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Buchrezension

Fachbuch: Sprache und Medizin

Autor Sascha Bechmann hat ein anspruchsvolles Buch geschrieben mit dem Titel "Sprache und Medizin", welches interdisziplinäre Beiträge zur medizinischen Sprache und Kommunikation aufgreift und darauf abzielt, die Arzt-Patienten-Kommunikation zu stärken. Dagmar Kromer-Busch hat es für Sie gelesen.

Ein spannendes Buch zur rechten Zeit – ein Buch mit akademischem anspruch.
Ein spannendes Buch zur rechten Zeit – ein Buch mit akademischem anspruch.
Ein spannendes Buch zur rechten Zeit – ein Buch mit akademischem anspruch.

Das paternalistische Arztgespräch war gestern. Heute sind Patienten aufgrund des Internets informierter, selbstbestimmter und sie sollen und wollen in die Entscheidungsfindung hinsichtlich einer anstehenden Therapie mit einbezogen werden. Zudem ist eine hohe Therapietreue wünschenswert, gerade angesichts chronischer Erkrankungen, die eine gewisse Ausdauer seitens des Patienten verlangen. Um diesen Gegebenheiten gerecht zu werden, müssen Ärzte eine neue Rolle in der Kommunikation mit ihren Patienten finden.

Diesem Thema nimmt sich der Sammelband „Sprache und Medizin“ von Sascha Bechmann an. Die Beitragssammlung geht aber weit über diese Frage hinaus. Sie gibt einen breiten Überblick über die Perspektiven und Ansätze verschiedenster Disziplinen und Institutionen auf das Themenfeld der Sprache und Kommunikation in der Medizin.

Dabei stehen Fragen der Wirksamkeit und Heilsamkeit von Sprache ebenso im Fokus wie literaturwissenschaftliche und sprachhistorische Aspekte sowie ethisch-moralische Probleme
und Herausforderungen. Verschiedene Wissenschaftsbereiche kommen zu Wort: Medizin, Sprachwissenschaft, Medizingeschichte, Literaturwissenschaft, Medienwissenschaft, Rechtswissenschaft und Philosophie.
Dabei ist die Richtung des Buches eindeutig. Es plädiert für eine Stärkung der Arzt-Patienten-Kommunikation, wie sie auf dem 117. Deutschen Ärztetag in Düsseldorf gefordert wurde. (Ursprünglich war das Buch als Zusammenschau „Düsseldorfer Beiträge zu Sprache und Medizin“ geplant.)

So beklagt auch Prof. Dietrich Grönemeyer im Vorwort, dass für die „sprechende Medizin“ zu wenig Zeit bleibe und dafür zu ausschließlich auf den medizinischen Fortschritt gesetzt werde. Aber gerade angesichts des immensen Fortschritts in der Medizin solle die Rolle der Sprache nicht vergessen werden und es sei an der Zeit, sich diese neu bewusst zu machen. Diesen Bewusstmachungsprozess möchte das Buch unterstützen und hinterfragen, wie die Kommunikation zwischen Arzt und Patient heute aussehen muss, damit Sprache helfen kann, zu heilen.

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Interessant ist hier beispielsweise der Ansatz der „narrativen Medizin“, die aus der Tradition der personenzentrierten Ansätze kommt. Sie bezeichnet eine Haltung, die Biografie und Erfahrungswelt des Patienten ernst nimmt und beim Patientengespräch den Fokus auf das Zuhören legt. Eine Antwort auf das grundlegende Problem einer zeitgemäßen Arzt-Patienten-Kommunikation sucht der Beitrag „Medizinische Kommunikation 2.0 – Welche neuen Kompetenzen brauchen Patienten und Ärzte im digitalen Zeitalter?“.

E-Health bringt nicht nur eine Veränderung der Organisation des Gesundheitswesens mit sich, sondern beeinflusst auch die Arzt-Patienten-Kommunikation. Ein von Ärzten oftmals gefürchteter Vertrauensverlust und eine digitale Konkurrenz durch die Infoangebote des Internets müssen nicht eintreten, sondern die Angebote der digitalen Medien können auch helfen, gemeinsam mit dem Patienten eine neue Ebene zu finden.

Gerade wenn die „sprechende Medizin“ gestärkt wird, sehen die Autoren für den Arzt die Rolle eines Begleiters, der seinem Patienten hilft, sich zu orientieren, und auch bereit ist, ihm einen gewissen Grad an  Eigenverantwortung zu überlassen. Damit transportiert das Buch eine wichtige Botschaft. Man kann also sagen: ein spannendes Buch zur rechten Zeit.

Allerdings, so möchte man doch warnend hinzufügen, ist dieser Sammelband kein Praxisratgeber, sondern er hat einen klaren akademischen Anspruch. An manchen Stellen wäre ein stärkerer Bezug auf die Praxis für den Leser eventuell ein Gewinn gewesen.

Der Autor:
Sascha Bechmann, Dr. phil., ist Sprachwissenschaftler und Dozent im Gesundheitswesen.
Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Heinrich-Heine-Universität
in Düsseldorf mit dem Forschungsschwerpunkt Medizinische Kommunikation.

Bibliografische Daten:
Sprache und Medizin
Interdisziplinäre Beiträge zur medizinischen Sprache und Kommunikation
Mit Geleitworten von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe,
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer und Dr. Eckart von Hirschhausen
(Forum für Fachsprachen-Forschung, Band 138)
498 S., 78 €, kart., ISBN 978-3-7329-0372-6

Verlag: Frank & Timme GmbH, Wittelsbacherstraße 27a, 10707 Berlin
E-Mail: buchbestellung@frank-timme.de
www.frank-timme.de
Fax: 030 86 39 87 31
Tel.: 030 88 66 79 11

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