Pilotuntersuchung: Fehler bei der Farbnahme kosten Zeit und Geld

In modernen Zahnarztpraxen ist neben fachlicher Kompetenz und hoher Servicequalität vor allem eines wichtig: wirtschaftliches Arbeiten. Doch was eigentlich selbstverständlich sein sollte, gestaltet sich im Alltag oft schwieriger als gedacht. Gemäß einer Pilotuntersuchung entstehen allein durch fehlerhafte Zahnfarbbestimmungen und nachträgliche Farbkorrekturen am Zahnersatz in den Dentallaboren geschätzte jährliche Zusatzkosten im mehrstelligen Millionenbereich. Aber auch für die Zahnarztpraxis fallen Mehrkosten an. Standardisierte Arbeitsabläufe, moderne Gerätschaften und reproduzierbare Daten können dazu beitragen, den Workflow effizienter zu gestalten.
Die Zahnfarbbestimmung ist ein Schlüsselfaktor für den prothetischen Erfolg; insofern ist die korrekte Farbnahme essenziell wichtig für Zahnarzt, Labor und Patient. Fehler, die in diesem frühen Stadium einer Restauration gemacht werden, wirken sich nicht nur negativ auf die Patientenzufriedenheit aus, sie verursachen auch unerwünschte Zusatzkosten für Zahnarzt und Labor. Oberstes Ziel ist es daher, die Arbeitsabläufe im Hinblick auf den Zeit- und Kostenaufwand möglichst effizient zu gestalten.
Aus dem Wunsch nach mehr Effizienz leitet sich jedoch die Frage ab, ob die bisher praktizierte Art der Zahnfarbbestimmung und die daraus resultierenden Ergebnisse ausreichend sind. Das Problem besteht darin, dass die Farbnahme per Hand nicht standardisierbar und auch nicht reproduzierbar ist, sondern von der Erfahrung und der jeweiligen Tagesform des Behandlers oder der Assistenz sowie veränderlichen äußeren Faktoren, wie Licht, Farbe der Kleidung etc., abhängt. Ist die passende Farbe nicht getroffen, werden Nacharbeiten im Labor notwendig. Außerdem verliert der Zahnarzt bares Geld durch zusätzliche Sitzungen des Patienten, in denen der Behandlungsstuhl blockiert ist, die Arbeitszeit aber nicht abgerechnet werden kann. Zur Sicherheit und als zusätzliche Serviceleistung wird daher in vielen Fällen der Zahntechniker für die Zahnfarbbestimmung am Patienten einbestellt. Doch auch dies schützt nicht vor Fehlern.
Wenn durch eine fehlerhafte Farbnahme in der Praxis nachträgliche Farbkorrekturen im Labor notwendig werden, bleibt ein Großteil der Mehrkosten am Zahntechniker hängen. Das Labor nimmt den Mehraufwand für die Farbnahme in der Praxis in der Regel in Kauf, um nicht später an der fertigen Restauration die Farbe korrigieren zu müssen. Eine zufriedenstellende und vor allem wirtschaftlich tragbare Lösung ist dies aber nicht (Abb. 1).
Umfrage unter Laborinhabern: 7,40 Euro Zusatzkosten pro Einheit Zahnersatz
Um besser abschätzen zu können, wie hoch der finanzielle und zeitliche Mehraufwand wirklich ist, den Dentallabors durch Farbnahmen in der Praxis und nachträgliche Farbkorrekturen am fertiggestellten keramisch verblendeten Zahnersatz zu tragen haben, wurden 2010 auf der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Dentale Technologie e.V. in Stuttgart Fragebögen an ca. 250 Laborinhaber ausgeteilt und ausgewertet. An der Untersuchung nahmen Labore mit einem breiten Spektrum an monatlicher Herstellungsleistung von keramisch verblendetem Zahnersatz teil. Das Auftragspensum lag zwischen 17 und 1.000 Einheiten im Monat – im Durchschnitt 172 Einheiten pro Monat.
In 48,5 % der Fälle führte der Laborinhaber selbst oder ein angestellter Zahntechnikermeister die Farbbestimmung in den Praxen durch. Bei der anderen Hälfte übernahm dies ein ausgebildeter Zahntechniker. Die Umfrage ergab: Für Farbbestimmungen besuchten die Labors im Durchschnitt 13-mal im Monat Zahnarztpraxen. Dieser Service schlug bezogen auf die Einheit keramisch verblendeten Zahnersatzes mit einer finanziellen Belastung von durchschnittlich 4 € zu Buche. Nachträgliche Farbkorrekturen kleinen und mittleren Ausmaßes am fertiggestellten Zahnersatz wurden bei 5,7 % der Einheiten notwendig. Dies verursachte aufseiten der Labore durchschnittliche Kosten in Höhe von 479 € im Monat oder – bezogen auf die Einheit keramisch verblendeten Zahnersatzes – 3,40 €. Während der Mehraufwand für die Zahnfarbbestimmung bei Privatpatienten noch bedingt in Rechnung gestellt werden kann, wenn er nicht vom Zahnarzt als „kostenlose Serviceleistung“ erbracht wird, gibt es für nachträgliche Farbkorrekturen keine Möglichkeiten der Kostenkompensation – der wirtschaftliche Verlust trifft also sowohl den Zahnarzt als auch das Labor.
Gemäß der Umfrage beliefen sich die Zusatzkosten auf etwa 7,40 € pro Einheit keramisch verblendeten Zahnersatzes. Geht man nun davon aus, dass das durchschnittliche Dentallabor (aus der Befragung) ca. 170 Einheiten pro Monat herstellt und etwa 8.000 Dentallabore in Deutschland existieren, ergibt sich die gigantische Summe an Mehrkosten in Höhe von geschätzt 110 Millionen Euro.
Fazit
Natürlich ist diese Zahl eine sehr grobe Schätzung und die Untersuchung hat aufgrund der kleinen Teilnehmerzahl einen Pilotcharakter. Sie zeigt aber dennoch, dass die Prozesskette von der Zahnfarbbestimmung über die Zahnfarbreproduktion bis zum Einsetzen der Restauration durchaus verbesserungsbedürftig ist.
Moderne, digitale Messgeräte, wie beispielsweise das VITA Easyshade Advance (VITA Zahnfabrik, Bad Säckingen) (Abb. 2), könnten einen Beitrag dazu leisten, den Workflow zu optimieren, da sie reproduzierbare Messdaten unter standardisierten Bedingungen liefern. Elektronische Farbmessgeräte ermöglichen eine Farbbestimmung in Sekunden, die jederzeit wiederholbar und unabhängig von äußeren Faktoren ist. Die Farbnahme wird also immer unter geräteimmanenten, standardisierten Bedingungen durchgeführt. Außerdem kann der Zahntechniker etwa mit dem VITA Easyshade Advance die Farbe der fertigen Restauration nochmals auf Genauigkeit überprüfen und – falls nötig – gezielt Änderungen vornehmen. Weitere vergleichende Studien zwischen visueller und elektronischer Farbnahme werden hier Klarheit bringen.
1 Praxisklinik Prof. Hassel & Dr. Hunecke, Augustaanlage 24, 68165 Mannheim
2 Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, Universitätsklinikum, INF 400, 69120 Heidelberg