Zahnärztliche Handinstrumente – ergonomische und hygienische Aspekte

Um die Beanspruchungsreaktionen beim Einsatz von Handinstrumente in der zahnärztlichen Praxis zu reduzieren, strebt man eine Verbesserung in der Gestaltung dieser Arbeitsmittel an – im speziellen die Griffgestaltung, die für die neuromuskuläre Beanspruchungsreaktion ursächlich ist. Aber auch das Keimhaftungsvermögen und die Möglichkeit der Dekontamination ist nicht zu verkennen. Im nachfolgenden Beitrag wird die Gestaltung und Nutzung der zahnärztlichen Handinstrumente aus ergonomischer und hygienischer Sicht beleuchtet.
Arbeitswissenschaft und Zahnmedizin
Es gibt vielfältige Beziehungen zwischen der Zahnmedizin und den Arbeitswissenschaften. Dabei ist der Komplex der Arbeitsgestaltung überaus bedeutsam. Hierzu zählt auch die Gestaltung und Anwendung der häufig genutzten zahnärztlichen Handinstrumente.
Dieser Teilkomplex ist Bestandteil des Belastungs-Beanspruchungs-Bewältigungkonzeptes [30] in der zahnärztlichen Praxis. Alle exogenen Einflüsse werden als die Belastung zusammengefasst, die auf den Arbeitenden einwirkt. Belastungsfaktoren für das Hand- und Armsystem sind neben den zahnärztlichen Handinstrumenten beispielsweise Teilkörperschwingungen von Übertragungsinstrumenten [27] und die zahnärztliche Arbeitshaltung [26]. Alle Einflussfaktoren werden individuell verarbeitet und führen beim arbeitenden Menschen zu sog. Beanspruchungsreaktionen. Diese können an unterschiedlichen Organen bzw. Organsystemen dargestellt werden.
Auf das vorliegende Thema bezogen sind diese Reaktionen vordergründig am Stütz- und Bewegungsapparat zu erkennen. Erst wenn dem Arbeitenden die individuelle Bewältigung der gesamten Belastung oder des einzelnen Belastungsfaktors nicht möglich ist, können arbeitsbedingte Erkrankungen bzw. Berufskrankheiten entstehen. Was als Berufskrankheit gilt, ist in einer Liste aufgeführt, die der Berufskrankheitenverordnung als Anhang beigefügt ist. Für deren Anerkennung muss nicht nur die Kausalität zwischen der Arbeitstätigkeit und der Erkrankung medizinisch nachgewiesen sein. Die Arbeitsbelastungen müssen für die Betroffenen ein deutlich höheres Risiko für die Entstehung derartiger Erkrankungen als für die nicht betroffenen Teile der Bevölkerung besitzen.
In Deutschland sind themenbezogene Berufskrankheiten bei Zahnärzten aktuell [26] nicht anerkannt worden. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass die Gestaltung und Nutzung der zahnärztlichen Handinstrumente ohne Probleme bzw. Folgen sei. Schon vor Jahrzehnten machte Schöbel [32] auf Schädigungen der zahnärztlichen Hände im Fingerbereich aufmerksam.
Fünf % der Zahnärzte klagen über beanspruchungsbedingte Beschwerden an den Händen [29]. Begünstigt durch häufige Wiederholungen der Instrumentennutzung stellen sich Veränderungen an den Fingergelenken als Zeichen einer chronischen Überlastung ein. Eine wissenschaftliche Studie zu Arthrosen der Fingergelenke bei Zahnärzten wurde 1990 publiziert. Röntgenologische Untersuchungen der Hand- und Fingergelenke zeigten bei Zahnärzten im Vergleich zur nicht belasteten Bevölkerung signifikant häufiger Arthrosen des distalen Interphalangealgelenkes als Folge der Verwendung von Handinstrumenten [23]. Fingerfehlhaltungen finden sich aktuell z. B. auch im Rahmen der zahnmedizinischen Ausbildung (Abb. 1 u. 2). Die Beispiele zeigen, dass nicht nur wenig Erfahrene Fehlhaltungen einnehmen.
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Abb. 1: Verkrampfte Fingerhaltung [16].
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Abb. 2: Verkrampfte Fingerhaltung während der ersten Implantationsübung eines Studenten im Phantomkurs II (5. Semester). Die auffälligen Durchblutungsverhältnisse am rechten Zeigefinger sind Ausdruck der Fehlhaltung [28].
Zahnärztliche Handinstrumente
Es wurde schon frühzeitig und auch später immer wieder über die Gestaltung und Nutzung zahnärztlicher Handinstrumente berichtet [9,10,13,18,19,20,23,25,31,32]. Auch industrieseitig wurde das Problem etwa von Herig, Schmidt und Eisele [14,15] bearbeitet. Handinstrumente stellen eine Verlängerung der Finger dar. Ein großer Teil davon ist viel graziler als die Finger und aufgabenadäquater gestaltet. Außerdem dienen die Handinstrumente in gewissem Umfang der Distanzierung von der keimbeladenen Mundhöhle.
Bekanntlich werden der Griff und das Arbeitsende unterschieden. In dieser Zusammenstellung werden ganz vordergründig die Griffgestaltung und deren Auswirkungen betrachtet. Da der Griff oft wesentlich langlebiger ist, gibt es eine Reihe von Handinstrumenten mit auswechselbaren Arbeitsenden. Als Werkstoffe für den Griff kommen verschiedene Stähle, Titan, Keramik, sterilisierbare Kunststoffe und Silikone zum Einsatz.
Man findet auch heute noch in zahnärztlichen Praxen viele Handinstrumente mit dünnen Griffen. Erschwertes Behandeln durch großen Kraftaufwand – allein zum Halten der Instrumente – sowie Spannungen und Verkrampfungen der Finger-, Hand- und Armmuskulatur sind mögliche Folgen [32]. Auch die industrielle Erfahrung zeigt, dass chronische Schäden im Bereich der Muskeln des Vorderarmes durch den ständigen Gebrauch von Handinstrumenten entstehen können [2,18].
Um eine Reduktion der Belastung durch Handinstrumente zu realisieren, strebt man die Einheit von Mensch und Arbeitsmittel an.
Auf die Handinstrumente bezogen ist die Beurteilung von Formschluss bzw. Reibeschluss im System Griff-Hand von besonderer Bedeutung. Dies dient als Gütekriterium der Griffgestaltung.In diesem Zusammenhang sind die sog. Handforminstrumente zu erwähnen [9,13,20,21,25,31]. Diese Instrumente, die von Huber als Umsetzung der Untersuchungsergebnisse von Herig [14,15] entstanden, müssen noch heute als bedeutsame und wirksame Anwendung ergonomischer Prinzipien für die zahnärztliche Tätigkeit eingeordnet werden [20,31]. Ihre Gestaltung basiert auf umfangreichen anthropometrischen Studien, die es gestatteten, maßliche Angaben für den Bereich eines „mittelgroßen“ Menschen zusammenzustellen (Abb. 3).
Neuromuskuläre Beanspruchung bei Handinstrumentennutzung
Für zahnärztliche Handinstrumente gibt es bisher relativ wenig wissenschaftliche Studien. In den 1960er und 70er Jahren sowie später wurden vor allem solche Untersuchungen zur Griffwirkung realisiert, welche die sog. Festhaltezeit und Festhaltekraft der Handinstrumente als Bewertungskriterien nutzten. Diese Untersuchungen wurden ausnahmslos mit mechanischen Methoden durchgeführt. Deren Ergebnisse können deshalb nicht als für die zahnärztliche Tätigkeit relevant angesehen werden.
Um die Griffformen von zahnärztlichen Handinstrumenten bewusst geringer beanspruchend gestalten zu können, muss eine Methode eingesetzt werden, die quantitative Aussagen über die auftretenden Beanspruchungsreaktionen entsprechender Muskeln bei der Anwendung der Handinstrumente zulässt.
Kleine und Schneevoigt [21,31] setzten die Oberflächen- Elektromyografie als arbeitswissenschaftlich eingeführte Methode [3,4,5,6,17] in großem Umfang zu vergleichenden Einschätzungen der Beanspruchungsreaktionen bei der Nutzung unterschiedlicher Griffgestaltungen von zahnärztlichen Handinstrumenten ein. Praktisch bedeutsame Ergebnisse dieser beiden Studien sollen nachfolgend dargestellt werden.
Die untersuchten Instrumentenarten (Mundspiegel, Myrtenblatt/„ Zahnreiniger“, Exkavator sowie Amalgamplanstopfer) werden mit zahnärztlich typischen Bewegungen bzw. Haltungen genutzt (statische Belastung oder dynamische Belastungen der Hand- und Armmuskulatur mit vordergründig ziehender, drückender bzw. rotierender Bewegung). Für die Untersuchungen wurden 16 verschiedene, fast ausschließlich handelsübliche Instrumentengriffe des europäischen Marktes einbezogen (Abb. 4, Tab. 1). Diese wurden zum großen Teil mit dem Begriff der „ergonomischen Gestaltung“ bzw. als „Handforminstrumente“ beworben. Mit der in Abbildung 5 dargestellten Untersuchungsmethodik wurden grob- und zeitgleich feinmotorische Muskeln geprüft.
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Abb. 4: Untersuchte Instrumentengriffe am Beispiel des Mundspiegels. Die Bezeichnungen der Griffe entsprechen denen in Tabelle 1. Die Reihenfolge der Griffe 1 bis 16 in Tabelle 1 entspricht der Reihenfolge in dieser Abbildung von links nach rechts.
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Tab. 1: Untersuchte Instrumentengriffe zahnärztlicher Handinstrumente.
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Abb. 5 Versuchsanordnung für die Erfassung der neuromuskulären Beanspruchungsreaktionen.
Die grobmotorischen Muskeln (M. deltoideus, pars clavicularis; M. triceps brachii; M. biceps brachii) sowie der M. flexor digitorum superficialis dienten bei der Arbeit mit den Handinstrumenten vorwiegend der Führung und Fixierung des tätigen Armes sowie der Hand. In diesem Zusammenhang ist auf den Bezug zur gesamten Arbeitshaltung und dabei v. a. zur Armentlastung durch Abstützung hinzuweisen [26].
Das Vermögen, die Greifkraft fein entsprechend der Griffgestaltung abzustufen, konnte nur für die neuromuskulär aufwendig gesteuerten kurzen Handmuskeln (M. interosseus dorsalis II, M. adductor pollicis) nachgewiesen werden. Bis zu 56 % höhere Beanspruchungsreaktionen traten bei Nutzung ungünstig gestalteter Instrumentengriffe auf [31]. Eine Übersicht zum statistisch gesicherten Einfluss der verschiedenen Parameter der Griffgestaltung auf die Inanspruchnahme des Zahnarztes vermittelt die Tabelle 2. Als günstigste Griffe erwiesen sich in der Studie für Mundspiegel und Myrtenblatt die in den Abbildungen 6a und b gezeigten Formen. Eine größere Zahl von Griffen erwies sich beim Amalgamplanstopfer als günstig (Griff. Nr. 1,3,4,5,6, 8,11,15). Ergänzend sind als Beispiele für die Exkavatoren die Griffe mit den Nummern 1, 6 und 11 aufzuführen.
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Tab. 2: Vergleichende Darstellung der Griffeigenschaften in Relation zur Beeinflussung der neuromuskulären Beanspruchungsreaktionen (+ = statistisch gesicherter Zusammenhang, – = statistisch nicht gesicherter Zusammenhang).
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Abb. 6a: Günstige Mundspiegelgriffe der Studie (von links nach rechts: Griff Nr. 16, 15, 1, 6, 2).
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Abb. 6b: Günstige Myrtenblattgriffe der Studie (von links nach rechts: Griff Nr. 6, 1, 11, 15, 5).
Bei allen untersuchten Teiltätigkeiten ist der Durchmesser der Handinstrumentengriffe von größter Bedeutung. Die Verwendung von Griffen, deren Durchmesser mehr als 7,5 mm betrug, führte zu einer entspannteren Handmuskulatur. Die höchsten muskulären Beanspruchungsreaktionen wurden dagegen bei Nutzung dünner, stählerner Instrumentengriffe beobachtet. Derartige runde und achtkantige Griffe mit einem Durchmesser von rund 5,5 mm sind Formen, die noch immer häufig in zahnärztlichen Praxen anzutreffen sind. Geringere Beanspruchungsreaktionen traten beim Instrumententyp Mundspiegel (vorwiegend statische Belastung) dann auf, wenn die Griffe konkave oder plane Flächen aufwiesen. Dies konnte im Vergleich zur Anwendung von Mundspiegeln mit runden, konvexen Instrumentengriffen nachgewiesen werden. Aufgrund der vorwiegend „ziehenden“ Bewegung beim Myrtenblatt erwiesen sich die Handinstrumentengriffe als geringer belastend, die eine Profilbildung in Achsrichtung des Instrumentengriffes aufwiesen. Zwei Gestaltungsformen zeigten diesen Effekt: die Ausformung von Griffmulden bzw. der zunehmende Griffdurchmesser mit wachsender Entfernung vom Arbeitsende.
Exkavatoren werden mit rotierenden Bewegungen angewandt. Geringere neuromuskuläre Beanspruchungsreaktionen traten bei günstiger Querschnittsgestaltung auf. Positiv wirkten sich diesbezüglich konkave oder plane Griffflächen aus.
Bei der Kondensation einer Amalgamfüllung wurden die kurzen Handmuskeln im Vergleich zu den anderen geprüften Tätigkeiten stärker beansprucht. Trotzdem konnte differenziert werden, dass Instrumentengriffe mit geringerem Durchmesser die höheren Beanspruchungsreaktionen auslösten [31].
Bei feinmotorischen Tätigkeiten muss die Gestaltung der Instrumentengriffe als bedeutsamer Belastungsfaktor betrachtet werden. Der manuelle Anteil der Arbeit des Zahnarztes erfordert in vielfältiger Hinsicht ein Höchstmaß an Feinmotorik, d. h. an dosierter Geschwindigkeit, Feingefühl und Präzision der Bewegungen [31]. Hohe feinmotorische Anforderungen sollen nicht mit Kraftleistungen und/ oder gleichzeitig erhöhten statischen Belastungen verbunden sein. Stark belastete Muskeln sind wesentlich schwieriger zu steuern und zu koordinieren [11]. Mit zunehmender Inanspruchnahme und Ermüdung der Muskulatur wird die Präzision der Kraftabstufung und des Bewegungsablaufes gemindert [32]. Insofern ist ein Griff, welcher ein Arbeiten mit einer entspannten Handmuskulatur ermöglicht und damit einer verfrühten Ermüdung vorbeugt, der Feinkoordination dienlich.
Bei den Untersuchungen zur neuromuskulären Beanspruchung wurde festgestellt, dass die Nutzung von Schutzhandschuhen keine signifikanten Veränderungen der Beanspruchungsreaktionen auslöst [21].
Ausgewählte hygienische Aspekte
Bei den zahnärztlichen Handinstrumenten scheint es auf den ersten Blick kaum hygienische Problembereiche zu geben. Da die Lebensdauer der Instrumentengriffe weit über derjenigen der sog. Arbeitsenden liegt, gibt es im Handel auch Handinstrumente mit austauschbaren Arbeitsenden. Dabei handelt es sich in der Regel um Schraubverbindungen. Derartige Arbeits- bzw. Behandlungsmittelverbünde sind dem Zahnarzt bestens z. B. aus der Implantatanwendung – auch mit den dabei auftretenden hygienischen Problemen – bekannt. Andere Aspekte betreffen die verschiedenen Werkstoffe, die für die Instrumentengriffe benutzt werden. Das betrifft beispielsweise das Keimhaftungsvermögen sowie die Möglichkeit der Dekontamination. Ebenfalls ein Problem der zahnärztlichen (und auch ärztlichen) Praxis stellen Restverschmutzungen an Instrumenten dar, die vor der Desinfektion bzw. Sterilisation nicht vollständig entfernt wurden. Dabei hat natürlich Blut als Restverschmutzung eine besondere Bedeutung.
Keimhaftung und Dekontamination
Die Eignung eines Materials für den Einsatz als Griff eines zahnärztlichen Handinstruments wird durch völlig unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Das Material muss einerseits eine gute Griffigkeit und damit Sicherheit und Präzision bei der Arbeit am Patienten gewährleisten. Eigentlich konträr ist die Forderung nach einer möglichst geringen Haftung von Kontaminanten. Andererseits muss dieses Material eine ausreichende mechanische Stabilität gegen die in der Routine eingesetzten Verfahren der Reinigung (Bürste, Ultraschall), Desinfektion (chemische Desinfektionsmittel, Thermodesinfektor) sowie Dampfsterilisation aufweisen. Marktübliche Griffe von Handinstrumenten bestehen beispielsweise aus Kunststoff, Silikon, metallischen Werkstoffen oder Keramik (Abb. 7).
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Abb. 7: Untersuchte Instrumentengriffe: Keramikgriff (DENTSPLY), Anatomic color-Kunststoffgriff (Aesculap), Silikongriff (Safident), Achtkant-Edelstahlgriff (Martin), Mundspiegelgriff (Omnident), Edelstahlrundgriff (Martin), Mundspiegelgriff aus Kunststoff (Aesculap) (v. l. n. r.).
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Tab. 3: Einteilung der Handinstrumentengriffe bezüglich des Werkstoffs und der Oberflächengestaltung [22].
- maschinelle Reinigung und Desinfektion in einem Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG = Thermodesinfektor)
- manuelle Reinigung und Desinfektion im Eintauchverfahren (bei Bedarf in Kombination mit Ultraschall)
- thermische Desinfektion unverpackter Instrumente im Dampfsterilisator
- Sterilisation verpackter Instrumente im Dampfsterilisator
Die Aufbereitungsverfahren müssen wirksam sein, also nachweislich und dokumentiert reinigen, desinfizieren oder sterilisieren. Während die Validierung der Verfahren gegenwärtig intensiv diskutiert wird, ist der Einfluss der unterschiedlichen Aufbereitungsverfahren auf die Materialeigenschaften nahezu nicht untersucht worden. Sie lassen sich jedoch nach vergleichbaren Aufbereitungszyklen deutlich erkennen.
In Tabelle 4 ist die Eignung der in Abbildung 7 gezeigten Grifftypen für die geprüften Aufbereitungsverfahren angegeben. Drei Minuszeichen entsprechen einem Grifftyp, der für das entsprechende Aufbereitungsverfahren am wenigsten geeignet ist, also nach der Aufbereitung die deutlichsten Materialveränderungen der Oberfläche zeigt. Drei Pluszeichen entsprechen der geeignetsten Kombination von Griffart und Aufbereitungsverfahren. Es erfolgt eine kontinuierliche Abstufung von drei Pluszeichen über Null bis zu drei Minuszeichen. Aus diesen Ergebnissen leitet sich ab, dass die Ceramicolor-Griffe unabhängig vom gewählten Dekontaminationsverfahren die günstigsten Ergebnisse zeigten. Es wurde dabei auch deutlich, dass die Werkstoffe und die Oberflächengestalt in diese Ergebnisse eingehen.
Der Einsatz von Ultraschall niederer Intensität in sog. Ultraschallbecken schädigt die Oberfläche der Instrumente stärker als alle anderen Aufbereitungsmethoden. Die Oberfläche wird durch die Beschallung aufgeraut. Die Haftung von Mikroorganismen und Schmutz auf der Oberfläche nimmt zu. Restverschmutzungen an zahnärztlichen Instrumenten nach der Reinigung sind nicht nur unästhetisch, sondern gefährden die Wirksamkeit der Desinfektion.
Eindrucksvolle Untersuchungen von Chaufour aus dem Jahre 1999 belegten die von nicht ausreichend gereinigten Instrumenten ausgehende Infektionsgefahr [7]. In einem Tiermodell wurde die Inaktivierung von Enten-Hepatitis-B-Virus (DHBV) durch unterschiedliche Desinfektions- bzw. Sterilisationsverfahren untersucht. DHBV hat eine ähnliche Struktur wie das menschliche HBV-Virus und bietet sich dadurch als Surrogatvirus für die Desinfektionsmitteltestung an. In diesem Untersuchungsmodell wurden mit dem Blut DHBV-infizierter Tiere kontaminierte Instrumente 3 Minuten an der Luft getrocknet und anschließend entweder gereinigt oder schmutzig den Desinfektions- oder Sterilisationsverfahren unterzogen. Anschließend wurde die verbleibende Infektiosität an gesunden Versuchstieren bestimmt (Tab. 5).Bei vorgereinigten Instrumenten wurde nach Desinfektion oder Sterilisation keine Übertragung von DHBV nachgewiesen.
Waren die Instrumente dagegen ungenügend gereinigt, blieben sie auch nach dem Einsatz an sich wirksamer Desinfektions- oder Sterilisationsverfahren infektiös. In Zahnarztpraxen ist die Dampfsterilisation das am häufigsten angewendete Sterilisationsverfahren. Tzscheutschler untersuchte den Einfluss von Restverschmutzungen an den Instrumenten auf die Abtötung thermoresistenter bakterieller Sporen [34]. Sie benutzte Sporen von Geobacillus stearothermophilus/Bacillus atrophaeus (ca. 106 pro Instrument) und suspendierte diese in unterschiedlichen Mengen von defibriniertem Schafblut. Die Proben wurden anschließend offen oder unter Simulation eines Gelenkinstruments (Schere, Klemme …) („Sandwich“) im Sterilisator behandelt (Tab. 6).Sie konnte in ihren Untersuchungen nachweisen, dass die Abtötung bakterieller Sporen in Dampfsterilisatoren mit fraktioniertem Vorvakuum (sog. B-Klasse-Geräte nach EN 13060) auch durch nicht unbeträchtliche Verunreinigungen mit Blut (100 ?l sind immerhin 2 Tropfen Blut) nicht beeinflusst wird. Bei Nutzung von Dampfsterilisationsverfahren ohne Vorvakuum (Geräte vom Typ N nach EN 13060) sowie Sterilisationsverfahren mit trockener Hitze (Heißluftsterilisation) führten auch geringe Blutreste zu einem messbaren Rückgang der Wirksamkeit. Noch deutlicher ist dieser Effekt bei den in Krankenhäusern eingesetzten Niedrigtemperatur- Sterilisationsverfahren. Sog. Gassterilisationsverfahren mit Ethylenoxid, Formaldehyd-Wasserdampf oder H2O2-Plasma als Wirkprinzip werden selbst durch geringe Blutverschmutzungen deutlich beeinträchtigt. Es ist daher verständlich, dass in den Empfehlungen des Robert-Koch- Instituts die Dampfsterilisation in Zahnarztpraxen als Methode der Wahl angegeben wird. Das gilt für die abschließende unverpackte Dampfsterilisation (-desinfektion) manuell aufbereiteter (gereinigter und desinfizierter) semikritischer Instrumente ebenso wie für die Dampfsterilisation verpackter kritischer Instrumente.
Fazit
Die neuromuskuläre Beanspruchung ist bei der Nutzung unterschiedlicher zahnärztlicher Handinstrumente für ausgewählte Handmuskeln differenziert darstell- und vergleichbar. Um die Beanspruchungsreaktionen bei der zahnärztlichen Tätigkeit zu reduzieren, bedarf es einer aufeinander abgestimmten Gestaltung des Arbeitsendes und des Griffes eines Handinstruments. Besondere Bedeutung für die geprüften zahnärztlichen Handinstrumente besitzen die Gestaltungsmerkmale Griffdurchmesser (!), Griffquerschnitt und Profilierung in Griffachsrichtung. Die Griffe sollten einen Durchmesser von 8 mm oder größer haben, um geringere neuromuskuläre Beanspruchungen beim Zahnarzt auszulösen.
Bei der Aufbereitung sind die Herstellerangaben zur Materialverträglichkeit von Reinigungs-, Desinfektions- und Sterilisationsverfahren zu beachten. Vor allem Ultraschallanwendung kann die Oberfläche der Instrumente schädigen. Dadurch haften Schmutz und die darin eingelagerten Kontaminanten in höherem Maße. Die Reinigung wird erschwert. Eine geringere Wirksamkeit von chemischen Desinfektions- sowie auch von Sterilisationsverfahren kann daraus resultieren.
Autoren: Bernd Reitemeier, Lutz Jatzwauk, Klaus Neumann, Ralf Schneevoigt, Jens Kleine, Claudia Tzscheutschler, Thilo Körnig

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