Implantologie


Implantatplanung: Relevanz für periimplantäre Erkrankungen

14.02.2016
aktualisiert am: 17.02.2016

Förderung der Knochen- und Gewebedurchblutung (Perfusion) und Implantateinheilung.
Förderung der Knochen- und Gewebedurchblutung (Perfusion) und Implantateinheilung.

Implantationen werden in der Bevölkerung immer beliebter. Kostengünstige Angebote treiben diese Entwicklung voran. Viele Patienten ziehen die Implantation der Zahnersatzerfahrung vor. In Anbetracht der immer komplexeren Befundsituationen, der Vielzahl an Therapiemöglichkeiten und der Gefährdung durch Entzündung und Knochenschäden bei Implantaterkrankungen wünschen Patienten klare, nachvollziehbare und dauerhafte Lösungen. Für einen implantologischen Langzeiterfolg bedarf es einer sorgfältigen Diagnostik, Vorbehandlung und Planung, um erfolgreich implantieren und periimplantären Schäden vorbeugen zur können.

Die Sicherung der Implantatversorgung beginnt mit der Extraktion, Vorbehandlung und Planung. Sie bezieht sich auf 4 Grundbausteine:

  • Frühzeitige Entscheidungsfindung zur Sicherung des Knochenlagers mit begrenzter Implantatzahl
  • Schonende Zahnentfernung unter Vermeidung von Knochenverlust durch intraalveoläre Wurzelteilung
  • Sicherung der Implantatdiagnostik und nachfolgenden Implantation über das OPG hinaus durch 3D-Darstellung des OP-Gebiets (DVT)
  • Minimale chirurgische Realisation unter Einbeziehung dimensionsreduzierter Implantate mit Limitation der chirurgischen Augmentation auf prothetisch relevante Indikationen

Planung

Frühzeitige Indikationsstellung

Die frühzeitige Implantationsempfehlung hat anatomische, funktionelle und wirtschaftliche Aspekte:

  • Anatomie: Behandelte fortgeschrittene Parodontalerkrankungen sind klinisch stabil, zeigen aber in den implantatrelevanten anatomischen Knochenabschnitten (bukkale Lamellen, interapproximales Septum) weitere Abbauvorgänge durch Entzündung (Abb. 1 u. 2) [1].
  • Funktion: Durch Zahnverlust oder Parodontitis entstehen funktionsbedingt Zahnwanderungen, die häufig mit Verlust der Front-Eckzahn-Führung einhergehen und in einer Gruppenführung mit alters- und gebrauchsbezogener Bisssenkung resultieren [2].
  • Kosten: Eine langjährige Parodontalbehandlung prognostisch ungünstiger Restzähne (Knochenabbau > 50 %) mit später Implantatentscheidung sollte aufgrund der wirtschaftlichen Doppelbelastung vermieden werden.
  • Komfort: Kaufestigkeit, Pflegefähigkeit und Ästhetik werden durch eine rechtzeitige Implantattherapie und optimierte Implantatprothetik gefördert.

Daraus resultiert ein zweizeitiges Vorgehen mit (i) Entfernung prognostisch unsicherer Zähne, (ii) parodontaler Zieltherapie zur Sicherung des Restzahnbestandes, ergänzt durch (iii) mikrochirurgische Revision tiefer Resttaschen vor Implantation zum weiteren Entzündungsschutz (Abb. 3 u. 4). Die Implantatplanung bleibt vorläufig. Ein definitiver Kostenvoranschlag wird erst nach funktioneller Entlastung und digitaler Beurteilung der Implantatknochenanatomie erstellt.

  • Abb. 1: Weit fortgeschrittene Parodontitis mit chronischer Restentzündung und Bakteriämie. Mangelnde Hygienefähigkeit, Kaukomfort und Ästhetik mit Karies in der Furkation.
  • Abb. 2: Zu lange Wartezeit bei schwerer chronischer Parodontalerkrankung regio 15, 16 mit vertikaler Schädigung des Implantatlagers (siehe auch Abb. 14).
  • Abb. 1: Weit fortgeschrittene Parodontitis mit chronischer Restentzündung und Bakteriämie. Mangelnde Hygienefähigkeit, Kaukomfort und Ästhetik mit Karies in der Furkation.
  • Abb. 2: Zu lange Wartezeit bei schwerer chronischer Parodontalerkrankung regio 15, 16 mit vertikaler Schädigung des Implantatlagers (siehe auch Abb. 14).

  • Abb. 3: Nach parodontaler Zieltherapie werden tiefe Resttaschen zur Sicherung des Restzahnbestandes zum weiteren Entzündungsschutz vor Implantation chirurgisch korrigiert.
  • Abb. 4: Mikrochirurgische Revision mit vaskulär gestieltem Palatinallappen zur Papillenerhaltung und Auffüllen der Knochentaschen mit autogenem Knochen, antiinflammatorisch unterstützt durch Osteora, alternativ EMD.
  • Abb. 3: Nach parodontaler Zieltherapie werden tiefe Resttaschen zur Sicherung des Restzahnbestandes zum weiteren Entzündungsschutz vor Implantation chirurgisch korrigiert.
  • Abb. 4: Mikrochirurgische Revision mit vaskulär gestieltem Palatinallappen zur Papillenerhaltung und Auffüllen der Knochentaschen mit autogenem Knochen, antiinflammatorisch unterstützt durch Osteora, alternativ EMD.

Funktionelle Entlastung

Bei voll- und teilbezahnten Patienten kommt es häufig zu einer gebrauchsbezogenen Bisssenkung (Abnutzung) unter Verlust der Front-Eckzahn-Führung mit resultierender Gruppenführung bei Rechts- und Linkslateralbewegung [3]. Fehlfunktionen und Habits (Pressen, Knirschen etc.) sind zusätzliche Schadensfaktoren. Bei fortgeschrittener Parodontitis beschleunigt die Gruppenführung die Progression der Erkrankung, behindert die Ausheilung nach der Behandlung und schwächt das Knochenlager für nachfolgende Implantationen. Daher sollten bereits in der frühen Planungsphase folgende Maßnahmen erfolgen:

  1. Im Rahmen des stomatologischen Befunds Beurteilung der Kaumuskulatur (M. temporalis, M. masseter) und der Kiefergelenke (M. pterygoideus medialis und lateralis) auf Verspannung, Verhärtung und Druckschmerzhaftigkeit (GOZ 8000 ff.)
  2. Zum Ausschluss somatischer Ursachen osteopathische Untersuchung auf craniocaudale Dysfunktion, verursacht durch Körperstatik (Schiefstellung), (Fehl-)Haltung, Gang (Motorik) u. a., ggfs. unterstützende Mitbehandlung [4] (ca. 80 Euro pro Std.)
  3. Vorsichtige Reduktion prominenter Protrusionskontakte (Front) und Gleithindernisse in der Laterotrusion auf der Arbeitsseite durch Einschleifen (Bema Teil 4, Geb-Nr. 108; GOZ 4000 ff., 8100)
  4. Anfertigung einer Relaxierungsschiene im OK (bei Deckoder Tiefbiss im UK) zur funktionellen Dekompensation mit frontalem Aufbiss und temporärer Entlastung im Molarenbereich durch vertikale Freistellung von 1 mm (GOZ 7000 ff.) (Abb. 5–7)

Ziel ist die Dekompensation gewohnheitsbedingter Fehlfunktionen zur Entlastung, Revaskularisierung und Mineralisation des Alveolarknochens vor Implantation. Nach Durchführung der Punkte 1–4 erfolgt bereits nach einer Tragezeit von 4–6 Wochen eine Entlastung von habituellen Gebrauchsmustern. Aus Hygiene- und Stabilitätserfordernis werden die Schienen als Streuschienen in einer Stärke von ca. 1,5 mm gefertigt. Sie reichen jeweils bis zum 6-Jahr-Molaren (Abb. 8).

  • Abb. 5: OK-Relaxierungsschiene mit frontalem Aufbiss zur funktionellen Dekompensation bei alters- und gebrauchsbezogener Bisssenkung vor definitiver Implantatplanung.
  • Abb. 6: Temporäre Entlastung von schadhaften Gebrauchs- und Gewohnheitsmustern durch Wiederherstellung der Front-Eckzahn-Führung.
  • Abb. 5: OK-Relaxierungsschiene mit frontalem Aufbiss zur funktionellen Dekompensation bei alters- und gebrauchsbezogener Bisssenkung vor definitiver Implantatplanung.
  • Abb. 6: Temporäre Entlastung von schadhaften Gebrauchs- und Gewohnheitsmustern durch Wiederherstellung der Front-Eckzahn-Führung.

  • Abb. 7: Zur Vorbereitung der Implantation und Beschleunigung der Knochenheilung bei chronischen parodontalen Schäden minimale vertikale Freistellung vom 1 mm mit Entlastung des Molarenbereichs.
  • Abb. 8: Auch bei vollständiger Zahnreihe erfolgt die Ausdehnung der Streuschiene (1,5 mm Dicke) bis zum 6-Jahr-Molaren.
  • Abb. 7: Zur Vorbereitung der Implantation und Beschleunigung der Knochenheilung bei chronischen parodontalen Schäden minimale vertikale Freistellung vom 1 mm mit Entlastung des Molarenbereichs.
  • Abb. 8: Auch bei vollständiger Zahnreihe erfolgt die Ausdehnung der Streuschiene (1,5 mm Dicke) bis zum 6-Jahr-Molaren.

Digitale Bildgebung 3D

Digitalisierung bedeutet Information und Sicherheit. Die Erstellung eines DVTs in der frühen Implantatplanung hat 3 Kernvorteile:

  1. Patientenbindung: Die Entscheidung des Patienten zur Anfertigung eines DVTs während der Implantatberatung (zeitintensiv) mit Zahlung der Kosten von 120–180 Euro je nach Aufnahmeumfang, Bildfenster und Institut ist Motivationsfaktor und sichert die Zusage an die Behandlung. Junge Patienten und im IT-Bereich Beschäftigte sind sich dem Mehrwert einer 3D-Bildgebung zur Therapiesicherung durchaus bewusst und fragen danach.
  2. Anatomische Information: Mehrinformationen sind die Nähe zum N. alveolaris, die Ausdehnung der Kieferhöhle und ihrer Septen, der Verlauf (insbesondere transversal) und die Mineralisation des Implantatknochens (nach Zahnextraktion) sowie die Positionierung des/r Implantate/s in Relation zu Nachbarzähnen (Abb. 9 u. 10). Durch Schrägmessungen resultieren auch im DVT Messfehler von bis zu 1 mm [5,6].
  3. Präzision: Die 3D-Beurteilung des Implantatgebietes bedeutet einen erhöhten Zeitaufwand in der Planung, die im Regelfall auch zu einer präziseren, schonenden und risikoärmeren OP-Planung und Implantatinsertion führt. Auch bei langjähriger klinischer Erfahrung sollte dieser Vorteil genutzt werden.

Die Abrechnung des DVTs erfolgt durch die in der GOÄ für Zahnärzte geöffneten GOÄ-Pos. 5370 und 5377. Besitzt man kein eigenes DVT, sind chirurgisch tätige Kollegen (Überweiser) oder speziell ausgerüstete Radiologiepraxen Ansprechpartner. Achtung: DVT-Aufnahme (Region, Ausschnitt, Viewer etc.) immer individuell anweisen. Der Mehraufwand der 3D-Analyse und Auswertung wird mittels Analogposition (GOZ 9000a) berechnet.

  • Abb. 9: Fortgeschrittene vertikale UK-Alveolarkammatrophie mit Knochenkammgrat, vestibulär abfallendem Knochenniveau, Nervnähe und schmaler keratinisierter Gingiva.
  • Abb. 10: Sicherung der Implantatplanung (Implantatlängen, Positionierung, Durchmesser und operatives Vorgehen) durch DVT-Beurteilung (Cranium Bonn 2014).
  • Abb. 9: Fortgeschrittene vertikale UK-Alveolarkammatrophie mit Knochenkammgrat, vestibulär abfallendem Knochenniveau, Nervnähe und schmaler keratinisierter Gingiva.
  • Abb. 10: Sicherung der Implantatplanung (Implantatlängen, Positionierung, Durchmesser und operatives Vorgehen) durch DVT-Beurteilung (Cranium Bonn 2014).

Implantatabstände

Wird ein Implantat neben einen natürlichen Zahn gesetzt, hat dies keine Auswirkungen auf die Interdentalpapille. Setzt man 2 Implantate nebeneinander, geht unabhängig vom verwendeten Implantattyp die suprakrestale biologische Breite und damit die Papille verloren [7]. Die Effekte von Implantaten mit Platform-Switching, konkavem Abutment, mikromaschiniertem Hals oder von Mikrobewegungen des Implantat-Abutments auf die Stabilität von krestalem Knochen und Weichgewebe beschränken sich auf subklinische Effekte [8,9]. Die chirurgischen Implantatabstände folgen daher primär den prothetischen Erfordernissen, insbesondere der Gegenbezahnung [10]. Im Idealfall gelten folgende Gesetze:

  • Mindestabstand bei einwurzeligen Zähnen einschl. Prämolaren: 7 mm
  • im Molarenbereich Implantatabstände von mindestens 11 mm (Abb. 11)

Häufig ist für die prothetisch ideale Implantatposition die lokale Knochenanatomie unzureichend, insbesondere bei Kreuzbiss oder langjährigen parodontalen Schäden usw. (Abb. 12–14). Bestätigt die klinische Untersuchung diesen Verdacht, erfolgt eine 3D-Beurteilung der Knochenbreite mit individualisierter Implantatposition, ggfs. auch unter Verwendung durchmesserreduzierter Implantate. Alternativer Aufwand, Umfang und Kosten von Augmentation, Knochenentnahme oder Fremdmaterial mit Lappenmobilisation und möglicher Infektion sind vorab zu kalkulieren.

  • Abb. 11: Interimplantäre Mindestabstände von 7 mm im Frontund Prämolarengebiet mit 11 mm im Molarenbereich aus prothetischer Sicht und Schutz vor periimplantären Knochenschäden (Vaskularisation). Chirurgie: Dr. G. Kochhan
  • Abb. 12: Unzureichendes Knochenangebot mit vestibulär fehlendem Implantatknochen nach Zahnverlust durch traumatische Kreuzbissbeziehung im linken Oberkiefer.
  • Abb. 11: Interimplantäre Mindestabstände von 7 mm im Frontund Prämolarengebiet mit 11 mm im Molarenbereich aus prothetischer Sicht und Schutz vor periimplantären Knochenschäden (Vaskularisation). Chirurgie: Dr. G. Kochhan
  • Abb. 12: Unzureichendes Knochenangebot mit vestibulär fehlendem Implantatknochen nach Zahnverlust durch traumatische Kreuzbissbeziehung im linken Oberkiefer.

  • Abb. 13: OPG-Ausgangsbefund mit kombiniert vertikal lateralem Knochendefizit. Augmentation mit Sinuslift (vertikal) und Bone Shield-Technik (lateral) und nachfolgender Implantation 25, 26, 27.
  • Abb. 14: Durch langjährigen parodontalen Schaden (siehe Abb. 2) verursachter vertikaler Implantatknochenverlust regio 16. Vermeidung des Sinuslifts durch 3D-Analyse mit sinusnaher Implantation.
  • Abb. 13: OPG-Ausgangsbefund mit kombiniert vertikal lateralem Knochendefizit. Augmentation mit Sinuslift (vertikal) und Bone Shield-Technik (lateral) und nachfolgender Implantation 25, 26, 27.
  • Abb. 14: Durch langjährigen parodontalen Schaden (siehe Abb. 2) verursachter vertikaler Implantatknochenverlust regio 16. Vermeidung des Sinuslifts durch 3D-Analyse mit sinusnaher Implantation.

Implantation

Perfusion (Blutung)

Zum Erhalt eines vaskularisierten Implantatknochens und zur Vermeidung periimplantärer Folgeerkrankungen als Folge von Gefäßschäden der Spongiosa (frühe Implantatmisserfolge) sollte neben ausreichenden Implantatabständen auf eine Knochenblutung während der Implantatinsertion geachtet werden [11] (Abb. 15). Dies erzielt man durch folgendes Step-by- Step-Vorgehen:

  • Verwendung scharfer Pilot- und Mehrwegbohrer (frühzeitig erneuern, sonst zu hoher Druck und Gefahr der fehlerhaften Achsenrichtung)
  • dosierte Implantatbettaufbereitung (intermittierend) unter ständiger NaCl-Kühlung
  • vor Implantatinsertion Auffüllung des Implantatbetts mit Blut abwarten
  • Benetzung der Implantatoberfläche mit Blut beim Einbringen
  • begrenzte Drehzahl < 800 Nm während der Implantation, ggf. auch Einbringen von Hand mit Drehmomentschlüssel, max. 10–30 Nm (Abb. 16)

Als Endposition hat sich eine geringfügige subkrestale Positionierung des Implantates bewährt [12]. Zur Einheilung ist unabhängig vom Implantattyp (zylindrisch, wurzelförmig etc.), Knochenqualität und Lokalisation eine primär stabile Fixierung erforderlich. Von einer weiteren „Verschraubung“ mit Verletzung des Implantat-Knochen-Verbundes ist abzuraten [13].

  • Abb.15 : Förderung der Knochen- und Gewebedurchblutung (Perfusion) und Implantateinheilung durch minimale Implantatchirurgie mit Insertion des Implantatpfostens in vaskularisiertes, durchblutetes Knochenlager.
  • Abb. 16: Minimale Implantation mit Schonung des Implantatknochens unter Verzicht auf maschinelles Einbringen, Implantatinsertion mittels Drehmomentschlüssel.
  • Abb.15 : Förderung der Knochen- und Gewebedurchblutung (Perfusion) und Implantateinheilung durch minimale Implantatchirurgie mit Insertion des Implantatpfostens in vaskularisiertes, durchblutetes Knochenlager.
  • Abb. 16: Minimale Implantation mit Schonung des Implantatknochens unter Verzicht auf maschinelles Einbringen, Implantatinsertion mittels Drehmomentschlüssel.

Weichgewebsschutz (Volumen)

Aufgrund bestehender Knochendefizite nach Extraktion, Parodontitis oder bei Fehlfunktion sind die Voraussetzungen an eine ausreichend breite Zone an keratinisierter Gingiva um Implantate häufig nicht ideal [14]. Zur Planung und Sicherung des chirurgischen Vorgehens sollten bereits bei der Erstellung des KVs die GOÄ-Positionen ä2382, ä2386 und ä2677 mit den entsprechenden GOZ-Zuschlägen berücksichtigt werden. Folgendes Vorgehen hat sich bewährt:

Verbreiterung:

  • zunächst Planung (Modelle) und Implantation durchführen
  • bei ortsständiger Implantation Verbreiterung der periimplantären Gingiva durch leicht oralwärts verlagerte Inzision (reicht meist aus)
  • Bei lateraler Augmentation ist eine Verbreiterung aufgrund der Lappenmobilisation zur Defektdeckung absehbar; in der Einheilungsphase vor Freilegung separater Behandlungstermin mit Vestibulumplastik und freier Schleimhauttransplantation (Gaumen) (Abb. 17-19).
  • In Einzelfällen und bei Zahnlosigkeit im Unterkiefer Verbreiterung durch Edlan-Mejchar-Vestibulumplastik mit Schaffung einer attached Mukosa als gestielte Lappenplastik mit gutem ästhetischen Resultat vor Implantation; sie kann auch zur Kompensation nach Implantation erfolgen (Abb. 20-22).

Verdickung:

Zur funktionellen Sicherung und Schutz vor periimplantären Erkrankungen ist eine ausreichende periimplantäre Breite weitaus wichtiger als die Schleimhautdicke. Die alleinige Verdickung mittels freiem Bindegewebstransplantat (Gaumen) oder Rolllappen geht häufig mit periimplantärem Höhenverlust einher. Sie ist auf ästhetisch wichtige Indikationen (Oberkieferfront) beschränkt. Probleme in der Einheilung, Narbenbildungen, natürliche biologische Resorptionen und die nachlassende Dauerstabilität werden prothetisch ausgeglichen.

  • Abb. 17: Zustand vor periimplantärer Verbreiterung regio 26 nach Sinuslift mit nachfolgender Implantation.
  • Abb. 18: Vestibuläre Gingivaextension mit apikaler Fixierung vor Schleimhauttransplantation während der Implantateinheilung.
  • Abb. 17: Zustand vor periimplantärer Verbreiterung regio 26 nach Sinuslift mit nachfolgender Implantation.
  • Abb. 18: Vestibuläre Gingivaextension mit apikaler Fixierung vor Schleimhauttransplantation während der Implantateinheilung.

  • Abb. 19: Freies Schleimhauttransplantat in situ vor palatinaler Nahtfixierung.
  • Abb. 20: Instabiles periimplantäres Weichgewebe mit mangelnder Hygienefähigkeit, persistierender Entzündung regio 34 und chronischer Empfindlichkeit.
  • Abb. 19: Freies Schleimhauttransplantat in situ vor palatinaler Nahtfixierung.
  • Abb. 20: Instabiles periimplantäres Weichgewebe mit mangelnder Hygienefähigkeit, persistierender Entzündung regio 34 und chronischer Empfindlichkeit.

  • Abb. 21: Gestielte Lappenplastik nach Edlan-Mejchar zur Verbreiterung der periimplantären Gingiva mit attached Mukosa bei vestibulär fehlendem Implantaknochen und überdimensioniertem Implantatdurchmesser.
  • Abb. 22: Reizfreie, ästhetisch akzeptable Einheilung 8 Wochen postoperativ mit funktioneller Entlastung durch Verbreiterung und periimplantärer Stabilisierung.
  • Abb. 21: Gestielte Lappenplastik nach Edlan-Mejchar zur Verbreiterung der periimplantären Gingiva mit attached Mukosa bei vestibulär fehlendem Implantaknochen und überdimensioniertem Implantatdurchmesser.
  • Abb. 22: Reizfreie, ästhetisch akzeptable Einheilung 8 Wochen postoperativ mit funktioneller Entlastung durch Verbreiterung und periimplantärer Stabilisierung.

Kurze, durchmesserreduzierte Implantate

Die Verwendung kurzer (< 9 mm) Implantate (Shorties) führt zu einer Minimalisierung des Eingriffs. Obwohl Implantation und klinische Einheilung patientenfreundlich sind, erfordert die minimale Chirurgie in ihrer praktischen Durchführung einen Mehraufwand durch 3D-Visualisierung in der Planung (DVT) und mikrochirurgisches Feingefühl in der Realisation. Evidenzbasierte klinische Daten sind uneinheitlich und industriegelenkt, biomechanische Studien unterschätzen die funktionelle Adaptation des Implantatknochens [15,16]. Bei vertikal fehlendem Knochenangebot öffnet die Erfahrung der klinischen Praxis gegenwärtig folgende Indikationsbereiche:

Unterkiefer

  • fortgeschrittene Alveolarkammatrophie im Unterkiefermolarenbereich (häufig) (Abb. 23-29)
  • Nähe zum N. alveolaris

Oberkiefer

  • anatomisch enge Lagebeziehung zur Kieferhöhle
  • atrophierter oder zahnloser Oberkiefer nach langjähriger Tragedauer von herausnehmbarem Zahnersatz

Transversale Implantatknochenplateaus werden während der Implantation chirurgisch korrigiert (GOÄ 2730), um periimplantäre Trichter und prothetisch lange Abutments mit infektanfälliger Gingiva zu vermeiden (Abb. 30). Die prothetische Versorgung des Unterkiefers erfolgt festsitzend unter Verwendung axial verschraubter, nicht zementierter, unverblockter Einzelkronen (Hygiene, Zementierungsschäden, Periimplantitis). Die Integration in den Praxisalltag gelingt nur mit Fokus auf die Gewebebiologie unter Abkehr von der rein mechanistischen Versorgungslehre und Verblockungstheorie. Durchmesserreduzierte (< 4 mm), schmale Implantate mit transgingivaler Einheilung (Minis) sind aufgrund ihrer Materialeigenschaften (Bruch) und begrenzten prothetischen Versorgungsmöglichkeit und Kompatibilität auf Einzelindikationen bei multimorbiden Patienten mit zahnlosem Unterkiefer, erhöhtem OP-Risiko (fortgeschrittener Diabetes, Gerinnungserkrankungen etc.) und eingeschränkten Hygienemöglichkeiten limitiert [17].

  • Abb. 23: Indikation zur Insertion kurzer durchmesserreduzierter Implantate bei Freiendsituation im Unterkiefer und geringer Restknochenhöhe.
  • Abb. 24: Präoperatives OPG mit Anzeichen von Demineralisation und Hinweis auf laterale Kammatrophie regio 35, 36.
  • Abb. 23: Indikation zur Insertion kurzer durchmesserreduzierter Implantate bei Freiendsituation im Unterkiefer und geringer Restknochenhöhe.
  • Abb. 24: Präoperatives OPG mit Anzeichen von Demineralisation und Hinweis auf laterale Kammatrophie regio 35, 36.

  • Abb. 25: Sicherung der Implantatplanung und Durchführung durch 3D-Visualisierung mit reduzierter Implantatlänge von 7 mm bei Kammresorption mit Nervnähe (Radiologie Fürther Freiheit, 2014).
  • Abb. 26: Intraoperativer Situs nach Implantation kurzer Implantate (7 mm) mit prothetisch relevantem Durchmesser (Schulter) von 4,3 und 5,0 mm.
  • Abb. 25: Sicherung der Implantatplanung und Durchführung durch 3D-Visualisierung mit reduzierter Implantatlänge von 7 mm bei Kammresorption mit Nervnähe (Radiologie Fürther Freiheit, 2014).
  • Abb. 26: Intraoperativer Situs nach Implantation kurzer Implantate (7 mm) mit prothetisch relevantem Durchmesser (Schulter) von 4,3 und 5,0 mm.

  • Abb. 27: Die resorptionsbedingt schmale periimplantäre Gingiva wird während der Freilegung durch einen 1 mm oralwärts gelegenen horizontalen Kieferkammschnitt vertikal verbreitert.
  • Abb. 28: Radiologisch unauffälliger Befund mit maximaler Schonung des N. alveolaris unter Vermeidung von Augmentation nach Freilegung.
  • Abb. 27: Die resorptionsbedingt schmale periimplantäre Gingiva wird während der Freilegung durch einen 1 mm oralwärts gelegenen horizontalen Kieferkammschnitt vertikal verbreitert.
  • Abb. 28: Radiologisch unauffälliger Befund mit maximaler Schonung des N. alveolaris unter Vermeidung von Augmentation nach Freilegung.

  • Abb. 29: Unverblockte Einzelkronen mit implantprothetischem Längenverhältnis von 1:1.
  • Abb. 30: Lange trichterförmige prothetische Abutments unterliegen keiner Selbstreinigung und können zu periimplantären Reizungen (Empfindlichkeit) führen.
  • Abb. 29: Unverblockte Einzelkronen mit implantprothetischem Längenverhältnis von 1:1.
  • Abb. 30: Lange trichterförmige prothetische Abutments unterliegen keiner Selbstreinigung und können zu periimplantären Reizungen (Empfindlichkeit) führen.

Augmentation und Revision

Mit Ausnahme des Sinuslifts ist in der implantologischen Breitenversorgung die Zahl der chirurgischen Augmentationen rückläufig und beschränkt sich auf die Rekonstruktion nach Trauma und Tumorerkrankungen durch vertikale Distraktion oder auf individuelle prothetische oder ästhetische Indikationen [18]. Die Indikation zur Augmentation umfasst:

  • den Zahnverlust bei Kreuzbiss,
  • die Augmentation bei lateralem Knochenverlust (Seite) und
  • die Ausformung des periimplantären Knochens (vestibuläre Emergenz) bei hohem ästhetischem Anspruch (Front).

Zur Verwendung autogenen Knochens bzw. Chips und ihrer synthetischen Alternativen im Zusammenhang mit Augmentationstechniken hat der Autor bereits ausführlich Stellung genommen [19].

Die rückläufigen Entwicklungen in der Augmentationspraxis haben unmittelbare Konsequenzen für die chirurgische Revision periimplantärer Schäden. Hier hat sich folgendes Vorgehen etabliert [20] (Abb. 31):

Mukositis

  • Defekttiefe <= 3 mm: Mundhygiene und Implantatreinigung (ZMP, ZMF, DH)
  • Defekttiefe <= 4–5 mm: zusätzlich 0,2 % CHX, ggf. Laserdekontamination Er:YAG
  • Defekttiefe >= 6 mm: periimplantäre plus parodontale Reinigung, systemische Antibiose mit Amoxicillin 500 mg 20 T und Clont 400 mg 20 T, je 3 T für 7 Tage

Zusammen mit funktioneller Entlastung durch Einstellung der Front-Eckzahn-Führung, einer Dekompensation durch Schienentherapie (siehe oben), ggf. auch mit Abnahme der Implantatkrone(n) stellt sich für die Patienten häufig eine zunächst klinisch akzeptable Lösung ein, die bei Bedarf wiederholt werden kann (Privatleistung, GOZ 4000 ff.). In der Therapie periimplantärer Schäden wird die Empfehlung, Implantatkronen axial zu verschrauben (nur Prämolaren und Molaren) und damit abnehmbar zu gestalten, besonders deutlich.

  • Abb. 31: 4-Punkte-Programm (Privatleistung) zur Behandlung periimpläntärer Schäden, die durch eine sorgfältige Implantatplanung weitgehend vermieden werden können.
  • Abb. 32: Die chirurgische Revision trichterfömiger Implantatknochendefekte ist aufgrund ihres Zeitaufwands, Umfangs und Kosten und begrenzter Indikationsstellung auf einzelne klinische Situationen begrenzt.
  • Abb. 31: 4-Punkte-Programm (Privatleistung) zur Behandlung periimpläntärer Schäden, die durch eine sorgfältige Implantatplanung weitgehend vermieden werden können.
  • Abb. 32: Die chirurgische Revision trichterfömiger Implantatknochendefekte ist aufgrund ihres Zeitaufwands, Umfangs und Kosten und begrenzter Indikationsstellung auf einzelne klinische Situationen begrenzt.

Periimplantitis

Zu den weit fortgeschrittenen Schäden mit zirkulärem trichterförmigem Implantatknochenabbau zählen:

  • Defekttiefen >= 8 mm: Explantation, ggf. chirurgische Revision

Bei dieser Befundklasse umfassen die Empfehlungen zunehmend die Implantatentfernung mit Neuinsertion, ggf. unter Augmentation und prothetischer Versorgung nach Ausheilung (bei Patientenwunsch). Der Vorteil einer rascheren Defektheilung bei Implantatknochenschäden nach Insertion dimensionsreduzierter Implantate liegt auf der Hand.

Erfolgt im Einzelfall bei strategisch wichtigen Implantaten (Eckzahnbereich bei Zahnlosigkeit) die Entscheidung zur chirurgischen Revision, gilt folgender Behandlungsablauf [21] (Abb. 32):

  • Abnahme der Suprakonstruktion, wenn verschraubt
  • horizontaler Kieferkammschnitt mit vertikaler Entlastung, Bildung eines Mukoperiostlappens
  • Knochentaschenkürettage
  • Spülung mit 0,2%igem CHX, ergänzend Er.YAG-Dekontamination
  • Blutungsstimulation plus autogene Knochentransplantate zur Defektauffüllung und Rekonstruktion, ggf. Abdeckung mit gestieltem und rotiertem Bindegewebslappen
  • dichter, spannungsfreier Wundverschluss, keine funktionelle Belastung
  • systemische Antibiose

Zusammenfassung

Die Vermeidung periimplantärer Erkrankungen liegt in einer sorgfältigen Analyse, Beurteilung und Planung vor der Implantation. Eine parodontale Sanierung mit frühzeitiger Entfernung schlechter Prognosezähne bei Implantationswunsch und die funktionelle Entlastung (Dekompensation) mit Fokus auf eine gesicherte Front-Eckzahn-Führung sind die wichtigsten Grundbausteine. Zur Therapiesicherung bei enger anatomischer Lagebeziehungen oder Verwendung durchmesserreduzierter Implantate wird die Implantatplanung durch ein präoperatives DVT unter Berücksichtigung der prothetisch erforderlichen Implantatabstände unterstützt. Die Implantation erfolgt unter minimaler mechanischer Knochenbelastung und Beachtung der Gewebedurchblutung (Perfusion). Chirurgische Verbreiterungen werden nach Expektation und Implantateinheilung durchgeführt, entweder schleimhautunterstützt oder durch gestielte Lappenplastiken. Bei periimplantären Schäden wird die Hygienefähigkeit mit Notwendigkeit der axialen Verschraubung der prothetischen Versorgung deutlich. Erst die gemeinsame Realisation aller genannten Faktoren führt zu einer nachhaltigen Verminderung von Implantatschäden, sichert den implantologischen Langzeiterfolg und damit das Ansehen und Vertrauen der Zahnärzteschaft in der Bevölkerung.

Danksagung: Herrn Dr. Kochhan, Düsseldorf, danke ich für die Anregungen und Impulse in der Zusammenarbeit.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Rainer Buchmann

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Rainer Buchmann



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