrukturen vermieden werden, da zweiteilige Zirkonoxidimplantat-Konzepte die Herstellung reversibel verschraubter prothetischer Rekonstruktionen ermöglichen.

Somit muss in vielen klinischen Situationen auf prothetische „Flexibilität“ und „Reversibilität“ Wert gelegt werden. Daher ist die Verwendung von zweiteiligen Zirkonoxidimplantat-Konzepten – wie auch bei Titanimplantaten – im klinischen Alltag unverzichtbar geworden.

Bislang liegen mehr klinische Studien vor, die einteilige im Vergleich zu zweiteiligen Implantatkonzepten untersuchen. Basierend auf den bisher verfügbaren klinischen Daten wurde jedoch in Meta-Analysen berichtet, dass das Zirkonoxidimplantat-Konzept – einteilig im Vergleich zu zweiteilig – die klinischen Überlebensraten bis zu 5,1 Jahren (mittleres Follow-up: 2,4 Jahre) nicht signifikant beeinflusst [6]. Einzelne Studien, die zweiteilige Zirkonoxidimplantat-Konzepte untersuchten, berichteten sogar über klinische Daten bis zu und nach 6,7 Jahren funktioneller Belastung [30,31].

Zusammenfassung und Fazit

Basierend auf den bisher verfügbaren wissenschaftlichen Daten weisen mikroraue Zirkonoxidimplantat-Oberflächen im Vergleich zu ihren mikrorauen Titanimplantat-Gegenstücken eine Osseointegrationsfähigkeit auf [11,16–20]. Dies gilt auch für einteilige und zweiteilige Keramikimplantate, da sich das Material, die Implantatgeometrie und das Oberflächendesign zwischen ein- und zweiteiligen Implantaten desselben Herstellers nicht unterscheiden.

Darüber hinaus belegen wissenschaftliche Daten, dass – natürlich abhängig von Design und Materialtyp – zweiteilige Zirkonoxidimplantat-Verbindungen den oralen Kaukräften standhalten können [23–29]. Daher kann auf Grundlage der derzeit verfügbaren wissenschaftlichen Daten das zweiteilige Zirkonoxidimplantat-Konzept nach korrekter Indikationsstellung und entsprechender Patientenaufklärung für den klinischen Einsatz befürwortet werden.

Key Points der Stellungnahme

  • Das zweiteilige Zirkonoxidimplantat-Konzept bietet gegenüber dem einteiligen Konzept Vorteile hinsichtlich der prothetischen Flexibilität und der klinischen Indikationen.
  • Zweiteilige Zirkonoxidimplantate können klinischen Kaukräften widerstehen.
  • Die Bruchfestigkeit und mechanische Stabilität von zweiteiligen Zirkonoxidimplantaten können in Abhängigkeit von unterschiedlichen Herstellungsverfahren, Materialeigenschaften, Implantatgeometrien und prothetischen Verbindungskonzepten variieren.
  • Einteilige und zweiteilige Zirkonoxidimplantate weisen den gleichen Grad an Osseointegration und biologischer Integrität auf.
  • Für klinische Erfolge sollten die Richtlinien des jeweiligen Herstellers für die strikte Anwendung bei den angegebenen klinischen Indikationen für das jeweilige zweiteilige Zirkonoxidimplantat beachtet werden.
  • Der Wissenschaftliche Beirat des ESCI stellt auf der Grundlage der oben genannten Schlussfolgerungen fest, dass das zweiteilige Zirkonoxidimplantat-Konzept für die klinische Anwendung geeignet ist.

Quelle:
European Society for Ceramic Implantology ESCI

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