Der aktuelle Stand der Röntgendiagnostik in der Zahnmedizin – Teil 3

Fortsetzung
Computertomographie
Das Standardverfahren ist die Computertomographie (CT). Der erste Computertomograph wurde 1967 von Sir Godfrey Hounsfield entwickelt und 1972 als Kopf-Scanner EMI Mark I kommerziell vermarktet. Hounsfield erhielt 1979 zusammen mit Allan McLeod Cormack dafür den Nobelpreis für Medizin7. Das Prinzip der Computertomographie ist die Kombination vieler Röntgenbilder aus verschiedenen Richtungen, aus denen die Volumenstruktur in Schichten rekonstruiert wird. Der Röntgenstrahler und der Detektor umfahren den Patienten auf einer Kreisbahn. Aus der Vielzahl der Detektorsignale wird das CT-Bild berechnet8. Der Computer legt die Schichten anschließend übereinander und konstruiert einen dreidimensionalen Datensatz, aus dem weitere Rekonstruktionen wie koronale Schichtung, Panoramaschichtung und paraxiale Schichtung generiert werden können. Die Technologie machte mehrere größere Entwicklungsschritte durch, was durch die verschiedenen Generationen der Geräte beschrieben wird. Bedeutende Schritte waren vor allem die Mehrzeilen-Technologie und das Spiral-CT. Beim Spiral-CT bewegt sich die Untersuchungsliege kontinuierlich während der Detektion, wodurch ein spiralförmiger Datensatz beschrieben wird. Dieser wird danach mathematisch in klassische Schichtbilder umgerechnet. Bei der Mehrzeilentechnik sind bis zu 64 Detektorreihen parallel angeordnet und registrieren parallel Schichten (Multidetektor- CT). Die Technologie führt zu einer kürzeren Aufnahmezeit, einer besseren räumlichen Auflösung und zu dünneren Schichten10. Die CT bietet eine hohe räumliche Auflösung und hohen Kontrast. Je nach Absorptionsgrad werden verschiedene Grauwerte detektiert, die in der Praxis aufgrund der Farbtiefe von 12 bit mit etwa 4.000 Werten begrenzt sind. Zur Darstellung für das menschliche Auge erfolgt eine Fensterung (Lungen-, Knochen-, Wirbel-, CCT-Hirn-, CCT-Basis-, Weichteil- bzw. Abdomen-Fenster). Quantifiziert werden die Grauwerte anhand von Hounsfieldeinheiten (HE oder HU). Luft hat auf dieser Skala einen Absorptionswert von ?1.000, Wasser von 0 und Metall (zum Beispiel Implantate) von über 1.000. Spongiöses Knochengewebe liegt bei etwa 400 bis 800 Hounsfield-Einheiten, kompaktes Knochengewebe weit über 1.000 HU. Die Indikationen für die Computertomographie liegen in der Diagnostik von infektiösen Prozessen, Osteolysen, Zysten, retinierten oder verlagerten Zähnen, Tumoren, Traumafällen, Deformitäten, sowie Kieferhöhle bzw. Nasennebenhöhlen. Je nach Indikation sollte die Schichtung angepasst werden (Abb. 15). So dient die Darstellung in koronalen Schnitten vor allem der Diagnostik der Kieferhöhlen und der anderen Nasennebenhöhlen. Das Dental-CT wiederum, wurde eigens für Anwendung in der Implantologie entwickelt. Zuerst erfolgt die Generierung von Panoramaschichten, spiwofür der Kieferverlauf eingezeichnet werden muss. Im Unterkiefer verläuft dieser entsprechend dem Verlauf des N. alveolaris inf., im Oberkiefer sollte er durch die Wurzeln der Oberkieferzähne gelegt sein. Danach werden paraxiale Schnitte senkrecht zu den Panoramaschichten, parallel zu den Radices der Zähne bzw. in der Achse der späteren Implantate gelegt. Diese Kieferkammquerschnitte, die im Prinzip in der Darstellung einer transversalen Schichtaufnahme ähneln, sind ideal zur Beurteilung des Knochenlagers für ein späteres Implantat, eignen sich
aber zum Beispiel auch sehr gut zur Lagebeurteilung des N. alveolaris inf. zum unteren Weisheitszahn oder zur Beurteilung von Beherdungen. In der Planung wird die CT eingesetzt, um komplexe operative Eingriffe möglichst minimalinvasiv zu gestalten. Anatomisch sensible Strukturen können dargestellt und das Implantatlager mit vollständiger überlagerungsfreier Darstellung aller knöchernen Strukturen in allen drei Raumebenen beurteilt werden. Die Darstellung ist überlagerungs-, verzerrungs- und vergrößerungsfrei, wodurch eine 1:1-Messung möglich ist. Die Bilddaten können als DICOM-Datensatz exportiert, und in digitalen Planungsprogrammen zum Beispiel zur Implantatplanung weiterverwendet werden (Abb. 16). Neben all ihren Vorteilen gibt es auch limitierende Faktoren. Die CT ist nicht immer verfügbar, vor allem außerhalb von Ballungszentren müssen Patienten häufi g erhebliche logistische Schwierigkeiten, die weite Wege und beträchtlichen Zeitaufwand beinhalten, auf sich nehmen. Weiter sind auch die hohen Kosten, die mit dem Verfahren verbunden sind, und nicht zuletzt die hohe Strahlenbelastung nicht außer Acht zu lassen.Digitale Volumentomographie
Als Alternative zur CT bietet sich die digitale Volumentomographie (DVT) an. Die DVT oder CBCT (cone beam computed tomography) kann die Computertomographie im zahnärztlichen Indikationsspektrum großteils ersetzen11, und schafft es dabei, einige der Nachteile zu mildern. Der erste DVT-Scanner wurde 1982 in der Mayo Clinic aufgrund der Schnelligkeit der Bilderfassung für die Angiographie entwickelt. Seit etwa 10 Jahren fi ndet die Technologie Einzug in die Kopf-Hals-Diagnostik, was vor allem durch die Entwicklung der Flachbilddetektoren und die Verbreitung leistungsstarker Rechner begünstigt wurde12. Ein kegelförmiges Strahlenbündel (cone beam) umfährt den Kopf des Patienten und erfasst die gesamte „region of interest“ in einem Umlauf. Dabei wird eine Serie von Bildern, die seitlichen Schädelaufnahmen entsprechen, erzeugt, von einem digitalen Sensor registriert und anschließend in einen 3D-Datensatz umgerechnet. Das Verfahren zeichnet sich durch hohe Effektivität aus. Es braucht wenig elektrische Energie, hat eine geringe Hitzeentwicklung und braucht daher kein Kühlsystem. Der Patient wird je nach Gerät stehend, sitzend oder liegend positioniert, wobei der Patiententisch im Gegensatz zum CT-Gerät nicht beweglich ist13. Bei der Sensortechnik unterscheidet man zwischen Bildverstärker-Sensoren oder Flachbilddetektoren. Geräte, die auf der Bildverstärker-Technologie beruhen, können auch größere Volumina abbilden, haben jedoch den Nachteil, dass geometrische Verzerrungen, die durch die Technik der Detektion entstehen, rechnerisch reduziert werden müssen und Artefakte im Randbereich des abgebildeten Volumens entstehen können14. Geräte mit Flachbilddetektoren können nur Volumina abbilden, deren Größe die Größe des Sensors nicht übersteigt. Zur Beurteilung der Bilddaten stehen eigene Softwareprogramme zur Verfügung, in denen Schnittbilder in allen Ebenen, inklusive Panoramaschicht, paraxialer Schichtung und 3D-Rekonstruktion, individuell angezeigt werden können. Für die zahnärztliche Praxis sind besonders All-in-one-Geräte interessant, die ebenfalls Panoramaröntgenaufnahmen anfertigen können, wozu meist nur ein Wechsel des Sensors notwendig ist (z. B.: Planmeca Promax 3D®, E-Woo Picasso trio®, Morita Veraviewpocs 3D®, Sirona Galileos®, Soredex Scanora 3D®). Die Indikationen für die DVT entsprechen im zahnärztlichen Bereich großteils den Indikationen für die
Computertomographie. Dazu zählen die Untersuchung der Knochen des Gesichtschädels in Hinsicht auf Infektionen, Zysten, Tumoren, Trauma, sowie angeborene oder erworbene Deformitäten. Eine sehr häufi ge Indikation ist die quantitative und qualitative Beurteilung des Implantatlagers, die z. B. an der Grazer Zahnklinik beinahe die Hälfte der Zuweisungen ausmacht. Weiter wird die DVT bei der Lokalisierung bzw. Identifi zierung von anatomischen Strukturen wie dem Canalis alveolaris inf. und den Kieferhöhlen vor chirurgischen Eingriffen eingesetzt. Auch Pathologien in der Kieferhöhle können abgebildet werden (Abb. 17). Die Darstellung der knöchernen Anteile des Kiefergelenks ist möglich, zur Beurteilung des Discus articularis sollte die Magnetresonanztomographie eingesetzt werden. Beschrieben ist auch die Anwendung zur Atemwegsanalyse15. Die Bilddaten können ebenso wie beim CT im DICOMFormat exportiert und weiterverwendet werden. Das Verfahren bieten jedoch Vorteile gegenüber der CT. So eröffnet die DVT die Möglichkeit der Anwendung der 3D-Röntgendiagnostik in der Praxis, ohne den Patienten an ein spezialisiertes CT-Institut überweisen zu müssen. Dies führt zu einem vereinfachten Praxismanagement, zu der Erweiterung des diagnostischen Spektrums in der Praxis und zur Verbesserung des Patientenkomforts. Die Bedienung ist einfach, ähnlich der Bedienung eines Panoramagerätes, und erfordert kaum zusätzliche technische Kenntnisse. Die Qualität der knöchernen Darstellung entspricht dem CT, einige Autoren sehen es sogar dem CT überlegen16, die Strahlenbelastung für den Patienten ist geringer. Daher ist es zum Betrieb in der zahnärztlichen Praxis zugelassen, ohne dass zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen getroffen werden müssen. Eine genaue Abschätzung der tatsächlichen Strahlenbelastung ist schwierig, weil sich die Testbedingungen und technischen Parameter der Geräte stark voneinander unterscheiden. Sicher ist, dass die Strahlendosis von der Bauart des Gerätes, von technischen Parametern (u. a. Röhrenspannung, -stromstärke) und in erster Linie vom gewählten Field of view (FOV) abhängt. Ludlow et al. beschreiben in ihrer Arbeit ein Verhältnis zwischen OPG:DVT:CT von 1:10:10017, 2008 beziffert Ludlow die effektive Strahlendosis beim DVT 1,5- bis 12,3-fach geringer als beim CT18. In anderen Publikationen werden Werte von ca. der Hälfte bis zu einem Fünftel und weniger der effektiven Strahlendosis des Computertomogramms angeführt19-22. Limitiert ist der Einsatz der DVT durch Artefakte rund um metallische Restaurationen, wie metallische Stiftaufbauten und Implantate, und durch Bildrauschen, vor allem wenn ein kleines „Field of View“ gewählt wird (Abb. 18). Die Bildgebung im Bereich der Zahnhartsubstanz ist dem konventionellen Kleinbildröntgen eher unterlegen, eine Weichteildiagnostik ist nicht möglich. In diesen Fällen sind oft konventionelle zweidimensionale Aufnahmen, die Computertomographie oder auch die Magnetresonanztomographie die bessere Wahl hinsichtlich dem Qualität der Abbildung und folglich diagnostischem und therapeutischen Wertes bzw. hinsichtlich der Strahlenhygiene.Fazit
Letztendlich zeigt sich, dass es Faktoren gibt, die entscheidend für die Erreichung und Aufrechterhaltung eines qualitativen standardisierten Vorgehens beim Röntgen sind. Es sind dies ein strukturierter, logischer Untersuchungsaufbau inklusive vorher stattfindender vollständiger klinischer Diagnostik, die klare Indikationsstellung für die jeweilige Methode, die Instruktion des Patienten, die sorgfältige Aufnahme, die anschließende standardisierte Interpretation und schlussendlich die gewissenhafte Dokumentation und Archivierung der Bilddaten bzw. Befunde. Die Standardisierung des Vorgehens und regelmäßige Kontrollen helfen, die Qualität der Bilder vor allem hinsichtlich ihres diagnostischen und therapeutischen Werts hoch zu halten und den sinnvollen Einsatz der verschiedenen Technologien zu gewährleisten.