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Implantologie

Risiken und Misserfolge in der Implantatprothetik

Implantatprothetische Risiken sind sehr vielfältig. Eine Reduktion der Risiken erreicht man am ehesten mit sorgfältiger Patientenauswahl und Indikationsstellung, eingehender Planung, anerkannten Konzepten und der Anwendung langzeitbewährter Materialien. In diesem Beitrag soll auf wesentliche Risikofelder und Misserfolge in der Implantatprothetik eingegangen werden. Dabei sollen Wege zur Risikominimierung aufgezeigt werden.

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Von einem Misserfolg wird gesprochen, wenn das angestrebte Therapieziel nicht oder nicht nachhaltig erreicht wird. Ursachen können schicksalhafte Komplikationen oder Behandlungsfehler sein. Komplikationen deuten per se noch nicht auf eine fehlerhafte Behandlung hin. Sie können allerdings durch fehlerhaftes Komplikationsmanagement in einen Behandlungsfehler münden. Eine sinnvolle Kategorisierung unterscheidet zwischen psychosozial, biologisch und mechanisch/ technisch bedingten Komplikationen. In einem Review zu mechanischen und technischen Risiken bei implantatprothetischen Versorgungen wurden verschiedene Risikofaktoren analysiert [10]. Assoziationen folgender Faktoren mit vermehrten Komplikationen wurden identifiziert:

  • Fehlendes Metallgerüst bei Deckprothesen
  • Extensionsglieder > 15 mm
  • Bruxismus
  • Größe der Suprastruktur
  • Wiederholte Komplikationen in der Anamnese

Hingegen wurden keine Assoziationen gefunden für:

  • Befestigungsart
  • Angulierte Abutments
  • Kronen-Implantatlängenverhältnis
  • Zahl der Implantate bei Brücken

In einem Review [2] wurden als häufigste technische Komplikationen bei zementierten Restaurationen Retentionsverlust, Chipping und Lockerung der Abutmentschraube genannt.

Abb. 1: Risikomatrix zur Bewertung von Risiken. Erläuterung im Text.
Abb. 1: Risikomatrix zur Bewertung von Risiken. Erläuterung im Text.

Im Vergleich mit Unterkieferprothesen wurden geringere Überlebensraten für Implantate und größere Häufigkeiten prothetischer Komplikationen bei Oberkieferprothesen festgestellt [1]. Bei der Bewertung von Risiken hat sich das Prinzip der Risikomatrix bewährt. Es wird dabei zwischen Ereignisschwere und Eintrittswahrscheinlichkeit unterschieden. So kann das Risiko einer Verbundbrücke bei Einbeziehung eines avitalen Zahnes mit daraus resultierender erhöhter Frakturgefahr bereits als hoch bewertet werden, resultierend aus einer hohen Ereignisschwere (Zahn- und Brückenverlust) bei mittlerer Eintrittswahrscheinlichkeit (Abb. 1, Risiko 1). Das Risiko eines Verblendungsdefektes bei einer metallkeramischen Seitenzahnkrone wird hingegen als niedrig bewertet, da eine mittlere Eintrittswahrscheinlichkeit bei geringer Ereignisschwere (wahrscheinliche Reparierbarkeit) besteht (Abb. 1, Risiko 2). Im Folgenden sollen einzelne Risikofelder angesprochen werden. Nicht näher eingegangen wird auf die sorgfältige Diagnostik, Prognostik und vorbereitende Sanierung des Gebisses, deren zentrale Bedeutung für den Behandlungserfolg unstrittig ist. Bei unzureichender Vorbehandlung des Restgebisses besteht nicht nur ein erhöhtes implantatbezogenes Misserfolgsrisiko, z. B. durch periimplantäre Infektionen bei Parodontitis. Das Risiko von nicht vorhergesehenen Folgebehandlungen durch Komplikationen im Bereich der Restbezahnung steigt ebenfalls. Dies kann zu kurzfristig erforderlichen Folgeversorgungen bis hin zu einem kompletten Zusammenbruch des Therapiekonzeptes führen.

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Compliance und Hygiene

Abb. 2 a u. b: Massive Periimplantitiden bei implantatgetragener Oberkieferbrücke. Klinische Situation (a), Röntgenpanoramaschichtaufnahme (b).
Abb. 2 a u. b: Massive Periimplantitiden bei implantatgetragener Oberkieferbrücke. Klinische Situation (a), Röntgenpanoramaschichtaufnahme (b).

Häufig basieren Komplikationen und Misserfolge auf einer fehlenden Eignung des Patienten. Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg implantatprothetischer Versorgungen ist die Befähigung des Patienten zu einer adäquaten Mundhygiene. Ohne diese wird es über kurz oder lang zu periimplantären Entzündungen kommen. Die Prävalenzen von Mukositis und Perimplantitis, die im hohen bzw. niedrigen zweistelligen Prozentbereich nach mittelfristiger Tragedauer liegen, deuten auf die erhebliche Dimension dieses Problems hin [5]. Compliance ist nur eingeschränkt vorhersagbar. Besonders bei unzureichender Mundhygiene sollte, bevor implantiert wird, im Rahmen einer Vorbehandlung eine nachhaltige Umstellung des Patienten abgewartet werden. Schon aus den Anfängen der Implantologie ist bekannt, dass sorgfältige Patientenauswahl der Schlüssel zu hohen Erfolgsraten ist. Das Beispiel in Abbildungen 2 a u. b zeigt eine vor dem Verlust stehende implantatgetragene Versorgung. Der Zustand der zahngetragenen Restauration im Unterkiefer weist auf eine fehlende Compliance und Mundhygienefähigkeit der Patientin hin. In derartigen Fällen ist eine umgehende Explantation vorzunehmen, um die bereits eingetretenen Folgeschäden nicht noch größer werden zu lassen.

Bei eingeschränkter, aber noch akzeptabler Mundhygiene sollten die individuellen Möglichkeiten des Patienten bei der Wahl der Konstruktion berücksichtigt werden. So spricht bei einem älteren Menschen mit reduziertem Sehvermögen, eingeschränkter Motorik und zu erwartender eher mäßiger Mundhygiene im zahnlosen Kiefer vieles für die Wahl von Einzelverankerungen gegenüber einer Stegversorgung, wenn auch die Stegversorgung besser dokumentiert ist und aus biomechanischer Sicht Vorteile bieten kann. Einzelverankerungen wie Kugelköpfe oder Locator®-Attachments sind leichter mit der Zahnbürste ohne zusätzliche Hilfsmittel zu reinigen. Auch sollte auf eine gut zugängliche und einsehbare (anteriore) Implantatposition Wert gelegt werden. Je weiter posterior ein Implantat geplant ist, desto eingehender sollte die individuelle Mundhygienefähigkeit hinterfragt werden.

Psychische Störungen

Die psychische Reaktionslage wird als prognoserelevanter Faktor oft unterschätzt. Gerade bei implantatprothetischen Versorgungen als quasi irreversible Maßnahme können Patienten mit somatoformen oder anderen psychischen Störungen zu einem außerordentlichen Problem in der zahnärztlichen Praxis werden. In der Wissenschaftlichen Mitteilung „Psychosomatik in der Zahn-, Mundund Kieferheilkunde“ des Arbeitskreises Psychologie und Psychosomatik der Deutschen Gesellschaft für Zahn, Mundund Kieferheilkunde (DGZMK) werden als psychosomatische Krankheitsbilder u. a. genannt:

  • Anhaltende somatoforme Schmerzstörungen
  • Somatoforme Materialunverträglichkeit
  • Burning Mouth Syndrom (Definition uneinheitlich, Zuordnung umstritten)
  • Craniomandibuläre Störungen

Obwohl inzwischen durch erweiterte Kriterien ersetzt, sind die Diagnosekriterien für seelische und psychosomatische Störungen nach Müller-Fahlbusch [7] immer noch für den Zahnarzt sehr praktikabel und hilfreich. Wenn von den fünf Diagnosekriterien drei erfüllt sind, besteht die Verdachtsdiagnose einer seelischen bzw. somatoformen Störung:

  • Auffällige Diskrepanz zwischen dem Befund und Befinden
  • Fluktuation der Beschwerden
  • Diagnose ex non juvantibus
  • Beteiligung der Persönlichkeit
  • Konkordanz der Beschwerden mit situativen Ereignissen und Biografie

Kasuistik

Nach Versorgung mit einer implantatgetragenen Brücke im Oberkiefer zeigten sich bei einer Patientin Mitte fünfzig unspezifische Beschwerden mit chronischen Kiefer- und Gesichtsschmerzen, die therapeutisch nicht zu beherrschen waren. In der Folge kam es zu einer langjährigen zivilrechtlichen Auseinandersetzung, in der auch ein Fibromyalgiesyndrom und die mittlerweile bestehende Erwerbsunfähigkeit auf die implantatprothetische Versorgung zurückgeführt wurden. Die eingehende Fallanalyse brachte zutage, dass bereits im Vorfeld der Therapie deutliche Hinweise auf seelische Störungen vorgelegen hatten und übersehen worden waren. Bei Verdacht auf Somatisierungsstörungen, Depression und andere seelische Erkrankungen sollten implantatprothetische Versorgungen als invasive und schwer reversible Maßnahmen nicht ohne entsprechende fachärztliche Abklärung erfolgen.

Bruxismus

Abb. 3: 75-jähriger Patient mit multiplen Verblendungsdefekten bei ausgeprägtem Bruxismus.
Abb. 3: 75-jähriger Patient mit multiplen Verblendungsdefekten bei ausgeprägtem Bruxismus.

Zu den patientenbezogenen prognoserelevanten Faktoren gehört auch Bruxismus. Bruxismus weist eine hohe Prävalenz auf und kann zudem im Laufe des Lebens in seiner Intensität schwanken, ganz verschwinden oder auch wieder auftreten. Es ist belegt, dass Bruxismus zu den Hauptrisikofaktoren für mechanisch-technische Komplikationen zählt. In einer retrospektiven Studie wurde nachgewiesen, dass Bruxismus mit einer 7- fachen Chance von Keramikfrakturen bei implantatgetragenen Konstruktionen verbunden war [4] (Abb. 3). Zu den mit Bruxismus in Verbindung stehenden Komplikationen zählen auch Schraubenlockerungen sowie Frakturen von Schrauben, Implantaten und Suprakonstruktionen. Bei Patienten mit Bruxismus gelten in verstärktem Maße die Empfehlungen zur Vermeidung von Verblendungsdefekten, d. h. die Verwendung geeigneter Materialien, ausreichende Dimensionierung und das Tragen von Schienen, wobei solche mit adjustierter Oberfläche zu bevorzugen sind (Wissenschaftliche Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie. Bruxismus: Ätiologie, Diagnostik, Therapie.)

Gut bewährt hat sich die Michiganschiene. Bei wiederholten Problemen in der Anamnese oder massiver parafunktioneller Aktivität können auch reine Metallkonstruktionen aus edelmetallfreien Legierungen oder Titan sinnvoll sein. Auch auf eine ausreichende Implantatunterstützung (ausreichende Implantatzahl) ist zu achten.

Nutzen-Risiko-Verhältnis

Abb. 4 a-c: Patientin mit verkürzter Zahnreihe und subjektivem Versorgungsbedarf. Ausgangszustand (a). Zustand nach Implantation 26 und 27 und implantatprothetischer Versorgung mit erschwerter Zugänglichkeit für Hygienemaßnahmen (b). Röntgenbild (c).
Abb. 4 a-c: Patientin mit verkürzter Zahnreihe und subjektivem Versorgungsbedarf. Ausgangszustand (a). Zustand nach Implantation 26 und 27 und implantatprothetischer Versorgung mit erschwerter Zugänglichkeit für Hygienemaßnahmen (b). Röntgenbild (c).

Risiko-Implantat-Versorgungen erhöhen die Komplikationsrate. Der dem Risiko gegenüberstehende Nutzen sollte in diesen Fällen daher sehr kritisch geprüft werden. Dies gilt insbesondere für weit posterior stehende Implantate, z. B. zum Ersatz des 2. Molaren. Hier bestehen neben der oben dargestellten Hygieneproblematik oft ungünstige Knochen- und Weichteilverhältnisse. Zudem ist der funktionell-prothetische Nutzen des Ersatzes zweiter Molaren häufig gering. Unter bestimmten Voraussetzungen und damit verbundenen Risiken kann auch der Verzicht auf den Ersatz beider Molaren eine sinnvolle Option sein, d. h. der Erhalt oder der Aufbau einer Prämolarenokklusion (s. „Implantatprothetische Konzepte zur Ergänzung der verkürzten Zahnreihe.“ Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde und der DGZMK). Die Abbildungen 4 a-c zeigen eine Patientin mit verkürzter Zahnreihe und stabilen okklusalen Verhältnissen bei gleichzeitig bestehendem massiven Knochenabbau im Bereich der Oberkiefermolaren. Gegen die Implantation sprachen die lokalen Knochen- und Weichteilverhältnisse, der schwierige Zugang für Hygienemaßnahmen und die aus der transversalen Schrumpfung des Oberkiefers resultierenden schwierigen Okklusionsverhältnisse. Bei starkem, überwiegend ästhetisch begründetem Wunsch nach Komplettierung der Zahnreihe wurde letztendlich eine implantatprothetische Therapie durchgeführt. Der Nutzen für die Patientin leitet sich dabei aus einem Gewinn an Lebensqualität auf der Basis des subjektiven Empfindens bei ästhetischer Rehabilitation ab. Ein objektiver physischer Gesundheitsgewinn ist zweifelhaft.

Implantatpositionen

Abb. 5 a u. b: Zu geringer Implantatabstand bei 12,13 bei Nichtanlage (a). Prothetisch, hygienisch und ästhetisch kompromissbehaftetes Ergebnis (b).
Abb. 5 a u. b: Zu geringer Implantatabstand bei 12,13 bei Nichtanlage (a). Prothetisch, hygienisch und ästhetisch kompromissbehaftetes Ergebnis (b).

Zahlreiche Komplikationen und Misserfolge stehen im Zusammenhang mit einer ungünstigen Implantatstellung. Dies betrifft sowohl die Angulation des Implantates in mesiodistaler und vestibuloraler Richtung als auch die Implantatabstände. Die Grundregel, zwischen Implantaten mindestens 3 mm und zu natürlichen Zähnen mindestens 1,5 mm Abstand zu halten, sollte eingehalten werden. Andernfalls besteht neben konstruktiven Problemen und ungünstiger Hygienefähigkeit die Gefahr von Knochenabbau zwischen den Implantaten und parodontalen Schäden an den Nachbarzähnen (Abb. 5 a u. b). Im Zweifel sollte lieber auf ein Implantat verzichtet und zum Beispiel statt einer Einzelzahnversorgung ein Brückenzahnersatz gewählt werden. Bei zu starker Angulation des Implantates besteht unter Umständen ein Zustand, der eine prothetische Lege-artis-Versorgung überhaupt nicht mehr zulässt. Während die Fehlpositionierung des Implantates gegebenenfalls noch als schicksalhafte Komplikation anzusehen ist, kann ein falsches Komplikationsmanagement mit prothetischer Versorgung zu einem justiziablen Behandlungsfehler führen.

In diesen Fällen sollte konsequent eine Explantation erfolgen, um nicht die chirurgische Komplikation in einer nicht akzeptablen prothetischen Konstruktion fortzuschreiben. Indikationen zur Explantation bestehen auch bei bereits nach der Einheilung bestehendem Knochenabbau. Im Einzelfall ist vor prothetischer Versorgung eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Bewertung vorzunehmen und zu dokumentieren.

Konsequenz und Flexibilität bei der prothetischen Therapie

Kommt es zu Abweichungen zwischen den geplanten und realisierten Implantatpositionen, kann die Situation häufig noch durch Umplanung gerettet werden. Fatal kann es werden, wenn strikt an der ursprünglichen Planung festgehalten wird. Das Beispiel der Abbildungen 6 a-c zeigt eine nicht mehr mit einer Einzelzahnrestauration zu versorgende Implantatposition. Die prothetische Therapie erfolgte trotzdem in der ursprünglich vorgesehenen Weise. Konsekutiv kam es schließlich mittelfristig zu einer Implantatfraktur. Eine Abkehr von der ursprünglichen Planung und Umplanung, z. B. mit Nachimplantation oder Verbundkonstruktion, hätte den Misserfolg vermutlich verhindern können. In diesem Kontext ist die interkollegiale Zusammenarbeit – falls chirurgische und prothetische Behandlung nicht in einer Hand bleiben – von besonderer Bedeutung (Abb. 7).

Abb. 6 a-c: Röntgenpanoramaschichtaufnahme nach Insertion von drei Implantaten – vorgesehene Einzelkrone 46 (a). Röntgenbild nach Kronenversorgung (b). Implantatfraktur nach fünf Jahren infolge Überlastung (c).
Abb. 6 a-c: Röntgenpanoramaschichtaufnahme nach Insertion von drei Implantaten – vorgesehene Einzelkrone 46 (a). Röntgenbild nach Kronenversorgung (b). Implantatfraktur nach fünf Jahren infolge Überlastung (c).
Abb. 7: Verantwortlichkeit und Logistik bei Trennung chirurgischer und prothetischer Behandlung.
Abb. 7: Verantwortlichkeit und Logistik bei Trennung chirurgischer und prothetischer Behandlung.

Ästhetik

Das Risiko ästhetischer Komplikationen ist insbesondere bei einer hohen Lachlinie und hohen Patientenerwartungen hoch. Daher ist ein besonderer Schwerpunkt auf eine realistische Planung und Aufklärung zu legen. Insbesondere bei vertikalen Augmentationen, deren Ergebnis und Langzeitstabilität als deutlich unsicherer gegenüber horizontalen Augmentationen einzustufen ist, steigt das Komplikationsrisiko. In einem systematischen Review wird geschlussfolgert, dass es eine starke Empfehlung der Weichteilausformung mit provisorischen Kronen gibt, allerdings bei fehlender Evidenz [6]. Mit dieser Maßnahme können die Ergebnisse bei von vornherein günstigen Situationen sicher weiter verbessert werden. Bei ungünstiger Implantatstellung und defizitärem Weichgewebsangebot helfen sie als alleinige Maßnahme jedoch nur wenig.

Keramikdefekte

Keramikdefekte treten bei implantatgetragenem Zahnersatz häufiger auf als bei zahngetragenen Restaurationen. Diese Erfahrung aus der klinischen Praxis ist nur durch wenige Studien belegt. Kausal kann man diese Beobachtung auf den fehlenden Dämpfungseffekt und die fehlende Propriozeption des Parodonts bei gleichzeitig hohen Kräften zurückführen. Im Ergebnis einer klinischexperimentellen Studie wird über eine mehr als 8-fach höhere Tastschwelle bei Implantaten im Vergleich zu Zähnen berichtet [3]. Bei Werkstoffen mit erhöhtem Risiko wird daher durch den Einsatz auf Implantaten eine weitere Risikoerhöhung einzuplanen sein. Das Risiko von Keramikdefekten steigt mit der Größe der Restaurationen. Rein implantatgetragener Zahnersatz in beiden Kiefern trägt dabei das höchste Risiko. Daher sind hier Sorgfalt der okklusalen Gestaltung, eine indikationsgerechte Materialwahl und die Anfertigung einer Schutzschiene besonders wichtig. Bei rein implantatgetragenen Konstruktionen wird der Patient unter Umständen zum oralen Grobmotoriker. Vollkeramische Restaurationen erfreuen sich einer immer größeren Beliebtheit. Zu diesem Thema wurde Anfang 2015 eine S3-Leitlinie (höchste Leitlinienstufe) „Vollkeramische Kronen und Brücken“ der Deutschen Gesellschaft für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien und der DGZMK veröffentlicht. Die Leitlinie beschränkt sich auf zahngetragene Kronen und Brücken.

Studien mit reiner Implantatversorgung fanden keine Berücksichtigung, da nur bei wenigen Studien ein kleiner Anteil der Kronen implantatgetragen war. Für zahngetragene Restaurationen wird in der Leitlinie festgestellt, dass es für viergliedrige einspannige Brücken bisher keine Studien mit ausreichendem Evidenzniveau gab, die Leitlinienanforderungen genügten. Hinsichtlich mehr als viergliedriger einspanniger Brücken gab es bisher keine Studien mit Überlebensraten, die denen metallkeramischer Restaurationen entsprachen. Zu verblendeten zirkoniumdioxidkeramischen Kronen im Seitenzahngebiet wird festgestellt, dass diese nur mit Einschränkung empfohlen werden könnten.

Wie oben ausgeführt, kann weiterhin von einem erhöhten Risiko auf Implantaten ausgegangen werden und deshalb sollten größere vollkeramische Brücken und verblendete zirkoniumdioxidkeramische Seitenzahnkronen auf Implantaten nicht eingesetzt werden. Für Seitenzahnrestaurationen sieht der Autor metallkeramische Kronen und Brücken in der Regel als Mittel der ersten Wahl an.

Da die noch immer als Goldstandard anzusehenden Edelmetalllegierungen aus Kostengründen schwer zu implementieren sind, werden daher vorwiegend edelmetallfreie Legierungen zum Einsatz kommen. Auch sind bei diesen die mechanischen Eigenschaften für größere Restauration günstig (hoher Elastizitätsmodul). Inwieweit Hochleistungspolymere bei festsitzendem Zahnersatz zukünftig eine Rolle spielen werden, bleibt abzuwarten.

Extensionsglieder

Abb. 8: Gerüstfraktur am Extensionsglied bei festsitzenden, rein implantatgetragenen Suprastrukturen im Ober- und Unterkiefer, 2 Jahre nach Eingliederung. Es lagen weitere Frakturen vor. Neben hohen okklusalen Kräften kommt hier eine Unterdimensionierung als Frakturursache infrage.
Abb. 8: Gerüstfraktur am Extensionsglied bei festsitzenden, rein implantatgetragenen Suprastrukturen im Ober- und Unterkiefer, 2 Jahre nach Eingliederung. Es lagen weitere Frakturen vor. Neben hohen okklusalen Kräften kommt hier eine Unterdimensionierung als Frakturursache infrage.

Grundsätzlich sind Brücken mit Extensionsgliedern eine verlässliche Therapie [9]. Lange Extensionsglieder scheinen jedoch das Risiko zu erhöhen, während kurze Extensionsglieder bis zu einer Prämolarenbreite als eher unproblematisch angesehen werden können. Extensionsglieder werden in der gleichen Weise wie im natürlichen Gebiss verwendet; in der Regel zum Ersatz einzelner Zähne. Es wird empfohlen, Extensionsglieder nur dann anzuwenden, wenn sie wirklich indiziert sind und keine anderen sinnvollen Lösungen existieren. Die Extensionsglieder sollten in der Regel nur in Prämolaren- und Frontzahnbreite angewendet werden. Bei der klassischen Extensionsbrücke ad modum Bränemark im zahnlosen Unterkiefer können 12 bis 15 mm lange Extensionsglieder distal zum Ersatz des ersten Molaren angebracht werden. Wenn mit Extensionsgliedern gearbeitet wird, hat die stabile Gestaltung des Zahnersatzes absolute Priorität. Dabei sind die Eignung des Werkstoffes und der tragende Querschnitt zu beachten, insbesondere auch im Bereich der Abutments und Schraubenkamine. Im Zweifel sollte eher überdimensioniert werden. Es ist immer wieder erstaunlich, welche massiven Restaurationen auf Implantaten frakturieren (Abb. 8).

Verbundbrücke

Verbundbrücken werden immer wieder als Risikorestaurationen diskutiert. In einer Metaanalyse ergaben sich zwar reduzierte 10-Jahres-Überlebensraten von 78 % für Verbundbrücken im Vergleich zu rein implantatgetragenen Brücken mit 87 % [8]. Die absolute 10-JahresÜberlebensrate von 78 % ist allerdings hoch genug, um die Anwendung dieser Konstruktionen zu rechtfertigen. Sie können im Regelfall als Mittel der zweiten Wahl – angezeigt sein, wenn z.B. aus finanziellen Gründen, anatomischen Gegebenheiten oder auf Wunsch des Patienten andere Alternativen ausscheiden.

Das Risiko wird am geringsten sein, wenn die Wertigkeit des natürlichen Pfeilers strengen Kriterien gerecht wird. Die natürlichen Pfeiler sollten keine Lockerung aufweisen und ein entsprechend hohes Attachmentlevel aufweisen. Sie sollten ausreichend tragfähige Zahnhartsubstanz besitzen und möglichst vital sein. Im Zweifel sollte dem rein implantatgetragenen Zahnersatz den Vorzug gegeben werden. In der Klinik des Autors werden einfache Konstruktionen gegenüber Teleskop- oder Geschiebekonstruktionen, die die Abnehmbarkeit des implantatgetragenen Teiles gewährleisten sollen, bevorzugt. Derartige Verbundbrücken werden in konventioneller Art gestaltet und mit permanentem Zement (Phosphatzement) befestigt.

Atypische Konstruktionen

Abb. 9: Versorgung mit Teleskopprothese auf 3 Implantaten, nach der S3-Leitlinie der DGZMK eine Behandlung außerhalb der Leitlinienempfehlung.
Abb. 9: Versorgung mit Teleskopprothese auf 3 Implantaten, nach der S3-Leitlinie der DGZMK eine Behandlung außerhalb der Leitlinienempfehlung.

Das Komplikationsrisiko wird eher niedrig gehalten werden können, wenn man sich an einschlägige bewährte Therapiekonzepte hält. Es liegen einzelne Handlungsempfehlungen vor, wie z. B. die S3-Leitlinie der DGZMK „Implantatprothetische Versorgung des zahnlosen Oberkiefers“. Atypische Konstruktionen, die nicht evidenzbasiert sind, bergen meist auch ein erhöhtes Misserfolgsrisiko. Atypische Konstruktionen sind dann gegeben, wenn die Implantatanzahl (Implantatunterstützung) oder die Konstruktion im engeren Sinne von den üblichen Standardkonzepten abweichen (Abb. 9).

Fazit

Implantatprothetische Risiken sind nur teilweise reduzier- bzw. vermeidbar. Die sichere Seite erreicht man am ehesten bei sorgfältiger Patientenauswahl und Indikationsstellung, eingehender Planung sowie der Anwendung anerkannter Konzepte und langzeitbewährter Materialien. Als allgemeine Empfehlungen zur Risikominimierung können genannt werden:

  • Identifikation von Risiken und deren Bewertung nach Ereignisschwere und Eintrittswahrscheinlichkeit
  • Abwägung der Risiken gegenüber potenziellem Nutzen
  • Entscheidung unter Berücksichtigung der Risikobereitschaft von Patient und Zahnarzt
  • Je höher das Risiko, desto intensiver die Aufklärung

Alle zitierten Leitlinien, wissenschaftlichen Mitteilungen und Stellungnahmen stehen zum Download unter http://www.dgzmk.de/zahnaerzte/wissenschaft-forschung/leitlinien.html kostenlos bereit.

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