Allgemeine Zahnheilkunde


Speichelmangel als Risikofaktor im Gesamtkontext Mundgesundheit

30.03.2020
aktualisiert am: 15.04.2020

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Die hauptsächlich medikamenteninduzierte Mundtrockenheit bei Senioren findet eine immer stärkere Beachtung in der wissenschaftlichen Literatur und im zahnmedizinischen Praxisalltag. Für viele Patienten ist es möglich, weniger durch Therapie der Ursachen als vielmehr durch individuell angepasste Maßnahmen zur Symptomlinderung eine Verbesserung der täglichen Symptomatik zu erreichen. Im Kontext einer alternden Bevölkerung und einer prognostizierten deutlichen Zunahme von Senioren mit kognitiven Einschränkungen, Multimorbidität und damit Pflegebedarf ist künftig mit einem signifikanten Anstieg der von Xerostomie und Hyposalivation betroffenen Menschen zu rechnen; daher wird es notwendig sein, die bisherigen Erkenntnisse und Therapieempfehlungen an diese Patientengruppe anzupassen.

Prävalenz

Wenn man davon ausgeht, dass etwa jeder 4. bis 5. Erwachsene an Mundtrockenheit in verschiedenem Ausmaß leidet, dürften etwa die Hälfte der über 65-Jährigen hiervon betroffen sein und etwa ein Drittel der über 70-Jährigen. Dennoch muss man feststellen, dass die Datenlage hinsichtlich der Prävalenz bei Patienten mit einem (insbesondere hohem) Pflegegrad und damit kognitiven Einschränkungen und Patienten in unterschiedlichen Settings (ambulant betreute Senioren mit Pflegegrad, Geriatrie, Seniorenheim, palliativ) deutlich geringer ist bei jüngeren Altersstufen. Eigene Daten geriatrischer hospitalisierter Patienten zeigen Werte bis zu 95%, die Gruppe geriatrisch-ambulant betreuter Senioren aus eigenen Studien Prävalenzen um die 40%.

Ätiologie

Es gibt zahlreiche Gründe und Risikofaktoren für Mundtrockenheit, von denen viele in der einschlägigen Literatur hinreichend beschrieben sind, wie z.B. die Kopf-Hals-Strahlentherapie, das Sjögren-Syndrom, das Alter oder das Geschlecht. Schwierig bleibt dabei, die genaue Ursache in jedem Fall zu definieren [1,2]. Es scheint, dass die häufig beschriebene Assoziation zwischen zunehmendem Alter und Mundtrockenheit zum Großteil durch die häufige Polymedikation älterer Menschen verursacht wird [3].

Begrenzte Daten liefern spezifische Angaben zur Häufigkeit der auftretenden Nebenwirkung Mundtrockenheit bei der Einnahme bestimmter Medikamentengruppen: 50% der Patienten mit Morbus Parkinson leiden bei Einnahme von Dopaminagonisten an trockenem Mund, 8% der Senioren, die kardiovaskuläre Medikamente einnehmen, 35% bei Anwendung antiretroviraler Therapie, 50% der Patienten, die Antihypertensiva, und bis zu 71% der Patienten, die Antidepressiva einnehmen [4–7]. Wenn man sich die Prävalenzen der Medikamenteneinnahme und insbesondere die hohe Zahl an Senioren mit Polypharmazie in Deutschland anschaut, ist davon auszugehen, dass sich diese Nebenwirkungsraten nicht nur summieren, sondern eher potenzieren und von deutlich höheren Zahlen ausgegangen werden kann.

Symptome

Genügend Speichel spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Mundgesundheit. Reichlich Literatur gibt es zur Diagnostik und Behandlung, doch nur wenige Berichte setzen diese Information in den speziellen Kontext von älteren multimorbiden Patienten mit kognitiven Einschränkungen und Pflegebedarf und den Auswirkungen auf ihre allgemeine Gesundheit und ihr Wohlbefinden.

Reduzierter Speichelfluss erhöht das Risiko für diverse orale Erkrankungen, neben anderen Karies insbesondere an atypischen Orten (hohes Risiko für Wurzel- und Inzisalkantenkaries), erhöhtes Candidiasis-Risiko, Mundgeruch, Mundbrennen, Geschmacksstörungen und Schwierigkeiten beim Kauen, Sprechen und Schlucken [8–10]. Im Zusammenhang von Senioren mit Pflegebedarf und den durch Mundtrockenheit bedingten oralen Mundgesundheitssymptomen muss man sich bei der Betrachtung der Folgeerscheinungen der Mundtrockenheit auch mit dem Begriff Frailty auseinandersetzen.

Frailty

Der Begriff Frailty oder Gebrechlichkeit beschreibt ein geriatrisches Syndrom, das durch eine allgemein erhöhte Anfälligkeit älterer Menschen gegenüber exogenen Stressfaktoren (Überlastung, Unruhe, Erkrankungen etc.) gekennzeichnet ist. Im Umkehrschluss kann von einer verminderten Resistenz gegen Stressoren gesprochen werden. Frailty entsteht durch ein Zusammenspiel von verschiedenen physiologischen Alterungsprozessen und den daraus resultierenden pathologischen Folgen. Es kann als eine Art Übergangsphase angesehen werden zwischen gesundem Altern und Pflegeabhängigkeit [11].

Während das theoretische Frailty-Konzept allgemein be- und anerkannt ist, gibt es bei der praktischen Umsetzung der Diagnostik noch einige Begrenzungen, was an der Vielzahl sehr unterschiedlicher Assessmentinstrumente und dem Fehlen von einheitlichen Biomarkern zur Diagnostik [11,12] liegt.

Eine der bekanntesten Frailty-Definitionen ist die von Linda Fried [13], nach welcher zur phänotypischen Definition von Frailty mindestens 3 der 5 nachfolgenden Leitsymptome vorhanden sein müssen: unbeabsichtigter Gewichtsverlust um > 5% in 3 Monaten oder > 10% in 6 Monaten, Abnahme der groben Körperkraft (zur Objektivierung dient eine Handkraftmessung), subjektiv empfundene Erschöpfung, reduzierte Ganggeschwindigkeit im Sinne einer reduzierten Mobilität und reduzierte allgemeine Aktivität. Liegen nur 1 oder 2 Kriterien vor, spricht man von sogenannter Pre-Frailty.

Multimorbidität ist ein Risikofaktor für die Entwicklung von Frailty, wobei neben somatischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt und Diabetes mellitus inzwischen auch eine eingeschränkte Mundgesundheit als Risikofaktor zählt [14,15]. Es gibt zunehmend Hinweise auf eine Verbindung zwischen somatischen Erkrankungen und eingeschränkter Mundgesundheit, die eine Frailty-Entwicklung begünstigen [16].

Da es bisher keine einheitlichen laborchemischen Parameter zur Diagnostik von Frailty gibt [17], basiert die Diagnostik vor allem auf klinischen Parametern. Neben der Auffälligkeit bei bestimmten laborchemischen Parametern kann Frailty klinisch mithilfe der FRAIL-Scale erfasst werden [18]. Hinsichtlich der Therapie liegt der Fokus auf der Reduktion entsprechender Risikofaktoren: Krafttraining, Koordinationsübungen, Ausdauersport und eine gesunde Ernährung reduzieren das Frailty-Risiko [19]. Zudem sollen bereits bestehende Erkrankungen therapeutisch optimal eingestellt werden (DGEM-Leitlinie Klinische Ernährung: Klinische Ernährung in der Geriatrie, abgerufen am 19.2.2020). Wenn auch noch nicht abschließend wissenschaftlich bestätigt, wird doch immer häufiger eine reduzierte Mundgesundheit als Teil des geriatrischen Syndroms diskutiert [20] und die Mundtrockenheit mit den Folgeerscheinungen als subjektiv einschränkendes Gesundheitsproblem bei Menschen mit Pflegebedarf kann sicher als ein Stressor und Mitrisikofaktor für Frailty gelten. Daher hat jedes der oben beschriebenen Mundgesundheitssymptome, betrachtet im Kontext Frailty und Pflegebedürftigkeit, vermutlich weitreichendere Folgen als auf den ersten Blick ersichtlich.

Mundgesundheit und Frailty

Schneller entstehende Karies durch Speichelmangel kann zu Zahnverlust, Zahnlosigkeit und damit eingeschränktem Kauvermögen führen und infolgedessen zu Mangelernährung beitragen [21,22] – insbesondere vor dem Hintergrund der in Deutschland vorherrschenden und noch nicht abschließend zufriedenstellend gelösten Mundhygienesituation in Pflegeheimen. So konnte gezeigt werden, dass Patienten mit eingeschränkter Kaufunktion ein hohes Risiko für Unterernährung, Gebrechlichkeit und Mortalität haben [23]. Die Anzahl der Restzähne wurde als Hauptprädiktor zur Verminderung der Kauleistung beschrieben; daher ist es naheliegend, dass der Erhalt der Zähne von großer Bedeutung ist [24]. Reduzierte Speichelfließraten sind mit Sprach- und Sprechstörungen [25] und negativem Einfluss auf das tägliche Wohlbefinden und die Lebensqualität verbunden. Eine verminderte und erschwerte Kommunikationsfähigkeit kann zur sozialen Isolation insbesondere in Settings wie Seniorenheimen beitragen.

Unabhängig vom Alter haben Studienteilnehmer mit stärkerer Xerostomie stärkere subjektive Schluckprobleme [26,27]. Dysphagie kann zu reduzierter Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme mit den negativen Folgen der Malnutrition [28], erhöhtem Aspirationsrisiko und Lungenentzündung führen, was zu den schwerwiegendsten Gesundheitsproblemen bei Seniorenheimbewohnern zählt [29,30]. Es besteht eine signifikante umgekehrte Beziehung zwischen Speichelfließraten und Candida-Prävalenz bei Patienten mit trockenem Mund [31]. Candida albicans gilt als hochpotenter Atemwegserreger, der zu Aspirationspneumonie führen kann, und ist mit systemischer Candidiasis, Prothesenstomatitis und oropharyngealer Candidiasis bei älteren Menschen assoziiert [32].

Obwohl es verschiedene Ergebnisse in der Literatur in Bezug auf die Auswirkungen von Mundtrockenheit auf subjektiven und objektiv gemessenen Mundgeruch gibt, deutet einiges darauf hin, dass zumindest die extreme Reduktion der unstimulierten Speichelfließraten zu einer Verstärkung von objektivem Mundgeruch führt [33]. Bei starkem Mundgeruch kann es zur Stigmatisierung kommen, was insbesondere bei alten und gebrechlichen Patienten, die abhängig von einer engen Interaktion mit dem Pflegepersonal sind, massive soziale Konsequenzen haben kann. Es ist bekannt, dass sich das Geschmacksempfinden mit zunehmendem Alter verändert bzw. abnimmt, vermutlich hauptsächlich verursacht durch zunehmende Beeinträchtigung der olfaktorischen Sinne als Nebenwirkung der Medikamente [34]. Xerostomie scheint hier zusätzlicher Risikofaktor für Geschmacksveränderungen zu sein [35]. Eine gestörte Geschmacksempfindung kann erhebliche Auswirkungen haben auf den Appetit und die Motivation, zu essen und zu trinken, und kann so letztendlich zu einer Mangelernährung beitragen. Die beschriebenen oralen Symptome wirken sich bereits jedes für sich negativ auf die Lebensqualität aus und es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Kombination und die Wechselwirkung dieser Symptome kumulieren und die Lebensqualität negativ beeinträchtigen.

Therapeutische Maßnahmen

  • Tab. 1: Therapeutische Basismaßnahmen bei Mundtrockenheit.

  • Tab. 1: Therapeutische Basismaßnahmen bei Mundtrockenheit.
    © Dr. Dr. Barbe
Basismaßnahmen bei Mundtrockenheit wurden in vielen Publikationen der letzten Jahre thematisiert (Tab. 1). Bei Betrachtung des „typischen“ Patienten im Rahmen der aufsuchenden Betreuung im Pflegeheim fällt auf, dass eine sozialverträgliche Anpassung dieser allgemeingültigen Empfehlungen notwendig wird und diese an das Setting Seniorenheim und die besondere interdisziplinäre Betreuungssituation insbesondere bei steigenden Pflegegraden der Patienten angepasst werden müssen. Bei einem Menschen, der im Pflegeheim lebt, an fortgeschrittener Demenz leidet, somit hinsichtlich der Mundpflege so gut wie vollständig auf das Pflegepersonal angewiesen ist und im Monat 90 Euro Taschengeld zur Verfügung hat, erscheint der Vorschlag, verschiedene symptomlindernde Präparate auszuprobieren, nicht zielführend.

Ähnlich unrealistisch ist das Kauen von bestimmten Kaugummis, die der Patient selbst anschaffen soll. Auch bei der Auswahl von Mundhygieneprodukten braucht es die konkrete Kommunikation zwischen Zahnarzt und Pflege, um hier therapeutische Verbesserungen der Symptomatik erreichen zu können. So sind viele der aktuellen Standardempfehlungen in ihrer jetzigen Form nicht zielführend.

Mundgesundheitsstatus und individueller Mundgesundheitsplan, Mundgesundheitsaufklärung

  • Abb. 1: Mundgesundheitsstatus und individueller Mundgesundheitsplan.

  • Abb. 1: Mundgesundheitsstatus und individueller Mundgesundheitsplan.
    © Dr. Dr. Barbe
Ein Lösungsansatz zur Verbesserung der Mundgesundheit im Rahmen der aufsuchenden Betreuung ist die Einführung neuer BEMA-Positionen seit dem 01.07.2018 zu präventiven Leistungen für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung, also für Versicherte, die einen Pflegegrad gem. § 15 SGB XI oder Eingliederungshilfe gemäß § 53 SGB XII erhalten. Im Zusammenhang Mundtrockenheit erscheinen hier der Mundgesundheitsplan 174a (Abb. 1) sowie die Mundgesundheitsaufklärung 174b als ein erster Lösungsansatz hinsichtlich einer interdisziplinären Kommunikation zur Symptomlinderung bei Mundtrockenheit. So kann zum einen die Speichelförderung angekreuzt sowie eine Spüllösung „verschrieben“ werden.

Bislang noch unveröffentlichte Daten unserer Arbeitsgruppe zeigen bei der Auswertung solcher Bögen, dass sie hinsichtlich der Mundtrockenheit und deren Behandlung von maximal 5% der Zahnärzte ausgefüllt werden. Dies erscheint in Hinblick auf die hohen Prävalenzen der Mundtrockenheit überraschend. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass das Problem der Mundtrockenheit neben der Vielzahl anderer Mundgesundheitsprobleme in den Hintergrund tritt und als „gottgegeben“ angenommen wird; es mag aber auch Unsicherheit hinsichtlich zielführender adäquater Maßnahmen eine Rolle spielen.

  • Tab. 2: Therapievorschläge zur Symptomlinderung bei Mundtrockenheit aus der Palliativmedizin.

  • Tab. 2: Therapievorschläge zur Symptomlinderung bei Mundtrockenheit aus der Palliativmedizin.
    © Dr. Dr. Barbe
Hier lohnt es sich, die Empfehlungen zur Symptomlinderung bei Mundtrockenheit von Seiten der Pflege und der Palliativmedizin anzuschauen, die sehr patientenorientiert sind, gleichzeitig aber auch bereits jetzt eine hohe Akzeptanz in der Pflege haben (Tab. 2). Je konkreter die Empfehlungen sind, desto wahrscheinlicher werden diese nach entsprechender Kommunikation durch die Pflege durchgeführt. In den Seniorenheimen wird meist ein individueller Maßnahmenplan von Seiten der Pflege für jeden Bewohner erstellt, der diese konkreten Empfehlungen beinhalten könnte. In der Folge würde ein Nichtdurchführen explizit markiert und begründet werden.

Wie bereits oben beschrieben, bedarf es natürlich nicht nur einer kontinuierlichen Symptomlinderung, sondern zudem kontinuierlicher Recalltermine im Rahmen der zahnärztlichen Betreuung, um den möglichen Folgen der Mundtrockenheit in möglichst präventiven Settings, aber auch durch zeitnahe Versorgung aufgetretener Pathologien zu begegnen. Neben der Verwendung/ Anordnung von antibakteriellen, plaquereduzierenden Präparaten wie 0,12 bis 0,2%igen CHX-Lösungen und der Anwendung bzw. Anordnung möglicher fluoridhaltiger Präparate spielt sicherlich die Schaffung von Mundhygienefähigkeit eine entscheidende Rolle. Schutzlacke, die eine Kombination aus Ammoniumfluorid mit CHX und CPC enthalten und somit Fluoridierung und Keimkontrolle vereinbaren, sollten bei der Behandlungssitzung mit erwogen werden. Die im Zuge der zahnmedizinischen Betreuung durchgeführten Leistungen wie die halbjährliche Zahnsteinentfernung helfen, eine gewisse Mundhygienefähigkeit zu erreichen, die dann zwischen den Besuchen des Zahnarztes bestmöglich aufrechterhalten werden sollte.

Mundtrockenheit als Risikofaktor im Gesamtkontext Mundgesundheit

Im Kontext einer aktuell nicht abschließend gelösten Mundhygienesituation bei Menschen in Seniorenheimen muss die Mundtrockenheit als ein Risikofaktor nicht nur für die Folgen eingeschränkter Mundhygiene gelten, sondern bereits als ein Hauptrisikofaktor für eine nicht durch die Pflege vollständig beherrschbare Mundhygienesituation angesehen werden (Abb. 2a bis c).

  • Abb. 2a: In einer idealen Welt würde ein durch die Zahnmedizin definierter akzeptabler Mundhygienestandard (hier die blaue Linie, beschreibt 100% einer erreichbaren akzeptablen Mundhygiene) zum einen durch die sich verändernde eigenverantwortliche Mundhygiene der Patienten (grün), zum anderen durch die zusätzlichen täglichen Mundhygienemaßnahmen durch das Pflegepersonal (orange) erreicht werden. Hierbei stellen die Prozent-Angaben Schätzungen der Autoren dar und sind keine empirisch dokumentierten Daten. Von Pflegeseite erfolgt die Empfehlung, Seniorenheimbewohner nicht als ein Gesamtkollektiv zu betrachten, sondern hier insbesondere auch hinsichtlich der Planung von Mundhygienemaßnahmen – wie in diesem Beispiel – Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen zu machen.

  • Abb. 2a: In einer idealen Welt würde ein durch die Zahnmedizin definierter akzeptabler Mundhygienestandard (hier die blaue Linie, beschreibt 100% einer erreichbaren akzeptablen Mundhygiene) zum einen durch die sich verändernde eigenverantwortliche Mundhygiene der Patienten (grün), zum anderen durch die zusätzlichen täglichen Mundhygienemaßnahmen durch das Pflegepersonal (orange) erreicht werden. Hierbei stellen die Prozent-Angaben Schätzungen der Autoren dar und sind keine empirisch dokumentierten Daten. Von Pflegeseite erfolgt die Empfehlung, Seniorenheimbewohner nicht als ein Gesamtkollektiv zu betrachten, sondern hier insbesondere auch hinsichtlich der Planung von Mundhygienemaßnahmen – wie in diesem Beispiel – Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen zu machen.
    © Dr. Dr. Barbe

  • Abb. 2b: Wenn man die Ideal-Situation aber nun im täglichen Leben anschaut, wird zwar zusätzlich zur eigenverantwortlichen Mundhygiene (grün) ein gewisses Maß eines für den Erhalt dauerhafter Mundgesundheit notwendigen Mundhygienestandards durch zusätzliche Mundhygienemaßnahmen von Seiten des Pflegepersonals (orange) erreicht. Die klinische Erfahrung sowie diverse Literaturquellen zeigen allerdings, dass diese beiden Maßnahmenblöcke nicht ausreichen, um 100% des Ziel-Mundhygienestandards zu erreichen, sodass eine individuelle zahnmedizinische Betreuungslücke entsteht (türkis). Die Entwicklung von Lösungsansätzen zum Schließen dieser Therapielücken wird aktuell in wissenschaftlichen Untersuchungen diskutiert und evaluiert, ist aber nicht Teil dieses Artikels.

  • Abb. 2b: Wenn man die Ideal-Situation aber nun im täglichen Leben anschaut, wird zwar zusätzlich zur eigenverantwortlichen Mundhygiene (grün) ein gewisses Maß eines für den Erhalt dauerhafter Mundgesundheit notwendigen Mundhygienestandards durch zusätzliche Mundhygienemaßnahmen von Seiten des Pflegepersonals (orange) erreicht. Die klinische Erfahrung sowie diverse Literaturquellen zeigen allerdings, dass diese beiden Maßnahmenblöcke nicht ausreichen, um 100% des Ziel-Mundhygienestandards zu erreichen, sodass eine individuelle zahnmedizinische Betreuungslücke entsteht (türkis). Die Entwicklung von Lösungsansätzen zum Schließen dieser Therapielücken wird aktuell in wissenschaftlichen Untersuchungen diskutiert und evaluiert, ist aber nicht Teil dieses Artikels.
    © Dr. Dr. Barbe

  • Abb. 2c: Wenn man nun den Patienten mit Mundtrockenheit betrachtet, hat der Speichelmangel durch verschiedene Faktoren wie reduzierte Spülwirkung des Speichels, Schmerzen, Mundbrennen, Mundgeruch und erhöhte intraorale Infektanfälligkeit negativen Einfluss auf die erreichbare Mundhygienesituation und damit die erreichbaren Mundhygienestandards durch alle Beteiligten. Die erreichbare eigenverantwortliche Mundhygiene (dunkelgrün) wird sich beim Vorhandensein von Speichelmangel (hellgrün) reduzieren. Ebenso wird sich das erreichbare Mundhygienelevel, das durch die Pflegekräfte im Rahmen der Basispflege realistisch erreicht werden kann (orange), beim Vorliegen von Speichelmangel reduzieren (gelb). Das Vorhandensein des Risikofaktors Speichelmangel führt somit als logische Konsequenz zur Entstehung einer größeren zahnmedizinischen Betreuungslücke, für die bisher flächendeckend noch keine abschließende Lösung gefunden wurde. Da das Erreichen einer flächendeckenden verbesserten täglichen Mundhygienesituation für Menschen mit Pflegebedarf unter der Berücksichtigung und Anpassung der Konzepte an Risikofaktoren – wie hier der Mundtrockenheit – Schlüsselfaktor für eine langfristig stabile Mundgesundheit ist, sollte der zukünftige Fokus auf der Entwicklung solcher Konzepte liegen.

  • Abb. 2c: Wenn man nun den Patienten mit Mundtrockenheit betrachtet, hat der Speichelmangel durch verschiedene Faktoren wie reduzierte Spülwirkung des Speichels, Schmerzen, Mundbrennen, Mundgeruch und erhöhte intraorale Infektanfälligkeit negativen Einfluss auf die erreichbare Mundhygienesituation und damit die erreichbaren Mundhygienestandards durch alle Beteiligten. Die erreichbare eigenverantwortliche Mundhygiene (dunkelgrün) wird sich beim Vorhandensein von Speichelmangel (hellgrün) reduzieren. Ebenso wird sich das erreichbare Mundhygienelevel, das durch die Pflegekräfte im Rahmen der Basispflege realistisch erreicht werden kann (orange), beim Vorliegen von Speichelmangel reduzieren (gelb). Das Vorhandensein des Risikofaktors Speichelmangel führt somit als logische Konsequenz zur Entstehung einer größeren zahnmedizinischen Betreuungslücke, für die bisher flächendeckend noch keine abschließende Lösung gefunden wurde. Da das Erreichen einer flächendeckenden verbesserten täglichen Mundhygienesituation für Menschen mit Pflegebedarf unter der Berücksichtigung und Anpassung der Konzepte an Risikofaktoren – wie hier der Mundtrockenheit – Schlüsselfaktor für eine langfristig stabile Mundgesundheit ist, sollte der zukünftige Fokus auf der Entwicklung solcher Konzepte liegen.
    © Dr. Dr. Barbe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

Zusammenfassung und Ausblick

Mundtrockenheit ist ein hochprävalentes Mundgesundheitssymptom bei Senioren, insbesondere bei Multimorbidität, Polypharmazie und erhöhten Pflegegraden. Speichelmangel – als einer der Risikofaktoren für eine reduzierte Mundgesundheits- und Mundhygienesituation – muss in diesem Kontext als relevantes Mundgesundheitsproblem wahrgenommen werden. Die bestehenden Dokumentationsmöglichkeiten sollten von zahnärztlicher Seite voll ausgeschöpft und potenzielle, insbesondere symptomlindernde Therapiemaßnahmen im Rahmen der Mundgesundheitsschulung des Pflegepersonals konkret benannt und angeordnet werden. Bisherige Leitlinien und Therapieempfehlungen müssen an die speziellen Risiken und Gegebenheiten sowie die realistische Umsetzung bei Menschen mit Pflegebedarf angepasst werden.

Eine regelmäßige zahnmedizinische Betreuung, die eher kontroll- als problemorientiert stattfinden sollte, wird helfen, die aufgrund der Mundtrockenheit zu erwartenden Mundgesundheitsprobleme zu reduzieren. Mundtrockenheit ist ein Risikofaktor im Gesamtkontext eines erreichbaren Mundhygienestandards und das Ziel muss sein, flächendeckende und sozialverträgliche Konzepte für eine aus zahnärztlicher Sicht zufriedenstellende Mundhygienesituation für Patienten mit Pflegebedarf zu entwickeln, die auch den beschrieben Risikofaktoren Rechnung tragen.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Dr. Greta Barbe


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