Allgemeine Zahnheilkunde

Eine Bestandsaufnahme

Tabakkonsum und Implantate: Was gibt es Neues?

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Der Tabakkonsum, insbesondere das Rauchen von Zigaretten, ist ein wesentlicher, wissenschaftlich belegter Risikofaktor für zahlreiche systemische und orale Erkrankungen wie Parodontitis, nekrotisierende parodontale Erkrankungen, Leukoplakien oder Mundhöhlenkarzinome. Bei der Vielzahl in Deutschland gesetzter oraler Implantate und der damit einhergehenden Zunahme periimplantärer Erkrankungen stellt sich nach wie vor die Frage, inwiefern der Tabakkonsum im Rahmen der Implantologie Berücksichtigung finden sollte. 

Aktuelle hochstehende Übersichtarbeiten sowie die Forschung zu den tabakassoziierten pathophysiologischen Zusammenhängen zeigen mit großer Konsistenz der Daten, dass das Zigarettenrauchen die Wahrscheinlichkeit eines Implantatmisserfolgs um das 2- bis 3-Fache deutlich erhöht. Vielfältige technische implantatspezifische Faktoren, die Diversität der Behandlungsprotokolle oder etwaige systemische oder orale Erkrankungen können – neben dem Rauchen – zu einem Implantatmisserfolg beitragen.

Rauchen ist ein veränderbarer Risikofaktor und das Risiko von periimplantären Komplikationen ist nach einem Rauchstopp, wenn auch nicht sofort, reduziert. In der zahnärztlichen Praxis ist es daher notwendig, konsequent den aktuellen und gegebenenfalls weiter zurückliegenden Tabakkonsum zu erfassen, die Patienten/-innen entsprechend aufzuklären und zu einem Rauchstopp zu motivieren.

Prävalenz des Tabakkonsums

In Deutschland beträgt der Raucheranteil im Jahre 2020 etwa 23% in der Altersgruppe ab 15 Jahre. Männer sind dabei mit 28% und Frauen mit 19% vertreten [1]. Im Jahre 2016 belegte Deutschland damit den 30. Rang weltweit.

Der durchschnittliche Zigarettenkonsum betrug etwa 1.600 Zigaretten pro Jahr [2]. Weltweit scheint die Gesamtzahl gerauchter Zigaretten seit 2016 in den entwickelten Ländern zurückzugehen, während er in Entwicklungs- und Schwellenländern anstieg. Die weltweit meisten Zigaretten werden in China konsumiert.

Damit ist China für einen Großteil des Konsums verantwortlich. Etwa 8 Millionen Menschen sterben jährlich an den Folgen des Tabakkonsums. Rauchen wird als die häufigste vermeidbare Todesursache angesehen [3].

Definition Tabakkonsum

Tabak kann auf unterschiedliche Weise konsumiert werden. Am weitesten verbreitet ist jedoch das Rauchen von Zigaretten. Der Rauch einer Zigarette beinhaltet etwa 4.000 unterschiedliche Substanzen.

Darunter finden sich unter anderem Reizgase, Teerstoffe, Kohlenmonoxid, Blausäure und Arsen. Mindestens 200 dieser Stoffe gelten dabei als giftig und etwa 40 als nachweislich krebserregend [4]. Die wesentliche stimulierende Substanz ist das Nikotin, welches bei regelmäßigem Konsum über eine Anpassung der Nikotinrezeptoren im Zentralnervensystem eine physische Abhängigkeit hervorruft.

Darüber hinaus kann es zu einer psychischen Abhängigkeit kommen. Obwohl der Tabakkonsum durch breit angelegte Kampagnen einen Großteil seiner „sozialen“ Attraktivität mittlerweile eingebüßt hat, gibt es doch zahlreiche Rituale und spezifische Tagesabläufe bei Rauchern, die die Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit begünstigen. Werden diese Rituale nicht ausgeführt, entstehen Unruhe, Nervosität oder auch Aggression.

Diese beiden Arten einer Abhängigkeit bedingen 2 Therapieansätze, um einen Rauchstopp zu unterstützen. Eine zielführende Tabakentwöhnung besteht daher oft aus einer verhaltenstherapeutischen und einer medikamentösen Komponente.

Klinische Aspekte

Das Thema Tabakkonsum und dentale Implantate „erfreut“ sich mittlerweile zunehmender wissenschaftlicher Aufmerksamkeit. Die Autoren dieser Arbeit beschäftigen sich seit einigen Jahren intensiv mit diesem Thema und haben in den Jahren seit 2005 zahlreiche Fachartikel zu dieser Thematik in unterschiedlichen Fachzeitschriften publiziert [5–12].

  • Abb. 1: Die Literatursuche in der Datenbank PubMed zeigt das stark zunehmende wissenschaftliche Interesse in Form von Publikationen zur Thematik des Tabakkonsums
und dessen Effekte auf die Erfolgsrate dentaler Implantate.

  • Abb. 1: Die Literatursuche in der Datenbank PubMed zeigt das stark zunehmende wissenschaftliche Interesse in Form von Publikationen zur Thematik des Tabakkonsums und dessen Effekte auf die Erfolgsrate dentaler Implantate.
    © Die Autoren
Eine aktuelle Suche in der weltweit größten wissenschaftlichen Literaturdatenbank PubMed [13] zeigte im November des Jahres 2022 bei Eingabe der Schlagworte „smoking“ und „dental implants“ beeindruckende 989 Treffer. Betrachtet man die Jahre 1991 bis 2022, ist ferner ein dramatischer Anstieg an Forschungsergebnissen zu verzeichnen. Waren es im Jahre 2000 noch 14 Publikationen, sind im Jahre 2022 bereits 67 Arbeiten zu dieser Thematik erschienen (Abb. 1).

In den letzten Jahren sind zudem mindestens 6 systemische Literaturübersichten, sogenannte „systematic reviews“ erschienen, die eine statistische Auswertung oder Zusammenfassung im Sinne einer Metaanalyse beinhalteten [14–19]. Da diese Arbeiten gemeinhin als bestmögliche externe wissenschaftliche Beweise (Evidenz) angesehen werden, wird hier auf einige dieser Publikationen näher eingegangen (Tab. 1).

Autor/Zeitschrift/JahrTitelAnzahl + Design eingeschlossener StudienDefinition RaucherstatusAnzahl ImplantateErgebnis
Chambrone et al., Clinical oral implants research, 2014Effects of tobacco smoking on the survival rate of dental implant placed in areas of maxillary sinus floor augmentation: a systematic review.8: 5 retrospektive Studien, 3 prospektive StudienRaucher, Nichtraucher1.384 Sinus, 3.527 ImplantateDie Mehrzahl der Studien zeigte, dass Rauchen die Überlebensrate in den augmentierten Sinus inserierter Implantate negativ beeinflusst.
Chranovic et al., Journal of Dentistry, 2015Smoking and dental implants: A systematic review and meta-analysis.107: 4 RCT, 16 kontrollierte Studien, 16 prospektive, 71 retrospektive StudienRaucher, NichtraucherRaucher: 19.836 Nichtraucher: 60.464Das Einbringen von Implantaten bei Rauchern ist mit signifikant erhöhten Misserfolgsraten vergesellschaftet.
Moraschini et al., Int J Oral Maxillofac Surgery, 2016Success of dental implants in smokers and non-smokers: a systematic review and meta-analysis.15: 5 prospektive und 10 retrospektive klinische StudienRaucher, NichtraucherRaucher: 5.840 Nichtraucher: 14.683Ein signifikanter Unterschied zwischen Rauchern und Nichtrauchern wurde hinsichtlich der Implantatmisserfolge festgestellt.
Alfadda et al., J oral Implantol, 2018Current evidence on dental implants outcomes in smokers and non-smokers: a systematic review and metaanalysis.10: 3 RCT, 7 prospektive StudienRaucher, NichtraucherRaucher: 2.296 Nichtraucher: 4.854Rauchen ist signifikant mit einem Implantatmisserfolg assoziiert.
Naseri et al., Journal of clinical periodontology, 2020Levels of smoking and dental implants failure: a systematic review and meta-analysis.23: 1 RCT, 6 prospektive, 16 retrospektive StudienAnzahl Zigaretten/TagGesamthaft: 31.129Das Risiko eines Implantatmisserfolges steigt mit der Anzahl täglich gerauchter Zigaretten.
Mustapha et al., Medicina, 2021Smoking and dental implants: a systematic review and meta-analysis.292: 54 RCT, 22 prospektive kontrollierte Studien, 42 prospektive Studien, 174 retrospektive StudienRaucher, NichtraucherRaucher: 35.511 Nichtraucher: 114.597Implantate bei Rauchern weisen ein signifikant erhöhtes Misserfolgsrisiko auf.

Tab. 1: Aktuelle wissenschaftlich hochstehende systematische Übersichtsarbeiten aus den Jahren 2014 bis 2021 zum Thema Tabakkonsum und dentale Implantate. Die dargestellten Ergebnisse sind hinsichtlich des negativen Effektes des Tabakkonsums auf dentale Implantate konsistent.

Die 1. hier diskutierte Arbeit stammt von Chambrone und Mitarbeitern/-innen aus dem Jahre 2014. Hier wird exklusiv die Überlebensrate von Implantaten, die in den augmentierten Sinus maxillaris inseriert wurden, analysiert.

Es konnten 8 Arbeiten eingeschlossen werden, wovon 7 in den entsprechenden Metaanalysen berücksichtigt wurden. Die Daten spiegeln 1.129 Patienten/-innen, 1.384 Sinusse und 3.527 Implantate.

Bei Analyse der gesamten zur Verfügung stehenden Daten zeigt sich ein signifikant erhöhtes Risiko für einen Implantatmisserfolg in der Rauchergruppe (RR: 1,87; p = 0,0001). Das heißt, es besteht eine 87% höhere Wahrscheinlichkeit bei Rauchern/-innen, ein Implantat, welches in den augmentierten Sinus gesetzt wurde, zu verlieren.

Die Autoren differenzieren dann nach retrospektiven und prospektiven Studien. Während der Effekt des Rauchens bei den eingeschlossenen 4 retrospektiven Analysen sehr eindeutig ist, zeigte sich kein signifikanter Effekt bei der Auswertung der Daten der 3 prospektiven Studien (RR: 1,55; p = 0,11).

Chranovic und Mitarbeiter/-innen (2015) wählten einen breiteren Ansatz und konnten demzufolge 107 Studien einschließen. Die Daten reflektieren daher über 80.000 ausgewertete Implantate.

Während bei Rauchern 6,35% Implantatmisserfolge (1.259 Implantate) verzeichnet wurden, waren dies bei Nichtrauchern/-innen nur 3,18% (1.923 Implantate) der Implantate. Das bedeutet, dass das Risiko für einen Misserfolg um 123% erhöht ist, wenn bei Rauchern/-innen implantiert wird.

In weiteren Analysen konnte ein negativer Effekt des Rauchens auf das Risiko postoperativer Infektionen (RR: 2,01) und für ausgeprägteren marginalen Knochenverlust gezeigt werden (p < 0,00001). Die Autoren diskutieren, ob bei einer rauen Implantatoberfläche der negative Aspekt des Rauchens möglicherweise stärker ausgeprägt ist.

Moraschini und Mitarbeiter/-innen (2016) schlossen 5 prospektive und 10 retrospektive Studien aus dem Zeitraum von 1993 bis 2013 in ihre Analysen ein. Es konnten 5.840 Implantate bei Rauchern/-innen und 14.683 Implantate, gesetzt bei Nichtrauchern/-innen, ausgewertet werden.

Die Autoren fanden statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich des Implantatmisserfolgs zwischen den Gruppen (OR 1,96; p < 0,00001). Bei Implantaten im Oberkiefer scheint das Risiko für marginalen Knochenverlust gegenüber Unterkieferimplantaten höher zu sein.

Über den Beobachtungszeitraum konnte kein signifikanter Anstieg an Misserfolgen verzeichnet werden. Alfadda konnte im Rahmen ihrer Analyse im Jahre 2018 insgesamt 3 randomisierte und 7 andere prospektive Studien einschließen.

So lagen Daten von 2.296 Implantaten bei Rauchern/-innen und 4.854 Implantaten bei Nichtrauchern/-innen vor. Die Implantatmisserfolgsrate in Relation zum Tabakkonsum wurde in 7 Studien separat angegeben und betrug 166 (8,3%) von 2.001 Implantaten bei Rauchern/-innen und 183 von 4.298 Implantaten (4,3%) bei Nichtrauchern/-innen.

Der Unterschied zwischen beiden Gruppen war statistisch signifikant (p < 0,001) und die OR betrug gesamthaft OR 2,92. Darüber hinaus zeigten die Autoren anhand von 6 Studien, dass das Risiko für den marginalen Knochenverlust im 1. Jahr und über den gesamten Beobachtungszeitraum von 3 bis 8,3 Jahren nach Implantation bei Rauchern/-innen deutlich erhöht war.

Naseri und Mitarbeiter/-innen publizierten ihre Analyse im Jahre 2019. Sie konnten 23 Artikel in die finale Analyse einschließen.

Die Besonderheit dieser Arbeit bestand darin, dass nur Studien, die den genauen täglichen Tabakkonsum angaben, Berücksichtigung fanden. Die patientenbasierten Untersuchungen zeigten, dass wenn > 10, > 15, < 20 und > 20 Zigaretten pro Tag vorlagen, signifikante Unterschiede zwischen den jeweiligen Gruppen im Vergleich zu Nichtrauchern/-innen auftraten. Die Metaanalyse zeigte dabei das signifikant höchste Risiko (RR 4; p < 0,001) gegenüber Nichtrauchern/-innen, wenn mehr als 20 Zigaretten pro Tag geraucht wurden.

Das relative Risiko für einen Implantatmisserfolg steigt mit zunehmendem Tabakkonsum (> 10 Zigaretten/Tag; RR 1,56, > 15 Zigaretten/Tag; RR 2,73) kontinuierlich an. Die implantatzentrierten Analysen bestätigen die patientenzentrierten Auswertungen. Es konnte somit eine Dosis-Wirkungs-Beziehung für das konsumabhängige Implantatmisserfolgsrisiko herausgearbeitet werden.

In einer weiteren aktuellen Übersichtsarbeit von Mustapha und Mitarbeitern/-innen aus dem Jahre 2022 wurden 292 Studien, die im Zeitraum von 1993 bis 2021 erschienen waren, eingeschlossen. Darunter waren 54 randomisierte kontrollierte und in der überwiegenden Mehrzahl retrospektive Studien. Es wurden sowohl Studien aus Universitäten als auch aus Zahnarztpraxen berücksichtigt.

Aus 289 Publikationen ging die Implantatmisserfolgsrate hervor. Von 35.511 Implantaten bei Rauchern/-innen waren 2.265 Misserfolge zu verzeichnen. Demgegenüber betrug die Misserfolgsrate bei Nichtrauchern/-innen 3.827 von 114.597 gesetzten Implantaten.

Die Unterschiede zwischen den Gruppen waren statistisch signifikant (OR 2,402; p < 0,001) und sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer präsent. Die Misserfolgsrate scheint sich dabei anhand der Daten von 257 Studien während der Beobachtungszeiträume von bis zu 291 Monaten nicht wesentlich zu verändern. Das bedeutet, dass sich die erhöhte Implantatverlustrate bei Rauchern/-innen eher nicht auf einen bestimmten Zeitraum, beispielsweise die Einheilungsphase, konzentriert, sondern kontinuierlich erhöht bleibt.

Diese hier zitierten, wissenschaftlich hochstehenden Analysen weisen eine ähnliche Methodik hinsichtlich der angewendeten Suchstrategien und der Auswertung auf. Sie unterscheiden sich aber von den Einschlusskriterien und somit auch von Quantität- und Qualität-berücksichtigenden Studien. So konnten 8 oder gar 292 Studien in die Analysen eingeschlossen werden.

Im Wesentlichen standen retrospektive Fallserien zur Verfügung, um die Fragestellung des Einflusses des Tabakkonsums auf die Erfolgsrate oraler Implantate zu untersuchen. In der Hierarchie der Evidenz höherstehende randomisierte kontrollierte oder kontrollierte prospektive Studien bilden eher die Ausnahme. Alle 6 Arbeiten zeigen übereinstimmend eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Implantatmisserfolges bei Rauchern/-innen gegenüber Nichtrauchern/-innen.

Dennoch mahnen die Autoren bei der Interpretation der Ergebnisse zur Vorsicht. Die jeweils eingeschlossenen klinischen Untersuchungen sind durch eine große Heterogenität hinsichtlich verschiedener technischer Parameter gekennzeichnet.

Dies betrifft technische Faktoren wie Fabrikat, Dimension, Material oder Oberfläche der Implantate sowie die Art der gegebenenfalls verwendeten Knochenersatzmaterialien. Ein anderer Aspekt betrifft einige biologische Kenngrößen, wie Vorerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus), parodontale Vorgeschichte und die entsprechende Kontinuität der Nachsorge im Rahmen der unterstützenden parodontalen bzw. periimplantären Therapie.

  • Abb. 2a u. b: Zigarettenschachteln mit Warnhinweisen hinsichtlich oraler (links)
und kardiovaskulärer Erkrankungen. Dentale Implantate sind hier zwar noch
nicht explizit genannt, indirekt besteht aber eine wissenschaftlich belegte Verbindung.
Parodontale Erkrankungen, wie in Bild 2a gezeigt – Zahn 16 weist deutlich
sichtbaren Attachmentverlust auf –, werden vielfach umgangssprachlich als
Zahnfleischerkrankungen bezeichnet. Eine parodontale Vorgeschichte im Sinne
einer nicht oder nur unzureichend behandelten Parodontitis ist ein wichtiger
Risikofaktor für einen implantologischen Misserfolg.

  • Abb. 2a u. b: Zigarettenschachteln mit Warnhinweisen hinsichtlich oraler (links) und kardiovaskulärer Erkrankungen. Dentale Implantate sind hier zwar noch nicht explizit genannt, indirekt besteht aber eine wissenschaftlich belegte Verbindung. Parodontale Erkrankungen, wie in Bild 2a gezeigt – Zahn 16 weist deutlich sichtbaren Attachmentverlust auf –, werden vielfach umgangssprachlich als Zahnfleischerkrankungen bezeichnet. Eine parodontale Vorgeschichte im Sinne einer nicht oder nur unzureichend behandelten Parodontitis ist ein wichtiger Risikofaktor für einen implantologischen Misserfolg.
    © Die Autoren
Große Diversität besteht zudem hinsichtlich der Behandlungsprotokolle. Fragen wie sofortige oder verzögerte Implantation, variierende prothetische Konzepte im Rahmen der Suprakonstruktion, z.B., ob eine Sofort- oder Spätbelastung oder eine Verschraubung bzw. Zementierung der Suprakonstruktion gewählt wurde, können ferner von Relevanz für einen Implantaterfolg sein (Abb. 2).

All diese Parameter können im ungünstigen Fall aber auch Kofaktoren für die Entstehung einer Periimplantitis und folglich eines Implantatverlustes sein. Der singuläre Einfluss des Rauchens lässt sich aufgrund der Vielzahl dieser möglichen Einflussfaktoren nur schwerlich genau beziffern. Der Zigarettenkonsum selbst wird in den Studien sehr unterschiedlich erfasst.

  • Abb. 3: Die Tabakkonsumanamnese sollte idealerweise zu Beginn und auch im Verlauf der Therapie immer wieder erhoben werden. Wichtig ist, nach aktuellem und
ggf. weiter zurückliegendem Zigarettenkonsum zu fragen. Für eine Abschätzung des Risikos Tabakkonsum-assoziierter Erkrankungen ist es ferner wichtig zu wissen,
wie viele Zigaretten täglich und seit wann geraucht werden.

  • Abb. 3: Die Tabakkonsumanamnese sollte idealerweise zu Beginn und auch im Verlauf der Therapie immer wieder erhoben werden. Wichtig ist, nach aktuellem und ggf. weiter zurückliegendem Zigarettenkonsum zu fragen. Für eine Abschätzung des Risikos Tabakkonsum-assoziierter Erkrankungen ist es ferner wichtig zu wissen, wie viele Zigaretten täglich und seit wann geraucht werden.
    © Die Autoren
In der Mehrzahl der hier diskutierten Übersichten wurde nur zwischen Rauchern/-innen und Nichtrauchern/-innen differenziert. Eine differenziertere Analyse (Anzahl der Zigaretten/Tag, > 10, > 15, > 20) hinsichtlich des Einflusses täglich gerauchter Zigaretten wäre daher für zukünftige klinische Studien hilfreich, um einen Schwellenwert hinsichtlich der Dauer und der Dosis des Tabakkonsums analog dem Effekt auf parodontale Erkrankungen zu definieren (Abb. 3).

Pathogenetische Aspekte

Erkrankungen des Zahnhalteapparats und des periimplantären Gewebes zeichnen sich durch eine multifaktorielle Ätiologie aus und werden primär durch eine Dysbiose des oralen, submukosalen und subgingvalen Biofilms hervorgerufen [22,23]. Entsprechend der aktuellen wissenschaftlichen Beweislage werden – in Analogie zur Parodontitis – sowohl die Entstehung als auch die Progression einer Periimplantitis durch variable erworbene oder hereditäre Einflüsse moduliert [24]. Bei den tabakassoziierten Effekten im Rahmen der Pathogenese einer periimplantären Erkrankung handelt es sich eher nicht um eindeutig eindimensionale, beispielsweise antiinflammatorische Effekte, sondern vielmehr um eine vielschichtige Steuerung kataboler oder anaboler Prozesse im Rahmen unterschiedlicher Zell- oder Gewebeverbände.

Verschiedene pathogenetische Hypothesen werden in der Literatur diskutiert. Abschließend geklärt sind die pathophysiologischen Ursachen für die Tabakkonsum-assoziierte erhöhte Misserfolgsrate dentaler Implantate noch nicht. Verschiedene Anhaltspunkte aus der Grundlagenforschung werden hier kurz vorgestellt.

Oxidative Mechanismen

Durch das Rauchen einer Zigarette werden aus dem Wirtsorganismus freie Radikale, sogenannte Reactive Oxygene Species (ROS), chemische Verbindungen mit ungepaarten Elektronen, freigesetzt. Beispielsweise sind die Hydroxid- (HO¯) und Peroxylradikale (HOO¯) für zahlreiche Gewebeveränderungen verantwortlich, indem sie die Wirts-DNA zerstören, eine Lipidperoxidation der Zellmembran verursachen, endotheliale Zellen schädigen und das Wachstum der glatten Gefäßmuskulatur induzieren [25]. ROS aktivieren darüber hinaus die Bildung proinflammatorischer, für die Pathogenese parodontaler und periimplantärer Erkrankungen bedeutsamer Mediatoren, wie Interleukin-6 (IL-6), Tumornekrosefaktor- alpha (TNF-α) oder Interleukin-1 beta (IL-1β) [26].

Orale Mikrobiologie

Parodontale und periimplantäre Läsionen weisen eine ähnliche mikrobielle Zusammensetzung auf. Die subgingivale Besiedlung mit pathogenen Mikroorganismen könnte bei Rauchern/-innen Veränderungen unterworfen sein [39]. Möglicherweise liegen hier günstigere Wachstumsbedingungen für verschiedene virulente Bakterien vor [40,41].

Hanioka et al. [27] analysierten den Sauerstoffpartialdruck in vertieften „Parodontaltaschen“ von Rauchern/-innen und Nichtrauchern/-innen. Da dieser Druck bei Rauchern/-innen deutlich erniedrigt war, könnte eine Verschiebung der Flora durch günstigere Wachstumsbedingungen zugunsten von Anaerobiern unterstützt werden. Darüber hinaus scheinen sich potenzielle Pathogene, wie Aggregatibacter actinomycetemcomitans (früher Actinobacillus actinomycetemcomitans) oder Porphyromonas gingivalis, intensiver auf durch Nikotin veränderten epithelialen Zellen zu besiedeln [28].

Diese Untersuchungen geben interessante Hinweise, müssen jedoch vor dem Hintergrund der Komplexität der oralen Flora mit bis zu 600 verschiedenen Spezies und den vielfältigen synergistischen Effekten im subgingivalen/submukosalen Biofilm gesehen werden. Dies erschwert die Interpretation mikrobiologischer Studienergebnisse [29].

Bindegewebe- und Knochenstoffwechsel

In Tierversuchen wurden verschiedene Effekte von Tabakrauchbestandteilen auf den Knochenstoffwechsel analysiert [30–35]. Bei Rauchern/-innen konnte im Vergleich ein geringerer Mineralgehalt des Knochens sowie ein erhöhter Kalziumgehalt im Speichel festgestellt werden.

Andere Studien zeigten eine verminderte intestinale Resorption von Kalzium. Zudem scheint ein synergistischer Effekt von Lipopolysaccharid (LPS), einem Zellwandbestandteil gramnegativer Bakterien, und Nikotin auf den Stoffwechsel von Osteoblasten und Osteoklasten zu bestehen.

Dies ist eine der möglichen Erklärungen für den potenzierenden Effekt von unzureichender Plaquekontrolle und Tabakkonsum. Neuere Humanuntersuchungen an Probanden zeigen die Beeinflussung der Steuerung des Knochenstoffwechsels durch gesteigerten Tabakkonsum über das sogenannte Osteoprotegerin-(OPG-)RANKL-System [36].

Blutversorgung

Die Gewebedurchblutung spielt für die Wundheilung nach oralchirurgischen Eingriffen eine zentrale Rolle. Es wurden vielfältige pathogenetische Effekte eines erhöhten Tabakkonsums auf die Gewebedurchblutung oder die endothelialen Zellfunktionen beschrieben.

Die klinische Beobachtung einer reduzierten Blutungsneigung auf parodontales Sondieren konnte durch die klassischen Studien der sogenannten experimentellen Gingivitis und unter anderem auch durch Ramseier und Mitarbeiter/-innen (2015) bestätigt werden [21,37–39]. Es ist zwar bisher nicht gelungen, ein eindeutiges pathohistologisches Korrelat für diese klinische Beobachtung bei parodontalen oder periimplantären Geweben zu finden, doch gibt es verschiedene pathophysiologische Anhaltspunkte [42–45]. So wird beispielsweise die Expression der Adhäsionsmoleküle ICAM-1 und E-Selectin durch den Tabakkonsum beeinflusst.

Ferner wurde die Gefäßdichte anhand gingivaler Biopsien bei Rauchern und Nichtrauchern mittels immunhistochemischer Verfahren analysiert. Demnach gibt es Hinweise, dass sich die Gefäßzusammensetzung hinsichtlich des Vorkommens kleinerer und größerer Gefäße bei Rauchern/-innen und Nichtrauchern/-innen unterscheiden könnte [45].

Immunsystem

Zahlreiche Effekte des Nikotins und anderer Tabakbestandteile auf die Abwehrvorgänge des angeborenen und des erworbenen Immunsystems sind mittlerweile bekannt [46–48]. Die Immunantwort des Wirts auf einen pathogenen dysbiotischen Biofilm ist bedeutsam für die parodontalen und periimplantären katabolen Vorgänge im Rahmen des Gewebeumbaus und -abbaus. Daher kommt einer tabakassoziierten Modulation des Immunsystems eine entscheidende pathogenetische Bedeutung zu.

Aktuelle Forschungsergebnisse weisen auf eine Alterierung verschiedener Zellpopulationen hin, darunter T-Helfer-Zellen (Th1/Th2/Th17), CD4+CD25+ regulatorische T-Zellen, CD8+ T-Zellen, B-Zellen und Gedächtniszellen sowie andere T/B-Lymphozyten, dendritische Zellen, Makrophagen und natürliche Killerzellen. Die involvierten Signaltransduktionswege betreffen unter anderem das NF-κB-System, Mitogen-aktivierte Kinasen (MAP-Kinasen) oder etwaige Histonmodifikationen [49].

Wechselwirkungen zwischen Rauchen und potenziellen genetischen Risikofaktoren

Selbst bei ungünstiger oraler Hygiene erkrankt nicht jeder/jede Raucher/-in an einer schweren Periimplantitis. Verschiedene erworbene oder angeborene Faktoren beeinflussen die Empfänglichkeit und die Progressionsrate einer Periimplantitis [28–30,50–52]. Dank neuer gentechnischer Methoden konnten einige dieser wirtsspezifischen Faktoren identifiziert und in der Folge möglicherweise für die Diagnostik oder Therapieplanung periimplantärer Erkrankungen nutzbar gemacht werden.

Es scheint – charakteristisch für multifaktorielle Erkrankungen – ein synergistischer Effekt bestimmter Polymorphismen und Umweltfaktoren, wie des Zigarettenrauchens, zu bestehen. Im Fokus des wissenschaftlichen Interesses stand zunächst IL-1β. Dies ist ein proinflammatorisches Zytokin, das u.a. von Endothelzellen und Fibroblasten, Makrophagen oder polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (PMN) ausgeschüttet wird.

Es induziert die Produktion von Prostaglandin-E2 (PG-E2) sowie die Sekretion von katabolen Enzymen wie Matrixmetalloproteinasen (MMPs). Ähnlich den möglichen synergistischen Wechselwirkungen zwischen erworbenen und anlagebedingten Risikofaktoren bei Parodontalerkrankungen gibt es solche Hinweise auch für das Komplikationsrisiko bei oralen Implantaten.

In 2 älteren retrospektiven Studien wurde der Frage nach der Einwirkung von Interleukin-1-(IL-1-)Genvariationen auf die Erfolgsrate oraler Implantate nachgegangen. Es konnte gezeigt werden, dass Patienten/-innen mit positiver Raucheranamnese im Zusammenhang mit den untersuchten Polymorphismen ein erhöhtes Risiko für biologische Implantatkomplikationen aufwiesen.

Feloutzis und Mitarbeiter/-innen (2003) analysierten den Effekt eines IL-1-Polymorphismus bei Rauchern/-innen in einer radiologischen Untersuchung von 90 Patienten/-innen mit osseointegrierten oralen Implantaten. Im Untersuchungszeitraum von durchschnittlich 5,6 Jahren konnte ein signifikant größerer periimplantärer Knochenverlust bei IL-1-Polymorphismus-positiven Rauchern/-innen gegenüber Polymorphismus-negativen Rauchern/-innen oder Nichtrauchern/-innen festgestellt werden [53].

Auch Gruica und Mitarbeiter/-innen (2004) untersuchten die Implantatmisserfolge bei 292 osseointegrierten oralen Implantaten bei 180 Patienten. Während einer Beobachtungszeit von 8 bis 15 Jahren zeigten IL-1-Polymorphismus-positive Raucher/-innen ein signifikant höheres Risiko für Misserfolge, wie beispielsweise eine radiologisch-klinisch diagnostizierte Periimplantitis oder gar einen Implantatverlust [54].

Interessant ist, dass in einer aktuellen systematischen Übersicht mit 13 eingeschlossenen Arbeiten in der dazugehörigen Metaanalyse (6 Studien) keine relevanten Effekte von DNA-Variationen in IL-1B, IL-10 und TNF-α Genen festgestellt werden konnten [55]. Das bedeutet: Die Forschung zu den angeborenen Risikofaktoren befindet sich erst am Anfang und wird in der Zukunft an großen Probandenkollektiven stattfinden müssen, um mögliche Risikogenvarianten zu identifizieren.

Was kann in der Praxis getan werden?

Die moderne zahnärztliche, präventiv ausgerichtete Praxis sieht ihre Patienten/-innen in regelmäßigen Abständen, oft – bei parodontalen oder implantologischen Risikopatienten/-innen – mehrmals pro Jahr. Dies prädestiniert die Praxis, auch eine Rolle hinsichtlich der Sensibilisierung der Patienten/-innen für die oralen und systemischen Effekte des Tabakkonsums zu spielen.

Bewährt hat sich dabei, nach der sogenannten 5-A-Methode vorzugehen [56]. In logisch aufeinander aufbauenden 5 Schritten soll hiermit der Ausstieg aus der Suchterkrankung Tabakkonsum erreicht werden (Tab. 2).

Schritt5-A-Methode (engl.)ÜbersetzungInhalte
1AskFragenStrukturierte Tabakkonsumanamnese (Was?, Seit wann?, Wie viel?)
2AdviceRatenAufklärung über orale und systemische tabakassoziierte Erkrankungen und Therapieverläufe
3AssessBereitschaft zum Rauchstopp erfassenSind Sie interessiert, aufzuhören? Motivation zum Rauchstopp erfragen
4AssistUnterstützung anbietenAbgabe von Informationsmaterial und Merkblättern sowie Kontaktadressen zur professionellen Tabakentwöhnung, ggf. Empfehlungen für eine Nikotinsubstitution
5ArrangeUnterstützung organisierenFolgetermine definieren und Einverständnis des Patienten einholen, das Thema wieder ansprechen zu dürfen

Tab. 2: Die 5-A-Methode bietet einen praktikablen Weg, den Patienten in 5 Schritten zu einem Rauchstopp zu begleiten [56].

  • Anamnese des Tabakkonsums: (1) Ask (Fragen)

Der 1. wirkungsvolle Schritt ist dabei die systematische Erfassung über einen standardisierten Anamnesebogen. Tabakkonsum kann auf unterschiedliche Arten in der Anamnese erfasst werden. Durchgesetzt hat sich die Anzahl gerauchter Zigaretten pro Tag, zumeist erfasst in Form von Schachteljahren (Packyears).

Eine Schachtel wird dabei – historisch – mit 20 Zigaretten gerechnet. Das heißt, 10 Schachteljahre kann bedeuten, dass eine Person seit 10 Jahren täglich 20 Zigaretten oder seit 20 Jahren täglich 10 Zigaretten raucht. Zusätzlich zur Rauchintensität sollte gegebenenfalls auch die Zeit seit einem Rauchstopp erfasst werden. Bewährt hat sich hier die standardisierte Erfassung mit einem Anamnesebogen.

Eine komplizierte, aber genauere Methode ist der sogenannte „Comprehensive smoking Index” [20]. Hier werden neben Dauer und Intensität auch zurückliegende Tabakkonsumepisoden beziehungsweise die verstrichene Zeit nach einem Rauchstopp erfasst.

  • Fallbesprechung und Kurzintervention: (2) Advise (Raten)

Die Anamnese stellt die Grundlage für die folgende Tabak-Kurzintervention im Rahmen des zahnärztlichen Aufklärungsgespräches dar. Im Gegensatz zur neuen Klassifikation parodontaler Erkrankungen aus dem Jahre 2018 wird der pathogenetische Stellenwert des Tabakkonsums noch nicht als gesonderter Risikofaktor für dentale Implantate implementiert [57].

Im Rahmen des sogenannten „Gradings“ eines Parodontitisfalls kann der Tabakkonsum die zu definierende Kategorie folgendermaßen beeinflussen:

  • Grad A: Nichtraucher
  • Grad B: weniger als 10 Zigaretten/Tag
  • Grad C: mehr als 10 Zigaretten/Tag

In der klinischen Praxis hat sich daher die 3-mal-10-Regel verbreitet. Liegen bei einem Patienten/einer Patientin anamnestisch entweder mehr als 10 Jahre Tabakkonsum, mehr als 10 Zigaretten täglich oder ein Rauchstopp vor weniger als 10 Jahren vor, wird dieser/diese Patient/-in als Risikopatient/-in für tabakassoziierte orale Erkrankungen angesehen.

Hinsichtlich parodontaler Erkrankungen bedeutet dies, dass bei dem/der vorliegenden Patienten/-in aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem pathogenetischen Einfluss des Tabakkonsums auf das bestehende klinische Bild auszugehen ist. Eine Raucherparodontitis liegt vor (Abb. 4a und b, Abb. 5a bis d). Darüber hinaus sollte das erhöhte Risiko für Implantatmisserfolge und eingeschränkte klinische Ergebnisse nach nicht chirurgischer Therapie sowie nach regenerativer, resektiver oder auch plastischer parodontaler Chirurgie sowie der Oralchirurgie erklärt werden [4].

  • Abb. 4a u. b: 44-jährige Patientin mit einer Parodontitis Stadium 4 Grad C.
Der Grad wurde durch den langjährigen erhöhten Tabakkonsum mit mehr als
20 Schachteljahren bestimmt. Die Patientin zeigt das klinische Bild einer
Raucherparodontitis – erhöhte Sondierungstiefen bei reduzierter Blutungsneigung,
verfärbte Zähne und eine eher verdickte marginale Gingiva.
Im Rahmen der unterstützenden parodontalen Therapie musste Zahn 32
extrahiert werden. Die Patientin war bereits an Krebs in einem fortgeschrittenen
Stadium erkrankt. Von einer implantologischen Versorgung mit einem Einzelzahnimplantat
wurde aufgrund der Risikofaktorenkombination erhöhter
Tabakkonsum und parodontale Vorgeschichte abgesehen und der fehlende Zahn
zunächst mit einem Interimsersatz für die Patientin zufriedenstellend ersetzt.
  • Abb. 4b.
  • Abb. 4a u. b: 44-jährige Patientin mit einer Parodontitis Stadium 4 Grad C. Der Grad wurde durch den langjährigen erhöhten Tabakkonsum mit mehr als 20 Schachteljahren bestimmt. Die Patientin zeigt das klinische Bild einer Raucherparodontitis – erhöhte Sondierungstiefen bei reduzierter Blutungsneigung, verfärbte Zähne und eine eher verdickte marginale Gingiva. Im Rahmen der unterstützenden parodontalen Therapie musste Zahn 32 extrahiert werden. Die Patientin war bereits an Krebs in einem fortgeschrittenen Stadium erkrankt. Von einer implantologischen Versorgung mit einem Einzelzahnimplantat wurde aufgrund der Risikofaktorenkombination erhöhter Tabakkonsum und parodontale Vorgeschichte abgesehen und der fehlende Zahn zunächst mit einem Interimsersatz für die Patientin zufriedenstellend ersetzt.
    © Die Autoren
  • Abb. 4b.
    © Die Autoren

  • Abb. 5a–d: Radiologisches und klinisches Bild eines 66-jährigen kaukasischen
Patienten aus Griechenland. Es imponieren die ausgeprägten Osteolysen und
mukosalen Entzündungszeichen an zahlreichen Implantaten im Ober- und
Unterkiefer. Die Diagnosen lauten Parodontitis Stadium 4 Grad C und fortgeschrittene
Periimplantitis. Der Patient ist langjähriger Raucher und weist
mehr als 40 Schachteljahre auf.
  • Abb. 5b.
  • Abb. 5a–d: Radiologisches und klinisches Bild eines 66-jährigen kaukasischen Patienten aus Griechenland. Es imponieren die ausgeprägten Osteolysen und mukosalen Entzündungszeichen an zahlreichen Implantaten im Ober- und Unterkiefer. Die Diagnosen lauten Parodontitis Stadium 4 Grad C und fortgeschrittene Periimplantitis. Der Patient ist langjähriger Raucher und weist mehr als 40 Schachteljahre auf.
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  • Abb. 5b.
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  • Abb. 5c.
  • Abb. 5d.
  • Abb. 5c.
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  • Abb. 5d.
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Insbesondere bei invasiveren Eingriffen bietet sich daher eine ausgewogene Risiko-Nutzen-Analyse an, um den Patienten/die Patientin individualisiert zu betreuen. Hinsichtlich der Nachsorge in der unterstützenden Parodontitistherapie oder der Implantatnachsorge ist es zudem empfehlenswert, möglichst kurze Intervalle von etwa 3 Monaten mit dem Patienten/der Patientin zu vereinbaren [20].

  • Bereitschaft zum Rauchstopp erfragen: (3) Assess (Einschätzen)

In einem 3. Schritt sollte die Bereitschaft des Patienten/der Patientin zu einem Rauchstopp erfragt werden. Wenngleich ein Rauchstopp vor zahnärztlicher Therapie das ultimative Ziel wäre, ist doch zu berücksichtigen, dass Tabakabhängigkeit als eine chronische Erkrankung anzusehen ist und der Patient/die Patientin in vielen Fällen zahlreiche Versuche unternehmen muss, um sich von seiner/ihrer Suchterkrankung zu befreien. Dennoch sollte dem Patienten/der Patientin ein Rauchstopp empfohlen werden.

  • Hilfe anbieten: (4) Assist (Helfen)

Eine professionelle Tabakentwöhnung ist in der Zahnarztpraxis zumeist aufgrund der fehlenden Ausbildung nicht möglich. Es besteht hier die Möglichkeit zur Abgabe von Aufklärungsbroschüren, Kontaktanschriften oder auch – sofern auf dem Gebiet fortgebildet – zur Empfehlung von Nikotinersatzprodukten. Auch bietet sich vielfach eine Überweisung in eine dafür spezialisierte Einrichtung an.

  • Folgetermine organisieren: (5) Arrange

Tabakentwöhnung ist oft ein langwieriger Prozess, und es braucht viel Geduld und Empathie. Mit dem Patienten/der Patientin sollte daher vereinbart werden, das Thema in einer der Folgesitzungen erneut anzusprechen.

Schlussfolgerung

In Deutschland raucht etwa 1 Viertel der Bevölkerung regelmäßig Zigaretten. Tabakkonsum ist ein wichtiger und wissenschaftlich gut belegter Risikofaktor für zahlreiche systemische Erkrankungen. Darunter finden sich kardiovaskuläre, pulmonale und vor allem diverse Krebserkrankungen.

Neben dem Mundhöhlenkarzinom und oralen Leukoplakien sind auch parodontale Erkrankungen mit einem erhöhten Tabakkonsum assoziiert. In dieser Bestandsaufnahme zum Tabakkonsum und oralen Implantaten konnten 6 aktuelle, wissenschaftlich hochstehende systematische Übersichtsarbeiten identifiziert werden.

Die Wahrscheinlichkeit eines Implantatmisserfolgs ist demnach um das 2- bis 3-Fache bei Rauchern/-innen gegenüber Nichtrauchern/-innen erhöht. Darüber hinaus gibt es mittlerweile zahlreiche begründete Anhaltspunkte für die pathogenetischen Zusammenhänge, die zu einer erhöhten Implantatmisserfolgsrate beitragen.

Die präventiv orientierte Zahnarztpraxis bietet aber über die regelmäßigen periodischen Patientenkontakte gute Möglichkeiten, den Patienten/die Patientin a) für die Tabakkonsum-assoziierten oralen und systemischen Erkrankungen und deren Therapieverläufe zu sensibilisieren, und b) idealerweise zu einem Rauchstopp, möglicherweise mithilfe der 5-A-Methode zu motivieren. Dies ist oft ein langwieriger Prozess, und es muss aufgrund der psychischen und physischen Tabakabhängigkeit vielfach auch mit Rückschlägen gerechnet werden.

Im Sinne der Gesundheit des Patienten/der Patientin erscheint dieser Aufwand aber gerechtfertigt. Eine Zusammenarbeit mit einer auf Tabakentwöhnung spezialisierten Einrichtung bietet sich hierfür gegebenenfalls an.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Prof. Dr. Clemens Walter - Dr. Christoph A. Ramseier


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