Endodontie


Endodontie 2018 - Was geht, was bleibt, was kommt?

© reineg/fotolia
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Die endodontische Behandlung eines Zahnes ist in der heutigen täglichen Behandlungspraxis elementarer Bestandteil einer modernen Zahnerhaltungskunde. Das klare Ziel einer erfolgreichen Wurzelbehandlung ist ein möglichst langer Zahnerhalt. Doch häufig treten schon während der Behandlung ungeahnte Schwierigkeiten auf, die zeitintensiv sind und eine adäquate Therapie scheinbar unmöglich machen. Der rasante wissenschaftliche Wissenszugewinn der letzten Jahre sowie die zahlreichen Weiterentwicklungen und Verbesserungen der Methodik, beispielsweise durch neue Aufbereitungssysteme und ein verbessertes Spülprotokoll, helfen, diese Probleme zu lösen und somit die Prognose trotz schwieriger Verhältnisse zu verbessern. Der folgende Beitrag fasst bereits etablierte Neuerungen in der chemo-mechanischen Aufbereitung kurz zusammen und gibt einen kleinen Überblick über neue Erkenntnisse aus dem Bereich der regenerativen Endodontie.

In der letzten Zeit beschäftigen sich viele Studien mit den Erfolgsaussichten der endodontischen Behandlung [1]. So geben Ng et al. einen Erfolg von 93% nach 4 bis 5 Jahren und einen Erfolg von 87% nach 8 bis10 Jahren an, wobei in dieser Studie auch auf positive Prognosefaktoren wie Kronenversorgung, Defektgröße, Zahntyp und postendodontische prothetische Versorgung eingegangen wird [2]. Friedman et al. geben für Zähne ohne periapikale Läsion eine Erfolgsaussicht von 92 bis 98% und für Zähne mit einer periapikalen Läsion 74 bis 86% an [1]. Azim et al. konnten in einer Studie nachweisen, dass bis zur Ausheilung einer periapikalen Läsion rund 11,8 Monate vergehen. Ein längerer Zeitraum kann dabei durch überpresstes Füllmaterial oder eine zu kleine apikale Aufbereitung bedingt sein [3]. Bei einer unzureichenden endodontischen Behandlung des Kanalsystems oder einer insuffizienten postendodontischen restaurativen Versorgung fallen diese hohen Erfolgsraten jedoch deutlich geringer aus [4]. Daher sind sowohl die eigentliche endodontische Behandlung als auch die dichte koronale Restauration für den langfristigen Zahnerhalt essenziell.

Als Ursachen für einen Misserfolg kommen neben möglichen unbehandelten Kanälen oder Wurzelkanalabschnitten auch eine unzureichende Infektionskontrolle, Instrumentenfraktur, Perforation, Via falsa, apikale oder koronale Leckage, apikal extrudiertes Wurzelfüllmaterial, Resorptionen oder entstandene Dentinrisse mit ggf. erst nach Jahren auftretenden Frakturen infrage [5]. Eine erfolgreiche endodontische Behandlung umfasst somit eine vollständige und sichere Aufbereitung und ein erfolgreiches Management der Infektion des Kanalsystems durch maximale Reduzierung der Bakterienzahl und Verhinderung einer Reinfektion. Das Problem besteht jedoch darin, genau den Therapieweg zu finden, der sowohl für den behandelnden Zahnarzt als auch den Patienten in Durchführung und Behandlungszeit schnellstmöglich und effizient zu dem gewünschten Erfolg führt.

Grundlagen erfolgreicher Endodontie

Für die Heilung einer periapikalen Läsion ist die Aufbereitung aller Wurzelkanäle notwendig. Ziele der Wurzelkanalaufbereitung sind die Entfernung von verbliebenem Pulpagewebe sowie die Elimination von Mikroorganismen und Debris. Des Weiteren sollten der ursprüngliche Verlauf des Wurzelkanals und die apikale Konstriktion erhalten bleiben, sodass der aufbereitete Kanal sich nach apikal verengt, d.h. von apikal nach koronal konischer wird. Neben der Kenntnis über die Anatomie des Wurzelkanalsystems und die bildliche Darstellung durch ein konventionelles Röntgenbild kann auch ein DVT weitere Klarheit über die genaue Konfiguration des Kanalsystems sowie die Zuordnung der apikalen Läsion bringen [6]. Die Beachtung des Strahlenschutzes und eine genaue Indikation für eine zusätzliche Bildgebung durch ein DVT ist allerdings unerlässlich. Daneben lassen sich durch weitere unterstützende Maßnahmen wie eine Lupenbrille oder gar ein Mikroskop Ausnahmen in Form und Anatomie sichtbar machen. Nicht jeder Zahn weist eine lehrbuchähnliche Anatomie auf. So findet sich in nahezu 100% der Fälle bei den 1. Oberkiefermolaren ein 2. Kanal in der mesio-bukkalen Wurzel. Gerade diese anatomischen Variationen, zusätzliche Kanäle, Isthmen oder Nischen des Kanalsystems lassen sich im Vergleich zur herkömmlichen Behandlung durch die Verwendung des Mikroskops sichtbar machen.

Eine weitere Voraussetzung für eine ausreichende Aufbereitung, Desinfektion, Platzierung einer medikamentösen Einlage und der abschließenden Wurzelfüllung ist natürlich das Wissen über die Lage bzw. die Länge des Wurzelkanals bis zur apikalen Konstriktion. Neben der konventionellen röntgenologischen Bildgebung zur Längenbestimmung sollte zusätzlich die Messung mithilfe der Endometrie stattfinden. Die Projektion aller Wurzelkanäle auf dem Röntgenbild und deren Beurteilung kann durch eine Verzerrung des Bildes, einen möglichen Würgereiz des Patienten oder einen falschen Aufnahmewinkel mit Überlagerungen erschwert werden. Hier können exzentrisch angefertigte Röntgenbilder Abhilfe schaffen.

Die chemo-mechanische Aufbereitung

Bei der Aufbereitung des Wurzelkanalsystems muss zwischen dem Shaping, also der Formgebung mit Hand- oder rotierenden Instrumenten, und dem Cleaning, also der Reinigung mit Spülflüssigkeiten, unterschieden werden. Nur durch die komplette chemo-mechanische Aufbereitung kann das gesamte infizierte Weich- und Hartgewebe entfernt werden. Für eine ausreichende chemische Desinfektion durch die Spüllösungen und eine ggf. notwendige Platzierung der medikamentösen Einlage ist die Erweiterung durch die mechanische Aufbereitung unabdingbar. Eine optimale Wurzelkanalaufbereitung definiert sich in einer gleichförmig konischen und von apikal nach koronal kontinuierlich größer werdenden Gestalt, welche den Umriss des präoperativen Kanals vollständig umschließt [7]. Da bekannterweise die Anzahl der Bakterien im Wurzelkanal von koronal nach apikal abnimmt, sollte bei der Sondierung und Aufbereitung die Keimverschleppung nach apikal vermieden werden. Daher ist es, wie bei der Crown-Down-Technik, empfehlenswert, zuerst eine koronale Erweiterung zu schaffen. Ein weiterer Vorteil dieser Technik ist ein geringer „torsional load“. Durch die Erweiterung wird die Belastung der Aufbereitungsinstrumente vermindert und es besteht somit eine geringere Bruchgefahr.

Ni-Ti-Feilen/Single-file-Systeme

Die einheitliche Aufbereitung aller Kanalwandanteile in gekrümmten Wurzelkanälen, ohne den Kanal dabei in seinem ursprünglichen Verlauf zu verändern, gestaltet sich unabhängig von der Technik problematisch. Durch die anhaltende Forschung und Entwicklung erscheinen immer wieder neue Feilensysteme auf dem Markt mit dem Versuch, ein sicheres und einfaches Arbeiten für den Behandler zu ermöglichen. So sind moderne maschinelle Nickel-Titan-Aufbereitungssysteme aus der täglichen Praxis nicht mehr wegzudenken. Schon zum Ende der 1980er-Jahre wurden Nickel-Titan-Feilen eingeführt, die sich durch eine hohe mechanische Beanspruchbarkeit, den Memory-Effekt sowie das pseudoelastische Verhalten auszeichnen. Sie weisen gegenüber den herkömmlichen Stahlinstrumenten eine höhere Festigkeit, Flexibilität, ein geringeres Frakturrisiko sowie ein kleineres Elastizitätsmodul auf [8].

Aufgrund dieser positiven Eigenschaften sind die Nickel-Titan- Feilen besonders für den Einsatz bei der maschinellen Aufbereitung geeignet. Aber auch hier sollen neben der schon erreichten Zeitersparnis oder gleichmäßigen Kanalausformung Neuerungen zur weiteren Verringerung des Komplikationsrisikos die Behandlung künftig erleichtern. Die Hersteller entwickeln seit geraumer Zeit Feilen aus einer verbesserten Nickel-Titan-Legierung. Diese erhält beispielsweise durch ein besonderes Wärmebehandlungsverfahren eine spezielle Martensit-Mikrostruktur, die einen erhöhten Widerstand gegenüber dem Instrumentenbruch und eine nochmals verbesserte Flexibilität bei unveränderter Schneidleistung aufweisen soll [9].

Da die bisher gebräuchlichen Mehrfeilensysteme durch den Instrumentenwechsel eine längere Behandlungszeit in Anspruch nehmen, ist der Entwicklungstrend zu kürzeren Feilensequenzen bis hin zu Einfeilensystemen nachvollziehbar. Es stellt sich daher die Frage, ob die mechanische Aufbereitung mit einem Einfeilensystem ohne ein erhöhtes Risiko die gleiche Effektivität im Vergleich zu Mehrfeilensystemen aufweist. Vorteilhaft sind neben der deutlichen Zeitersparnis auch die Reduzierung des Kontaminationsrisikos durch sterile Einmalinstrumente, die einfache Handhabung und ein vermindertes Risiko von Instrumentenfrakturen oder Aufbereitungsfehlern. Aktuell strömt eine Vielzahl von solchen Single-file-Systemen auf den Markt, die genau diese adäquate Wurzelkanalpräparation – mit lediglich einer Feile – einschließlich einer vereinfachten Handhabung und einem verringerten Zeitaufwand versprechen.

Bei der maschinellen Wurzelkanalaufbereitung mit einem Einfeilensystem wird zwischen den vollrotierenden (z.B. F360, Komet Dental; One-Shape®, MICRO-MEGA) und der reziproken Arbeitsweise (z.B. RECIPROC®, VDW; WAVEONE™, Dentsply Sirona) unterschieden. Es konnte in verschiedenen Studien, die sich mit dem Einfluss auf die Arbeitslänge oder den Erhalt der ursprünglichen Wurzelanatomie beschäftigten, kein signifikanter Unterschied im Ergebnis festgestellt werden [10]. Bei der reziproken Bewegung finden eine entgegen dem Uhrzeigersinn gerichtete größere Schneidebewegung und eine im Uhrzeigersinn gerichtete kleinere Entlastungsbewegung statt. Das Konzept der vollrotierenden Arbeitsweise ist schon von den Mehrfeilensystemen bekannt. Hier hat die Firma Micro-Mega (Besançon, Frankreich) mit den One-Shape-Feilen eine weitere Verbesserung eingeführt. Einzigartig ist der charakteristische, über die Länge des Arbeitsteils hinweg variable Feilenquerschnitt. Auf den mit 3 symmetrisch angeordneten Schneidekanten aufgebauten Bereich der Spitze folgt ein asymmetrischer mittlerer Teil. Dadurch soll einerseits die Frakturgefahr vermindert, andererseits der Abtransport von Debris nach koronal verbessert werden.

Die verkürzte und vereinfachte Aufbereitung mit einem Einfeilensystem birgt jedoch durch den hohen Druck auf die Kanalwand die Gefahr von nach apikal überpresstem oder in die Isthmen eingepresstem Debris. Aus diesem Grund hat die Firma Sybron- Endo 2007 ein aus 3 hochflexiblen Nickel-Titan-Feilen bestehendes System, die sogenannten Twisted Files, eingeführt [11]. Diese Feilen können als Twisted Files Adaptive in Kombination aus rotierender und reziproker Bewegung eingesetzt werden, sodass ein Vorteil einer erhöhten Resistenz gegen zyklische Ermüdung und Torsionsbrüche der Feilen besteht [12]. Da, wie bereits erwähnt, die mechanische Aufbereitung allein nicht in der Lage ist, die Infektion des Kanalsystems zu beherrschen, ist die chemische Desinfektion unerlässlich. Gerade bei kurzen Aufbereitungssequenzen oder der Verwendung von Einfeilensystemen sollte auf eine ausreichend lange und effektive Desinfektion mit Spüllösungen geachtet werden.

Die chemische Desinfektion

Taha et al. (2010) legten dar, dass eine vollständige zirkumferente Bearbeitung des Wurzelkanals mit keiner Feilentechnik zu 100% möglich ist. Sowohl die apikale Wurzelkanalregion als auch die lingualen und bukkalen Ausläufer in ovalen Wurzelkanälen [13] weisen häufig eine unbearbeitete Oberfläche auf. Peters et al. konnten in einer Studie zeigen, dass bei der alleinigen mechanischen Aufbereitung, abhängig von der angewandten Technik, zwischen 30 und 70% der Hauptkanalwände nicht bearbeitet werden [14]. Aus diesem Grund ist die Reinigung und Desinfektion durch Spüllösungen ein integraler Bestandteil der Wurzelkanalaufbereitung, um organische und anorganische Gewebereste, welche der instrumentellen Bearbeitung unzugänglich sind, aufzulösen und abzutransportieren [15].

  • Abb. 1: Mögliches Desinfektionsprotokoll für die endodontische Behandlung.

  • Abb. 1: Mögliches Desinfektionsprotokoll für die endodontische Behandlung.
    © Jäger/Dr. Gernhardt
Das Ziel der chemischen Aufbereitung ist somit die maximale Bakterienreduktion, die Entfernung des durch die maschinelle Aufbereitung entstandenen Debris sowie die Auflösung von infiziertem Pulpagewebe, des Biofilms und der Schmierschicht. Da jedoch diese Ziele nicht mit der Verwendung von nur einer Spüllösung erreicht werden können, sollten während der endodontischen Behandlung mehrere Spüllösungen verwendet werden [16]. Die aktuell hauptsächlich verwendeten Spüllösungen Natriumhypochlorit und Chlorhexidin in Kombination mit den ebenfalls gebräuchlichen Spüllösungen EDTA oder Zitronensäure können die oben genannten Ziele und Anforderungen erfüllen. Dabei ist Natriumhypochlorit als einzige Lösung in der Lage, vitales und nekrotisches Gewebe aufzulösen, und stellt somit die Hauptspülflüssigkeit dar [17]. Um die bei der mechanischen Aufbereitung entstehende Schmierschicht sowie den Biofilm aufzulösen und zu entfernen, ist die Verwendung von EDTA oder Zitronensäure notwendig (Abb. 1).

Schon seit geraumer Zeit ist bekannt, dass neben der Einwirkzeit und der verwendeten Menge von Natriumhypochlorit auch die Konzentration und die Temperatur einen Einfluss auf die gewebeauflösende Wirksamkeit haben. Dabei wird Natriumhypochlorit in Konzentrationen von 1%, 2,5% bis 5% und höher angewendet [18,19]. In neueren Studien wurden Konzentrationen bis zu 8,25% eingesetzt. Dabei konnten keine negativen Folgen auf das Dentin nachgewiesen werden [20]. Jedoch steigt bei der Verwendung höherer Konzentrationen durch eventuell überpresstes Natriumhypochlorit das Risiko von Komplikationen in Form von Schmerzen, Hämatomen oder Nekrosen des umliegenden Gewebes. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass eine Erwärmung des Natriumhypochlorits in niedrigeren Konzentrationen den gleichen positiven Effekt auf die Auflösung des nekrotischen Gewebes hat wie die Spüllösung höherer Konzentration ohne Erwärmung [21].

  • Abb. 2: Polyamidspitze zur Aktivierung von Spüllösungen (EDDY, VDW).

  • Abb. 2: Polyamidspitze zur Aktivierung von Spüllösungen (EDDY, VDW).
    © Jäger/Dr. Gernhardt
Im Gegensatz zu Natriumhypochlorit hat Chlorhexidin zwar gute antibakterielle und zugleich antimykotische Eigenschaften [22], es ist aber nicht in der Lage, vitales oder nekrotisches Gewebe zu lösen. Vorteilhaft ist jedoch die geringe Toxizität und hohe Substantivität sowie das Vermögen, am Wirkort über längere Zeit verfügbar zu sein [23]. Daher wird der Einsatz von Chlorhexidin als abschließende Spülung empfohlen [24]. In neueren Studien wird allerdings diskutiert, inwieweit Chlorhexidin als endodontische Spüllösung notwendig ist. Die positive antibakterielle Eigenschaft, besonders effektiv gegen Enterococcus faecalis [25], konnte ebenso bei der alleinigen Spülung mit 1 bis 2,5%igem Natriumhypochlorit nachgewiesen werden. Es ist also unklar, ob die zusätzliche Spülung mit Chlorhexidin wirkliche Vorteile bringt. Um die Reinigungswirkung zu verstärken und die Spüllösungen auch in sehr schwer zugängliche Bereiche, wie akzessorische Kanälchen, zu transportieren, ist eine Aktivierung mittels Schalloder Ultraschallsystem möglich [26]. Außerdem kann das Phänomen der Kavitation beobachtet werden. Die implodierenden Bläschen, die durch die Aktivierung entstehen, übertragen Scherkräfte auf die Kanalwand und führen so zu Rupturen im organisierten Biofilm [27]. Alternativ zu den in der Regel benutzen Metallspitzen kann eine Schallaktivierung auch mit einer Polyamidspitze (EDDY, VDW), betrieben über einen Airscaler in hoher Frequenz, erfolgen (Abb. 2).

Grundlagen der regenerative Endodontie

Die aufgrund einer infizierten oder nekrotischen Pulpa notwendige endodontische Behandlung, beispielsweise nach einem dentalen Trauma, kann durch ein weit offenes Foramen apikale bei einem noch im Wachstum befindlichen Zahn deutlich erschwert sein. Die noch dünnen und grazilen Dentinwände sowie das nicht abgeschlossene Längenwachstum führen zu einem ungünstigen Kronen-Wurzel-Verhältnis und zu einer erhöhten Frakturgefahr des betroffenen Zahnes (Abb. 3). Durch die bisherige Therapie, der Apexifikation, und der damit geschaffenen apikalen Barriere konnten zwar im Anschluss die notwendige endodontische Behandlung sowie Wurzelfüllung durchgeführt werden, das Frakturrisiko verringert sich jedoch nur minimal. Das Ziel ist es also, eine Therapiemöglichkeit zu schaffen, die sowohl ein Längen- und Dickenwachstum der Wurzel fördert als auch die Bildung eines physiologischen Apex induziert und damit die Prognose des Zahnes langfristig erhöht. Die regenerative Endodontie kann die weiterführende Entwicklung des Zahnes ermöglichen (Abb. 4). Voraussetzung für diese erfolgreiche Durchführung ist eine ausreichende Desinfektion, ein offenes Foramen apikale und ein nicht aufbereiteter Wurzelkanal.

  • Abb. 3: Ausgangszustand nach dentalem Trauma mit komplizierter Schmelz-Dentin-Fraktur.
  • Abb. 4: Zustand nach 9 Monaten, deutlich erkennbares Längenwachstum der Wurzel und Zunahme der Dentinwände.
  • Abb. 3: Ausgangszustand nach dentalem Trauma mit komplizierter Schmelz-Dentin-Fraktur.
    © Jäger/Dr. Gernhardt
  • Abb. 4: Zustand nach 9 Monaten, deutlich erkennbares Längenwachstum der Wurzel und Zunahme der Dentinwände.
    © Jäger/Dr. Gernhardt

Nach den aktuellen Richtlinien der AAE (American Association of Endodontists) [28] wird dabei für die Desinfektion eine Spülung mit Natriumhypochlorit und EDTA empfohlen. Als medikamentöse Einlage zur Therapie des bakteriell infizierten Pulpagewebes wird nach diesen Empfehlungen Kalziumhydroxid oder in schwerwiegenden Fällen eine Antibiotikamischung verwendet. Der Einsatz einer Trimixpaste, einer Antibiotikamischung bestehend aus Ciprofloxacin, Metronidazol und Minocyclin, wird in stark infizierten Kanälen empfohlen [29]. Jedoch kann es durch das zu der Gruppe der Tetracycline gehörende Minocyclin zu gräulichen Zahnverfärbungen kommen [30], sodass alternativ auch auf Cefuroxim oder nur eine Double-Antibiotic-Paste zurückgegriffen werden kann.

Um nach der Desinfektion und der medikamentösen Einlage in einer 2. Behandlungssitzung das sterile Pulpenkavum mit den für die Regeneration notwendigen Stamm- und Vorläuferzellen aus der periapikalen Papille wieder zu besiedeln, ist eine durch gezieltes Überinstrumentieren induzierte Blutung notwendig. Das entstandene Blutkoagulum dient als Leitstruktur und es wird davon ausgegangen, dass das gebildete Ersatzgewebe zu einem weiteren Dicken- und Längenwachstum sowie einer Apexbildung an der Wurzelspitze führt. Für eine erfolgreiche Therapie sind zwischen den einzelnen Sitzungen ein bakteriendichter Verschluss der Kavität und eine adäquate finale Restauration unerlässlich.

Fazit

Die Therapiekonzepte für die endodontische Behandlung wurden in den vergangenen Jahren enorm verbessert. Allein durch die Einführung der maschinellen Aufbereitung mit flexiblen Feilensystemen oder der elektrometrischen Längenmessung konnten die Prognosen für einen endodontisch behandelten Zahn verbessert und die Aufbereitung und Desinfektion des Wurzelkanalsystems für den behandelnden Zahnarzt erleichtert werden. Am Ende jeder endodontischen Behandlung stehen jedoch immer die gleichen Ziele im Vordergrund – Beschwerdefreiheit des Patienten, eine lege artis durchgeführte Behandlung mit vollständig aufbereiteten und homogen gefüllten Wurzelkanälen, Verhinderung der koronalen Leckage im Sinne einer suffizienten koronalen Restauration sowie ein Stillstand des apikalen Befundes und eine vollständige knöcherne Regeneration. Bleiben sollte, wie die bisherigen guten Erfolgsraten zeigen, das endodontische Wissen und Geschick, die unveränderte Kenntnis über die Anatomie, eine exakte Diagnostik mit folgender Einschätzung des Zahnes, die unerlässliche und ausreichende Infektionskontrolle, eine suffiziente, koronale, postendodontische Restauration sowie die immer anzustrebende hohe Qualität der Wurzelkanalaufbereitung und Wurzelfüllung.

Die durch Verbesserung der Instrumente und Aufbereitungssequenzen sichere Endodontie kann die Prognosen und Erfolgsraten bei Zähnen mit komplizierter Anatomie erhöhen. Was kommt, ist somit eine sichere Desinfektion durch verbesserte Spülprotokolle, der Einsatz flexibler maschineller Feilensysteme auch für die Aufbereitung gekrümmter Wurzelkanäle, ein minimalinvasives Vorgehen und perspektivisch eine echte Heilung durch die Regeneration der Pulpa.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Prof. Dr. Christian R. Gernhardt - Henrike Jäger


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