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Allgemeine Zahnheilkunde

Zahnärztliche Lokalanästhesie und Medikation bei Atemwegspatienten

In Deutschland beträgt die 12-Monatsprävalenz chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD) 5,8%, an Asthma bronchiale leiden 5,4 bis 7,1% – insgesamt knapp 10 Millionen Menschen [1]. Dies erklärt die Relevanz dieser Patientengruppe für die zahnärztliche Praxis. Achtsam sein sollten Behandler insbesondere bei der Anästhesie sowie bei der Verabreichung von Arzneimitteln.

. auremar/AdobeStock
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Die Inzidenz von Komplikationen durch die Lokalanästhesie beträgt bei Atemwegspatienten immerhin 5,1% [2] – ein nicht zu vernachlässigender Anteil mit mehr als 3,5 Millionen Zwischenfällen ausgehend von etwa 70 Millionen Injektionen pro Jahr. Ein Großteil der Komplikationen bei der dentalen Lokalanästhesie ist auf den Vasokonstriktor zurückzuführen – in Deutschland wird vorrangig Articain mit dem Sympathomimetikum Adrenalin eingesetzt [3]. Um häufige Zwischenfälle wie Hyperventilation und asthmatische Anfälle zu vermeiden, müssen Zahnärzte die Medikation ihrer Atemwegspatienten im Blick haben [4].

Die Standard-Medikation [4–6]

  • Bei Anfällen: kurzwirksame inhalative Beta-2-Sympathomimetika (SABA)
  • Langzeittherapie Asthma bronchiale (Stufenschema nach Leitlinie): Stufe 2 und 3: entzündungshemmende inhalative Glukokortikoide (ICS); Stufe 3: plus langwirksame Beta-2-Sympathomimetika (LABA); Stufe 4: langwirksame Anticholinergika (LAMA); Stufe 5: LAMA/Antikörper/Biologika
  • Langzeittherapie COPD (nach Leitlinie): insbesondere LAMA und/oder LABA
  • Achtung: Bei Unverträglichkeiten oder schwer kontrollierbarem Krankheitsverlauf kommen auch Wirkstoffkombinationen oder Alternativpräparate zum Einsatz

Adrenalinzusatz reduzieren

Eine erhöhte exogene Adrenalinzufuhr durch den Vasokonstriktor kann die Sympathikusstimulation zusätzlich verstärken (v.a. SABA). So können zusätzlich Herz-Kreislauf-Symptome auftreten (z.B. hypertensive Krisen) [2,7]. Das gilt vor allem bei bereits vorhandenen Komorbiditäten wie der Rechtsherzinsuffizienz (Cor pulmonale), die COPD-Patienten im fortgeschrittenen Stadium häufig entwickeln. Aus diesen Gründen ist bei der Risikogruppe Atemwegspatienten generell ein reduzierter Adrenalinzusatz von maximal 1:200.000 (z. B. Ultracain® D-S) zu verwenden [8,9].

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Dies trägt auch zu einem kürzeren Taubheitsgefühl bei. Denn Atemwegspatienten haben bei langanhaltender Betäubung von Zunge und weichem Gaumen häufig das subjektive Gefühl, nur eingeschränkt atmen zu können. Auch eine bilaterale Leitungsanästhesie sollte daher vermieden werden [3,4].

Asthma als relative Kontraindikation

Allen katecholaminhaltigen Lokalanästhetika wird Natriummetabisulfit als Antioxidans zugefügt. Eine bekannte Sulfitallergie stellt daher eine absolute Kontraindikation für adrenalinhaltige Lokalanästhetika dar [3,10]. Eine Alternative für Eingriffe um die 20 Minuten ist dann adrenalinfreies Articain [11]. Insbesondere bei Bronchialasthmatikern kann Natriummetabisulfit, wenn auch selten (ca.15%), zu Überempfindlichkeitsreaktionen führen, die sich als Erbrechen, Durchfall, keuchende Atmung, akuter Asthmaanfall, Bewusstseinsstörungen oder Schock äußern können. Asthma bronchiale stellt somit eine relative Kontraindikation für adrenalinhaltige Lokalanästhetika dar. Auch der Konservierungsstoff Methyl-4-hydroxybenzoat kann Überempfindlichkeitsreaktionen und selten Bronchospasmen hervorrufen [8,10]. Bei kurzen Eingriffen eignet sich daher ein adrenalinfreies Präparat, das keine Konservierungsmittel enthält (z. B. Ultracain® D ohne Adrenalin) [11].

Präemptive Sedierung [4,7,12]

  • Benzodiazepine bei COPD-Patienten (bzw. ASA > 3) nur unter Rücksprache mit behandelndem Arzt/Anästhesisten -> Hypoventilation -> Hypoxie, Hyperkapnie [11]
  • Lachgas: Kontraindikation bei Obstruktionen der Luftwege

Postoperative Analgesie

  • Acetylsalicylsäure meiden; NSAID, Metamizol mit Vorsicht anwenden -> bronchokonstriktorische Anfälle (Analgetika-Asthma)
  • Bereits allergische Reaktionen bekannt (ASS, NSAID, Metamizol oder COX-2) -> Gabe kontraindiziert [7,13]
  • COX-2-Inhibitor Etoricoxib -> Vorsicht bei gleichzeitiger Anwendung von Salbutamol [14]

Was tun bei einem Bronchospasmus? [4]

  • Behandlung abbrechen, Rettungsdienst alarmieren, Überprüfung Vitalparameter
  • Oberkörper hochlagern/Kutschersitz, Atemtechnik Lippenbremse
  • Bronchodilatator (Inhalator) 2 x hintereinander 2 Hub (2 x alle 20 Min. wiederholen)
  • Sauerstoff 6l/Min. und bei schwerer Atemnot 2 x hintereinander Adrenalin 0,3 mg i.m. (2 x alle 20 Min.)

Hinweis

Das im Text beschriebene Vorgehen dient der Orientierung, maßgeblich sind jedoch immer die individuelle Anamnese und die Therapieentscheidung durch die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt. Die aktuellen Fachinformationen und Leitlinien sind zu beachten.
Mehr Informationen unter: www.dental.sanofi.de/besondere-patienten

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