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Ästhetik

Fallbeispiele zum ästhetischen Indikationsspektrum von Tetric Prime im Frontzahnbereich

Gute Allround-Komposite für den Front- und Seitenzahnbereich mit Schwerpunkt auf hochästhetische Frontzahnrestaurationen gibt es sehr viele. Deren breites Indikationsspektrum und ihre Bewährung konnten bereits mehrfach, u.a. auch hier in der ZMK, vorgestellt werden. Jüngstes Produkt im Bereich der Universalkomposite ist Tetric Prime – entstanden als konsequente Weiterentwicklung des bewährten Tetric EvoCeram. Der folgende Beitrag will anhand diverser Indikationsbeispiele aus dem ästhetischen Frontzahnbereich das ästhetische Potenzial des neuen Materials illustrieren.

Opaker Dentinkern aus der Dentinfarbe Tetric Prime A2 Dentin. Prof. Dr. Ernst
Opaker Dentinkern aus der Dentinfarbe Tetric Prime A2 Dentin.
Opaker Dentinkern aus der Dentinfarbe Tetric Prime A2 Dentin.

Dass sich direkte Frontzahnrestaurationen mit Komposit über die letzten Jahrzehnte als solide Basis hochästhetischer und funktioneller Restaurationen bewährt haben, steht ohne Zweifel. Entsprechende Publikationen belegen das Potenzial sowohl im Hinblick auf wissenschaftliche Betrachtungen anhand klinischer Studien [7,24] als auch im Hinblick auf klinische Anwendungsmöglichkeiten [13,19].

Aufgrund der ästhetischen Möglichkeiten können direkte Kompositversorgungen bei entsprechender Anwendungstechnik durchaus das ästhetische und funktionelle Potenzial von Veneer-Versorgungen aufweisen [1,5,25,26,28,32–34,37] – und das nicht erst seit gestern [27]. Die neueste Übersichtsarbeit zu dem Thema wurde Anfang dieses Jahres im Journal of Adhesive Dentistry veröffentlicht [2] und präsentiert mit über 200 Zitierungen nicht nur den aktuellen Überblick über die relevante Literatur, sondern auch hervorragende klinische Anwendungsergebnisse.

Dieser Beitrag soll über einfache Kariesdefekt-Versorgungen, über die Umgestaltung der Form einzelner Zähne bis hin zum Diastemaschluss mehrere Indikationsbeispiele für klassische Universalkomposite im Frontzahnbereich verdeutlichen. Gerade beim Diastemaschluss, bei dem keine weiteren Änderungen an dem betreffenden Zahn wie optische Derotationen, Zahnverlängerungen oder die Neuversorgung multipler labialer Defekte vorzunehmen sind, kann mit der direkten Kompositversorgung die ideale Symbiose aus Ästhetik, Funktion und Substanzschonung erzielt werden [5,12,14,16,17,22,28,33].

Fall 1: Approximal-zervikaler Defekt

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Abb. 1: Nach mesial extendierte Zervikalläsion als Folge einer insuffizienten Klasse-V-Füllung mit nach mesial reichender Sekundärkaries. Prof. Dr. Ernst
Abb. 1: Nach mesial extendierte Zervikalläsion als Folge einer insuffizienten Klasse-V-Füllung mit nach mesial reichender Sekundärkaries.

Eine klassische Behandlungsindikation für ein ästhetisches Universalkomposit zeigt der 1. Fall; eine nach mesial extendierte Zervikalläsion als Folge einer insuffizienten Klasse-V-Füllung mit nach mesial reichender Sekundärkaries bei einem 62-jährigem Patienten. In Abbildung 1 ist die klinische Ausgangssituation nach Entfernung der alten Füllung und der Kariesexkavation zu sehen.

Abb. 2: Verschalung und gleichzeitig Isolierung des Defektes mit einer Unica anterior Matrize. Prof. Dr. Ernst
Abb. 2: Verschalung und gleichzeitig Isolierung des Defektes mit einer Unica anterior Matrize.

Die Verschalung und damit die Isolierung des Defektes erfolgte über die Unica anterior Matrize (Polydentia, Mezzovico-Vira, Schweiz), approximal adaptiert und abgedichtet über 2 Composi-Tight 3D Fusion Wedges (Garrison Dental Solutions, Spring Lake, Mi, USA, Abb. 2). Nach Konditionierung mit 37%iger Phosphorsäure (Total Etch, Ivoclar Vivadent, Schaan, Liechtenstein, Abb. 3) erfolgte die Applikation eines Universaladhäsivs (Adhese Universal, Ivoclar Vivadent, Abb. 4) [11] mit separater Polymerisation mit einem Hochleistungs-LED-Polymerisationsgerät für 20 Sek.

Abb. 3: Konditionierung mit 37%iger Phosphorsäure. Prof. Dr. Ernst
Abb. 3: Konditionierung mit 37%iger Phosphorsäure.
Abb. 4: Die mit einem Universaladhäsiv versiegelte Klebefläche. Prof. Dr. Ernst
Abb. 4: Die mit einem Universaladhäsiv versiegelte Klebefläche.

Gemäß Gebrauchsinformation des Herstellers reicht für Adhese Universal (wie für die meisten Universaladhäsive) eine Polymerisationszeit von 10 Sek. aus. Diese Vorgabe gilt aber immer nur für eine Polymerisation unter optimalen Bedingungen. Durch die Verschattung der Metallmatrize kann im vorliegenden Fall aber nicht von einer optimalen Lichtzuführungsmöglichkeit ausgegangen werden. Eine Verlängerung der Polymerisationszeit von 10 auf 20 Sek. selbst bei Hochleistungslichtpolymerisationsgeräten > 1000 mW/cm2 gibt mehr Sicherheit für eine suffiziente Polymerisation und liegt hinsichtlich einer potenziellen Wärmeschädigung der Pulpa auf keinen Fall in irgendeinem kritischen Bereich [20].

Abb. 5: Die fertig ausgearbeitete und polierte, nach mesial extendierte Klasse-V-Neuversorgung. Prof. Dr. Ernst
Abb. 5: Die fertig ausgearbeitete und polierte, nach mesial extendierte Klasse-V-Neuversorgung.

Als alleiniges Füllungsmaterial kam Tetric Prime (Ivoclar Vivadent) in der Farbe A2 – entsprechend den recht hellen, gebleichten Zähnen des 62-Jährigen – zur Anwendung. Die Abbildung 5 zeigt die fertig ausgearbeitete und polierte, nach mesial extendierte Klasse-V-Neuversorgung unmittelbar nach Ausarbeitung und Politur. Eine zusätzliche Dentinfarbe kam nicht zum Einsatz. Bei solchen „einfachen“ Behandlungsindikationen zeigt sich durchaus das Potenzial guter Universalisten, mit wenig Aufwand sicher ästhetisch befriedigende Ergebnisse erzielen.

Fall 2: Sekundärversorgung eines insuffizienten approximalen Lückenschlusses

Der 26-jährige Patient stellte sich mit dem Wunsch einer Neuversorgung seiner Kompositrestauration an Zahn 22 vor (Abb. 6). Sie sei bereits mehrfach repariert worden, und aus diesem Grund wünsche er jetzt eine Veneerversorgung. Der Patient wurde dahingehend aufgeklärt, dass zwar eine Veneerversorgung durchaus im Indikationsspektrum für derartige Lückenschlussversorgungen liege [3,4,6,8,21,23,31,35,38], dies aber eindeutig als Überversorgung zu werten wäre, da identische ästhetische Versorgungsergebnisse durchaus mit direkten Kompositanbauten erzielt werden könnten.

Abb. 6: Insuffiziente, ältere Zahnverbreiterung. Prof. Dr. Ernst
Abb. 6: Insuffiziente, ältere Zahnverbreiterung.

Der Patient zweifelte dennoch an dem Potenzial direkter Kompositversorgungen, da er bereits beim Vorbehandler häufig negative Erfahrungen damit gemacht hatte – meist hielten die Restaurationen nur wenige Wochen. Der Patient wurde nochmals darüber aufgeklärt, dass die Erfolgsprognose direkter Kompositversorgungen auf den Säulen Kontaminationskontrolle, Beherrschen der Adhäsivtechnik, Formgebung, Materialauswahl und suffizienter Lichtpolymerisation [20] sowie korrekter Ausarbeitung und Politur basiert, was in seinem Fall prognostisch gut erzielbar wäre [5,13,22,28–30,33].

Er willigte schließlich in die direkte Kompositversorgung ein, war aber erstaunt, dass ein Eigenanteil in Höhe von 150 Euro vereinbart werden sollte. Für die vorangegangenen Versorgungen des Zahnes habe er nie einen Eigenanteil entrichten müssen, alles sei über die Krankenkasse abgerechnet worden und die Behandlung habe auch nie länger als 5 bis 10 Min. gedauert. Es folgte dann die wirtschaftliche Aufklärung des Patienten: Um die geforderten Haltbarkeitsperspektiven erfüllen zu können, müssen sehr aufwendige Verfahrenstechniken umgesetzt werden.

Hauptgrund sei aber sein ästhetischer Anspruch an Form und Farbe; hier müssen Kompositmaterialien unterschiedlicher Farbe bzw. Opazität kombiniert werden, um das gewünschte ästhetische Ergebnis zu erzielen. Dieser ästhetische Mehraufwand, der deutlich über die Anforderungen gem. § 28 Abs. 2 Satz 2 SGB V hinausgeht, rechtfertigt die Mehrkostenvereinbarung für ästhetische Kompositversorgungen auch im Frontzahnbereich. Die Möglichkeit einer Mehrkostenvereinbarung war deswegen gegeben, da im vorliegenden Fall eine medizinische Indikation zur Behandlung aufgrund der Füllungsfraktur und der insuffizienten Parodontalsituation vorlag.

Die zu ersetzende Vorrestauration am Zahn 22 zeigte eine Fraktur des Aufbaus im inzisalen Bereich sowie einen insuffizienten Übergang approximal-zervikal: Hier war eine positive Stufe sicht- und tastbar. Oft ergeben sich derartige Stufen aus einer insuffizienten Formgebung der Restauration, die kein aus der Tiefe des Sulkus herausreichendes Emergenzprofil erlaubt (Abb. 6). Nach vollständiger Entfernung der Vorrestauration und der darunter überraschend zu Tage getretenen, nicht unerheblichen Sekundärkaries erfolgte die Verschalung des Defektes zur Formgebung mit einer vertikal inserierten und mit einem niedrigviskösen lichthärtenden Provisoriummaterial (Clip Flow, VOCO, Cuxhaven) fixierten Teilmatrize (Composi-Tight 4,6 mm Prämolaren Matrizenband, B-Serie, Garrison, Abb. 7).

Abb. 6: Insuffiziente, ältere Zahnverbreiterung. Prof. Dr. Ernst
Abb. 6: Insuffiziente, ältere Zahnverbreiterung.
Abb. 7: Verschalung des Defektes zur Formgebung mit einer vertikal inserierten und mit einem niedrigviskösen lichthärtenden Provisoriummaterial fixierten Teilmatrize. Prof. Dr. Ernst
Abb. 7: Verschalung des Defektes zur Formgebung mit einer vertikal inserierten und mit einem niedrigviskösen lichthärtenden Provisoriummaterial fixierten Teilmatrize.

Entgegen der ursprünglichen Verschalungstechnik nach Hugo und Klaiber [25,26,28,34] muss bei dieser Verschalungsvariante keine manuelle Ausbombierung der approximalen Konkavität der Matrize erfolgen, da die nur 0,035 mm dicke, nierenförmige Teilmatrize bereits die erforderliche konvexe Approximalform der späteren Restauration definiert. Dieses Verfahren ist vom Autor bereits mehrfach publiziert worden [9,10,13–18,] und stellt eine deutliche Vereinfachung der klassischen Verschalungstechnik dar, da ein unbeabsichtigtes Ablösen des unter Spannung stehenden Verschalungsstreifens von dem lichthärtenden Provisoriummaterial, welches zur Befestigung und Fixierung verwendet wird, vermieden wird.

Ein Zurechtschneiden der Teilmatrizenfolie in Höhe der Inzisalkante ist zu empfehlen, da ansonsten der Zugang von inzisal erschwert ist. Aufgrund der guten Mundhygiene des Patienten und des sehr geringen Entzündungsgrades der Gingiva war eine Versorgung unter relativer Trockenlegung möglich und eine Kofferdamisolierung nicht zwingend erforderlich [24].

Abb. 8: Niedrigvisköses Flow-Komposit in dem spitzen Winkel zwischen Matrize und Kavität. Prof. Dr. Ernst
Abb. 8: Niedrigvisköses Flow-Komposit in dem spitzen Winkel zwischen Matrize und Kavität.

Nach adhäsiver Vorbehandlung mit einem klassischen Etch&Rinse-Mehrflaschensystem und der Lichtpolymerisation des Adhäsivs erfolgte die Applikation eines niedrigviskösen Flow-Komposits, welches mit einer sehr feinen Kanüle (einer Malfarbe oder eines Fissurenversieglers) in den spitzen Winkel zwischen Matrize und Kavität eingespritzt und mit einer Explorersonde im zervikalen Randbereich ausgestrichen wurde. Nur so konnte dieser spitz auslaufende Zervikalbereich mit einem Restaurationsmaterial dicht adaptierend aufgefüllt werden (Abb. 8).

In manchen, eher unübersichtlichen Kavitätengeometrien kann es hilfreich sein, das Flow-Komposit zusammen mit dem 1. Inkrement pastösen Materials auszuhärten. Diese „Schneepflugtechnik“ erlaubt ein Einpressen des Flowable durch den Druck des adaptierten pastösen Kompositmaterials und verhindert somit Unterschüsse gut als auch Luftblaseneinschlüsse.

Voraussetzung ist allerdings der dichte Sitz der Matrize. Diese Technik wurde erstmals von Opdam et al. 2003 für Klasse-I-Kavitäten beschrieben [36], später von der Heidelberger Zahnerhaltungskunde für den Frontzahnbereich aufgegriffen und dort ebenso etabliert [39].

Abb. 9: Opaker Dentinkern aus der Dentinfarbe Tetric Prime A2 Dentin. Prof. Dr. Ernst
Abb. 9: Opaker Dentinkern aus der Dentinfarbe Tetric Prime A2 Dentin.

Aufgrund der sehr lebendigen Transluzenz in der Schneidekante war die Kombination aus einer ästhetischen Universalfarbe mit einer opakeren Dentinmasse als „Lichtblocker“ erforderlich, um ein Durchscheinen der dunklen Mundhöhle im Approximalbereich und somit einen Graueffekt der Restauration zu verhindern. Eine komplette Überschicht des Dentinkerns sowohl labial als auch palatinal ist nicht erforderlich, es würde lediglich unnötig die Arbeit erschweren. Aus diesem Grund wurde die zu der ausgewählten Farbe A2 passende Dentinfarbe Tetric Prime A2 Dentin (Ivcoclar Vivadent) im mittleren und im kompletten palatinalen Anteil der Kavität anmodelliert und polymerisiert (Hochleistungs-LED-Polymerisationsgerät > 1.000 mW/cm2, 20 Sek.) (Abb. 9).

Die Überschichtung erfolgte ausschließlich mit der Tetric Prime Universalfarbe A2 (Abb. 10). Hilfreich bei der Modellation und Adaptation war das klassische OptraScult-Modellierinstrument (Ivoclar Vivadent) mit dem kleineren, grünen Schaumstoff-Pet.

Abb. 10: Überschichtung mit der Tetric Prime Universalfarbe A2. Prof. Dr. Ernst
Abb. 10: Überschichtung mit der Tetric Prime Universalfarbe A2.

Die finale Ausarbeitung und Politur erfolgten mit Komposit-Hartmetall-Finierer (H48 LQ, Komet, Lemgo), flexiblen Scheiben (Soflex Pop-On XT 2381 M, F und SF, 3M, MN, USA) und speziellen Komposit-Polierern (Optra-Gloss, Ivoclar, Vivadent). Die Abbildung 11 zeigt die Restauration unmittelbar nach Ausarbeitung und Politur, die Abbildung 12 bei einer Nachkontrolle nach 1 Jahr.

Abb. 11: Restauration unmittelbar nach Ausarbeitung und Politur. Prof. Dr. Ernst
Abb. 11: Restauration unmittelbar nach Ausarbeitung und Politur.
Abb. 12: Sehr schönes, ästhetisches und funktionelles Gesamtergebnis bei der Nachkontrolle nach einem Jahr. Prof. Dr. Ernst
Abb. 12: Sehr schönes, ästhetisches und funktionelles Gesamtergebnis bei der Nachkontrolle nach einem Jahr.

Entgegen den ursprünglichen Befürchtungen des Patienten hält die durchgeführte direkte Kompositrestauration nun schon doppelt so lange wie alle Vorrestaurationen zusammen. Er äußerte sich hochzufrieden über das ästhetische und funktionell stimmige Endergebnis und auch im Nachgang sein Verständnis für die erforderliche Zuzahlung, die erst eine derart aufwendige Frontzahnrestauration möglich machte, da nur so die für das Endergebnis erforderliche Behandlungszeit wirtschaftlich zur Verfügung gestellt werden konnte.

Die Universalfarbe A2 zeigt in dem dünneren Schneidekantenareal sehr schön die natürliche Transluzenz der übrigen Schneidekante des Zahnes, die Dentinmasse unterstützt durch ihr Chroma die Farbwirkung aus der Tiefe. Eine komplexere 3-Schicht-Technik war hier nicht erforderlich, da kaum bessere Ergebnisse zu erwarten gewesen wären.

Fall 3: Umformung seitlicher Schneidezähne

Abb. 13: Spitzer und dunkler Zapfenzahn 12 und eher schmaler Zahn 22 mit scharf nach distal abfallender Frakturkante. Prof. Dr. Ernst
Abb. 13: Spitzer und dunkler Zapfenzahn 12 und eher schmaler Zahn 22 mit scharf nach distal abfallender Frakturkante.

In dem nächsten Fall einer 26-jährigen Patientin dominierte optisch mit dem Zahn 12 ein recht spitzer, dunkler (aber vitaler) Zapfenzahn (Abb. 13 und 14) und mit dem Zahn 22 ein eher schmaler Zahn mit scharf nach distal hin abfallender Frakturkante (Abb. 15). Da beide seitlichen Schneidezähne nahezu korrekt im Approximalkontakt standen, blieb als einzige konservative Möglichkeit zur optischen Verbesserung die Verbreiterung im inzisalen Bereich sowie eine diskrete Verlängerung inzisal an Zahn 12.

Abb. 14: Detailansicht des Zapfenzahnes 12. Prof. Dr. Ernst
Abb. 14: Detailansicht des Zapfenzahnes 12.
Abb. 15: Detailansicht des Zahnes 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 15: Detailansicht des Zahnes 22.

Abb. 16: Verschalung des Zahnes 12. Prof. Dr. Ernst
Abb. 16: Verschalung des Zahnes 12.

Das operative Vorgehen war im Prinzip identisch mit dem aus dem vorhergehenden Fall. Nach Verschalung mit den vertikal inserierten Teilmatrizenfolien (Composi-Tight 4,6 mm Prämolaren Matrizenband, B-Serie, Garrison) und deren approximaler Fixierung mit dem niedrigviskösen, lichthärtenden, viskoelastischen Provisoriummaterial (Clip Flow, VOCO, Abb. 16) erfolgte die Phosphorsäurekonditionierung (Total Etch, Ivoclar Vivadent), deren Ätzmuster in Abbildung 17 optisch gut zu erkennen ist. Im Gegensatz zu Fall 2 wurde im vorliegenden Fall lediglich das letzte Fläschchen des klassischen Mehrflaschenadhäsivs verwendet, da im Gegensatz zu den vorangegangenen beiden Fällen ausschließlich Schmelzklebeflächen vorhanden waren (Abb. 18).

Abb. 17: Ätzmuster nach Konditionierung des Zahnes 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 17: Ätzmuster nach Konditionierung des Zahnes 22.
Abb. 18: Mit einem Schmelzadhäsiv versiegelte Klebefläche des Zahnes 12. Prof. Dr. Ernst
Abb. 18: Mit einem Schmelzadhäsiv versiegelte Klebefläche des Zahnes 12.

Nach approximal-zervikaler Flow-Insertion wurden beide Zähnen mit der Tetric Prime Dentin-Farbe A2 (Ivoclar Vivadent, Abb. 19) aufgebaut. Bei Zahn 22 erfolgte die Überschichtung mit Tetric Prime A2 (Abb. 20), bei Zahn 12 mit Tetric Prime A3. Dies geschah, um eine etwas gleichmäßigere Helligkeitsverteilung von dem recht hellen Zahn 11 über den etwas dunkleren Zahn 12 bis hin zum eher gelblich dominierten Zahn 13 zu erzielen.

Abb. 19: Dentinkernaufbau an Zahn 12 mit A2 Dentin. Prof. Dr. Ernst
Abb. 19: Dentinkernaufbau an Zahn 12 mit A2 Dentin.
Abb. 20: Überschichtung mit Universalfarbe A2 an Zahn 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 20: Überschichtung mit Universalfarbe A2 an Zahn 22.

Eine Alternative wäre gewesen, den Dentinkern in A3 Dentin zu erstellen und mit A2 zu überschichten. Die hier verwendete umgekehrte Kombination versprach allerdings eher, das angestrebte Ziel der gewünschten Helligkeitsgraduierung zu erreichen. Alternativ hätte man die Labialfläche des Zahnes 12 mit einer hellen Malfarbe optisch aufhellen können.

Das Endergebnis (Abb. 21 bis 24) entsprach exakt den Wünschen der Patientin, wobei aus Sicht des Autors der Zahn 12 durchaus durch das Einlegen aufhellender Malfarben ästhetisch hätte gewinnen können. So zeigt jeder Fall immer ein Verbesserungspotenzial für den nächsten Fall auf. Die individuelle Lernkurve endet nie.

Abb. 21: Detailansicht des aufgebauten Zahnes 12 nach Ausarbeitung und Politur. Prof. Dr. Ernst
Abb. 21: Detailansicht des aufgebauten Zahnes 12 nach Ausarbeitung und Politur.
Abb. 22: Detailansicht des aufgebauten Zahnes 22 nach Ausarbeitung und Politur. Prof. Dr. Ernst
Abb. 22: Detailansicht des aufgebauten Zahnes 22 nach Ausarbeitung und Politur.
Abb. 23: En-face-Ansicht der abgeschlossenen Versorgung. Prof. Dr. Ernst
Abb. 23: En-face-Ansicht der abgeschlossenen Versorgung.
Abb. 24: Lippenbild nach Behandlungsabschluss der Zähne 12 und 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 24: Lippenbild nach Behandlungsabschluss der Zähne 12 und 22.

In den Abbildungen 21 und 23 fallen die aus Sicht des Autors nicht mehr vollständig suffizienten mesialen Anbauten an den beiden mittleren Schneidezähnen auf. Darauf wurde die Patientin bereits im 1. Beratungsgespräch aufmerksam gemacht. Ihr war durchaus bewusst, dass diese Anbauten demnächst auch ausgebessert oder erneuert werden müssten, sie wollte damit allerdings noch ein paar Jahre warten.

Ein solches Ansinnen ist absolut legitim und auch zu begrüßen, solange bei Belassen des Befundes sich dieser nicht – z.B. durch die Progredienz einer Sekundärkaries – verschlimmern würde. Je länger eine (z.T. auch ästhetisch nicht mehr optimale Restauration) in der Mundhöhle verbleibt, umso weiter verlängert man den „Re-Dentistry“-Zyklus, der doch immer mit ein wenig Substanzforderung einhergeht.

Minimalinvasivität bedeutet neben keinem bis geringem Präparationstrauma auch, Sekundärrestaurationen so weit wie möglich und so weit wie vertretbar hinauszuschieben. Gerade im Lippenbild zeigt sich durch den kleinen Materialdefizit an Zahn 11 eine momentan nur minimal reduzierte ästhetische Gesamtwirkung. Solange dies für die Patientin akzeptabel ist, ist der Bestand der aktuellen klinischen Situation medizinisch auf jeden Fall vertretbar.

Fall 4: Verbreiterung seitlicher Schneidezähne 

Entgegen dem Fall 3, bei dem bei gegebenen approximalen Platzverhältnissen eine Umformung primär durch eine Verlängerung der klinischen Zahnkronen gefordert war, imponieren im 4. Fallbeispiel bei einer 17-jährigen Patientin approximal Lücken der unverhältnismäßig schmalen, aber in ihrer Länge völlig ausreichend dimensionierten seitlichen Schneidezähne in Richtung der beiden mittleren Schneidezähne (Abb. 25 und 26). Im Vorgespräch und mithilfe eines intraoralen Mock-ups kam man überein, die beiden Zähne 12 und 22 lediglich nach mesial zu verbreitern. Ein diskreter Materialauftrag jeweils distal wäre zwar eine Option gewesen, würde dann aber wahrscheinlich die recht spitzen Eckzähne dominanter zum Vorschein treten lassen als jetzt.

Abb. 25: Lippenbild vor der Behandlung: Lücken zwischen den mittleren und seitlichen Schneidezähnen nach KFO-Abschluss. Prof. Dr. Ernst
Abb. 25: Lippenbild vor der Behandlung: Lücken zwischen den mittleren und seitlichen Schneidezähnen nach KFO-Abschluss.
Abb. 26: En-face-Aufnahme der Ausgangssituation. Prof. Dr. Ernst
Abb. 26: En-face-Aufnahme der Ausgangssituation.

Theoretisch wären diese zusätzlichen Maßnahmen einige Jahre später auch noch gut umsetzbar, wenn dies dann von der Patientin gewünscht wäre. Zieht man das jugendliche Alter der Patientin in Betracht, sollte immer nach dem Prinzip „nihil nocere“ vorgegangen werden: so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Der geplante Lückenschluss hatte allerdings auch einen medizinischen Hintergrund: Bei der Patientin war die kieferorthopädische Behandlung abgeschlossen, der Lückenschluss diente der Stabilisierung des kieferorthopädischen Behandlungsergebnisses und sollte zudem den später noch erforderlichen, palatinalen Retentionsdraht verdecken.

Es war keine weitere Präparation erforderlich; lediglich die Schmelzklebeflächen wurden mit einer EVA-Feile (Proxoshape Flexible, Intensiv, Montagnola, Schweiz) gereinigt und leicht angeraut. Die Abbildungen 27 und 28 zeigen die vorbereitende Verschalung (Composi-Tight 4,6 mm Prämolaren Matrizenband, B-Serie, Garrison, Clip Flow, VOCO) und die Abbildungen 29 und 30 die bereits polymerisierte, diskrete Flow-Kompositmenge approximal-zervikal.

Abb. 27: Verschalung des Zahnes 12 nach mesial. Prof. Dr. Ernst
Abb. 27: Verschalung des Zahnes 12 nach mesial.
Abb. 28: Verschalung des Zahnes 22 nach mesial. Prof. Dr. Ernst
Abb. 28: Verschalung des Zahnes 22 nach mesial.
Abb. 29: Etwas Flow-Komposit approximal-zervikal nach adhäsiver Versiegelung der Klebefläche an Zahn 12. Prof. Dr. Ernst
Abb. 29: Etwas Flow-Komposit approximal-zervikal nach adhäsiver Versiegelung der Klebefläche an Zahn 12.
Abb. 30: Identische Menge Flow-Komposit approximal-zervikal nach adhäsiver Versiegelung der Klebefläche an Zahn 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 30: Identische Menge Flow-Komposit approximal-zervikal nach adhäsiver Versiegelung der Klebefläche an Zahn 22.

Abb. 31: Dentinkern-Anbau mesio-palatinal an Zahn 12 (A2 Dentin). Prof. Dr. Ernst
Abb. 31: Dentinkern-Anbau mesio-palatinal an Zahn 12 (A2 Dentin).

Nach der Phosphorsäurekonditionierung (Total Etch, Ivoclar Vivadent) kam erneut nur das letzte Fläschchen des klassischen Mehrflaschenadhäsivs (= Schmelzadhäsiv) zur Anwendung, da erneut ausschließlich Schmelzklebeflächen vorhanden waren. Da auch hier die Zielfarbe die Vita A2 war, wurden die palatinalen Hälften der geplanten Anbauten aus Tetric Prime A2 Dentin aufgebaut (Abb. 31) – mit Ausnahme des Inzisalbereiches: Dieser wurde ausschließlich in Tetric Prime A2 gestaltet (Abb. 32 und 33).

Abb. 32: Überschichtung mit der Universalfarbe A2 an Zahn 12. Prof. Dr. Ernst
Abb. 32: Überschichtung mit der Universalfarbe A2 an Zahn 12.
Abb. 33: Behandlungsergebnis nach Ausarbeitung und Politur an Zahn 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 33: Behandlungsergebnis nach Ausarbeitung und Politur an Zahn 22.

Abb. 34: Das neue Lächeln der zufriedenen Patientin. Prof. Dr. Ernst
Abb. 34: Das neue Lächeln der zufriedenen Patientin.

Das Endergebnis (Abb. 34) überzeugte sowohl die Patientin als auch die zuweisende Kieferorthopädin auf ganzer Linie. Die Ausarbeitung und die Politur erfolgten mit Komposit-Hartmetallfinierern (H48 LQ, Komet), flexiblen Scheiben (Soflex Pop-On XT 2381 M, F und SF, 3M) und speziellen Komposit-Polierern (Diacomp Plus Twist DT-DCP10m und DT-DCP10f, EVE). Wie erwartet, dominieren jetzt die Eckzähne auch nicht mehr ganz so stark das optische Erscheinungsbild.

Fall 5: Approximaler Lückenschluss der mittleren Schneidezähne

Abb. 35: Aufgrund des Diastemas und des Ausbruches inzisal an Zahn 21 etwas „gequältes“ Lächeln der Patientin. Prof. Dr. Ernst
Abb. 35: Aufgrund des Diastemas und des Ausbruches inzisal an Zahn 21 etwas „gequältes“ Lächeln der Patientin.

Bei der 31-jährigen Patientin dominierten ein Spatium intermediale, welches die Patientin ästhetisch sehr störte, sowie ein Ausbruch in der Schneidekante an Zahn 21 (Abb. 35 und 36). Zudem störte sie sich an der (im Vergleich zu Zahn 12) steiler nach distal abfallenden Schneidekante an Zahn 22 (Abb. 37).

Abb. 36: En-face-Aufnahme der zu versorgenden Oberkiefer-Frontzahnsituation: Gewünscht waren der Diastemaschluss, die Defektausbesserung an Zahn 21 und die Begradigung des Zahnes 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 36: En-face-Aufnahme der zu versorgenden Oberkiefer-Frontzahnsituation: Gewünscht waren der Diastemaschluss, die Defektausbesserung an Zahn 21 und die Begradigung des Zahnes 22.
Abb. 37: Detailansicht von Zahn 22: Der Zahn sollte durch einen distalen Anbau begradigt werden. Prof. Dr. Ernst
Abb. 37: Detailansicht von Zahn 22: Der Zahn sollte durch einen distalen Anbau begradigt werden.

Als einziger Präparationsschritt erfolgte ein Anrauen der Schmelzklebefläche mit einer feinkörnigen EVA-Feile (Proxoshape Flexible, Intensiv). Nach Anpassung und Einkürzen der Teilmatrizen an Zahn 11 und 22 wurden diese am Nachbarzahn jeweils mit Clip Flow (VOCO) befestigt. Nach der Phosphorsäurekonditionierung (Total Etch, Ivoclar Vivadent, Abb. 38 und 39) kam wiederum ein reines Schmelzadhäsiv zur Anwendung.

Abb. 38: Verschalung des Zahnes 11 nach mesial. Prof. Dr. Ernst
Abb. 38: Verschalung des Zahnes 11 nach mesial.
Abb. 39: Ätzmuster an den Klebeflächen der Zähne 11 und 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 39: Ätzmuster an den Klebeflächen der Zähne 11 und 22.

Bei einem bilateralen Lückenschluss ist es aufgrund der Stabilisierungsmöglichkeit der Teilmatrize sowie der Erzielung identischer Zahnbreiten der mittleren Schneidezähne deutlich einfacher, erst eine Approximalfläche komplett aufzubauen, zu konturieren und zu polieren. Durch Ausmessen der Zahnbreiten mithilfe der im OptraSculpt-Modellierinstrument (Ivoclar Vivadent) integrierten Messskala kann unter Verwendung flexibler Scheiben (Soflex Pop-On XT, 3M) die erforderliche Zahnbreite subtraktiv eingestellt werden. Zudem kann so für die Verschalung des benachbarten Zahnes 21 ein Fixationspunkt geschaffen werden.

Die Abbildung 40 verdeutlicht den auf die erforderliche Breite reduzierten, vorher leicht approximal überkonturierten, ausgearbeiteten und polierten Anbau an Zahn 11 und die Abbildung 41 die unmittelbar darauf erfolgte Einschalung von Zahn 21 in derselben Technik. Eine Politur der zuerst fertiggestellten Approximalfläche ist essenziell, da ansonsten das im nächsten Schritt dort befestigte lichthärtende Provisoriummaterial kaum wieder zu entfernen wäre.

Abb. 40: Ausgearbeitete Verbreiterung an Zahn 11 – unmittelbar vor der Verschalung von Zahn 21. Prof. Dr. Ernst
Abb. 40: Ausgearbeitete Verbreiterung an Zahn 11 – unmittelbar vor der Verschalung von Zahn 21.
Abb. 41: Verschalung des Zahnes 21 nach mesial. Prof. Dr. Ernst
Abb. 41: Verschalung des Zahnes 21 nach mesial.

Die Abbildung 42 zeigt den komplett fertiggestellten Zahn 21 mit der nach mesial extendierten Verbreiterung und der Ausbesserung des inzisalen Schneidekantendefektes, in der Abbildung 43 ist der entsprechend versorgte Zahn 22 zu sehen. Aufgrund der kleinvolumigen Anbauten kam bei den 3 Zähnen ausschließlich die Tetric Prime Universalfarbe A2 zur Anwendung; die A2-Dentin-Masse war diesmal nicht erforderlich.

Abb. 42: Endergebnis der Versorgung in En-face-Ansicht. Prof. Dr. Ernst
Abb. 42: Endergebnis der Versorgung in En-face-Ansicht.
Abb. 43: Detailansicht des nach distal durch den Kompositanbau begradigten Zahnes 22. Prof. Dr. Ernst
Abb. 43: Detailansicht des nach distal durch den Kompositanbau begradigten Zahnes 22.

Auch dieser Fall verdeutlicht die einfache Anwendungstechnik mit einer doch sehr reduzierten Materialpalette, die dennoch ein gut vorhersehbares und ästhetisch ansprechendes Versorgungsergebnis erzielen kann (Abb. 44). Hier ist weniger oftmals mehr. Dass sehr häufig mit Monofarben durchaus sehr schöne Ergebnisse zu erzielen sind, zeigen diverse andere Fallberichte zu diesem Thema [12,15–18].

Abb. 44: Das neue Lachen ist nun spontaner und fröhlicher – dank kleiner additiver adhäsiver Restaurationsmaßnahmen. Prof. Dr. Ernst
Abb. 44: Das neue Lachen ist nun spontaner und fröhlicher – dank kleiner additiver adhäsiver Restaurationsmaßnahmen.

Fazit

Sehr gute Universalkomposit-Systeme für den Front- und Seitenzahnbereich gibt es auf dem Markt inzwischen viele – aus allen lassen sich ästhetische und qualitativ hochwertige und anspruchsvolle Frontzahnrestaurationen erstellen. Dies zeigt deutlich das Erfordernis, bei dem bevorrateten Komposit-Portfolio nicht vorrangig auf Bulkfill zu setzen: An den klassischen, auf einem 2-mm-Inkrement-Schichtkonzept basierenden Universalkompositen führt nach wie vor kein Weg vorbei, will man neben der Funktion – gerade im Frontzahnbereich – auch mit Ästhetik punkten.

Werden Restaurationen größer oder breiter, braucht man bei allen Systemen opakere Dentinfarben, die verhindern, dass die dunkle Mundhöhle durch die Restauration hindurchscheint und der Aufbau dann grau-transluzent wirkt. Auf der anderen Seite ist die lebendige Transluzenz der Universalfarben für ein ästhetisches Gesamtergebnis essenziell.

Somit bleibt der Bedarf an Schichtkonzepten, die zumindest auf 2 Opazitäten basieren, erhalten. Durch zusätzliche Effektmassen lässt sich im High-End-Bereich oftmals auch ein weiteres Gimmick etablieren; in der großen Masse der Fälle wird dies aber nur ein verschwindend geringer Prozentanteil sein.

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