Endodontie


Orthograde Revisionen richtig instrumentieren

Zahnärztin Sandra Guggenberger praktiziert im Herzen von München und ist seit 2003 auf dem Gebiet der Endodontie spezialisiert. Fast 90% der an sie zur Behandlung überwiesenen Patienten sind sogenannte „Endo-Schiffbrüche“, die es zu retten gilt. Revisionen gehören also zu ihrem Praxisalltag. Wie instrumentiert sie als Profi solch eine Indikation?

Frau Guggenberger, haben Sie den Eindruck, dass die Anzahl orthograder Revisionen zunimmt?

Sandra Guggenberger: Da ich schon immer vorwiegend Revisionen überwiesen bekam, kann ich keinen konkreten Anstieg in meiner Praxis feststellen. Aber eine Veränderung gibt es wohl: Die Revisionen werden definitiv immer anspruchsvoller! Das liegt daran, dass Allgemeinzahnärzte endodontische Eingriffe immer häufiger selbst durchführen. Die meisten von ihnen arbeiten inzwischen maschinell, das war vor 10 Jahren noch nicht der Fall. Die Qualität ihrer Wurzelkanalaufbereitung wird einerseits immer besser, das steht außer Frage. Aber andererseits ist es Fakt: Je schlechter die Endo, desto leichter die Revision! Viele Praxen stellten in den letzten Jahren Zahnärzte mit Schwerpunkt Endo ein. Wenn diese dann Schiffbruch bei der Revision erleiden, kommt der Patient zu mir. Das macht die Behandlung für mich bedeutend schwieriger.

Was führt grundsätzlich dazu, dass eine Revision vorgenommen werden muss?

Mit Absterben des Nervs gehen auch die begleitenden Blutgefäße zugrunde. Der Zahn hat kein Immunsystem mehr. Sind bei der Erstbehandlung Keime verblieben, entwickelt sich je nach Pathogenität à la longue eine Entzündung des periapikalen Gewebes. Diese heilt in der Regel von selbst aus, wenn das Kanalsystem gründlich neu gereinigt wird. In der Vergangenheit glaubte man aufgrund der Studien von Prof. Weine (1982), dass man das Problem durch eine WSR beheben könnte, da man annahm, dass die meisten Seitenkanälchen in der Wurzelspitze seien. Heute weiß man, dass dies eher selten zum Erfolg führt. Die Keime breiten sich im Laufe der Zeit im gesamten Kanalsystem aus; dann muss eine Revision vorgenommen werden.

  • Patientenfall 1
  • Patientenfall 2
  • Patientenfall 1
    © Guggenberger
  • Patientenfall 2
    © Guggenberger

Wo liegt die größte Herausforderung beim Retreatment?

Hat sich der Erstbehandler z.B. keinen geradlinigen Zugang zu einer starken Kurvatur gelegt und ist an dieser gescheitert, so besteht zumeist eine Stufe, die oft größer ist als der Originalkanal selbst. Diese Stufe zu überwinden ist die größte Schwierigkeit für uns Spezialisten. Da nutzen oft weder das Mikroskop noch Spezialfeilen. Jeder Endodontologe hat dann so seine Tricks.

Guttapercha, Träger, Pasten und Zemente: Sie werden bei der Revision ja auch mit unterschiedlichen Füllungsmaterialien konfrontiert, die aus dem Kanal entfernt werden müssen. Bedingt das auch unterschiedliche Vorgehensweisen?

Selbstverständlich. Träger darf man z.B. auf gar keinen Fall mit der „Crown-Down“-Technik aufbereiten. Auch hier ist Können gefragt, um den zentralen Kunststoffkern zuerst „rauszurupfen“. Ich will den Trick verraten: In so einem Fall setze ich gerne den Endo ReStart Opener (Komet Dental) ein. Damit entferne ich die Guttapercha konisch links und rechts vom Träger entlang, nutze den Opener quasi für eine Vorbohrung. Dann drehe ich eine harte Headström-Feile so ein, dass sie sich im Träger verbeißt, und ziehe ihn auf diese Weise heraus. Ganz neue Probleme werden übrigens mit den neuen Biokeramiksealern auf uns zukommen. Ihre Eigenschaften sind fantastisch, aber das Material ist eben nicht ohne Abtrag revidierbar.

Sie erwähnten gerade den Endo ReStart Opener. Wissen Sie noch, was Sie nach dem ersten Einsatz des Endo ReStart-Sets dachten?

  • Endo ReStart-Feilen.

  • Endo ReStart-Feilen.
    © Komet Dental
Mein erster Gedanke war: „Zefix!“, so ein schnittiger Opener! Gerade im koronalen Drittel sitzt ja die meiste harte Guttapercha. Da packt er richtig gut an. Der Opener wird also vorbereitend eingesetzt und schafft die Voraussetzungen für die nachfolgende Endo ReStart-Feile (Komet Dental). Beide Instrumente besitzen diese „safe activity“-Spitze. Safe, weil nichtschneidend und gleichzeitig kontrolliert. Sie lassen sich recht zielgenau in die alten Guttapercha-Füllung führen und sorgen für einen prima Abtransport nach koronal. Nur manchmal benötige ich in so einem Fall doch ein Instrument mit schneidender Spitze, aber dann ist wirklich Vorsicht angesagt! Nichts für Anfänger!

Worauf kommt es anschließend beim Arbeiten in der Tiefe des Wurzelkanals in erster Linie an?

Hier darf nichts nach lateral ausbrechen. Ich muss darauf vertrauen können, dass sich die Feile von oben in die Guttapercha „hineinfrisst“ – und darin auch bleibt, sich also nicht einen einfacheren Weg aus der harten Guttapercha hinaus sucht und eine Via falsa produziert. Da ist bei der Endo ReStart-Feile Verlass: Sie bricht nicht aus und transportiert sauber nach koronal ab.

Worauf führen Sie das zurück?

Da ist bei beiden Instrumenten die bereits erwähnte nichtschneidende Instrumentenspitze, die mit einer Verjüngung versehen ist. Dadurch arbeiten sie sich leicht in das Füllmaterial ein. Außerdem schrauben sie sich durch ein Plus an Windungen an der Instrumentenspitze sehr gut in die Wurzelfüllung ein. Im Verlauf des Arbeitsteils wird der Abstand zwischen den Windungen außerdem größer. Dadurch wird die Guttapercha, das in der Tiefe weggeschabt wird, sehr gut nach oben aus dem Kanal wegtransportiert.

Wie instrumentieren Sie einen absoluten Härtefall, z.B. einen sehr stark gekrümmten Kanal?

Meist arbeite ich mich mit der Endo ReStart-Feile zunächst bis zur Stufe oder Kurvatur vor. Dann greife ich zu einer C+-Feile, die ich gemäß der Kurvatur vorbiege. Mit der versuche ich zu passieren, lege mir also einen Gleitpfad. Dann erst führe ich die Endo ReStart-Feile ums Eck (alternativ die F6 SkyTaper mit gelbem Ring; Komet Dental).

Sehen Sie Endo ReStart auch in der Hand eines Allgemeinzahnarztes?

Ja klar! Wie eingangs beschrieben, liegt das Problem zumeist ja eher in der Zugangskavität und dem „straight line access“. Endo ReStart gibt’s in Blistern; wer die Feilen erst einmal checken möchte, probiert am besten das Einführungsset.

Mit welchem Taper führen Sie anschließend die finale Präparation durch?

Wer den Wurzelkanal z.B. mit F360 (Komet Dental), also mit Taper .04 aufbereitet hat und die Revision mit der ReStart-Feile mit Taper .05 durchführt, der sollte für die finale Präparation dann zu einem größeren Taper greifen. Ich empfehle hier F6 SkyTaper mit konstantem Taper .06. Das stellt sicher, dass sämtlicher Debris aus dem Kanal wegtransportiert wird.

Vielen Dank für das Gespräch. 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Sandra Guggenberger


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