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Allgemeine Zahnheilkunde

Die wichtigsten Tumorerkrankungen: Prävention und Früherkennung

Wie kann man Krebs vorbeugen? Welche Früherkennungsmaßnahmen sind möglich und welche Risikofaktoren bestimmend? Der folgende Beitrag beantwortet diese Fragen vor dem Hintergrund des aktuellen Wissensstandes und gibt einen Überblick über die häufigsten Tumorerkrankungen von Frauen und Männern. Auch in der Zahnarztpraxis ist dieses Wissen von Belang – Risikofaktoren für häufige Krebserkrankungen sind teilweise eben jene, die auch die Zahngesundheit bedrohen: das Rauchen und eine ungesunde Ernährung.

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Abb. 1: Hohe Neuerkrankungsraten für Krebs nach Alter und Geschlecht, RKI Krebs in Deutschland 2015
Abb. 1: Hohe Neuerkrankungsraten für Krebs nach Alter und Geschlecht, RKI Krebs in Deutschland 2015

Krebs gehört mit etwa einer halben Million Neuerkrankungen pro Jahr zu den häufigsten Erkrankungen und ist die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Im Laufe ihres Lebens erkranken 51% der Männer, d.h. jeder zweite Mann, und 43% der Frauen an Krebs. Das Krebsrisiko steigt mit dem Lebensalter, 62% aller an Krebs Erkrankten sind älter als 65 Jahre [1]. Dabei hat die absolute Zahl der Neuerkrankungen in den vergangenen 10 Jahren bei den Männern um 13%, bei den Frauen um 10% zugenommen [2]. Frauen erkranken seltener, die Krebserkrankungen treten aber bei den Frauen im jüngeren Alter auf (Abb. 1).

In den vergangenen Jahren zeigte sich eine rasante Entwicklung in den therapeutischen Möglichkeiten von Krebserkrankungen. Krebs kann heutzutage in vielen Fällen geheilt werden und bedeutet nicht automatisch ein Todesurteil. Dafür ist es aber notwendig, dass der Krebs in einem frühen Stadium entdeckt wird. Diese beiden Faktoren – Fortschritte in der Therapie sowie wahrscheinlich auch die Fortschritte in der Früherkennung von Krebserkrankungen – haben in den vergangenen 20 Jahren zu einem deutlichen Rückgang der Krebssterblichkeit in Deutschland geführt.

Wie Krebs entsteht und verläuft, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren (multifaktoriell) ab, außerdem sind bei vielen Krebserkrankungen die Auslöser auch heute noch unbekannt. Einige Risikofaktoren sind jedoch klar belegt. Dabei lassen sich nicht beeinflussbare Faktoren, welche mit einem höheren Risiko für eine Krebserkrankung einhergehen, wie männliches Geschlecht, höheres Lebensalter, erbliche Veranlagung (genetische Disposition), Lebens- (Radon, UV-Strahlen) und Arbeitsbedingungen (z.B. Asbest- oder Benzolexposition) sowie wirtschaftliche, kulturelle und Umweltbedingungen von beeinflussbaren Risikofaktor wie Verhaltens- und Lebensweisen (z.B. Rauchen, ungesunde Ernährung, Sonnenbaden, Infektionen, wie u.a. Hepatitis und Humane Papillomviren [HPV]) unterscheiden. Ungefähr ein Drittel aller Krebserkrankungen ist nach einer Schätzung der WHO auf Lebensstilfaktoren (Tabak- und Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung oder Bewegungsmangel) zurückzuführen, wobei das Rauchen mit rund 20% den größten Anteil ausmacht [3].

Prävention

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Der lateinische Begriff „Prävention“ bedeutet „zuvorkommen“, was schon darauf hindeutet, dass der Fokus der medizinischen Prävention auf der Krankheitsvermeidung liegt. Zur Krebsprävention gehören daher alle Maßnahmen, die Risikofaktoren reduzieren und Bedingungen verändern, um eine Krebserkrankung zu vermeiden. Dabei unterscheidet man in:

  • Primärprävention: Diese setzt vor Eintreten der Krankheit ein und zielt darauf ab, eine Erkrankung von vornherein zu vermeiden.
  • Sekundärprävention: Dient der Früherkennung von Krankheiten. Soll das Frühstadium einer Krankheit erkennen und behandeln sowie das Fortschreiten verhindern.
  • Tertiärprävention: Kommt nach der Behandlung einer Erkrankung zum Tragen und soll Folgeschäden und Rückfällen vorbeugen.

Primärprävention

Eine Primärprävention von Krebserkrankungen ist nur dann möglich, wenn die Risikofaktoren, welche ein erhöhtes Krebsrisiko auslösen, bekannt und diese auch beinflussbar sind. Laut WHO sind die verbreitetsten Lebensstilfaktoren, die ursächlich mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergehen:

  • Rauchen/Tabakkonsum
  • Alkohol
  • Übergewicht/Ernährungsfaktoren
  • Bewegungsmangel
  • Umwelt, berufliche Expositionen
    – UV-Strahlung
    – natürliche Radonexposition
    – chemische Faktoren (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Anilin, Benzol, Asbest)
  • Infektionen
    – HPV (Humanes Papillomavirus)
    – Hepatitis B und C
    – Helicobacter pylori

Abb. 2: Europäischer Kodex zur Krebsbekämpfung; © IARC 2016
Abb. 2: Europäischer Kodex zur Krebsbekämpfung; © IARC 2016

Von der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC), welche zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört, wurde auf Initiative der Europäischen Kommission der Europäische Kodex zur Krebsbekämpfung veröffentlicht. Dieser enthält 12 Maßnahmen, die jeder Einzelne ergreifen kann, um einer Krebserkrankung vorzubeugen (http://cancer-code-europe.iarc.fr/index.php/de/) (Abb. 2). Diese Empfehlungen beruhen auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu bisher bekannten und wissenschaftlich belegten Krebsrisikofaktoren.

Viele Faktoren, welche Krebs verursachen, sind bekannt. Allerdings kann nicht vorhergesagt werden, welche Personen mit ähnlichem Risikoprofil an Krebs erkranken und welche nicht. Das Risiko einer Krebserkrankung kann durch Einhalten des Europäischen Kodex verringert, aber nicht komplett ausgeschlossen werden. Nach einer Schätzung der WHO könnten 30% aller Krebsfälle dadurch vermieden werden; ein gewisses Risiko bleibt aber bestehen. Das liegt daran, dass nur etwa die Hälfte der Krebserkrankungen auf bekannte Ursachen zurückzuführen ist (z.B. die Mehrheit der Fälle von Lungenkrebs durch Rauchen) [4,5] und bei einigen Krebsarten die Ursachen in mehr als der Hälfte der Fälle immer noch weitgehend unbekannt sind (z.B. bei Prostatakrebs) [6].

Früherkennung – Sekundärprävention

Abb. 3: Adenom-Karzinom-Sequenz.
Abb. 3: Adenom-Karzinom-Sequenz.

Bei der sekundären Prävention geht es darum, eine Vorstufe einer Krebserkrankung oder das Frühstadium einer Krebserkrankung rechtzeitig zu erkennen. Krebserkrankungen können heute häufig geheilt werden; dazu ist es aber notwendig, dass die Erkrankung in einem frühen Stadium entdeckt wird, in dem die Behandlung wirksamer ist als im fortgeschrittenen Stadium. Das Ziel von Früherkennungsmaßnahmen ist es, Todesfälle durch Krebs zu verhindern und weniger belastende Therapien bei früher erkanntem Krebs für den Patienten einzusetzen. Bei einigen Krebserkrankungen gibt es gutartige Vorstufen (z.B. Gebärmutterhalskrebs, Darmkrebs), die durch gezielte Früherkennung festgestellt und behandelt werden können und dadurch die Entstehung von Krebs verhindert werden kann. Exemplarisch dafür ist die Karzinom-Adenom-Sequenz beim Darmkrebs. Diese dient als mehrstufiges Modell zur Tumorentstehung aus gutartigen Vorstufen (Abb. 3).

Darmkrebs entwickelt sich in den meisten Fällen in einem mehrstufigen Prozess aus gutartigen Vorstufen, den epithelialen Dysplasien. Auf dem Boden dieser entdifferenzierten Zellen entwickeln sich im Laufe der Jahre gutartige Tumoren (Adenome, in Form von tubulären oder villösen Polypen) und schließlich invasive Karzinome. Man vermutet eine Kombination von exogenen und endogenen Ursachen und Risikofaktoren, die zu dieser Sequenz führen. Zu den exogenen Noxen zählt eine fettreiche und ballaststoffarme Ernährung, zu den endogenen Noxen zählen genetische Veränderungen mit dem Verlust von Tumorsupressorgenen (das häufigste betroffene Gen ist beim Darmkrebs das APC-Tumorsupressorgen) oder die Aktivierung von Onkogenen (z.B. das K-RAS-Onkogen), welche das vulnerable Epithel der Dickdarmschleimhaut empfindlicher für die schädigenden exogenen Noxen machen [7]. Die Entwicklung von Karzinomen aus Adenomen der Dickdarmschleimhaut im Rahmen der Adenom-Karzinom- Sequenz dauert in der Regel sehr lange (>10 Jahre) (Abb. 3). Daher kann durch den langen zeitlichen Verlauf die Früherkennung der noch gutartigen Vorstufen (Polypen) im Darm und die Entfernung der Adenome die weitere Entwicklung zum Darmkrebs verhindern.

Früherkennungsmaßnahmen sind nur bei häufigen Krebserkrankungen mit einer hohen Sterblichkeit sinnvoll. Voraussetzungen dafür sind, dass im Falle eines positiven Ergebnisses eine effektive Behandlung möglich ist, keine Nachteile und Risiken durch die Früherkennungsmaßnahme für den Patienten entstehen, der Test sicher und einfach durchzuführen ist (die Akzeptanz durch die Patienten ist sonst gering) und natürlich, dass eine effektive Früherkennungsmaßnahme etabliert ist. Das heißt, dass durch eine frühe Diagnose auch eine bessere Heilungschance besteht. Als Nachteile der Früherkennungsmaßnahmen können Tumoren entdeckt werden, die im Folgenden keine Konsequenzen für den Patienten gehabt hätten (z.B. kleine Prostatakarzinome bei älteren Männern), da sie klinisch nie zu Symptomen führen. Zusätzlich sind viele Untersuchungen notwendig, damit wenige Patienten profitieren und durch zum Teil falsch positive Befunde (z.B. bei der Mammografie) kann es zu einer gewissen Verunsicherung des Patienten kommen.

Unumstritten sinnvoll ist die Früherkennung bei Darmkrebs und Gebärmutterhalskrebs; bei Prostatakrebs ist die Wahl der besten Früherkennungsmethode Gegenstand der Diskussion. Beim Brustkrebs wird der Nutzen (frühere Diagnose von Brustkrebs) des Mammografie-Screenings überwiegend positiv und nützlich bewertet [8]. Zum Teil wird das Risiko (Strahlenbelastung) durch die Mammografie bei Patientinnen mit niedrigem Risiko kontrovers diskutiert, wobei ganz klar seit Einführung des Mammografie- Screenings die Zahl der in einem frühen Stadium diagnostizierten Mammakarzinome – mit dadurch besserer Prognose – deutlich gestiegen ist. Eine gute Aufklärung des Patienten ist daher vor jeder Früherkennungsmaßnahme unumgänglich. In Deutschland nimmt nur jede zweite Frau über 30 Jahre und jeder fünfte Mann die gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch. Diese Zahlen müssen in Deutschland in den kommenden Jahren – durch gezielte Aufklärung, Maßnahmen und Strategien durch Ärzte, Krankenkassen, Gesundheitsberater und die Öffentlichkeit – verbessert werden.

Tabelle 1: Gesetzliches Früherkennungsprogramm.
Tabelle 1: Gesetzliches Früherkennungsprogramm.

In Deutschland sind für folgende Krebserkrankungen gesetzliche Vorsorgeuntersuchungen vorgesehen, d.h., die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen (Tab. 1):

  • Gebärmutterhalskrebs
  • Darmkrebs
  • Brustkrebs
  • Hautkrebs
  • Prostatakrebs

Die häufigsten Tumorerkrankungen

Abb. 4: Prozentualer Anteil der häufigsten Krebsneuerkrankungen in Deutschland 2012 ( RKI, Krebs in Deutschland 2015).
Abb. 4: Prozentualer Anteil der häufigsten Krebsneuerkrankungen in Deutschland 2012 ( RKI, Krebs in Deutschland 2015).

Die vier in Deutschland am häufigsten vorkommenden Tumorarten sind Prostata-, Lungen-, Darm- und Brustkrebs; beim Mann in absteigender Häufigkeit Prostata-, Lungen-, Darmkrebs, bei der Frau Brust-, Darm- und Lungenkrebs (Abb. 4).

Darmkrebsfrüherkennung

In Deutschland erkranken jährlich ca. 61.000 Personen an Darmkrebs. Darmkrebs ist der dritthäufigste Tumor des Mannes und der zweithäufigste Tumor der Frau. Das Lebenszeitrisiko, an Darmkrebs zu erkranken, beträgt 0,6%. Das mittlere Erkrankungsalter ist 71 Jahre bei den Männern und liegt mit 75 Jahre bei den Frauen etwas höher.

Die Inzidenz, d.h. die Zahl der Neuerkrankungen, hat jüngst in Deutschland leicht abgenommen, ebenso hat die Sterblichkeit für Darmkrebs in den vergangenen 10 Jahren deutlich abgenommen [2]. Das liegt zum einen an der Einführung von Früherkennungsmaßnahmen (Darmkrebs-Screening) und zum anderen an einer Verbesserung der Therapie. Die Prognose ist stadienabhängig; sie wird deutlich schlechter, sobald der Tumor in die Lymphknoten gestreut hat, und verschlechtert sich weiter, wenn Metastasen in den Organen (Fernmetastasen) vorliegen. Die Fünf- Jahres-Überlebensrate beträgt für lokalisierte Stadien (UICC I) bei 90%, bei Vorliegen von Lymphknotenmetastasen (UICC III) bei 50% und bei Vorliegen von Fernmetastasen (UICC IV) bei 10%.

Als Risikofaktoren für Darmkrebs gelten:

  • genetische Krankheitsbilder, am häufigsten kommen das sogenannte hereditäre (= vererbte) kolorektale Karzinom oder auch HNPCC bzw. Lynch-Syndrom sowie die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) vor
  • eine familiäre Belastung (Erkrankung von einem oder mehreren Verwandten ersten Grades < 50 Jahre)
  • das Vorliegen von Polypen (Adenom-Karzinom-Sequenz)
  • chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn)
  • Die Lebenstilfaktoren Rauchen, eine Ernährung mit hohem Alkoholkonsum, ballaststoffarme und fettreiche Ernährung mit einem hohen Anteil an rotem Fleisch und verarbeiteten Wurstwaren sowie Verzehr von wenig Gemüse wirken sich ebenso wie Bewegungsmangel und Übergewicht als Risikofaktoren aus.

Der lange zeitliche Verlauf vom Auftreten von Polypen bis zur Entwicklung eines Karzinoms bietet eine sehr gute Möglichkeit zur Vorsorge und Früherkennung. Die Früherkennungsmaßnahmen sollten für die asymptomatische Bevölkerung ohne familiäre Risiskofaktoren ab dem 50. Lebensjahr beginnen. Die gesetzliche Darmkrebsvorsorge wurde 2002 in Deutschland eingeführt und sieht folgende Maßnahmen vor:

Ab dem 50. Lebensjahr jährlich eine digitale rektale Untersuchung sowie jährlich zwischen dem 50. und 54. Lebensjahr ein Test auf okkultes (= verstecktes) Blut im Stuhl.

Ab dem 55. Lebensjahr eine Darmspiegelung mit Wiederhohlung nach 10 Jahren bei unauffälligem Befund. Bei Auffälligkeiten je nach Befund früher (z.B. wenn Polypen gefunden wurden) (Tab. 1). Alternativ kann bei Patienten, die mit 55 Jahren eine Koloskopie ablehnen, alle zwei Jahre ein Test auf okkultes Blut erfolgen. Allerdings können nur mittels Koloskopie Polypen entdeckt und damit eine gute Prävention erreicht werden. Für beide Früherkennungsmaßnahmen, Test auf okkultes Blut und Koloskopie, konnte seit Einführung in die Darmkrebsvorsorge eine Senkung der krebsspezifischen Sterblichkeit (= Mortalität) gezeigt werden [9,10].

Brustkrebsfrüherkennung

In Deutschland erkranken rund 75.000 Frauen pro Jahr an Brustkrebs. Brustkrebs ist mit 31% aller Krebserkrankungen die häufigste Tumorerkrankung der Frau. Das Lebenszeitrisiko, an Brustkrebs zu erkranken, beträgt für 2008 geborene Mädchen in Deutschland 9%, das mittlere Erkrankungsalter beim Brustkrebs beträgt 64 Jahre [2]. Die Inzidenz ist in Deutschland kontinuierlich ansteigend; insbesondere seit 2009, nach Einführung des flächendeckenden Mammografie-Screenings, zeigte sich ein sprunghafter Anstieg der Neuerkrankungen. Heilungsraten und Überlebenszeiten haben sich jüngst durch Fortschritte in der Therapie sowie durch das Brustkrebsscreening (Tumoren werden in einem früheren Stadium entdeckt) deutlich verbessert. Das Fünf-Jahres-Überleben liegt in Deutschland aktuell bei 79%, bei Patientinnen mit einem lokal begrenzten Stadium deutlich höher.

Als Risikofaktoren zählen beim Brustkrebs:

  • genetische Faktoren, die bekannteste Mutation ist die BRCA- 1- und -2-Mutation
  • eine familläre Belastung (vermehrtes Auftreten von Brustkrebs oder Eierstockkrebs auf einer Seite der Familie)
  • hormonelle Einflüsse (frühe Menarche, späte Menopause, späte oder keine Schwangerschaft, Hormonersatztherapie und Adiositas)
  • toxische Faktoren (Strahlenexposition der Brust)
  • Lebensstilfaktoren: hoher Alkoholkonsum und Rauchen

Das Brustkrebsscreening kann die Krebserkrankung nicht verhindern, allerdings kann damit die Krebserkrankung in einem früheren Stadium entdeckt und behandelt werden. Aktuell ist eine Brustkrebsfrüherkennung für drei Zielgruppen vorgesehen:

Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren: Diese Altersgruppe hat im Vergleich zu jüngeren Frauen eine deutlich höhere Neuerkrankungsrate und ist daher die Zielgruppe für das klassische deutsche Mammografie-Screening-Programm (Brustkrebsfrüherkennung) mittels Mammografie alle 2 Jahre (Tab. 1).

Erblicher Brustkrebs: Frauen, die eine pathogene Keimbahnmutation haben oder eine familiäre Belastung, haben im Vergleich zur Normalbevölkerung ein drastisch erhöhtes Lebenszeitrisiko, an Brustkrebs zu erkranken (für BRCA-1- und BRCA-2-Mutationsträger 60–85%). Die Erkrankung tritt im Vergleich zur Normalbevölkerung auch deutlich früher, in einem jüngeren Alter (medianes Erkrankungsalter 44 und 47 Jahre), auf [8]. Für diese Frauen wird ein intensiviertes Früherkennungsprogramm angeboten, welches nach Risiko in einem jüngeren Lebensalter (ab 25–30 Jahre) beginnt, kürzere Untersuchungsintervalle und andere Methoden (zusätzlich Mammasonografie und MRT = Magnetresonanztomografie) beinhaltet [8].

Nach Bestrahlung der Brust im Kindes- oder Jugendalter:

Das Brustkrebsrisiko nach Bestrahlung (Latenzzeit ca. 30 Jahre nach Ende der Strahlentherapie) der Brust im Kindes- oder Jugendalter ist deutlich erhöht und im Alter zwischen 24 und 45 Jahren ca. 24-mal so hoch wie in der altersentsprechenden Normalbevölkerung [11]. Durch Verbesserungen in der Bestrahlungstechnik mit niedrigeren Strahlendosen und kleineren Bestrahlungsvolumina sowie durch die Verbesserung der Chemotherapieprotokolle mit besseren Ansprechraten, sodass auf eine Radiatio verzichtet werden kann [12,13], ist in Zukunft damit zu rechnen, dass diese Risikogruppe abnehmen wird.

Seit Einführung des Brustkrebsscreenings werden seltener weit fortgeschrittene Tumoren mit ungünstiger Prognose diagnostiziert. Für die Mammografie bei asymptomatischen Frauen konnte eine Senkung der krebsspezifischen Sterblichkeit (= Mortalität) um 19 bis 23% gezeigt werden [14].

Prostatakarzinom-Früherkennung

In Deutschland erkanken ca. 65.000 Männer pro Jahr an Prostatakrebs. Damit ist Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung des Mannes und macht 26% aller Neuerkrankungen aus. Die Inzidenz steigt seit drei Jahrzehnten kontinuierlich an [2]. Dies liegt vor allem an dem Einsatz neuer Methoden zur Früherkennung (z.B. PSA-Screening). Dadurch werden die Karzinome früher entdeckt. Durch die steigende Lebenserwartung und damit zunehmende Alterung der Bevölkerung wird die Anzahl der Neuerkrankungen in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 70 Jahren; das Lebenszeitrisiko, an Prostatakrebs zu erkranken, beträgt 13%, daran zu sterben aber nur 3%. Diese Diskrepanz kommt durch die besondere Tumorbiologie des Prostatakarzinomes zustande. Die überwiegende Anzahl der Prostatakarzinome bleibt zeitlebens indolent, d.h., der Tumor metastasiert nicht, der Patient hat keine Symptome und verstirbt nicht an der Erkrankung. Nur der kleinere Teil der Prostatakarzinome verhält sich bereits bei Diagnose oder im Verlauf aggressiver. Das heißt, 5 von 6 Männern mit einem diagnostizierten Prostatakarzinom sterben nicht am Krebs, sondern an einer anderen Ursache. Das Fünf-Jahres-Überleben beim Prostatakarzinom ist daher mit 93% sehr hoch.

Risikofaktoren

Für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms sind nur wenige gesicherte Risikofaktoren bekannt [15], die wichtigsten sind:

  • höheres Lebensalter
  • der ethnische Hintergrund (z.B. erkranken Afroamerikaner häufiger, Asiatien dagegen selten)
  • eine positive Familienanamnese
  • seltene vererbte Syndrome (BRCA-Mutationen) und
  • eine chronische Prostatitis.

Lebensstilfaktoren spielen nach dem bisherigen Erkenntnisstand bei der Entwicklung eines Prostatakarzinoms keine Rolle [16,17].

Früherkennung

Grundsätzlich eignet sich das Prostatakarzinom durch den langen zeitlichen Verlauf vom Auftreten erster histologischer Veränderungen bzw. einer PSA-Erhöhung bis zum Auftreten erster klinischer Symptome für die Früherkennung.

Digitale rektale Untersuchung (DRU)

Die digitale rektale Untersuchung gehört für Männer ab 45 Jahren zu den gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen, welche von den Krankenkassen bezahlt werden (Tab. 1). Die Spezifität (richtig negativ) dieser Untersuchung ist hoch, allerdings ist die Sensitivität (richtig positiv) gering [18]. Ob diese Vorsorgemaßnahme einen Einfluss auf das krebsspezifische Überleben zeigt, ist durch Studien nicht belegt.

PSA-Screening

Das PSA (prostataspezifisches Antigen) ist ein Enzym, welches in den Epithelien der Prostatadrüse gebildet wird und beim Prostatakarzinom erhöht ist. Geringe Erhöhungen können auch bei gutartigen Erkrankungen der Prostata (benigne Prostatahyperplasie, Prostatitis) auftreten.

Das populationsbezogene PSA-Screening, d.h. ein regelmäßiger PSA-Test aller Männer ab einem bestimmten Lebensalter, ist umstritten. Durch die PSA-Testung lässt sich, belegt durch Studien, eine signifikante Senkung der krebsspezifischen Mortalität (relative Senkung der Mortalität um 27%) wie auch der Metastasierung erreichen [19]. Allerdings werden durch das populationsbasierte Screening viele Prostatakarzinome in einem frühen Stadium diagnostiziert und therapiert, die möglicherweise im Verlauf nie symptomatisch geworden wären – mit den daraus resultierenden Nebenwirkungen und dem Verlust von Lebensqualität.

Daher wird aktuell in Studien überprüft, ob eine altersadaptierte Früherkennung (Basis-PSA-Wert im Alter von 45 bis 50 Jahren) Risikogruppen anhand der Höhe des PSA-Wertes identifizieren kann, die ein höheres Risiko für die Entwicklung eines klinisch signifikanten Prostatakarzinoms haben.

Zusammenfassung

30% aller Krebserkrankungen können durch Präventionsmaßnahmen verhindert werden. Für viele Krebsarten (nicht für alle) lässt sich durch Meiden der Risikofaktoren das Erkrankungsrisiko senken. Bei einigen Krebsarten kann durch Früherkennungsmaßnahmen der Krebs oder eine Krebsvorstufe in einem frühen Stadium erkannt und dadurch besser behandelt werden. Gesetzliche Vorsorgeuntersuchungen gibt es in Deutschland für Haut-, Brust-, Darm-, Gebärmutterhals- und Prostatakrebs.

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